Christoph Egger, Direktor Schilthornbahn AG, Mürren: Dieses Verkaufsargument kann uns niemand nehmen

Die Schilthornbahn AG in Mürren, ein Teil des UNESCO Weltkulturerbes Jungfrauregion, hat kürzlich mit der Eröffnung der BOND WORLD ein starkes Zeichen bei der Inszenierung des Berges gesetzt. Die seit 45 Jahren als Filmkulisse für den 6. Bond-Film bekannte Destination Piz Gloria wurde (endlich) den Gästewünschen gemäß stilecht thematisiert. Dieser und weitere wichtige Schachzüge sind dem neuen Direktor Christoph Egger zuzuschreiben, der vor etwas mehr als einem Jahr vom benachbarten Grindelwald-First hierher gewechselt hat.

Foto: mak

MM: Herr Egger, schildern Sie bitte zunächst Ihren Werdegang in die Seilbahnbranche bis zu Ihrer aktuellen Position sowie alle einschlägigen Funktionen im touristischen Bereich.Egger: Ich bin in Grindelwald aufgewachsen und zur Schule gegangen, dann habe ich Betriebswirtschaft studiert. Meine erste Stelle war bei Hotelplan, der zweitgrößten Reiseorganisation der Schweiz und anschließend bin ich bereits in das Bergbahn-Business eingestiegen als Marketingleiter 199799 bei den Bergbahnen in Davos. 1999 wechselte ich zur Bergbahn Grindelwald-First. Per Fusion kam dieses Unternehmen 2004 dann zur Jungfraubahn Holding und ich in Folge zur Geschäftsleitung, zuständig für den gesamten Seilbahntechnik-Bereich im Gebiet Grindelwald-First und Kleine Scheidegg. Im November 2011 schied ich dort aus und wechselte schließlich zur Schilthornbahn als Direktor. Mein Vorgänger Peter Feuz nimmt inzwischen die Stelle des Verwaltungsratspräsidenten ein. Weiters über ich seit 7 Jahren die Funktion des Vizepräsidenten im Schweizer Seilbahnverband sowie des Präsidenten der Berner Bergbahnen aus. Ein für mich nicht unwichtiges Detail ist, dass ich mit 20 Jahren das Skilehrer-Patent erworben habe  was die akademische Ausbildung praktisch ergänzt hat. Schließlich bin ich auch in diversen Organisationskomitees tätig wie z.B. dem Lauberhornrennen.MM: Bitte geben Sie einen kurzen geschichtlichen Überblick über die Entwicklung der Schilthornbahn AG von den Anfängen 1967 bis heute. Was waren die markantesten Eckpfeiler?Egger: Die wichtigsten Eckpfeiler sind aus meiner Sicht  abgesehen von der Gründung 1962 der Schilthornbahn AG  1967 die Erschließung ganz oben vom Schilthorn, die fast mit dem Dreh des James Bond-Filmes ein Jahr später zusammenfiel. Dieses Ereignis hat 1968 die Bekanntheit des Ausflugs- aber auch Wintersportgebietes enorm gesteigert. 1969 wurde das Drehrestaurant ,Piz Gloria eröffnet und 198890 ausgebaut. Im Jahr 2000 kamen zur Luftseilbahn Schilthornbahn die Standseilbahn Allmendhubel sowie alle Sesselbahnen und Skilifte in Mürren dazu. 2003 wurden auch in Sektion 3 die Panoramakabinen erneuert (Sektion 1, 2 und 4 bereits 1995), von 20062009 wurden zwei kuppelbare 4er Sesselbahnen und eine 2er Sesselbahn errichtet.

Die Luftseilbahn der Schilthornbahn AG führt in 4 Sektionen von Stechelberg (867 m) zum Piz Gloria (Schilthorn, 2970 m). Fotos: Schilthornbahn 5

MM: Wann und warum kam die Idee zum 1. Drehrestaurant auf, welche Bedeutung hatte es einst und ist diese Bedeutung heute noch die gleiche? Hat sich das Angebot verändert bzw. das Gästeverhalten?Egger: Ernst Feuz und ein Architekt Wolf aus Bern hatten diese Idee schon sehr früh. Bei der Entstehungsgeschichte der Schilthornbahn bzw. des Schilthorns hatte das drehende Element immer eine große Bedeutung. Jedenfalls war das Drehrestaurant ,Piz Gloria dann das erste in den Bergen realisierte Drehrestaurant überhaupt. Gleichzeitig wurden aber auch im Bewilligungsverfahren für die Bahn doppelstöckige, rotierende Luftseilbahnkabinen beantragt. Das wurde damals leider vom Bundesrat abgelehnt. Aber der 360°-Blick in der Kabine und im Restaurant war damals ein sehr zentrales Thema. Und wenn man das Schilthorn als Aussichtspunkt kennt, ist es auch leicht nachvollziehbar, dass man diesen Rundblick bis in den Schwarzwald und zum Mont Blanc bzw. zu Eiger, Mönch und Jungfrau zum USP ausbauen wollte. Das Schilthorn war also ein echter Pionier auf diesem Sektor!Heute wird das Drehrestaurant nicht mehr als Pionierwerk erachtet, die Leute wissen es nicht oder es interessiert sie nicht, dass Piz Gloria das erste seiner Art in den Bergen war. Die Bedeutung für den Gast ist nach wie vor dieselbe: der Rundblick und die 360° Drehung rundum in 47 Minuten sind faszinierend. Vom Erlebnischarakter her ist es immer noch ein Zugpferd.Mit allen Modeerscheinungen in der Küche hat sich das Angebot im Restaurant natürlich verändert. Es wurde wieder fokussierter, bodenständiger, Schweiz-bezogener  mit Ausnahmen. Gäste aus gewissen Märkten, die wir bearbeiten, kommen nur, wenn sie ihre bekannten Speisen essen können  etwa Halal Food Indisch. Insofern hat sich das Angebot dem Gästeverhalten, der Nachfragestruktur angepasst. Unser Ziel ist es, alle Märkte, die wir aktiv bewerben, auch kulinarisch abholen zu können. Die Vorlieben werden bereits vom Reiseveranstalter für die Gruppe mitgebucht.

Das 360° Drehrestaurant Piz Gloria auf Schilthorn war das erste seiner Art in den Bergen und präsentiert in 47 Minuten Drehzeit über 200 Gipfel.

MM: 1968/69 hattet Ihr das Glück, u.a. mit dem Piz Gloria Drehort für den James Bond-Film ,Im Geheimdienst Ihrer Majestät zu sein. Wie kam dieses ,Glück zustande, wie hat es sich auf den Bekanntheitsgrad ausgewirkt und warum will man erst jetzt, 45 Jahre später, einen konkreten Nutzen bei der Positionierung mit der BOND WORLD 007 daraus ziehen?Egger: Hier hat der Zufall Regie geführt. Hubert Fröhlich von Eon-Productions Filmgesellschaft war im Alpenraum auf der Suche nach einem geeigneten Berggipfel. Nach etlichen erfolglosen Versuchen machte er halt in unserer Region und logierte in Grindelwald. Der Concierge des Grand Hotels Bär zeigte ihm eine Postkarte vom Schilthorn und informierte darüber, dass dort gerade eine Bergbahn samt Drehrestaurant im Entstehen sei, das sich dafür eignen würde. Fröhlich nahm daraufhin Kontakt mit den Verantwortlichen auf und so kam die Sache ins Rollen. Der große Nutzen für die Schilthornbahn wurde sofort erkannt und die Filmkulisse auch einen enormen Startschub bei der Bekanntheit ausgelöst. Noch heute verbinden mit dem Namen Schilthorn laut einer ungestützten Gästebefragung die meisten Leute ,James Bond Location  und das obwohl wir eigentlich in den letzten Jahren das Thema ,James Bond wenig bewirtschaftet haben. Das Ergebnis dieser Befragung hat uns dazu bewogen, dass wir neben dem Aussichtserlebnis diese USP wieder beleben müssen. Wir erkannten: Wenn wir die Bond-Thematik inhaltlich nicht ausfüllen, fahren die Gäste u.U. enttäuscht wieder nach Hause, da sie mit dem Berg etwas Bestimmtes verbinden. Mit der heutigen Eröffnung der BOND WORLD 007 hoffen wir, dieses Bedürfnis zu erfüllen. Heute ist natürlich im Gegensatz zu früher die Inszenierung von Bergen ein dominierendes Thema. Da wir auf internationalen Märkten tätig sind, ist dasAlleinstellungsmerkmal sehr wichtig  und dieses Verkaufsargument kann uns niemand nehmen! Außerdem können wir die BOND WORLD als Schlechtwetterangebot nutzen.

Blick in das Innere des mittlerweile 45 Jahre alten Drehrestaurants.

MM: Was genau beinhaltet die neue BOND WORLD 007 und ist damit ein anderer Auftritt der Schilthornbahn verbunden?Egger: Die BOND WORLD besteht aus drei Teilen. Zum einen wurde der Helikopter-Landeplatz aus dem Film an der Originalstelle wieder neu aufgebaut. Diesen relativ großen Raum füllen wir einerseits mit einer interaktiven Ausstellung und andererseits mit einem Kino. Auf der Terrasse sind schließlich Bond-Figuren als Foto-Sujet platziert, welche mittels Audio-Modulen Auszüge aus ihren Filmrollen sprechen. Gleichzeitig haben wir die Panorama-Darstellung verstärkt mit neuen Tafeln und Viscope-Fernrohren (Fa. Idee GmbH), die sofort den Namen des jeweiligen Berggipfels einblenden. Zusätzlich wurde in 80 m Entfernung die Aussichtsplattform ,Piz Gloria View mitFoto-Point installiert. (Weitere Beschreibung siehe den Extra-Artikel über die BOND WORLD) Das ganze Projekt wird sich noch über die nächsten 4 Jahre weiter entwickeln, wobei die Planung bereits mit der Firma pronatour ausgearbeitet wurde. Man muss ja bei den Attraktionen immer nachlegen können!Auch die Firma Mountain Management Consulting von Mike Partel spielt eine wichtige Rolle bei der Gesamtkonzeption. Wir wollten von Anfang an Vermarktung und Produktgestaltung aus einem Guss heraus umsetzen, deshalb haben wir die beiden Unternehmen schon von der Ideenfindung weg zusammengespannt. Daher zieht sich das neue BOND WORLD-Erscheinungsbild bei uns jetzt überall hin durch  bis zur Visitenkarte. Und der optische Einstieg in die BOND WORLD beginnt nun bereits bei der Talstation in Stechelberg: Eine neue Fassadenverkleidung aus einer luft- und lichtdurchlässigen Kunststoffblache (Fa. Typico) empfängt die Gäste mit einem Bild der grandiosen Bergwelt und stimmt auf die einzigartige Aussicht ganz oben ein.

Das Skigebiet Mürren ist Teil der weltberühmten Jungfrau-Region, welche die Nummer vier unter den Schweizer Skidestinationen darstellt.

MM: Was erwartet man sich von dieser Realisierung?Egger: Was wir uns in erster Linie von der Innovation erwarten, ist ein scharfes Profil zu erhalten: Schilthorn ist James Bond und Aussicht. Gerade die Gäste aus Asien wollen jedes Jahr etwas Neues erleben. Nur wer das bieten kann, ist dabei. Wir verlangen ja einen relativ hohen Preis für unsere Attraktion  wir sind der drittteuerste Ausflug in der Schweiz  und wollen die Werthaltigkeit steigern.MM: Welche Neuerungen wurden oder werden in Kürze sonst noch präsentiert?Egger: Wir haben zwei wichtige große Projekte: das eine ist das neue 300 Betten Apartement-Hotel in Mürren, bei dem die Bergbahn Grundeigentümer und Teil der Entwicklergemeinschaft ist. Der Bedarf nach Betten ist gegeben, zumal derzeit nur noch 550 existieren  vor dem zweiten Weltkrieg gab es hier noch 2000 Betten! Realisierungszeitraum ist 2015/16. Das andere Projekt betrifft das Parkhaus Stechelberg mit 640 Stellplätzen, Realisierungsbeginn ebenfalls 2015. Das wird mehr Komfort und noch mehr Parkplätze für die Gäste bringen, vor allem im Winter verursachen offene Parkplätze ja immer Probleme bzw. großen Aufwand. Außerdem wird in einem Jahr eine weitere Aussichtsplattform in der Mittelstation Birg errichtet als Ergänzung zum ,Piz Gloria View. Denn zur Schneeschmelze in den Monaten Mai, Juni ist das Schilthorn oft mit einer Wolke umgeben, während auf Höhe Birg freie Sicht herrscht. Das nützte bislang dem Gast aber nichts, weil wir hierfür kein spezielles Angebot hatten. Künftig werden sich also die beiden Aussichtsplattformen ergänzen.Und schließlich planen wir im Bereich Allmendhubel kleinere Angebote für Familien und ältere Leute mit dem Fokus auf Relaxen.

Bei der Steigerung des Sommergeschäftes sieht die Schilthornbahn das größte Potenzial. Im Bild der Bereich Allmendhubel mit der Kneippanlage.

MM: Welches Publikum/Einzugsgebiet hat die Schilthornbahn, welche Rolle spielen jeweils Winter- und Sommergeschäft und soll sich durch die neuen Maßnahmen daran etwas ändern? Attraktivitätssteigerung?Egger: Beim Publikum müssen wir zwischen Winter und Sommer unterscheiden. Im Winter haben wir die ,normale Nachfragestruktur: vor allem Europäer, 45% Schweizer, ca. 30% Deutsche, Mürren hat traditionell auch viele Gäste aus Großbritannien und natürlich Holländer und Belgier  wie eben die meisten Wintersportorte. Im Sommer sieht die Zusammensetzung etwas anders aus: ca. 35% Schweizer, 15% Amerikaner (ein selten hoher Wert) und ca. 25% Asiaten mit stark steigender Tendenz. Der Rest teilt sich auf in England, Holland und übriges Europa. Vor allem China und Südostasien legt stark zu, in diese Märkte gehen wir selber mit den eigenen Verkaufsleuten und in Indien, China und Japan haben wir auch eigene Agenten vor Ort. Die Hinzunahme weiterer Märkte wie z.B. Korea, Indonesien, Malaysien und eventuell auch Brasilien ist noch geplant. Es ist Absicht, dass wir die Märkte breit streuen, um eine gute Risiko-Diversifizierung zu erreichen und nicht abhängig von einer Währung werden. Generell soll der Ausflugsverkehr im Sommer wachsen. Dieses Segment stagniert derzeit eher in der Schweiz.MM: Wie seht Ihr Eure Position am Schweizer Seilbahnmarkt im Kampf um den einheimischen sowie den internationalen Gast? Ist der starke Franken nach wie vor ein Handicap?Egger: Im Winter sind wir Teil der Jungfrau-Region und als solche die Nummer vier in der Schweiz unter den Skidestinationen gemeinsam mit Kleine Scheidegg-Männlichen-First. Beim Sommergeschäft haben wir als Konkurrenten, die auf den Weltmärkten präsent sind, das Jungfraujoch, Titlis und Pilatus. Das ist also in beiden Jahreszeiten eine gute Position im Schweizer Markt, die sich aber auch noch ausbauen lässt. Deshalb investieren wir jetzt auch viel in die Vermarktung und in die Produktgestaltung. Der starke Franken ist nur auf den europäischen Märkten ein Thema, in Asien nicht. Diese Länder profitieren im Gegenteil vom schwachen Euro, das hat bereits 2012 zu einem Schub geführt.MM: Welche mittel- bis langfristigen Zukunftsperspektiven hat die Schilthornbahn? Wo werden die größten Chancen liegen?Egger: Unser Hauptziel ist wie o.e., das Sommergeschäft zu verstärken. Dort sehen wir auch die größten Potenziale. Bei allen Neuerungen versuchen wir trotzdem, immer authentisch zu bleiben. Der autofreie Ort Mürren als Basis ist ja sehr idyllisch, dem wollen wir nicht etwas Fremdes aufsetzen. Eine Rodel- oder Bobbahn würde z.B. passen, da im Bond-Film eine Bobbahn vorkommt. Ein ebenfalls wichtiges Ziel stellt die Sanierung des 45 Jahre alten Drehrestaurants 2015/16 dar, und zwar in den Bereichen Energietechnik und Komfort. Denn 2017 feiern wir das 50-Jahr Jubiläum und zu diesem Anlass wollen wir auf der Hauptachse von Stechelberg bis Schilthorn geschlossen in neuer Frische erstrahlen.

Das Kitzsteinhorn hat sein Charisma neu definiert

12 Jahre nach der Seilbahnkatastrophe in Kaprun steht die Region und mit ihr die Gletscherbahnen Kaprun AG dynamischer da, als je zuvor. Das erste Gletschergebiet Österreichs hat sich vom Nimbus „Sommerskilauf“ verabschiedet, der Klimawandel hat eine Reihe von Anpassungsmaßnahmen erforderlich gemacht. Inzwischen ist der Ausflugstourismus im Sommer der große Wachstumsbringer, ausgelöst vor allem durch die „Gipfelwelt 3000“ an der Grenze zum Nationalpark Hohe Tauern. Maßgeblich beteiligt an der positiven Entwicklung war und ist Vorstand Norbert Karlsböck, der sich nach 14 Jahren als Bürgermeister von Kaprun nunmehr ausschließlich seiner Führungsaufgabe bei den Gletscherbahnen widmet.

Norbert Karlsböck, Vorstand Gletscherbahnen Kaprun AG

MM: „Herr Karlsböck, schildern Sie bitte zunächst Ihren Werdegang in die Seilbahnbranche sowie alle einschlägigen Funktionen – auch in benachbarten Branchen.“Norbert Karlsböck: „Ich bin von der Ausbildung her gesehen ein Tiefbauingenieur mit intensivem Bezug zum Skisport und durch meine Tätigkeit bei der Tauernkraftwerke AG auch mit Bezug zum Gletscher. Seit 1989 bin ich im Aufsichtsrat der Gletscherbahnen Kaprun AG, von 1999 bis 2006 war ich stellvertretender Vorsitzender und seit Mai 2006 bin ich Technischer Vorstandsdirektor. Weitere Funktionen: Aufsichtsrat der Großglockner Hochalpenstraßen AG, Gesellschaftervertreter der Zell am See-Kaprun Tourismus GmbH und des Tauern SPA Kaprun sowie im Fondsbeirat des Nationalpark Hohe Tauern. Und schließlich habe ich 14 Jahre lang das Amt des Bürgermeisters in Kaprun ausgeübt, welches ich vor kurzem zurückgelegt habe, um mich voll der Aufgabe des Alleinvorstandes widmen zu können. Diese Periode beginnt am 1. August, da der bisherige Kaufmännische Vorstand Peter Präauer eine Vertragsverlängerung aus Altersgründen ablehnte. Ich will mich in meinem Berufsleben nun auf das Wesentliche fokussieren und da stellt die zukunftstaugliche Führung der GLB Kaprun als einer der wichtigsten Leitbetriebe im Land mit bis zu 280 MitarbeiterInnen und 28,3 Mio. Umsatz eine hinreichende Herausforderung dar.“

Die Nationalpark Gallery Plattform erlaubt den Blick auf Österreichs höchsten Berg, den Großglockner, ganz ohne alpinistisches Können. Fotos: GLB Kaprun AG

MM: „Nach dem Seilbahnunglück im November 2000 waren die GLB Kaprun am Boden, heute stehen sie wieder stark und innovativ da. Wie ist es zu dieser „Auferstehung“ gekommen und welches Engagement haben Sie seit Ihrer Managementfunktion eingebracht?“Karlsböck: „Das Seilbahnunglück war die größte Katastrophe, die jemals über Kaprun hereingebrochen ist. Ich habe als Bürgermeister alle Facetten dieser Tragödie miterlebt und auch die bange Frage im ganzen Ort: Wie kann es überhaupt weitergehen mit uns? Aber wenn man liegt, gibt es letztlich nur die eine Option: wieder aufstehen! Mit dem Bau der Bahnen „Gletscherjet I und II“ wurden rasch neue Impulse gesetzt ebenso mit der Therme bzw. Wellnessworld Tauern SPA. Heute stehen wir besser da als je zuvor, die Gäste sind nicht ausgeblieben. Ganz im Gegenteil, die letzten 3 Jahre hat sich die Region Zell am See –  Kaprun extrem positiv bis zum Rekord von 2,25 Mio. Nächtigungen entwickelt. Das alles ist aus der Dynamik des Neuanfanges heraus entstanden. In der Bevölkerung hat es eine breite Allianz für eine neue Ausrichtung gegeben, bei welcher der „Mensch in der Natur“ sowie das „Gesamterlebnis Berg“ in den  Vordergrund gerückt wurden.“MM: „Die GLB Kaprun investieren regelmäßig hohe Summen in die Weiterentwicklung. Welche Investitionen stehen heuer bzw. mittelfristig an?“Karlsböck: „Das heurige Jahr fällt bei den Investitionen mit 6,6 Mio. Euro etwas ruhiger aus, betroffen sind die Bereiche Beschneiung und Pistenqualität. Der Krefelderweg wird z. B. bis zum Alpincenter verlängert, wodurch dieses erstmals über einen Güterweg erschlossen ist. Größere Investitionen sind erst in den Folgejahren geplant. Dabei geht es um die Attraktivierung des Höhenskigebietes durch zwei Umlaufbahnen (Gletscherjet 3 und4), die mehrere Schlepplifte ersetzen. Die 1. Sektion wird als Kombibahn, bestehend aus 10er Kabinen und 8er Sesseln, geführt werden. Die 2. Sektion führt als 10er Kabinen-Umlaufbahn bis 2 900 m. Diese Maßnahme bringt deutliche Verbesserungen für die Skifahrer, zusätzlich erweitert sich das Angebot für die wachsende Zahl der nicht Ski fahrenden Gäste, die inzwischen ca. 20 % ausmacht. Wir wollen auch im Sommer mehr Personen in den Gletscher-Gipfelbereich transportieren, was mit der jetzigen Kapazität der Gipfelbahn (600 P/h) aber nicht möglich ist. Das Projekt soll bis zur Saison 2015/16 realisiert sein – zeitgleich mit dem Jubiläumsjahr ,50 Jahre Gäste auf das Kitzsteinhorn.‘ Bei allen unseren Maßnahmen nehmen wir größte Rücksicht auf die grandiose Naturlandschaft und setzen durchaus Standards mit der Einbindung der Ökologie. Für diese Bemühungen erhalten wir von den Gästen erfreulicherweise viel positives Feedback!“

Ein Teil der „Gipfelwelt 3000“ wird von einem 360 m langen „mystischen“ Stollen mit 6 Infostationen über die Hohen Tauern gebildet.

MM: „Wie sieht die derzeitige Positionierung des Kitzsteinhorns aus, hat sich diese im Laufe der Jahre verändert und welche Veränderungen sind für die Zukunft gedacht?“Karlsböck: „Unser Berg ist inzwischen als Ganzjahresberg positioniert – ursprünglich hat man als Österreichs erstes Sommerskilauf-Gebiet begonnen (!) – das Angebot des Tauern SPA unterstützt dieses Konzept ideal. Vor 5 Jahren haben wir einen intensiven Prozess in punkto Positionierung entwickelt und wir haben hier 3 für uns wichtige Dimensionen herausgearbeitet, mit denen wir unvergessliche Erlebnisse bieten wollen:1) Freiheit im Schnee2) Genuss (auf Piste und in der Gastronomie)3) Kreativität (u. a. in Snowparks, Architektur, Ausstellungen etc.)Diese Linie zieht sich auch in den Bildwelten durch. Freiheit bezieht sich bei uns z. B. auch auf Skilauf und Freeriden auf weiten Hängen oder grenzenlose Möglichkeiten für Snowboarder und Freeskier in unseren 3 Snowparks samt Österreichs größter Superpipe. Diese Stoßrichtung zielt klar auf das junge Publikum ab, das wir verstärkt auf den Berg holen möchten. Dazu passt auch das Programm ,Power of Zehn‘, das Kindern und Jugendlichen bis 19 Jahre jeden Samstag eine Tageskarte am Kitzsteinhorn um 10,- Euro ermöglicht.Prinzipiell geht es uns seit einigen Jahren darum, dass das Kitzsteinhorn vom Publikum ,neu‘ wahrgenommen wird. Wir wollen auch nicht die Seilbahnfahrt an sich verkaufen, sondern eine ,eindrucksvoll gestaltete Zeit am Berg‘ direkt an der Grenze zum imposanten Nationalpark Hohe Tauern. Wir inszenieren die einzelnen Tourismusprodukte wie z. B. die ,Gipfelwelt 3000′ unter diesem Gesichtspunkt – da gehört auch eine attraktive Architektur dazu.“

Kitzsteinhorn Gipfelstation auf 3 029 m Höhe mit „Top of Salzburg“, der höchsten Panorama-Plattform des Landes.

MM: „Stichwort ,Freeriden‘. Das Kitzsteinhorn war schon immer eine beliebte Destination für Offpiste-Fahrer. Inzwischen bietet Ihr aber einen professionellen Umgang mit dem Thema an. Wie sieht dieser aus, was bewirkt er?“Karlsböck: „Freeriden hat sich in den letzten Jahren zu einem echten Trendsport entwickelt. Zugleich hat auch das Bewusstsein für alpine Gefahren und Risikominimierung zugenommen. Das Kitzsteinhorn hat sich schon früh dieses Themas angenommen und empfängt Freerider auf 5 abwechslungsreichen Routen in Liftnähe. Zugleich nehmen wir aber auch bei der Aufklärung eine Vorreiterrolle ein. Die Freeride Info-Base am Alpincenter und die Freeride Info-Points am Einstieg der Routen informieren Freerider nach dem Motto ,Safety First‘ eingehend und aktuell darüber, welche Routen geöffnet sind bzw. über die Gefahren abseits der gesicherten Pisten. Im PIEPS-Lawinenfeld neben dem ICECAMP können Powderfans gezielt jederzeit kostenlos den Umgang mit LVS-Gerät, Sonde und Schaufel trainieren. Aufgrund dieses durchdachten Gesamtpaketes wird das Kitzsteinhorn von Medien und alpinen Vereinen immer wieder als positives Beispiel im Umgang mit dem Trendsport ,Freeriden‘ genannt. Wir erleben die Freerider als naturverbundene Leute mit einer starken Sehnsucht. Vom Verbieten dieser Aktivität halte ich nichts.“MM: „Die Gipfelwelt 3000 hat euch 2011 einen positiven Schub verliehen. Wie kam es zu dieser Idee bzw. was beinhaltet sie und wie wird diese Attraktion angenommen? Gibt es noch weitere Ausbaupläne?“Karlsböck: „Wir haben im Zuge der o. a. Positionierungsbemühungen festgestellt, dass die 3 000er-Marke sowie die Nähe zum Nationalpark ein Alleinstellungsmerkmal sind. Gemeinsam mit dem ,Haus der Natur‘ in Salzburg und dem Nationalpark Hohe Tauern wollten wir den Gästen diesbezüglich etwas ganz Neues präsentieren und ein Zusatzangebot zum klassischen Skitourismus schaffen. Inzwischen hat sich der ganzjährig geöffnete Besuchermagnet als Erfolgsmodell etabliert: 153 000 Menschen aus 40 Nationen haben von 15. 5. bis 15. 10. 2012 die ,Gipfelwelt 3000′ besucht (+ 21 % gegenüber 2011). Mit solchen Attraktionen werden neue, internationale Gästeschichten angezogen, welche die Gletscherbahnen nutzen, um bequem und sicher die Faszination von Hochgebirge und Gletscher zu erleben. Mit der Plattform ,Top of Salzburg‘ kann jedermann einfach und ohne Anstrengung den höchsten Besucherpunkt im Nationalpark erreichen. Dorthin führt ein 360 m langer Stollen als ,magisch mystischer Weg‘ mit 6 interessanten Info-Stationen über Themen wie z. B. ,Kristallschätze der Tauern‘ oder ,Entstehung der Tauern‘, ,Gold und Silber‘ oder ,Permafrost‘. Weiters wird das Areal im Sommer ergänzt durch die ,ICE ARENA“, sozusagen ein Rutschspaß im Sommerschnee auf Bobs plus Schneestrand mit Sonnenliegen sowie ein gesicherter Gletscher Trail.Für uns sind diese Investitionen sehr nachhaltig, vor allem in Hinblick auf den Sommer. Man kann auf diese Weise auch bessere Preise erzielen, denn das Kitzsteinhorn wird sehr hochwertig wahrgenommen! Ausbaupläne existieren natürlich, zumal die Zahl der Nicht-Skifahrer auf ca. 25 % ansteigen wird. Hier gehen wir wieder sehr behutsam vor, damit alles hochwertig bleibt. Denn der Berg ist wie ein Organismus zu betrachten, der auf alle Veränderungen reagiert.“

Die hochqualitative Gastronomie in modernem alpinen Stil soll das Naturerlebnis fortsetzen.

MM: „Auf dem 23. TFA haben Sie einen Vortrag gehalten mit dem Titel: ,Anpassungsstrategien an den Klimawandel – Neue Sommerangebote erfordern andere Preise‘. Geben Sie bitte die Kernaussagen wieder.“Karlsböck: „Der Klimawandel in der Gletscherregion erfordert zwar Anpassungsstrategien, bietet aber auch Chancen, wenn man sich breit aufstellt. Was uns bei aller globaler Erwärmung bleibt, ist die Höhe und die relative Kühle im Vergleich zur Umgebung. Vor 50 Jahren wurde das Kitzsteinhorn als Sommerskigebiet konzipiert – das ist längst vorbei, der Skibetrieb geht von Anfang Oktober bis 2. Juni, dann wird noch einmal drei Wochen im Juli für Skilehrer offen gehalten. In Zukunft wird der Berg mit seiner Kühle und weitgehend unberührten Natur für viele Menschen weltweit eine Gegenwelt bieten – speziell für jene, die in urbanen Räumen unter der steigenden Hitze leiden. Unsere Region in Kombination mit dem Zeller See ist ideal für ,Hitzeflüchtlinge‘. Speziell aus Asien und dem arabischen Raum ergeben sich bei dieser Thematik interessante Wachstumsimpulse, die wir aufgreifen wollen. 89 % unserer Gäste zwischen Juni und September sind heute bereits Ausflugsgäste zur Gipfelwelt 3000! Und ergänzend dazu ersetzt die ,ICE ARENA‘ – wie erwähnt unser Erlebnisbereich mit Sommerschnee – längst das Sommerskifahren. Zusätzlich findet eine Renaissance der alten Tradition des Bergwanderns statt und neue Formen des Bergerlebnisses z. B. über Mountainbike-Trails werden bereitgestellt.Bei den Preisen streben wir noch eine Verbesserung der Ertragsstruktur an. 43 % der Gäste nutzen die Zell am See – Kaprun Sommerkarte, die für den Nächtigungsgast von Partnerbetrieben inkludiert ist, weitere 20 % nutzen andere Bonuskarten und ,nur‘ 37 % sind Vollzahler. Für eine gute wirtschaftliche Perspektive sollte es unser Ziel sein, den Prozentsatz der Vollzahler sukzessive anzuheben. Das heißt, wir müssen im Sommer die Tagesgäste steigern. Diesbezüglich haben wir auf internationalen Märkten gute Chancen. Es gibt bereits Touristen, die von München oder Wien direkt mit dem Taxi anreisen, um die Attraktionen am Kitzsteinhorn zu erleben!“MM: „Welche Rolle spielt der Sommer überhaupt für ein Gletscherskigebiet wie das Eure? Ihr seid sogar Mitglied bei den Österreichischen Sommerbahnen! Welche Gäste-Zuwachszahlen gibt es?“Karlsböck: „Der Sommer spielt seit einigen Jahren eine immer größere Rolle bei uns.Die Zahl der Besucher im Sommer ist seit 2004 um 50 % und der Umsatz um 75 % gestiegen (gegenüber dem Vorjahr + 21 %) und lag zuletzt bei über 140 000 Sommerfahrten. Über das ganze Jahr gesehen besuchten 852 669 Gäste das Kitzsteinhorn. Die Nächtigungen in der Region sind im Sommer stärker gewachsen als im Winter. Mittelfristig peilen wir in Kaprun 850 000 Nächtigungen an. Wir erwarten uns noch viel vom ,Alpinen Sommer‘, er bringt die Steigerungsraten in unserer Ganzjahresdestination. Zur weiteren Attraktivierung haben wir seit 2012 ein selektives Angebot für Mountainbiker mit 3 Freeride-Trails (12 km Länge, 1500 Höhenmeter), Info- und Wash-Points sowie MTB-Transport zum Alpincenter ohne Aufpreis.“MM: „Wie wichtig ist das Thema Nachhaltigkeit für Euch und welche Maßnahmen setzt Ihr bereits um?“Karlsböck: „Dieses Thema spielt bei uns seit Jahren eine Hauptrolle, weil wir uns mit unseren Aktivitäten in einem sehr sensiblen Naturraum bewegen. Dafür haben wir den in der Branche anerkannten „pro natura – pro ski Award“ gewonnen. Das Institut für Ökologie in Salzburg begleitet die Entwicklung und es wird jährlich über die Maßnahmen berichtet. Wir haben uns z. B. im Bereich Hochlagenbegrünung/Renaturierung in eine Spitzenposition gesetzt, wir haben ein wissenschaftliches Permafrost-Projekt am Laufen und widmen uns dem „Snowfarming“. Hier wird versucht, genug Naturschnee in Mulden zu konservieren oder auf Depots mit Abdeckungen optimal zu schützen, um möglichst wenig technischen Schnee produzieren zu müssen. Ein wichtiger Punkt ist auch der Energieeinsatz und die Verwendung ausschließlich sauberer Energie – der Strom für die Schneeanlage wird z. B. zu 70 % aus einem zum Kleinkraftwerk umfunktionierten Pumpwerk gewonnen, die Warmwasseraufbereitung erfolgt mit Solarenergie, die Abwärmenutzung der Antriebsmaschinen und die Energierückgewinnung bei Lüftungsanlagen wird ebenfalls realisiert. Auch unser Status als Partnerbetrieb des Nationalpark Hohe Tauern gebietet ein nachhaltiges Handeln.“

Das 5 000 m2 große ICE CAMP mit Bar und Lounge wird jährlich mitten im Skigebiet neu aufgebaut, um die Ski-Gäste zu überraschen.

MM: „Die GLB Kaprun verfügen auch über eine hohe Schneekompetenz. 20 Mio. Euro wurden in 10 Jahren investiert, davon 4,5 Mio. Euro 2012. Warum braucht ein Gletscherskigebiet eine so schlagkräftige Beschneiung und wie hängt der Gletscherrückgang damit zusammen?“Karlsböck: „Unsere Schneekompetenz hat ebenfalls etwas mit dem Klimawandel bzw. dem Rückzug des Gletscherrandes zu tun. Wir können derzeit mit 77 Schneemaschinen 2 000 m3 in der Stunde produzieren, denn im Herbst soll es am Kitzsteinhorn eine Schneegarantie geben – wobei wir auf eine Kombination von Naturschnee und Maschinenschnee setzen. Weiters werden über den Winter 150 – 200 000 m3 Schnee in Depots am Gletscherrand angelegt, um das Abschmelzen sensibler Bereiche in der warmen Jahreszeit zu verhindern.Die jüngste Ausbaustufe um 4,5 Mio. Euro umfasste einen neuen Strang für eine neue Piste samt Pumpstation Langwiedboden II (Planung ILF, Rohre Duktus, Pumpen KSB). Die 4 bestehenden Pumpstationen wurden mit zusätzlichen Maschinensätzen verstärkt, so dass nun die doppelte Wassermenge zur Verfügung steht und die Grundbeschneiungszeit halbiert werden konnte.“

Der Sommer am Kitzsteinhorn gewinnt zunehmend an Bedeutung.

MM: „Nun zum Thema Gastronomie. Derzeit wird das Niveau der 7 Outlets weiter angehoben. Worauf zielt die neue Ausrichtung ab? Ist die Gastronomie ein Umsatzfaktor?“Karlsböck: „Die Gastronomie trägt am Kitzsteinhorn wesentlich zur qualitativen Wahrnehmung des Gesamtangebotes bei. Mit 5,5 Mio. Euro bzw. ca. 23 % Anteil ist sie außerdem tatsächlich ein wichtiger Umsatzfaktor für das Gesamtergebnis. Die o. a. Themen ,Genuss‘ und ,Kreativität‘ spiegeln sich in unserer Berggastronomie wider. Das Naturerlebnis  muss sich auf dieser Ebene fortsetzen. Besonderes Augenmerk legen die Kitzsteinhorn Gastronomen auf regionale Gerichte, zubereitet mit hochwertigen Produkten aus der Region. So kommt zum Beispiel der Bierkäse für die legendären ,Kaspress-Knödel‘ aus der Pinzgauer Molkerei, das Rindfleisch für die saftigen Entrecôtes liefern heimische Metzgereien, der Wild-Burger wird im Gipfel-Restaurant mit heimischem Hirschfleisch zubereitet, in den Apfelstrudel kommen nur österreichische Äpfel und in der hauseigenen Konditorei wird Verführerisch-Süßes selbstgemacht.Davon abgesehen werden die Gäste im Rahmen der kulinarischen Veranstaltungsreihe ,Hochgenuss‘ von Starköchen drei Mal im Jahr mit Köstlichkeiten auf 3 000 m verwöhnt.Entscheidend ist in diesem Metier, authentisch aufzutreten – und zwar sowohl bei den Produkten als auch bei Ambiente/Architektur (hier: modern alpin) und von Seiten der Mitarbeiter. Mit unserem Angebot wollen auch wir dem hohen Anteil an internationalen Gästen gerecht werden, die außergewöhnliche Qualität suchen. Der Trend geht immer mehr in Richtung Bedienung – obwohl man auch die schnelle Versorgung mit den Marktrestaurants bieten muss. Unser Flaggschiff ist die Gletschermühle auf 2 450 m. Wir sind übrigens nicht nur bei den Seilbahnen, sondern auch bei der Gastronomie nach ISO 9001 und ISO 14001 zertifiziert!“

Voriges Jahr wurde auch das Thema Mountainbiken mit 3 Freeride-Trails eröffnet.

MM: „Die GLB Kaprun hat im Vorjahr eine Auszeichnung vom Gesundheitsminister für „Betriebliche Gesundheitsförderung“ erhalten. Welche Voraussetzungen waren dafür notwendig und um welche Inhalte geht es hier?“Karlsböck: „Wir investieren sehr viel Geld in Ausbildung und Wohlbefinden unserer Mitarbeiter, sie sind unser Schlüssel zum Erfolg. Schließlich müssen unsere Mitarbeiter die Begeisterung leben, damit die Gäste einen perfekten Tag haben. Wir unterstützen die Mitarbeiter in allen Belangen, sei es Fitness, Ernährung, Weiterbildung, Evaluierungen am Arbeitsplatz – ja wir nehmen sogar schon im Planungsbereich darauf Rücksicht. Man darf nicht vergessen, dass wir uns bezüglich der Arbeitsbedingungen in einem sehr exponierten Bereich befinden, sozusagen einer arktischen Klimazone. Da gilt es, den Mitarbeitern ein möglichst gutes Umfeld zu bieten! Übrigens Lehrlinge haben die GLB Kaprun schon ausgebildet, bevor es den neuen Lehrberuf Seilbahnfachmann/frau gegeben hat! Und zwar zum Mechatroniker.“MM: „Seit 7 Jahren wird auf 2 500 m Höhe mitten im Skigebiet das legendäre ICE CAMP jeden Winter neu aufgebaut. Lohnt sich diese Mühe und welche Idee steckt dahinter?“Karlsböck: „Unsere kunstvolle Iglu-Landschaft mit kreativen Eis-Skulpturen, Ice Lounge und Ice Bar schafft u. a. einen zusätzlichen Erlebnispunkt für die Skifahrer. Bei chilliger Musik, Drinks und Snacks kann man von der Eiswelt aus das atemberaubende Panorama genießen oder am automatischen Photopoint unvergessliche Momente festhalten. Über das kostenlose WiFi-Netz werden extrem viele Fotos verschickt – ein schöner Werbeeffekt für uns.Das 5000 m2 große Areal bietet sich auch für Veranstaltungen und Unternehmenskooperationen wie z. B. mit ,Audi Home of Quattro‘ an und passt zu unserer Positionierung, nicht nur Skisport, sondern generell Schneeerlebnis zu ermöglichen. Die Gäste sollen das Kitzsteinhorn als einzigartigen Berg in den Ostalpen, an der Grenze zum Nationalpark Hohe Tauern, mit eigener Persönlichkeit wahrnehmen bzw. in Erinnerung behalten. Diese Perspektive sichert unsere Zukunft.“

    
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Rainer Flaig, Direktor Saas-Fee Bergbahnen: Nur eine gezielte Vorwärtsstrategie lässt uns hoffen

Rainer Flaig ist vor zwei Jahren nach fast 10 Jahren Lenzerheide Bergbahnen AG und mehreren erfolgreichen Fusionen nach Saas Fee als CEO gekommen. Kürzlich hat diese Destination bei der internationalen Studie „Best Ski Resort 2012“ den 2. Platz erreicht, schweizweit sogar den 1. Rang. Daran ist der als Vordenker bekannte Manager nicht ganz „unschuldig“. Im MM-Exklusivinterview schildert Flaig seine Vorwärtsstrategie, die sicher nicht nur für die „Perle der Alpen“ Gültigkeit hat.

Rainer Flaig, Direktor Saas-Fee Bergbahnen

MM: „Herr Flaig, was hat Sie damals zum Wechsel nach Saas Fee bewogen und was haben Sie seither verändert?“Flaig: „Zwei wesentliche Punkte haben mich dazu bewogen, als man mich fragte, ob ich die Führung der Saas-Fee Bergbahnen übernehmen möchte. Zum einen faszinieren mich Personen, die Rückgrat haben und sich nicht durch die Politik bestimmen oder manipulieren lassen und zum anderen das enorme Potential und die Positionierung von Saas-Fee als Gletscherdorf. Edmond Offermann hat mich als Person aber auch als Leadership schon vom ersten Moment an fasziniert denn mit seiner Einstellung, seinem Herzblut, seinem Engagement und seiner Offenheit wird er noch sehr vieles für Saas-Fee bewegen. Wenn auch die Saas-Fee Bergbahnen AG immensen Handlungsbedarf auf allen Ebenen hat und wir alle noch einen ganz steinigen Weg vor uns haben, hat diese Herausforderungen auf mich einen ganz besonderen Reiz ausgelöst. Unzählige Strukturbereinigungen in den letzten 15 Jahren blieben erfolglos, weil der Dörfligeist und Partikularinteressen stets stärker waren als der Markt. Schauen sie, wenn man seit über 13 Jahren einen Drittel der Skitage verloren hat und dieser Missstand wird stets über Preiserhöhung kompensiert, dann akzeptiert das der Markt nicht mehr. Das künftige Gletscherdorf muss sich wandeln und ich verlange ein durchgängiges Betriebskonzept, das sich viel enger an der Nachfrage des Gastes ausrichtet als bisher. Doch ohne frisches Kapital und ohne starke Investoren wird der Negativtrend, der seit über 13 Jahren transparent vorliegt, nicht gestoppt werden. Ich habe diesen Prozess von Anfang initiiert und wir stecken noch immer mittendrin. Es ist mir bewusst, dass ich mir damit nicht nur Freunde schaffen werde, doch wir müssen gemeinsam und geschlossen durch diesen Prozess durch. Wenn ich zurückschaue, so ist schon sehr vieles umgesetzt, aber es gibt noch viel zu tun.“

Das autofreie Saas Fee im Wallis (CH) landete bei der Studie „Best Ski Reort 2012“ nicht zuletzt wegen seiner Authentizität auf dem 2. Platz. Fotos: Ferienregion Saastal

MM: „Haben Sie Reformen eingeleitet und wie wurden diese aufgenommen?“Flaig: „Die klar auftretenden Gegensätze und die Schwierigkeiten, die durch die leider überall in unseren Alpen präsente Destinationspolitik zustande kommt, zeigen sich auch hier. Die Integrationsprozesse zeigten einmal mehr deutlich auf, dass es nicht nur einen gesunden Menschenverstand braucht, um Veränderungen voranzutreiben. Es braucht insbesondere Mut und Wille bis hinauf auf die oberste Führungsebene, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen und diese auch konsequent umzusetzen. Das steigert zwar nicht den Beliebtheitsgrad der entsprechenden Personen, doch ist ein solches Vorgehen unentbehrlich für das nachhaltige Überleben eines Unternehmens. Wir arbeiten z. B. immens an der Kostenseite ohne wesentlichen Qualitätsabbau. Das ist eine Herausforderung, die das ganze Management intensiv fordert. Wir müssen in Zukunft intelligent investieren – und intelligent sparen: Wir müssen die Förderkapazität erhöhen und den Convenience-Grad extrem steigern. Wir haben lediglich noch die Hälfte der Skitage von Zermatt und gehören mit unseren Finanzzahlen auch nicht mehr zu den besten Zehn der Schweiz. Es fehlte an innovativen Angeboten, man hatte veraltete Anlagen, mangelnde Renditen und der Qualitätsstandard des Personals hat noch erhebliches Potenzial. Die Personalkosten sind von CHF 10 Mio. auf 8,5 Mio. gesenkt worden und müssen nochmals um CHF 0,5 Mio. runter.Um gestärkt aus diesem Prozess herauszugehen, braucht es klare Ziele, Vertrauen, Respekt, Offenheit und nicht zuletzt eine sehr gute Kommunikation. Da uns die Zeit davonläuft, haben wir die wichtigsten Projekte wie Kostensenkungen, effizientes Management, schlankere Strukturen, Integration etc. sofort angepackt, um auf dem hart umkämpften Markt eine Chance zu haben. In diesem Sinne ist der interne Change-Prozess nur als erste Stufe zu sehen. Die zweite wichtigste Hürde soll diesen Winter genommen worden: diverse Strukturbereinigungen zu einer schlagkräftigen, effizienten Leader-Organisation. Wie tut man das? Erstens dadurch, dass man Eigeninitiative nicht nur postuliert, sondern sie auch tatsächlich unterstützt. Viele Bergbahn-Unternehmen wiederholen das Mantra von Eigeninitiative, Selbstverantwortung und Kreativität. In den meisten Fällen allerdings erleben die Mitarbeiter, die auch so arbeiten wollen, einen Dämpfer nach dem anderen, bis sie schließlich aufgeben. Eine gesunde, produktive Unternehmenskultur entsteht nicht durch Deklarationen, sondern durch Praxis. Wenn Menschen positive Erfahrungen mit ihrem Einsatz, ihrer Leidenschaft und ihrem Eifer machen, dann verbreitet und verstärkt sich das und erzeugt in der Organisation eine Energie, die ungewöhnliche Erfolge ermöglicht.“

CEO Rainer Flaig bei der Übergabe des Preises durch den Studienleiter Mike Partel (li.) Anfang November in Innsbruck. Foto: promedia

MM: „Saas Fee hat bei der Studie ,Best Skiresort 2012′ den 2. Platz in den Alpen erreicht – als bestes unter den Schweizer Skigebieten! Worauf führen Sie diesen Erfolg zurück?“Flaig: „Natürlich ist es schön, wenn die Vorwärtsstrategie so direkt Früchte trägt. Schlußendlich zählt immer nur eine Meinung: diejenige des Gastes. Und der Gast hat entschieden: Saas-Fee ist einer breit angelegten, unabhängigen Kundenzufriedenheitsstudie mit über 41 000 Befragten in 55 Top-Wintersportorten in den Alpen auf den hervorragenden 2. Platz und schweizweit sogar auf den 1. Platz gewählt worden. Von 21 Kriterien ist unsere Ferienregion in den Bereichen Schneesicherheit, Pistenqualität, Gemütlichkeit und Authentizität als Sieger hervorgegangen. Weitere Bestnoten wurden auch bei der Sicherheit auf den Pisten, bei Unterkunft/Hotels, Ruhe und Erholung, Ambiente des Ortes und Gesamtzufriedenheit verliehen. Diese hohe Auszeichnung ehrt uns sehr und zeigt, dass die steten Bemühungen und Qualitätsanstrengungen der Saas-Fee Bergbahnen AG, aber auch aller Leistungsträger, Früchte tragen. Gerade die Hauptargumente wie Schneesicherheit und Pistenqualität sind dabei von höchster Priorität bei der Wahl eines Skigebiets.“MM: „In 4 Kategorien ,Schneesicherheit‘, ,Pistenpräparation‘, ,Gemütlichkeit‘ und  ,Authentizität‘ seid ihr jeweils auf Rang 1 gelandet. Wie differenziert ihr euch in diesen Bereichen von den Mitbewerbern?“Flaig: „Es ist die Symbiose von 3 Faktoren, die unsere Region absolut schneesicher machen: in die technische Beschneiung wurde in den letzten 2 Jahren intensiv investiert und zusammen mit der Höhenlage und dem einzigartigen Gletscher ergibt das ein gewaltiges Herausstellungsmerkmal. Durch die Erschließung des Schneesportgebiets bis auf 3800 m bleibt die Qualität des Schnees bis Saisonende auf höchstem Niveau.Zweitens: Die Pisten erfüllen höchste Anforderungen – das dokumentieren auch die zahlreichen National- und Nachwuchsteams, welche regelmäßig in Saas-Fee trainieren. Das erfahrene und bestens ausgebildete Pistenteam setzt sich Tag und Nacht mit größtem Engagement für eine Top-Qualität der Pisten ein. Die Lichter am Berg erzählen von den unzähligen Maschinenstunden der Pistenfahrzeuge bis tief in die Nacht.Drittens: Authentizität und Gemütlichkeit ist entscheidend. Saas-Fee hat sich bei allen wirtschaftlichen Überlegungen und Entwicklungen ein wichtiges Prinzip auf die Stirn geschrieben: Nachhaltigkeit. Durch strenge Reglementierungen, innovative Projekte und nicht zuletzt der Initiative der Gemeindeverwaltung in der gesamten Ressourcenplanung wird eine nachhaltige Entwicklung der Perle der Alpen gewährleistet. Das traditionelle Dorfbild mit seinen alten sonnenverbrannten Walliser Häusern trägt dabei sicher zum gemütlichen Gesamtambiente im autofreien Ferienort bei. Was die Gemütlichkeit angeht, so steht hier ein Faktor im Vordergrund: Die Autofreiheit. Der teils doch immense Aufwand für die Erhaltung der totalen Autofreiheit stellt logistisch so einige Anforderungen an die Einwohner und Leistungsträger. Dass es sich aber lohnt, zeigen genau solche Studien. Der Gast fährt einen Gang herunter. Ich bin sicher, wenn wir den Innerorts-Verkehr noch besser lösen, dann wird diese Top-Platzierung auch in späteren Studien erhalten bleiben.Die Studie zeigt aber auf der anderen Seite auch, dass uns nur eine gezielte Vorwärtsstrategie hoffen lässt, auch weiterhin zu den Besten zu gehören. Gerade für die erstmaligen Besucher sind die Faktoren Skigebietsgröße und Beförderungskomfort ausschlaggebend bei der Wahl eines neuen Skigebiets. Hier bewegen wir uns nicht in der Spitzenklasse und müssen daher die geplanten Investitionen vorantreiben!“

Der Allalin-Gletscher und das höchstgelegene Drehrestaurant (3 500 m) sind das Wahrzeichen von Saas Fee.

MM: „Welche Rolle spielen in eurer Region ,Authentizität‘ und Entschleunigung? Erfüllen diese Werte heutige Gästebedürfnisse?“Flaig: „Authentizität und vor allem Nachhaltigkeit sind in Saas-Fee keine Werbeparolen. Sie sind für uns eine Verpflichtung. Gegenüber der Natur, der Entwicklung und unserer Nachkommen. Diese Verpflichtung nehmen die Verantwortlichen vielfältig war: über strenge Baureglementierungen zur Erhaltung des intakten Dorfbilds, innovative Projekte wie das geplante Solar-Fernwärmenetz, die erste feinstaubfreie Gemeinde mit 100 % Naturstrom etc. Dass all diese Bemühungen, aber auch das gemütliche Ambiente, unterstrichen durch die Autofreiheit im Dorf, von den Gästen honoriert wird, freut natürlich. Ruhe, Erholung oder eben ,Entschleunigung‘: dieser Trend wird sich bei den Gästen fortsetzen, denn der Druck am Arbeitsplatz, unser hektischer Alltag etc. wird sich noch verstärken. Auf diesem Trumpf müssen wir auch in Zukunft noch aufbauen. Dass bei der Studie die Gesamtatmosphäre so gut abgeschnitten hat, bestärkt uns dabei in unserem Vorgehen und wird in der Zukunft ein ganz wichtiger Erfolgsfaktor sein.“MM: „Saas Fee ist in vielen Punkten anders, so z. B. auch bei der Preisgestaltung. Ihr senkt die Tageskartenpreise um 5,5 %, die 6-Tageskarte um 10 % und steht mit dieser Taktik ziemlich alleine da. Welche Überlegungen stecken dahinter?“Flaig: „Die Bergbahnen kämpfen heute mit stark schwankenden Auslastungen sowie starken Überkapazitäten und unterliegen dabei zunehmend einem internationalen Wettbewerb mit hohem Preisdruck. Da die Grenzkosten in der Branche gegen Null tendieren und das Branchen-Know how im Bereich Preisgestaltung gering ist, besteht die akute Gefahr, dass unter dem Druck des Überangebotes Preissysteme angewandt werden, die zu einer existenzgefährdenden Ertragserosion führen. Wir betreiben seit knapp einem Jahr ein intelligentes Pricing mittels Kundenloyalitätsprogramm mit dem Bürgerpass bzw. Saaspass (Silbercard/Goldcard). Unser Pricing-Modell verknüpfen wir mit dem Ziel, die Angebote nachhaltig zu positionieren und die Ertragskraft des Unternehmens zu steigern. Die Entwicklungsrichtung ist dabei sehr klar: Es geht in Richtung stärkerer Preis- und Leistungsdifferenzierung. Die Kunden haben sich dabei immer mehr auch an komplexe Preissysteme gewöhnt und ihr Verhalten dementsprechend angepasst. Zwar erwarten sie auf der einen Seite Rabattierung und Preisreduktionen, sind aber auch bereit, für Premium-Produkte mehr zu bezahlen. Unsere Preise in Kombination mit dem Saaspass und Bürgerpass erfüllen dabei eine multiple Funktion und beinhalten Funktionalitäten für die Nachfragesteuerung, Positionierung, Ertragssicherung sowie Convenience.Der Preis unseres Produktes ist nicht mehr nur eine Widerspiegelung der Kosten, sondern stellt vielmehr ein Instrument der strategischen Positionierung dar. Hinsichtlich der Preisbildung bei Outdoor-Erlebnisprodukten wird heute vermehrt eine verhaltensorientierte Preisbildung postuliert, wobei sich diese Stoßrichtung insbesondere mit der starken Kundenbindungsorientierung bei Erlebnisprodukten begründen lässt. Erlebnisprodukte werden, insbesondere bei hohem aktiven Involvement (bspw. Wintersport oder Wanderpass) meistens mehrfach genutzt, was die Bindungsorientierung noch verstärkt. Bei uns ist deshalb eine klare Entwicklung von der kostenorientierten Preissetzung eines Transportunternehmens zu einer nachfrage-/verhaltensorientierten Preissetzung eines Freizeit-/Erlebnisunternehmens feststellbar. Entsprechend kann gefolgert werden, dass sich die Preishöhe nicht mehr an Transportleistungen, sondern an Erlebnisintensität orientiert und sich die Preisdifferenzierung und -steuerung nicht mehr an Kaufvolumen, sondern an Bindung und Auslastung orientiert.“

Der mit 5 000 m3 größte Eispavillon der Welt auf Mittelallalin gibt den Blick ins Gletscherinnere frei.

MM: „Leadership ist Ihnen bekanntlich ein Anliegen. Was heißt das in der Alltagspraxis? Wie werden die Mitarbeiter eingebunden?“Flaig: „Wir machen einen totalen Umbau in der Personalkultur. Bei uns sind Erfahrung und Wissen zwar bedeutend, aber weniger wichtig als Leidenschaft, Engagement und Eifer. Weil die Leidenschaft für das Unternehmen und seinen Zweck, das Engagement für die anvertraute Aufgabe sowie Einsatz und Eifer bei ihrer Erfüllung in einer gut designten, vernünftig strukturierten und professionell gemanagten Umgebung für das Unternehmen den meisten Wert schafft. Menschen bringen ungewöhnlich gute Resultate hervor, wenn sie etwas mit ganzem Herzen tun.Die wichtigste Aufgabe eines Leaders ist es, den Mitarbeitern dabei zu helfen, diese Leidenschaft und Energie zu entwickeln und ihre Eigeninitiativen zu unterstützen. Die Leidenschaft und Energie muss und soll nicht erzeugt werden. Jeder moralisch und emotional gesunde Mensch möchte dem seine Zeit und Gedanken widmen, was einen Sinn hat, etwas Gutes für die Anderen bewirkt und die Welt ein bisschen besser macht. Leadership ist also nicht das Motivieren oder Einschwören auf Visionen. Menschen wollen nicht motiviert werden, aber sie möchten motiviert sein! Leadership heißt also, den Mitarbeitern zu helfen, eine Leidenschaft für ihre Arbeit zu entfalten und eine besondere Energie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu entwickeln. Dieses Helfen bedeutet offene Kommunikationskultur, Vertrauen und gelebte Fairness. Genauso wichtig (und das ist der zweite entscheidende Faktor) sind aber auch eine richtig designte Businessarchitektur, effektive Organisation und Regeln, die eine erfolgreiche Zusammenarbeit erleichtern. Erfolge sind der beste Ansporn und ein guter Leader gestaltet seine Organisation derart, dass sich Erfolge leichter erreichen lassen.“MM: „Nun zum Thema ,Gletscher – Fluch oder Segen‘. Er nützt Euch einerseits bei der Schneesicherheit, bereitet aber auch zunehmend Sorgen. Wie bringt man hier Tourismus und sanfte Ökologie unter einen Hut?“Flaig: „Es stimmt, die Gletscher bereiten uns bei all ihrer Schönheit immer mehr Kopfzerbrechen. Nichtsdestotrotz: Saas-Fee wird oft auch das schönste Gletscherdorf der Welt genannt. Die gegenseitige Symbiose ist offensichtlich und das Thema Nachhaltigkeit spielt deshalb auch bei der Gletscherbewirtschaftung eine äußerst wichtige Rolle. Sei dies über Gletscherabdeckungen, Snowfarming, Sensibilisierung der Gäste etc. Noch wichtiger aber ist das Bekenntnis der Saas-Fee Bergbahnen AG zu allen geplanten Investitionen und Projekten: zusammen mit Spezialisten aus allen Bereichen werden die optimalsten Lösungen betreffend Energiemanagement, natürliche Ressourcen und Umweltverträglichkeit gesucht und umgesetzt.“

Der Trend Entschleunigung wird sich bei den Gästen fortsetzen, ist Flaig überzeugt.

MM: „Welche Zukunft sehen Sie für die Wintertourismus-Branche in der Schweiz generell? Wird es Strukturbereinigungen geben?“Flaig: „Was wir vermehrt brauchen, ist eine neue Sicht der Wirklichkeit: Die Einsicht, dass vieles zusammenhängt, was wir getrennt sehen; dass die sich verbindenden unsichtbaren Fäden hinter den Dingen für das Geschehen im Handeln des Gastes oft wichtiger sind als die Dinge selbst. Unsere Gesellschaft und ihre Institutionen zum Funktionieren zu bringen, wird die wichtigste Managementaufgabe im 21. Jahrhundert sein. Klugheit, Wissen und politische Gruppierungen und Taktieren reichen dafür aber nicht mehr aus. Was es braucht, ist Durchblick – wer die Zusammenhänge sieht, wer versteht, dass nichts getrennt für sich existiert, sondern es die besagten ,unsichtbaren Fäden‘ zwischen den Dingen sind, die das Geschehen in unserer Welt bestimmen, kann seine Klugheit und sein Wissen wirksam machen und Lösungen finden. Doch einige sehen die Fäden nicht – noch nicht. Sie reagieren mit unerbittlichem oder angstvollem Festhalten am Bisherigen, an festgefahrenen Strukturen. Wenn auf alle Fragen bezüglich Strukturen und Prozessen, Dienstleistungen, Hierarchien und Organisation die Antwort ,das machen wir so wie immer‘ kommt, mag dies zwar einen hohen Grad an Verlässlichkeit und Beständigkeit bedeuten. Es verursacht aber auch Lethargie und Trägheit, versteift eine Organisation und blendet die Bedürfnisse des Gastes aus. Auf die aktuelle Integration der Bergbahnen im Tal bezogen geht das genau bis zu dem Tag, an dem die Unternehmung auf ihren Transportkapazitäten und Vorstellungen sitzen bleibt und letztlich die Rentabilität des Unternehmens nicht mehr stimmt.Integration – sei dies bei den Bergbahnen oder im Marketing – ist ein ganz wichtiges Thema, denn wir können uns Doppelgleisigkeiten nicht weiter leisten. Gerade im Tourismus brauchen wir geeinte Kräfte, schon um nur den Vorsprung in der Infrastruktur zu unserem direkten Mitbewerber aufzuholen, aber auch um im internationalen Wettbewerb wahrgenommen zu werden.Ein ganz wichtiger Prozess in unserem Denken und Wirken ist der Wandel vom Transport- zum Dienstleistungsunternehmen. Der Gast will Komfort – und das heißt Dienstleistungen. Wenn man sich vorstellt, was eine Familie, die zum Wintersport reist, alles an Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen muss, erkennt man die Lücken in der Dienstleistungskette.Wie wird die Wintersportfamilie nun aber optimal bedient? Der Gast reist mit leichtem Gepäck an. Er hat zuvor bei der Reservation seiner Winterferien seine Schuhnummer und die Kleidergröße bzw. seine modischen Vorstellungen an sein Hotel durchgegeben. Dieses bestellt die ganze Ausrüstung bei einem Ausrüstungszentrum. Der Gast wird dort von Kopf bis Fuß ausgerüstet.So einen umfassenden Rentalservice gibt es heute schon in europäischen Ski-Resorts und er wird morgen schon zum Standard gehören.Selbstverständlich umfasst ein universelles Dienstleistungsangebot auch alle anderen Bereiche einer Feriendestination. Die Zukunft gehört großen professionellen Ausrüstungszentren in den Wintersportorten, die über modernstes Material verfügen und den Gast also vollständig ausrüsten. Wenn dieses Konzept umgesetzt wird, dann bleibt in diesem Bereich die Wertschöpfung in den Tourismusdestinationen.“ mak

Dr. Alessandro Marzola, GF Plose Seilbahn AG

„Unsere Zukunft entscheidet sich am 9. Juni“

Skifahren auf der Plose. Fotos: Plose Ski AG © Grüner Thomas

Die Plose-Seilbahn AG wird 2014 Jubiläum feiern. Schon in den nächsten Wochen aber wird sich entscheiden, welcher Weg für die Zukunft offensteht. Der Mountain Manager hat sich mit Alessandro Marzola über die derzeitige Situation und die künftigen Möglichkeiten unterhalten.
MM: „2012 wurde die Plose-Seilbahn AG 50 Jahre alt, geben Sie bitte einen kurzen Überblick über die wechselvolle Geschichte des Unternehmens. Wie ist Ihre
Familie mit dem Unternehmen verbunden?“
Alessandro Marzola: „Die ersten Gedanken, eine Seilbahn zu bauen, gab es schon 1907. Dann ist lange nichts passiert. 1962 wurde die Gesellschaft gegründet, eingeweiht wurde die erste Seilbahn dann allerdings am 4. Februar 1964. Deshalb feiern wir unser Jubiläum auch 2014. Die Geschichte der Plose-Seilbahn war von Anfang an gekennzeichnet durch große Diskussionen und Schwierigkeiten bei der Finanzierung. Schon 1983 stand man dann vor der Entscheidung, die Bahn zu schließen oder weiterzumachen. Durch ein geplantes finanzielles Engagement von Walter Klaus wurden Konzepte für die Bahn entwickelt, die man nach dem Ausstieg von Walter Klaus selber in die Hand nahm. 1985
wurde mein Vater, damals Präsident von Dolomiti Superski, ins Boot geholt. Dann wurde gebaut und 1989/1990 kamen zwei Winter ohne Schnee. Die Gesellschaft stand wieder vor dem Aus. Mein Vater hat dann eine Kapitalerhöhung gezeichnet, weil niemand anderer dazu bereit war. Seitdem kämpfen wir uns von Jahr zu Jahr durch. Ende der 90er Jahre wurde wieder investiert. Heute betreiben wir 9 Aufstiegsanlagen, die zum Teil schon älter sind, zum Teil auch neuer. Wirtschaftlich ist es der Gesellschaft nie gut gegangen, insofern konnten nie große Entwicklungskonzepte umgesetzt werden. 2007 waren wir wieder soweit wie Mitte der 80er Jahre und ich habe klargestellt, dass wir einen Betrieb nicht aufrechthalten können, der keine Zukunftsperspektive hat. 2008 wurde dann die Malik-Studie in Angriff genommen, die die Stärken von Brixen und der Plose untersuchen und Zukunftschancen ermitteln sollte. Dabei ist man zum Schluss gekommen, dass man die Stadt mit dem Berg verbinden muss und das ist im Moment der Knackpunkt für unsere Zukunft: Kommt die Verbindung oder kommt sie nicht.“
MM: „War es für Sie immer klar, für das Unternehmen tätig sein zu wollen?“
Marzola: „Ehrlich gesagt, war das nicht von vornherein geplant. Um die Plose-Seilbahn hat sich mein Vater gekümmert. Ich bin nach dem Studium nach Südamerika gegangen und habe dort gearbeitet. Als ich später zurückkam, hat es sich durch die Entwicklung dieser Zeit ergeben, dass man in Brixen jemanden gebraucht hat. Ich bin dann nach Brixen übersiedelt und habe beschlossen, mich dieser Aufgabe zu stellen. Dazu musste ich mich natürlich erst einmal einarbeiten und den Betrieb kennenlernen.“
MM: „Was sehen Sie als Ihre wichtigsten Aufgaben?“
Marzola: „Im Grunde genommen, hat man eine große soziale Verantwortung. Aus unternehmerischer Sicht haben wir kein gut gehendes Unternehmen, es hängt aber sehr viel vom Unternehmen ab. Betroffen sind nämlich an die 300 Arbeitsplätze am Berg und man möchte natürlich dazu beitragen, dass diese auch Bestand haben. Aus der Gesellschaft ein gut gehendes Unternehmen zu machen, ist sehr schwierig. Es ist aber ein Ziel, dass der Betrieb auch in Zukunft selbstständig ist und weiterbestehen kann. Es kann nicht unser Ziel sein, von Förderungen oder öffentlicher Unterstützung abhängig zu sein.“
MM: „Wie sind Sie mit der laufenden Wintersaison zufrieden?“
Marzola: „Mit der laufenden Wintersaison sind wir sehr zufrieden, sie läuft sehr gut. Wir werden wie 2011 – das war unser bester Winter bisher – wieder 250 000 Ersteintritte haben. Unser Hauptmarkt ist Italien und angesichts der Krisenstimmung, die sich hier bemerkbar gemacht hat, wussten wir nicht, was wir für diese Saison erwarten können. Der Wintertourismus hat aber einmal mehr bewiesen, dass die Menschen, wenn genügend Schnee da ist, nicht auf ihren Urlaub im Schnee verzichten.“

Der „WoodyWalk“ lockt im Sommer Besucher an.

„Brixen ist keine klassische Skidestination“
MM: „Was bietet die Plose ihren Gästen im Winter?“
Marzola: „Unser Angebot war bis 2007 sehr Ski-alpin-lastig. Wir haben abwechslungsreiche Pisten, viele sind südseitig ausgerichtet. Rund 80 % der Pisten liegen außerdem zwischen 2 000 und 2 500 m, also relativ hoch und außerhalb der Waldgrenze. Dennoch war das Angebot recht eng ausgelegt. Durch das Tourismuskonzept, das aus der Malik-Studie entstanden ist, haben wir unser Angebot erweitert. In der Zwischenzeit haben wir einen der größten Funparks in Dolomiti Superski, einfach um den jungen Leuten und den Freestylern etwas zu bieten. Wir haben die längste Rodelbahn der Dolomiten mit einer Länge von 10,5 km und das wird auch immer mehr nachgefragt. Wir hatten jetzt an den Wochenenden immer mindestens 2 000 Gäste, die auf die Rodelbahn gehen. Dabei sind natürlich viele Skifahrer, die das Zusatzangebot nutzen. Am Vormittag wird Ski gefahren, am Nachmittag fährt man dann nochmal mit der Rodel. Beim Ticketverkauf wirkt sich das kaum aus, aber das Angebot wird natürlich vielfältiger. Gut nachgefragt werden auch Schneeschuhwanderungen. Dazu haben wir Schneeschuh-Wanderwege und auch Winter-Wanderwege ausgewiesen und ausgebaut und werden das auch in Zukunft machen. Brixen ist keine klassische Skidestination, deshalb haben wir ein vielfältiges Angebot. Gäste kaufen keinen 6-Tages-Skipass, sondern eine Tageskarte und gehen dann wandern oder genießen auch einfach den Aufenthalt am Berg.“
MM: „Wie sieht das Angebot im Sommer aus?“
Marzola: „Bis vor wenigen Jahren haben wir den Sommer kaum genutzt. Der Sommer hat in dieser Zeit rund 3 % des Umsatzes ausgemacht. Seit 2008 haben wir auch für den Sommer viel getan. Wir machen nach der Wintersaison richtig sauber, damit alles, was an den Winter erinnert, aus dem Blickfeld verschwindet. Es gibt bei uns viele Wanderwege, z. B. einen Themenweg für Familien, den „WoodyWalk“ mit einigen Stationen, Ruhe- und Spielplätzen. Dazu einen 2,5 km langen Wanderweg, der auf die Rossalm führt. Wandern wird bei uns viel nachgefragt. Dazu haben wir vor 2 Jahren mit dem „Geocaching“ angefangen. Allein in Deutschland gibt es 190 000 Geocacher, also begeisterte Wanderer, die sich bei ihrem Aufenthalt in den Bergen noch zusätzlich betätigen wollen. Das Angebot werden wir noch erweitern. Wir haben auf der Plose einen 360°-Ausblick auf die Dolomiten, das bietet sich dafür natürlich an. Seit letztem Jahr bieten wir außerdem die Mountain-Karts an, mit denen man anstelle der Kabinenbahn ins Tal abfahren kann. Der Ansturm darauf war wirklich erstaunlich, teilweise gab es Wartezeiten bis zu 2 Stunden. Das haben die Gäste aber in Kauf genommen, um die Karts auszuprobieren. Für dieses Jahr werden wir zusätzliche 20 Karts ins Angebot nehmen, damit wir die Wartezeiten reduzieren. Für diesen Sommer werden wir dann außerdem einen Singletrail für Mountainbiker anbieten können. An der Bergstation hat es schon bisher Strecken für Mountainbiker gegeben, jetzt kommt das Angebot für Abfahrer dazu.“
MM: „Wie sehen Sie den Stellenwert des Unternehmens in der Region/in Südtirol?“
Marzola: „Für Südtirol haben wir keine große Bedeutung, da gibt es große und starke Mitbewerber. Für die Stadt Brixen sind wir natürlich sehr wichtig. Da ist die Plose ein Naherholungsgebiet für unsere 20 000 Einwohner, die das Angebot sowohl im Sommer als auch im Winter gut nutzen. Unser Hauptmarkt ist
damit auch der städtische Bereich hier. Natürlich ist die Plose als Motor für den Tourismus zu sehen. Wir haben am Berg auch 300 Mitarbeiter, vor allem Einheimische, die meisten auch Bergbauern, die eine Nebenerwerbsmöglichkeit haben. Deswegen ist das Unternehmen für Brixen auch sehr wichtig.“

Seilbahnprojekt Brixen – St. Andrä/Überflug

„Das Ziel wäre, mehr Wertschöpfung in die Stadt zu bringen“
MM: „Seit einigen Monaten wird intensiv über eine neue Zubringer-Seilbahn Brixen – St. Andrä diskutiert. Stellen Sie das Projekt/die Ambitionen bitte kurz vor.“
Marzola: „Durch die Malik-Studie hat man versucht, das USP von Brixen und der Plose herauszuschälen. Dabei hat man die Verbindung von Stadt und Berg als Einzigartigkeit erkannt. Wir haben die Möglichkeit, von einer mittelalterlichen Bischofsstadt mit mediterranem Klima innerhalb von einer Viertelstunde in den hochalpinen Bereich zu gelangen. Nur wenige Städte haben eine solche Voraussetzung, die man touristisch zu allen 4 Jahreszeiten nutzen kann. Eine Seilbahn-Anbindung Stadt – Berg, also Brixen – Talstation Plosebahn/St. Andrä wäre demnach wünschenswert. Dazu kommt, dass das Land Südtirol im Bereich Mobilität die Vision verwirklichen möchte, mit dem Zug im 30-Minuten-Takt durchs ganze Land fahren zu können. Brixen liegt nahezu in der Mitte dieser Eisenbahnverbindung, sodass sich unser Einzugsgebiet für die Stadt und den Berg enorm erweitern würde. Das Land Südtirol würde eine neue Zubringer-Seilbahn finanzieren, aber nur, wenn der Einstiegsbereich beim Bahnhof liegt und damit eine direkte Anbindung geschaffen wird. Eine andere Position würde vom Land nicht unterstützt, die Gemeinde und die Bergbahn allein könnten so ein Projekt auch nicht verwirklichen.
Das Ziel wäre, mehr Wertschöpfung in die Stadt zu bringen. Wenn es der Stadt gut geht, dann geht es auch auf der Plose gut. Wenn man auf der Plose Probleme hat, ist das nur ein Spiegelbild, wie es in der Stadt geht. Wir brauchen einfach einen wirtschaftlichen Impuls, um unsere verschlafene Bischofsstadt wieder auf Vordermann zu bringen.“
MM: „Was spricht für das Projekt, welche Argumente haben die Gegner?“
Marzola: „Dafür spricht viel. Zuerst würden wir die Plose als Ski- und Wandergebiet erhalten können. Mit dieser Investition stehen außerdem eine ganze Reihe anderer Investitionen in Zusammenhang. Es werden Hotels entstehen, die uns die Betten für mehr Gäste zur Verfügung stellen. Wir brauchen Investitionen am Berg in die Schneesicherheit und in die Gastronomie. Für die Gastronomie gibt es sehr gute Ideen, aber natürlich warten die Investoren, wie es mit der Seilbahn weitergeht. Ein weiterer Grund für die Anbindung Brixen/Bahnhof – St. Andrä ist die Erhaltung der 300 Arbeitsplätze am Berg, außerdem muss für den Bahnhofsbereich dringend etwas gemacht werden. Es gibt da ein 5 ha großes Gelände, das brach liegt. Durch den Bau der Seilbahn würde das gesamte Bahnhofsareal neu gestaltet werden, man würde Parkplätze und ein attraktives Gelände haben. Außerdem würde der Bahnhof durch die Umgestaltung endlich auch näher an die Stadt heranrücken.
Die Hauptargumente der Gegner sind landschaftliche Aspekte und die Thematik „Überflug“, also Verminderung der Privatsphäre und ein befürchteter Wertverlust von Immobilen. Grundsätzlich sieht man weniger das Gesamtprojekt, mehr einzelne Aspekte.“

Rondell.

MM: „Wie ist die Situation im Moment, wie man hört, soll es eine Volksbefragung geben?“
Marzola: „Es wird eine Volksbefragung geben. Sie wird am 4. April im Gemeinderat beschlossen. Die derzeitige Diskussion dreht sich um die Art der Fragestellung. Die Südtiroler Volkspartei schlägt vor zu entscheiden, ob man für den Standort Bahnhof ist oder nicht, da nur dieser als Einstiegsstelle zur Seilbahn vom Land akzeptiert und das Projekt dann auch gefördert wird. Andere Parteien wollen 3 Standorte zur Wahl stellen, die bei der Projektbewertung am besten abgeschnitten haben. Dabei wären aber 2 Standorte, selbst wenn man sich dafür ausspricht, nicht realisierbar, weil es keine Finanzierung gibt. Die Volksbefragung wird dann am 9. Juni stattfinden. Dann wissen wir, wie es weitergeht.“
MM: „Anfang Januar wurde das Komitee ‚PRO-Seilbahn-Brixen’ gegründet, wie viele Mitglieder gibt es – was sind die Ziele?“
Marzola: „Wir leben in einer Kultur, die von den Neinsagern geprägt ist. Deshalb war es wichtig, etwas für das Projekt zu tun. Dazu wurde das Komitee „PRO-Seilbahn-Brixen“ gegründet, das derzeit rund 1 500 Mitglieder hat. Das Hauptziel ist es, die Bürger sachlich zu informieren. In Diskussionen merkt man immer wieder, dass viele Leute nicht oder wenig informiert sind. Das wollen wir ändern. Wir haben eine Internetseite www.seilbahn-brixen.it, auf der alle Fragen der Bevölkerung beantwortet werden und wir uns auch bemühen, dem Projekt eine Vision mitzugeben. Es geht schließlich darum, die Zukunft zu gestalten und zu sagen, was dieses Projekt für uns und unsere Kinder bedeutet.“
MM: „Ein Problem, das sich immer auch auf das Seilbahnunternehmen ausgewirkt hat, waren fehlende Übernachtungsmöglichkeiten. Gibt es hier Pläne?“
Marzola: „Pläne gibt es. Als Ergebnis der Malik-Studie wurde z. B. Investoren die Möglichkeit geboten, im Raum der Talstation der heutigen Kabinenbahn Hotels zu errichten. Es gibt auch 3 Interessenten, für ein Hotel mit 100 Zimmern gibt es schon eine Baugenehmigung. Für ein Hotel mit 200 Zimmern in unmittelbarer Nähe unseres Parkplatzes ist die Bauleitplanänderung im Gange. Ebenfalls in der Nähe soll ein weiteres Hotel mit 80 bis 100 Zimmern entstehen, das von den Betreibern des „Hotels Adler“ geplant wird. Es gibt also Interessenten, aber alle warten ab, ob die neue Bahn kommt. Man will einfach sehen, wie die Tourismusgesinnung in der Gemeinde ist und ob es eine Zukunft gibt. Wenn keine Seilbahn kommt, nehme ich an, dass sich diese Pläne zerschlagen, da wäre dann das finanzielle Risiko einfach zu hoch.“
MM: „Wie sehen Sie die künftige Entwicklung der ­Plose AG?“
Marzola: „Unsere Zukunft ist sehr eng damit verbunden, wie am 9. Juni entschieden wird. Wenn diese Volksbefragung positiv ausgeht, wird wieder eine Aufbruchsstimmung entstehen, die uns vorwärts bringt. Kommt die Seilbahn nicht, dann wird es eng. Dann werden wir in weiterer Folge den Betrieb auch so zurechtstutzen müssen, dass er überlebensfähig ist. Dann wird er die zentrale Rolle von heute nicht mehr haben. Er wird in einem Kleinformat vielleicht überleben können, es wird aber Einschnitte geben. Wir hoffen, dass das nicht passiert. Es wäre schade, weil das Potenzial hier enorm ist, ein Angebot für alle 4 Jahreszeiten zu schaffen.“ dwl

Ing. Herbert Zangerl, GF Bergbahnen See GmbH: „Es ist uns ein Anliegen, die Energieintensität unseres Unternehmens auszugleichen!“

Ab der Wintersaison 2012/13 gibt es im Tiroler Skigebiet See im Paznauntal Vollbeschneiung. Hinter dem großen Plus für die Gäste steht ein Projekt, das nicht nur für Schneesicherung sorgt, sondern auch saubere Energie liefert und damit einen wesentlichen Beitrag für nachhaltiges Wirtschaften leistet. Der Mountain Manager hat nachgefragt.

Ing. Herbert Zangerl, GF Bergbahnen See GmbH

MM: „Wie lange gibt es die Bergbahnen See GmbH, was waren die wichtigsten Eckdaten in der Entwicklung?“Ing. Herbert Zangerl: „Die Gemeinde See und das dazugehörige Skigebiet Medrigalm liegen am Taleingang des Paznaun. Von der Autobahnabfahrt Paznaun/ Pians ist See über eine gut ausgebaute Bundesstraße bereits nach 6 km erreichbar. 1972 wurde mit dem Ausbau des Skigebietes Medrigalm begonnen. Als erster Schritt wurde vom Ortszentrum von See eine Einersesselbahn und von der Bergstation dieser Sesselbahn ein Schlepplift Richtung Medrigkopf errichtet. Trotz der Tatsache, dass das Medrigjochgebiet aufgrund seiner Höhenlage von 1 050 m bis 2 450 m und seiner Nordwest-Exposition als relativ schneesicher gilt, wurde bereits 1991 mit dem Bau der Beschneiungsanlage begonnen. Ab Winter 2012/13 können wir von einer Vollbeschneiung sprechen. Aktuell verfügt unser Skigebiet über 8 Beförderungsanlagen mit einer Gesamtkapazität von rund 10 000 P/h. 33 Pistenkilometer aller Schwierigkeitsgrade, eine beleuchtete Naturrodelbahn sowie eine Nachtskilaufpiste und ein Funpark mit RiesenAirBag werden von den Anlagen erschlossen. Ein großzügiges abgeschlossenes Übungsgelände mit idealer Neigung macht Anfänger in kürzester Zeit zu Könnern. In unseren zwei Restaurants und unseren zwei Eisbars finden unsere Gäste rund 1 100 Sitzplätze vor, 650 davon auf sonnigen Terrassen mit traumhaftem Alpenpanorama.Die Chronologie auf einen Blick:1972/73: Betrieb der Medrigjochbahn, bestehend aus einer Einersesselbahn (ESL Medrigjoch), einem Schlepplift (Rauhkopflift) und dem Bergrestaurant Medrigalm.1976: Errichtung Almlift, Länge 380 m, Leistung 800 P/h.1978: Errichtung Panoramalift, Länge 720 m, Leistung 750 P/h.1983: Errichtung ESL-Zeinis, Länge 1 350 m, Leistung 780 P/h.1990: Errichtung 6 EUB Medrigjoch, Länge 1 554 m, Leistung 1 460 P/h, Errichtung 4 SB Rossmoos, Länge 1 040 m, Leistung 2 200 P/h, Restauranterweiterung auf 250 Sitzplätze.1990: Erweiterung Beschneiungsanlage, Bau Rodelbahn.1993/94: Bau Restaurant am Gratli, Zubau eines Sportgeschäftes mitten im Skigebiet, Ausbau Beschneiungsanlage, Errichtung Rodelbahnbeleuchtung.1997: Errichtung Snowboard-Funpark.2001: Bau der neuen Zeinisabfahrt, Errichtung eines Übungsgeländes oberhalb des Panoramarestaurants Medrigalm, Errichtung eines Gesundheits- und Wellnessparks hinter dem Panoramarestaurant.2002: Ersatz der 1er Sesselbahn Zeinis durch eine 6er Sesselbahn, Bau eines Tellerlifts, eines Stricklifts und Förderbandes auf dem Übungsgelände, Erweiterung der Beschneiungsanlage, Bau einer Beleuchtung für Nachtskilauf auf der neuen Zeinisabfahrt.2005: Bau Versingabfahrt, Planung und Baubeginn der Sprengseilbahn Versing I und Versing II, Errichtung von Spreng- und Zündmittellager.2007: Erweiterung der Beschneiungsanlage, Errichtung einer Schirmbar am Gratli.2008: Beginn Neutrassierung Talabfahrt, Errichtung eines Parkplatzes mit ca. 350 Stellplätzen direkt bei der Talstation der Gondelbahn, Errichtung Eisbar Medrigalm.2009: Beschneiungs- und Energiegewinnungsanlage: Neubau von 3 Maschinenhäusern (1 Pumpstation, 2 Wasserkraftanlagen), Fertigstellung der Verrohrung und der Beschneiung Talabfahrt, Fertigstellung Neutrassierung Talabfahrt, Anschaffung eines weiteren Förderbandes für die Übungswiese.2010: Erweiterung der Beschneiungsanlage, Umbau Free-Flow-Bereich im Panoramarestaurant Medrigalm, Pistenbau (Verbesserung Gratabfahrt, Planie Piste „Adrenalin“), Neubau Skibrücke Gratli, Fertigstellung Energiegewinnungsanlage, Errichtung eines neuen Pistenleitsystems, Errichtung eines Ortsinfokanals.2011: Errichtung eines Spielplatzes bei der Bergstation der Gondelbahn, Erweiterung der Beschneiungsanlage.2012: Erweiterung der Beschneiungsanlage – ab Winter 2012/13 ist eine Vollbeschneiung möglich, Ausbau des Panoramarestaurants für weitere 66 Sitzplätze, Neubau der Dieseltankstelle für Pistengeräte.“

In See/Paznauntal ist ab kommenden Winter Vollbeschneiung möglich.

MM: „Seit wann leiten Sie das Unternehmen und was ist Ihnen dabei wichtig?“Zangerl: „Ich bin seit Mitte 1997 Geschäftsführer der Bergbahnen See GmbH. Wichtig ist mir, die Gesellschaft, die immer in Finanznöten war, so aufzustellen, dass sie funktioniert und aus eigener Kraft die notwendigen Erlöse erwirtschaften kann. Als Ziel sehe ich ein Unternehmen, das sich am Markt behauptet und konkurrenzfähig ist. Dazu sind noch einige Schritte notwendig, wobei ein Aspekt die Größe des Skigebietes sein wird. Wir haben sicher noch Entwicklungspotenzial und müssen versuchen, es zu nützen – das ist schwierig, aber nicht aussichtslos. Man kann aus der Bergbahnen See GmbH sicher etwas machen, aber der Weg ist steinig.“„Ab der Wintersaison 2012/13 verfügen wir über eine Vollbeschneiung“MM: „Welche Gästeschichten sprechen Sie im Sommer und Winter an, wie sieht das Einzugsgebiet aus?“Zangerl: „Der Großteil der Gäste kommt aus Deutschland, dazu haben wir Urlauber aus Holland und der Schweiz. See ist aber auch ein Gebiet, das von den Einheimischen zum Skifahren genutzt wird. Was Tagesgäste generell betrifft, haben wir den Nachteil, dass wir verkehrstechnisch z. B. von Süddeutschland her nicht ganz so schnell erreichbar sind wie etwa das Zillertal. Die Fahrzeit ist etwas länger und das wird von den Gästen nicht so gern in Kauf genommen. Was man vielfach aber nicht weiß, ist die Tatsache, dass die Staugefahr zu uns viel geringer und die Schneesicherheit aufgrund der Höhenlage größer ist. Es würde sich also durchaus lohnen, den etwas weiteren Anreiseweg in Kauf zu nehmen.An Gästen sprechen wir natürlich Familien an, weil wir im Skigebiet ein eigenes, sehr flaches Übungsgelände für Kinder haben. Da gibt es Förderbänder und einen Tellerlift. Tellerlifte sind meiner Meinung nach besonders gut für Anfänger, weil man von Anfang an das Gleichgewicht trainiert. Wir haben außerdem einen sehr preiswerten Gästekindergarten, wo Kinder auch stundenweise betreut werden. Kinder können einfach nur eine oder 2 Stunden bleiben, wenn sie müde sind, aber die Eltern vielleicht nochmals eine Abfahrt machen wollen. Für Familien ist unser Gebiet auch deshalb sehr gut geeignet, weil alle steilen Pistenpassagen mit Hilfe von leichteren Wegen umfahren werden können.“

Kraftwerk Oberstufe, Fassung Istalanzbach Tirolerwehr.

MM: „Was bieten Sie im Winter, gibt es Neuheiten für die kommende Saison?“Zangerl: „Wir haben in See über 33 Pistenkilometer und eine Förderkapazität bei den Aufstiegsanlagen von rund 10 000 P/h. An Bahnen stehen eine 6er Kabinenbahn, eine 6er und eine 4er Sesselbahn, 3 Schlepplifte, 1 Kinderlift und 2 Förderbänder zur Verfügung. Mit unserer Beschneiungsanlage werden wir diesen Winter die Vollbeschneiung erreichen und damit beste Bedingungen für eine lückenlose Betriebsführung von Mitte Dezember bis nach Ostern haben. An speziellen Angeboten gibt es z. B. eine 3 km lange Buckelpiste, einen RiesenAirBag im Funpark, eine 6 km lange und beleuchtete Rodelbahn, 2 Restaurants und 2 Eisbars. Dazu sind wir für den Nachtskilauf gerüstet und bieten auf einem separaten Areal das schon erwähnte Übungsgelände für Anfänger. Für den kommenden Winter gibt es eine Erweiterung für das Panoramarestaurant. Außerdem nehmen wir im Moment die letzte Ausbaustufe der Beschneiungsanlage in Angriff. Es werden noch einige Kilometer an Rohrleitungen verlegt, sodass wir dann über eine Vollbeschneiung verfügen. Aufgerüstet wird auch unsere Tankstelle, damit wir unsere Pistenfahrzeuge leicht und zuverlässig auftanken und so sicherstellen können, dass unsere Pisten optimal präpariert sind. Unsere gesamt Flotte besteht aus Prinoth Everest Windenmaschinen, weil wir unseren Gästen mit den Windenmaschinen einfach bessere Pisten zur Verfügung stellen können.“MM: „Wie sieht das Angebot im Sommer 2012 aus?“Zangerl: „Das Sommerangebot ist auf das Wandern ausgerichtet. Wir haben Wanderwege, die für Familien gut geeignet und dementsprechend auch sehr kurz sind. Man kann z. B. die Versing Alm erwandern, wo es kaum Höhe zu überwinden gibt. Für den, der etwas höher hinaus will, bietet sich die Ascherhütte an. Die Bergstation der Medrigbahn liegt auf 1 800 m, die Ascherhütte liegt noch 400 m höher. Von dort hat man einen wunderbaren Blick auf die Gipfel der Umgebung, die alle um 3 000 m hoch sind und die man mit entsprechendem Zeitaufwand ebenfalls erwandern kann.An der Bergstation der Medrigbahn haben wir außerdem einen kleinen Wellnessbereich angelegt. Dort gibt es einige Stationen mit unterschiedlichen Angeboten. So kann man z. B. nach einer Wanderungkneippen oder sich auf den Fußmassageweg machen, auf dem müde Füße wieder frisch werden.“MM: „Das Unternehmen bezeichnet sich als ‚Bergbahn mit dem grünen Punkt‘, was genau versteht man darunter?“Zangerl: „Seilbahnen sind Unternehmen, die Energie verbrauchen, vor allem, wenn beschneit wird. Diese Energie muss erzeugt werden. Der weitaus größte Teil der Energie entsteht üblicherweise aus fossilen Brennstoffen. Wenn also nicht Wasserkraft, die Sonne oder der Wind zur Energiegewinnung herangezogen werden, ist damit auch immer ein entsprechender CO2-Ausstoß verbunden. Wir hingegen erzeugen mit unserem Wasserkraftwerk saubere Energie, sauberen Strom – und zwar in der Jahresbilanz viermal so viel Energie, wie wir selbst benötigen.“MM: „Was hat Sie dazu veranlasst, verstärkt im Bereich Umweltmanagement aktiv zu werden? Wie war die Ausgangssituation, was wollte man verändern?“Zangerl: „Nahezu alles, was der Mensch tut, belastet die Umwelt. Als Bergbahnunternehmen sind wir um einen positiven Umgang mit der Natur bemüht, das liegt in der Natur der Sache. Natürlich ist der Bau einer Seilbahn ein Eingriff in die Natur, wir sind aber bemüht, in allen Bereichen möglichst umweltschonend vorzugehen. Deshalb ist es uns ein Anliegen, die Energieintensität des Unternehmens auszugleichen. Darüber hinaus ist es für uns natürlich auch wichtig, eine effiziente Beschneiungsanlage zu haben. Mit dem System Wasserkraftwerk und Beschneiung haben wir beides sehr gut verbunden.“

Unterstufe Generator-Turbineneinheit.

MM: „Wann wurde mit den Aktivitäten begonnen, wie ist der Stand der Dinge im Moment?“Zangerl: „2006 haben wir begonnen, über die Wasserkraft nachzudenken und ein Projekt entwickelt, mit dem wir in einem ersten Schritt nicht weitergekommen sind. Dann haben wir die Idee umgestaltet und 2009/10 unsere Wasserkraftanlage gebaut. Das Ergebnis kann man jetzt vor Ort sehen. Die Anlage, mit der wir ,grüne Energie‘ produzieren, ist mittlerweile voll in Betrieb und erfüllt die Erwartungen, die wir in sie gesetzt haben, voll und ganz.“MM: „Was hat der Urlauber von einer ‚Bergbahn mit dem grünen Punkt’?“Zangerl: Der Gast, der über ein ökologisches Gewissen verfügt, wird den Umgang mit der Natur zu schätzen wissen und sehen, dass wir nicht nur Energieverbraucher sind, sondern durch das Wasserkraftwerk auch Lieferant einer sauberen Energie. Dazu kann er sich darauf verlassen, dass wir eine Vollbeschneiung und vor allem auch eine beschneite Talabfahrt bis auf 1 000 m Seehöhe herab anbieten können, und das von Dezember bis Ostern.“MM: „Wie beurteilen Sie den Stellenwert des Bereichs „Umwelt/Energiemanagement“ bei Bergbahnen generell? Wird er schon genügend berücksichtigt?“Zangerl: „Ohne mich jetzt in die Betriebsführung anderer Unternehmen einmischen zu wollen, bin ich doch der Meinung, dass bei einigen Bergbahnen Potenziale vorhanden wären, die zum jetzigen Zeitpunkt nicht so genutzt werden, wie man sie nutzen könnte. Ich muss dazu sagen, dass wir in unserem Skigebiet in der glücklichen Lage sind, zwei gut schüttende Bäche zu haben. Damit verfügen wir über Voraussetzungen, die eher selten sind. Aber ich denke, dass man auch in anderen Betrieben durchaus Potenzial vorfinden würde, über das es sich lohnt nachzudenken, wie man es nutzbar machen kann.“MM: „Wo sehen Sie für Ihr Unternehmen die größten Herausforderungen für die nächsten Jahre?“Zangerl: „Die größte Herausforderung wird sein, dass wir unser Gebiet etwas erweitern und versuchen, weitere Anlagen zu bauen und Pistenflächen zu erschließen. Wir haben sehr schöne Abfahrten, aber nur 33 Pistenkilometer. Der Gast fordert im Allgemeinen doch etwas mehr an Pisten und deswegen werden wir versuchen, diesem Wunsch, so gut wir können, Folge zu leisten. dwl

Fußmassageweg Medrigalm.

ENERGIEGEWINNUNG UND BESCHNEIUNG2006 wurden erste Pläne für das moderne Energiegewinnungs- und Beschneiungssystem der Bergbahnen See im Paznauntal erstellt. Diese wurden in den folgenden 3 Jahren überarbeitet und optimiert, sodass man 2009/10 an die Realisierung gehen konnte. Gebaut wurden 2009 insgesamt 3 Maschinenhäuser, also 1 Pumpstation und 2 Wasserkraftanlagen.Mit dem durchdachten und exakt auf die Bedürfnisse abgestimmten System ist es in der Gesamtjahresbilanz möglich, viermal so viel Energie zu produzieren, wie man im Skigebiet benötigt.Als Energielieferant stehen der Istalanzbach und der Schallerbach zur Verfügung. Die Triebwasserleitungen aus den Wasserfassungen Istalanzbach und Schallerbach werden in der Pumpstation, die sich in der Nähe der Bergstation der Medrigbahn befindet, vereinigt und dann mit einer Ableitung in das Kraftwerk Oberstufe geleitet. In diesem Bereich steht zur Stromgewinnung eine Pelton-Turbine zur Verfügung.Das Brauchwasser aus dem Kraftwerk Oberstufe und das Wasser der Wasserfassung Tirolerwehr/Istalanzbrücke wird in das Kraftwerk Unterstufe geleitet, wo wiederum eine Pelton-Turbine zur Stromproduktion eingesetzt wird. Die Energiegewinnung steht im Frühjahr, Sommer und Herbst im Blickpunkt. Im Winter wird das gesamte Wasser über entsprechende Pumpen und Feldleitungen für die Beschneiung zur Verfügung gestellt. Die Anlage läuft vollautomatisch, wobei in den einzelnen Kreisläufen auch manuell und per Smartphone eingegriffen werden kann.

Paul Günther, Aufsichtsratsvorsitzender BB Pillersee: Unsere Tourenski World ist eine Win-Win-Situation für alle

Die Bergbahn Pillersee betreibt ein kleines aber sehr feines Familien-Skigebiet in den Kitzbüheler Alpen, dessen 22 km Pisten sich über die Orte St. Ulrich, St. Jakob und Hochfilzen erstrecken. Bei der Talstation der 4SB Buchensteinwand befindet sich sogar Tirols zweitgrößter BOBO-Kinderpark! Die Zukunft sieht man hier aber nicht nur beim Nachwuchs, sondern u. a. auch im zunehmenden Trend des Tourenskigehens. Wir sprachen mit Paul Günther über die Erfahrungen mit seiner neuen „Tourenski World Pillerseetal.“

Paul Günther, Aufsichtsratsvorsitzender BB Pillersee Foto: Runnersfun

MM: „Herr Günther, schildern Sie bitte zunächst Ihren Werdegang in die Seilbahnbranche und alle sonstigen Funktionen.“Günther: „Ich betreibe seit 40 Jahren das Intersport Fachgeschäft Günther in St. Ulrich, das bis heute ständig weiter entwickelt wurde. Von 1980 bis 1995 war ich auch Skischulleiter in unserer Region und wechselte 1996 zur Bergbahn Pillersee, wo ich schließlich im Jahr 2000 als Hauptverantwortlicher die Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden übernommen habe (als GF agiert Manfred Bader). Außerdem war ich viele Jahre Gemeinderat und 6 Jahre Vizebürgermeister. Die Bergbahn mit ihren 8 Aufstiegsanlagen (2 Vierersessel und 6 Lifte) ist im Besitz von 44 Gesellschaftern, wobei ich mit 82 % der Mehrheitseigentümer bin.“MM: „Wie ist euer Skigebiet positioniert, welche Zielgruppen bedient ihr?Günther: „Wir sind ein Familienskigebiet mit einer Skischaukel zwischen den Orten St. Ulrich, St. Jakob und Hochfilzen. Man kann also bei uns von der Schattenseite auf die Sonnenseite fahren und retour. Im Tal unmittelbar neben dem Parkplatz befindet sich auf 20 000 m2 Fläche der zweitgrößte BOBO-Kinderpark Tirols sowie das Gasthaus Buchwandblick. Diese Platzierung sowie der gesamte Hochleiten-Hang ist also ideal für Anfänger und da auch das Restaurant auf der Bergstation zur Bergbahn gehört, ist bis zum Sportshop alles in einer Hand! Wir bieten aber auch rasante Abfahrten und eine permanente Rennstrecke. Weiters spielen bei uns die Sportarten Langlaufen (110 km regionales Loipennetz) und Tourenskigehen eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund gehen auch vom Parkplatz die Loipen weg sowie seit vorigen Winter die Aufstiegsstrecken für die Tourenskigeher.“

Ski Buchensteinwand: das klassische Familienskigebiit im Pillerseetal. Fotos: BB Pillersee (3)

MM: „Ihr habt ja letzten Winter sogar eine komplette ,Tourenski-World‘ installiert! Warum habt ihr euch zu diesem Schritt entschieden?“Günther: „Ich bin einerseits selbst ein begeisterter Tourengeher und andererseits durch meine Sportgeschäfte permanent mit der Thematik konfrontiert, dass viele Kunden Tourenausrüstung kaufen und dann natürlich auch z. B. auf die Buchensteinwand gehen wollen – Verbote wären hier kontraproduktiv. Aus dieser Problematik heraus machte ich mir Gedanken, wie ich dem Konflikt entgegenwirken könnte. Ich bin mehrmals selber aufgestiegen und habe mir dabei überlegt, wo man eine Aufstiegsspur anlegen könnte, die den Liftbetrieb nicht stört. Während dieses Prozesses wurde die Firma Runnersfun auf uns aufmerksam und hat die Problematik übernommen bzw. meine Vorschläge sehr professionell umgesetzt. Das war absolut notwendig, denn nur dadurch ist z. B. ein Folder entstanden und Sponsoren konnten gewonnen werden, was wiederum ein optimales Marketing ermöglichte. Wir sind also im Gegensatz zu anderen Gebieten den Weg der Problemlösung gegangen. Außerdem betreiben wir wie o. e. das Berggasthaus auf 1 556 m und erzielen dabei eine Umwegrentabilität mit den Tourenskigehern.Die Lösung sieht konkret so aus, dass die Leute täglich bis 16 Uhr während des Liftbetriebes aufsteigen und dann auf irgendeiner Abfahrt ins Tal fahren können – sei es auf der präparierten Piste oder im Freigelände. Zweimal pro Woche, Dienstag und Freitag, gibt es den Tourenabend, an dem die Berggastronomie bis 22 Uhr geöffnet ist und die Tourenskigeher mit Stirnlampen die im Plan ausgewiesenen bzw. markierten Routen auch nach 16 Uhr begehen können. Als Abfahrt steht allerdings nur die Piste Nr. 3 zur Verfügung. Dies wird extra offen gehalten und als letzte präpariert. Diese Taktik hat letzten Winter bereits super funktioniert!“MM: „Gibt es noch weitere Beweggründe als den Interessenkonflikt zu lösen?“Günther: „Es geht uns sehr wesentlich darum, keine Gruppe auszuschließen. Man hat ja diese Leute bereits im Gebiet oder im Sportgeschäft, dann soll man mit ihnen auch etwas Konstruktives anfangen. Die erste Werbung ist bereits, dass diese Kunden schon im Sportgeschäft erfahren: der steht hinter uns! In Folge konsumiert dieses Klientel auch gerne in unseren beiden Gaststätten – das ist allgemein ein ,Muss‘ bei jeder Skitour. Zusätzlich ist angedacht, eventuell eine Tourenkarte zum Preis von ca. 9,90 Euro/Tag aufzulegen. Diese beinhaltet die Benützung der Infrastruktur (Parkplatz, Toiletten etc.) sowie zwei Wiederholungsfahrten am Berg mit dem Gipfellift (4er Sessel) und ein Getränk im Berggasthof Buchensteinwand. Allerdings besteht keine Verpflichtung zum Kauf einer solchen Karte, die Sache beruht auf freiwilliger Basis. Wer nur einmal hinaufgehen will und z. B. keine Liftfahrten oben konsumieren will, um dadurch noch mehr Höhenmeter beim Aufstieg zusammen zu bringen, kann dies auch weiterhin kostenlos tun. Wir denken auch über eine Saisonkarte nach, allerdings besteht hier eine Problematik mit dem abzurechnenden Konsum im Gasthaus. Den Weg, eine bloße Parkplatzgebühr einzuheben, wollen wir aber keinesfalls einschlagen.“

BOBOS Kinderpark ist der zweitgrößte in Tirol.

MM: „Wie sieht das Angebot konkret aus?“Günther: „Am Parkplatz ist eine große Orientierungstafel mit den Strecken aufgestellt, daneben befindet sich die LVS-Kontrollstation. Es existieren 6 Varianten, jeweils drei auf unserer Seite und drei auf Hochfilzener Seite, unterteilt in Anfänger, Fortgeschrittene und Profis. Alles ist mit Streckentafeln super bestückt und wenn man zwischendurch oben einmal abfährt auf die Hochfilzener Seite, dann bringt man es auf 1200 Höhenmeter, was durchaus einer flotten Skitour entspricht. Beleuchtet sind die Strecken abends allerdings nicht.“MM: „Welche positiven Effekte verspricht man sich davon? Auch in punkto freundlicher Stimmung gegenüber ,untypischen Gästen‘?“Günther: „Letzten Winter war im Sportshop bereits eine Umsatzsteigerung im Tourenbereich und in der Gastronomie von fast 30 % zu verzeichnen. Es ist zu erwarten, dass sich die Erfolge im Laufe der Jahre potenzieren. Es stellt sich eine positive Mundpropaganda für unsere Region ein und wir verspüren diese Stimmung einerseits im Sportshop, andererseits sind die Tourengeher in der Regel auch Skifahrer. So gesehen spricht man als Pistenbetreiber teilweise auch Leute aus der ursprünglichen Zielgruppe an! Wenn wir also über diese Geschichte unseren Bekanntheitsgrad steigern können, ist dies ein willkommener Effekt.“

Paul Günther am Beginn der Aufstiegsstrecke für die Tourengeher, mit einer der professionellen Markierungstafeln in der Hand. Foto: mak

MM: „Warum klappt es bei euch und anderswo  noch nicht? Müssen alle grundsätzlich umdenken?“Günther: „Wir haben natürlich schon einen Vorteil. Wir sind ein relativ kleines Wintersportgebiet, bei dem durch meine Person vieles in einer Hand liegt. Ich habe über die Bergbahn auch mit den 42 Grundbesitzern ein gutes Einvernehmen. Bei uns müssen sich nicht mehrere Chefs aus verschiedenen Unternehmen zusammenraufen, sondern es besteht eine Personalunion. Daher ließ sich das Projekt so rasch umsetzen. Grundsätzlich muss es in einer Region Leute geben, die eine Lösung suchen wollen. Je mehr Spieler jedoch beteiligt sind, umso mehr Kommunikation muss stattfinden. Es ist langatmiger einen Konsens zu erzielen – und das tun sich viele nicht an.“MM: „Wenn aber bereits ein Vorbild wie z. B. das eure existiert, müsste das doch andere Gebiete auch animieren?“Günther: “ Ja, die Salzburger Region Saalfelden-Leogang ist so ein Fall. Die werden fast „zwangsverpflichtet“ durch unsere Situation. Hier hat sich der Tourismusverband das Ziel gesetzt, die Umsetzung innerhalb von 5 Jahren zu schaffen. Diese Zeit werden sie auch brauchen. Der Beginn ist am liftlosen Biberg (Terrain der längsten Winterrodelbahn Österreichs), erst dann wird Leogang mit seinen Pisten anpacken. Diese sind jedoch im Gegensatz zu uns aus dem Wald herausgeschlagen, so dass wenig Ausweichmöglichkeit besteht. Aber wenn man wirklich will, findet man überall eine passende Lösung – unter Umständen muss man die Aufstiegsstrecke(n) eben abzäunen. Alles beginnt bei der positiven Einstellung für diesen Sport. Die Lösung selbst wird aufgrund unterschiedlicher Gegebenheiten immer individuell ausfallen.“

Im Sommer ist die Gegend ein Wanderparadies. Auch ein „Blumenlehrpfad“ wurde angelegt.

MM: „Sollte sich jedes Skigebiet auch mit dem Tourenskisport beschäftigen, oder genügen einige wenige Zentren für diesen Boom?“Günther: „Nur eine Handvoll solcher Tourenski Competence Center würde nicht ausreichen – man braucht nur in den Raum Innsbruck schauen oder nach St. Johann, welcher enorme Bedarf nach einem echten Angebot hier gegeben ist. Ich bin auch fast überzeugt, dass in etwa 5 Jahren dieses Segment Tourenskigehen zum Standardangebot ganz selbstverständlich dazugehören wird, weil es sich letztlich keiner leisten kann, gegen einen Trend zu sein. Jedoch wird das Tourenskigehen weder die herkömmliche Skischule noch das alpine Skifahren ersetzen können. Eine gewisse Kenntnis vom Skifahren muss jeder Tourengeher sowieso haben, sonst könnte er ja nach dem Aufstieg gar nicht mehr abfahren. Ich glaube, dass durch das Pistengehen die Leute einige Stunden mehr auf den Skiern stehen und dadurch automatisch in ihrer Technik besser werden oder sogar sagen: ich gehe zwischendurch auch einmal alpin Skifahren, damit ich mir hinterher mit den Tourenskiern leichter tue. Es beherrscht ja auch nicht jeder Einheimische von sich aus das Tiefschneefahren. Daher kaufen sich viele eine Saisonkarte, um an schönen Tagen etliche Wiederholungsfahrten durchzuführen, weil sie z. B. das Tiefschneefahren üben wollen. Die Grenzen zwischen den Skifahrertypen sind jedenfalls nicht so starr, wie man meinen könnte.“MM: „Kann man also davon ausgehen, dass sich beim Verdienst mehr als nur die oft zitierte Umwegrentabilität einstellt?“Günther: „Es gibt ja Bestrebungen wie z. B. im Salzburger Land, die Möglichkeit für Tourenskigehen und das zur Verfügung-Stellen von Infrastrukturkeinesfalls kostenlos anzubieten. Bei uns wird das wie o. e. aufgrund der Präsenz von Gasthäusern im Gebiet anders geregelt (freiwillige Karte etc.).“MM: „Was halten Sie für die größte Herausforderung für die Zukunft?“Günther: „Für uns ist es der Erhalt unseres kleinen aber feinen Wintersportgebietes mitten im Großraum Kitzbühel. Aus dieser Perspektive betrachtet, können wir es uns sicher nicht leisten, eine Gruppe auszuschließen. Wenn alle die aufgestellten Regeln einhalten, ergibt sich letztlich eine Win-Win-Situation für alle. Die Qualität muss heute ohnehin top sein, auch bei den Kleinen, und das Preis-Leistungsverhältnis muss stimmen.“ mak

Martin Dolezal, GF High Hills Wien- Von der City auf die Piste

Die Hohe-Wand-Wiese im 14. Wiener Bezirk Penzing ist einzigartig: Keine andere europäische Großstadt verfügt über eine eigene, sogar FIS homologierte Piste samt Flutlichtanlage und Vollbeschneiung (6 Bächler Lanzen NESSy und 6 Propellermaschinen von IAG (2), LENKO (3) und eine SMI auf Turm). Schon vor 100 Jahren existierte hier ein Skigebiet, seit 1966 befindet es sich im heutigen Zustand (400 m lang, 80 m breit, 102 m Höhendifferenz), wobei damals die Beschneiung mit Arlberg-Jets und Ratnik Hochdruckkanonen erfolgte. Seit Oktober 2011 wird diese für den urbanen Freizeitsport wichtige Anlage von Martin Dolezal, Leiter der Snowsports Academy und Gründer von „I love Snow“, unter dem Namen „High Hills“ zu neuen Höhen geführt!

Martin Dolezal, GF High Hills Wien

MM: „Herr Dolezal, beschreiben Sie zunächst Ihren Werdegang in die Branche der Liftbetreiber sowie Ihre weiteren Funktionen im Wintertourismus?“Dolezal: „Ich habe bereits mit 16 Jahren in einer Skischule gearbeitet, später Sportwissenschaften studiert, aber nicht abgeschlossen, da mich der Ruf der Firma Tyrolia ereilt hat, um dort das Marketing zu übernehmen. Ich war verantwortlich für Produkteinführungen wie z. B. das Tyrolia Langlaufsystem – der Tyrolia Ski war Ende der 80er eigentlich mein ,Baby‘ in Österreich, ehe ich mich im Vertrieb selbständig machte. Seit damals bin ich auch im Skilehrerverband tätig und seit 1998 Obmann des Wiener Ski- und Snowboardlehrerverbandes mit viel internationalem Engagement – bis zur Ausbildung der Skilehrer in der Skihalle in Dubai und Holland. Weiters habe ich 15 Jahre lang die Ausbildung für die Skibindungsmonteure gemacht und damit auch maßgeblich an den Sicherheitsnormen bei den Bindungseinstellungsgeräten mitgewirkt. Hier ist Österreich heute ja führend. Und schließlich habe ich vor 4 Jahren die Initiative, I LOVE SNOW‘ ins Leben gerufen, um die Begeisterung für Wintersport schon bei den Kleinkindern zu wecken (der MM hat in Ausgabe 4/2011 darüber berichtet). 2011 bin ich vom Sportamt der Stadt Wien angesprochen worden, mit dem Verein Snowsports Academy die Nachfolge als Pächter auf der Hohen-Wand-Wiese anzutreten. Diese wiederum hat den Betrieb an die Snowsports Gmbh, die mir gehört, übertragen.“MM: „Schildern Sie kurz die Entwicklungsgeschichte eures kleinen aber feinen Skigebietes.“Dolezal: „Die Skipiste Hohe-Wand-Wiese wurde 1957 von der Wiener Stadtverwaltung angekauft und als Grünland-Erholungsgebiet umgewidmet. Am 1. März 1966 wurde die neue Skipiste samt Beschneiungs- und Flutlichtanlage eröffnet und avancierte binnen weniger Jahre zum bevorzugten Skigebiet der WienerInnen. Seither darf sich die Donaumetropole mit dem Attribut ,Wintersportstadt‘ schmücken. Laut Sportamt Wien handelt es sich bei der Hohen-Wand-Wiese um die älteste Kunstschneepiste Österreichs (FIS-tauglich), die auch mehrmals als Austragungsort zahlreicher Wintersport-Großveranstaltungen im internationalen Rampenlicht stand. Im Februar 1967 wurde hier der erste Parallelslalom der Skigeschichte ausgerichtet, 1986 kamen zum ersten FIS-Weltcup-Parallelslalom mit Flutlicht (mit mehr als 10.000 Zuschauern) sogar Größen wie Marc Girardelli oder Ingemar Stenmark. 2005 wurde die Anlage mit Mitteln der Stadt Wien generalsaniert und das Betriebsgebäude sowie die Sommerrodelbahn errichtet. Heuer wurde am 3. Februar erstmals der attraktive Synchro Ski-Worldcup abgehalten. Dabei mussten Zweierteams – mit dabei u. a. Slalomveteran Thomas Sykora – so schnell und synchron wie möglich eine mit Toren festgelegte Strecke hinter sich bringen.“

Die 400 m lange „High-Hills“ Piste in Wien ist kein Anfängerhang und sogar für den Weltcup-Slalom zugelassen. Fotos: Snowsports Academy

MM: „Worin besteht die Einzigartigkeit der ,Hohe Wand Wiese‘ – und warum wurde der Name 2011 in ,High Hills‘ umbenannt?“Dolezal: „Im Zuge des Pächter-Wechsels 2011 haben wir uns ein Marketingkonzept einfallen lassen, das auch eine Modernisierung des Namens in ,High Hills – Hohe Wand Wiese Wien‘ vorsah, um mehr junge Leute anzusprechen. Denn eines der Probleme, mit denen wir nach wie vor kämpfen, ist, dass Leute unter 35 Jahren dieses Skigebiet nicht kennen oder den Namen ,Hohe Wand‘ mit etwas anderem verwechseln. Mit ,High Hills‘ haben wir doch jetzt eine Bezeichnung geprägt, die eine gewisse Einzigartigkeit hat und ein bisschen zum Schmunzeln anregt, aber damit auch in den Köpfen drinnen bleibt. Um unseren Bekanntheitsgrad zu steigern bzw. das Image zu verändern, setzen wir auf konsequente Pressearbeit aber auch Veranstaltungen und Aktivitäten. In diesem Zusammenhang haben wir zur Saison 2012/13 auch die Sitzplätze in der Gastronomie ,High Hills Stub’n‘ auf 80 verdoppelt. Hier wird übrigens nur frisch gekocht!Das Besondere unseres Skigebietes ist sicherlich die Erreichbarkeit von der Stadt aus. Man kommt vom Zentrum mit öffentlichen Verkehrsmitteln in 35 Minuten zur Piste und selbst vom entferntesten Punkt noch in 55 Minuten – das hat eigenartigerweise nie jemand beworben! Diese Lage ist u. a. ideal für Jugendliche, um für zwei, drei Stunden nach der Schule hierher kommen zu können. Die 400 m lange, 80 m breite FIS homologierte Piste ist komplett beschneibar und beleuchtet, was ja in einer solchen Höhenlage (268 m – 370 m) nicht unbedingt selbstverständlich ist. Angedacht ist weiters noch ein Freestyle-Park samt Förderband oder Seillift. Obendrein existiert eine Skischule sowie ein kompletter Ausrüstungsverleih. Zusammen mit der Gastronomie im Talbereich sind wir auch für Veranstaltungen aller Art die ideale Location, wie die rege Nachfrage beweist. Die Sommerrodelbahn wird z. B. oft stundenweise an ganze Firmenbelegschaften vermietet, die ein Zeitfahren veranstalten, ebenso gibt es Ski- und Zipflbob-Rennen für Vereine bzw. Firmen. Diese Formate kommen in Verbindung mit der Gastronomie und Beleuchtung auch als Abendveranstaltung gut an.“

Beschneiung und Flutlichtanlage machen die „High Hills“ für Städter besonders attraktiv.

MM: „Welche Positionierung strebt Ihr mit eurem Slogan ‚Von der City auf die Piste?‘ an und wie wird sie konkret mit Leben erfüllt?“Dolezal: „Wir ziehen diesen Slogan konsequent durch, weil er unsere spezielle, einzigartige Position aufgreift. Wir sind für das urbane Publikum am leichtesten erreichbar und notfalls kann man sogar mit dem Taxi nachhause fahren. Aber man muss es kommunizieren – und dabei helfen uns die inzwischen aufgebauten guten Kontakte zu den Medien sehr! Was wir konkret dafür tun ist u. a. Schwerpunktabende anzubieten. Am Mittwoch gibt es ,Dinner & Ski‘, am Donnerstag ,After Work Skiing‘, am Freitag ,Freestyle Night“ und am Samstag ,Apres Ski Night‘.MM: „Welche Rolle spielt dabei die Flutlichtanlage, gibt es einen Trend zum Afterwork-Skiing und wie sind hier die Zukunftsaussichten?“Dolezal: „Grundsätzlich sollte die Beleuchtung für unsere Positionierung eine wichtige Rolle spielen, jedoch hinkt das Abendangebot noch von den Besucherzahlen her gesehen nach – weil eben die Bekanntheit fehlt. Deshalb haben wir für Donnerstag das 3 Stunden-Ticket ,After Work Skiing‘ ab 17.30 – 21 Uhr aufgelegt – wahlweise inkl. Abendessen um insgesamt 25 €, um einen Trend zu generieren. Manche Skigebiete wie der Semmering profitieren traditionell stark vom Abendgeschäft dank der Nähe zu Wien. Wenn unser Angebot einmal so im Bewusstsein der Bevölkerung präsent ist, dann wird es sicher ähnlich positive Auswirkungen haben. Die Nachtpiste hat für mich auf jeden Fall das meiste Potenzial in der Zukunft. Deswegen haben wir ja auch die Gastronomie ausgebaut, die bekanntlich beim Nachtskilauf eine wichtige Rolle spielt. An den Tagen mit Flutlichtbetrieb (Mittwoch bis Samstag) wird durchgängig von 9 – 21 Uhr gefahren, es gibt keine Präparierpause wie andernorts. Am Sonntag und Montag steht die Piste abends exklusiv für Firmen bzw. Veranstaltungen zur Verfügung und am Dienstag für Skiclubs.“

Schlepplift-Talstation (vorne) mit Betriebsgebäude.

MM: „Was beinhaltet das Angebot ,Dinner & Ski?'“Dolezal: „Dieses Paket um 35 € ist auf 16 Personen beschränkt (Voranmeldung notwendig) und beinhaltet ein 3 Stunden-Ticket ab 17:30 Uhr, Begrüßungsgetränk sowie ein exklusives Dinner ab 20 Uhr in der High Hills Lounge. Meiner Meinung nach müsste dieses neuartige Angebot perfekt zur Stadtbevölkerung passen. Die Leute gehen gerne Abendessen, warum kann man das nicht gleich mit Skifahren verbinden?Eine weitere Neuheit ist der ,Gold Club‘ für die stark frequentierten Wochenenden. Dabei räumen wir bis zu 8 Leuten pro Stunde die Möglichkeit ein, sich einen Zugang direkt vorne beim Lift ohne Anstellen zu kaufen. Das kostet 16 € für 1,5 Stunden statt für 3 Stunden. In den USA bzw. Freizeitparks kennt man die Idee als ,Fast Lane‘. Beim Sommerrodeln haben wir bereits sehr gute Erfahrungen damit gemacht.“

Die Gastronomie „High-Hills Stub’n“ im Tal wurde letzten Herbst ausgebaut.

MM: „Sie haben festgestellt, dass in den letzten Jahren immer weniger skiaffine Wiener unter 35 Jahren zum innerstädtischen Mini-Skigebiet kommen. Woran liegt das und was wollen Sie dagegen unternehmen?“Dolezal: „Einerseits ist im städtischen Bereich die Skimüdigkeit sehr groß, andererseits haben wir viele Migranten, die von ihrer Kultur her keinen direkten Zugang zum Schnee haben. Um diese müssen wir uns kümmern und den Zugang vereinfachen. Zu uns kommen inzwischen sogar Touristen, die Wien besuchen und im Zuge dessen auch einmal Skifahren ausprobieren wollen und Ausrüstung samt Skilehrer mieten – auf den High Hills. Auch diesbezüglich habe ich mir ein Package einfallen lassen: VIP-Skiing. Dabei werden die Leute vom Hotel mit der Limousine oder dem Taxi abgeholt, dann bei uns ausgerüstet und zwei bis drei Stunden von einem Skilehrer betreut. Anschließend wird ein Essen serviert und nach vier, fünf Stunden chauffiert die Limousine die Gäste wieder ins Hotel. Bei diesem Package peilen wir eine Kooperation mit einem Reisebüro an. Besonders arabische Gäste springen auf solche Angebote auf.“

Das Skigebiet „High Hills“ lebt die „I love Snow“-Philosophie ihres Gründers Martin Dolezal.

MM: „Können also auch ‚Kleine‘ aufzeigen, wenn sie zielgruppengerechte Qualität bieten und wie wichtig sind sie als ‚Breeder‘ für die Großen?“Dolezal: „Meine Meinung ist: der Tod des Skifahrens in Österreich kommt durch den Tod der Kleinskilifte in den Ortschaften zustande. Plötzlich können die Kinder nicht mehr so wie früher zu Fuß zum Lift gehen und das nächste Skigebiet ist bereits zu weit weg, um es ohne mobile Eltern erreichen zu können. Daher fehlt von der Basis her die große Menge an Skifahrern, auch am Land draußen. Natürlich bewirkt unser Kleinskigebiet eine Förderung des Skisports allgemein. Gerade in einer Stadt wie Wien, wo diese Aktivität immer mehr abnimmt, ist dieser Faktor unbezahlbar – nicht zuletzt auch wegen der regelmäßigen medialen Berichterstattung darüber. Das ist gelebtes ,I love Snow‘ im Endeffekt und es gibt meines Erachtens fast kein besseres Vorzeigeprojekt, wie zusätzlich der Skilauf für die ganze Branche gefördert werden kann, als die High Hills in Wien. Es wird sozusagen im ,Wasserkopf Österreichs‘ der Gusto aufs Skifahren hochgehalten und viele wechseln dann später vielleicht ins Zillertal. Umgekehrt würde der Strom in die Berge eines Tages abreißen, wenn die einheimische Bevölkerung mit dem Thema Skifahren und Schnee nichts mehr anfangen kann.“MM: „Die Zukunft der Branche hängt ja großteils vom Nachwuchs ab. Was muss man Ihrer Meinung nach tun, um Kinder und Jugendliche wieder mehr für den Wintersport zu begeistern und wie setzen Sie ihre Philosophie um?“Dolezal: „Man muss bei der Bewusstseinsbildung sehr früh beginnen, nicht erst bei den 12-Jährigen, sondern schon im Kindergartenalter. Wenn ich bis zum 12. Jahr nur höre, Schnee ist kalt, Schnee ist grauslich und gefährlich etc., dann werde ich die Kinder nicht zum Skifahren bringen. Das ist der Grundgedanke von ,I love Snow‘: Ich muss den Schnee selber positiv besetzen. Man sieht, was passiert, wenn man kleinen Kindern einen Schneehaufen vorsetzt – sie spielen sofort damit. Das ist bereits eine Abenteuer- und Erlebniswelt für die Kinder, ein Naturspielzeug. Und haben sie erst einmal Spaß gehabt mit Schnee, werden sie vermutlich auch irgendwann einmal zum Skifahren kommen. Und so gewinnt man auch Kinder mit Migrationshintergrund. Ich habe in China und Dubai in den Skihallen erlebt, wie positiv auch diese Kinder auf Schnee reagieren, obwohl sie kulturell eigentlich keinen Zugang hätten. Wir haben immerhin 35 % Migrationsanteil in Wien (!) und sollten diese Leute bewusst zum Schnee und in Folge zum Wintersport bringen.“

Eine 512 m lange Brandauer-Sommerrodelbahn aus dem Jahr 2005 erlaubt die Ganzjahresnutzung der Anlage.

MM: „Wie soll und kann sich Euer Ski- bzw. Naherholungsgebiet weiter entwickeln?“Dolezal: „Durch die 2005 eröffnete Sommerrodelbahn (System Brandauer) ist eine Ganzjahresnutzung für die Hohe Wand-Wiese erreicht worden, was für die Gesamtauslastung der Anlage unbedingt notwendig war. Als langfristige Vision schwebt mir vor, den eines Tages kaputten Schlepplift durch eine um 200 m längere Sesselbahn zu ersetzen. Dadurch verlängert sich zum einen die Piste, zum anderen könnte man oben eine Aussichtswarte errichten sowie einen Bike Park anlegen. Ebenso angedacht ist, den Kinderbereich neu zu platzieren und mit einer beschneibaren Plastik-Piste sowie Tubing zu ergänzen. Dann ist es nicht ausgeschlossen, dass Kinder z. B. am 3. November in Wien Ski fahren – was für eine Schlagzeile! Wo hat man das sonst noch in Europa?“

Günter Oberhauser, GF Skilifte Warth – Europas Schneeloch wird mit Lech verbunden

Warth-Schröcken im Bregenzerwald ist mit durchschnittlich 11 m Neuschnee jährlich das schneereichste Skigebiet Europas. Es bietet echte Wintererlebnisse abseits des Rummels der großen Skigebiete, besonders Familien profitieren von der gastfreundlichen Atmosphäre in den kleinen Walsergemeinden – während Freerider das Gebiet vor allem wegen der Schneemengen und des legendären Backcountrys schätzen. Zur kommenden Saison wird eine lange Vision Wirklichkeit: die Verbindung mit dem Skigebiet Lech über die Gondelbahn „Auenfeldjet“ (vgl. Extra-Artikel S. 62).

Günter Oberhauser, GF Skilifte Warth

MM: „Herr Oberhauser, seit wann sind Sie Geschäftsführer der Skilifte Warth, wie war Ihr Werdegang, welche Funktionen üben Sie sonst noch aus?“Günter Oberhauser: „Im Unternehmen bin ich seit Juni 1993, zuerst als Büroleiter mit Schwerpunkt Marketing und Vertrieb und in dieser Funktion GF-Stellvertreter. Die Übernahme der GF-Funktion und Prokurist der Skilifte Warth geschah im Herbst 2004, die Bestellung zum GF der Skilifte Warth am 01.07.2006. Ich war mehrere Jahre Mitglied im Marketingausschuss des 3TälerPasses sowie Mitglied des 3Täler Beirats. Seit Herbst 2008 bin ich auch Obmann des 3TälerPasses.“MM: „Zur kommenden Saison soll eine langgehegte Vision verwirklicht werden: die Verbindung mit dem Skigebiet Lech. Was bedeutet dieser Schritt für die Skilifte Warth? Wird das etwas an der Positionierung ändern? Welche Vorteile werden sich ergeben?“Oberhauser: „Dieses Projekt wird von unseren Kollegen bei den Skiliften Lech, Michael Manhart und Christoph Pfefferkorn, bearbeitet und umgesetzt. Diese Möglichkeit und dieses Projekt sind schon seit vielen Jahren im Gespräch. Die Verbindung der beiden Skigebiete ist mit Sicherheit eine große Chance für die Region. Die mögliche Skigebietsverbindung bringt Vorteile für alle Partner, da wir dadurch am Markt bestimmt besser agieren können. Zudem sind Synergienutzungen realisierbar. Es wird erhofft, dass durch diesen Schritt die stationären Gäste besser angesprochen werden können und die durchschnittliche Aufenthaltsdauer gesteigert werden kann.“

Das Skigebiet Warth-Schröcken hat einen guten Namen in der Freeride-Szene. Fotos: Skilifte Warth

MM: „Stellt die neue Bahn nicht eine große Aufwertung eures Skigebietes dar?“Oberhauser: „Ja, die geplante Verbindungsbahn Auenfeldjet (und somit die Verbindung der beiden Skigebiete Lech und Warth-Schröcken) stellt eine deutliche Aufwertung für die gesamte Region dar! Zudem können die jeweiligen Vorteile der einzelnen Skigebiete zusammen noch besser genutzt werden und hier bietet das Skigebiet Warth-Schröcken mit seinen Nord-/Nordosthängen Vorteile für die Gäste – speziell in der zweiten Wintersaisonhälfte!“MM: „Ihr habt einen guten Namen in der Freeride-Szene. Worauf gründet sich dieser, welche speziellen Angebote gibt es dazu? Ist dieses Image gerade angesichts der derzeitigen Lawinenproblematik nicht ein wenig riskant?“Oberhauser: „Die Freeride-Szene findet in unserem Gebiet viele Möglichkeiten. Dies ergibt sich vor allem auch aufgrund der topographischen Lage. Bezüglich der alpinen Gefahren versuchen wir zusammen mit anderen Organisationen und durch entsprechende Veranstaltungen im Skigebiet gezielte Aufklärungsarbeit zu machen. Weiters haben wir ein Lawinensuchfeld eingerichtet und stellen fest, dass in den letzten Jahren die Freerider immer besser ausgerüstet und informiert sind. Mit all diesen Maßnahmen kann das alpine Restrisiko allerdings nie restlos gebannt werden.“

Bezüglich der alpinen Gefahren macht Warth-Schröcken Aufklärungsarbeit wie z. B. das SAAC-Lawinencamp.

MM: „Wird sich Ihrer Meinung nach der Freeride-Trend noch weiter entwickeln und wie soll man damit am besten umgehen?“Oberhauser: „In diesem Zusammenhang ist an die Eigenverantwortlichkeit jedes Einzelnen zu appellieren, welche auch mögliche Folgen/Auswirkungen berücksichtigt. Aus meiner Einschätzung dürfte dieser Trend auch aufgrund der immer besser werdenden Ausrüstung durchaus noch zunehmen. Wichtig ist, dass wir die Freeride-Szene auf entsprechende Zonen konzentrieren und andere Zonen dadurch schützen.“

Warth-Schröcken bietet auch ideale Möglichkeiten für Anfänger und Kinder.

MM: „In eurer Werbung nennt ihr euch das „schneereichste Skigebiet Europas“. Ist das tatsächlich so?“Oberhauser: „Dies belegen mehrjährige Aufzeichnungen unserer offiziellen Wetterstation am Körbersee. Demzufolge ist die durchschnittliche, gefallene Neuschneemenge bei ca. 11 m pro Wintersaison. Auch mehrere namhafte Zeitungen in Europa haben erhoben, dass das Skigebiet Warth-Schröcken das schneereichste Skigebiet in Europa ist. Gerade im heurigen Winter war wieder ein Artikel hierzu in „The Times“.

Freestyle-Anfänger kommen ebenso wie erfahrene Slopestyler im Salober-Park auf ihre Kosten.

MM: „Ihr seid vor 20 Jahren bei der Gründung des 3 Täler-Skipasses (Bregenzerwald, Lechtal, Großes Walsertal) federführend gewesen. Inzwischen ist der Pool von 12 auf 37 Gebiete gewachsen. Eine Erfolgsgeschichte?“Oberhauser: „Ja, der 3Täler Pool ist eine Erfolgsgeschichte und zeichnet sich durch die Vielzahl an Skigebieten unterschiedlicher Charaktere aus. Einerseits sind mit einer Skikarte/Saisonkarten Skigebiete in Dorfnähe und etwas höher gelegene Skigebiet inkludiert, andererseits bietet der 3Täler Pool kleinere, mittlere und mit Warth-Schröcken und Damüls-Mellau auch mittelgroße Skigebiete, sodass von den Anfängern bis zu den Fortgeschrittenen für jeden etwas dabei ist. Einen großen Vorteil sehe ich auch darin, dass zum Frühwinter Skigebiete wie der Diedamskopf mit viel Sonne dabei sind, aber auch Skigebiete, die sich durch ihre Schneesicherheit auszeichnen.“MM: „Ihr habt von Skiresort.de 15 Auszeichnungen erhalten, allen voran den Award „Beste Naturschneepisten“, und vom DSV-Atlas eine Empfehlung für den Familienskiurlaub. Welche Bedeutung haben solche Titel für euch und welche Voraussetzungen muss man dafür erfüllen?“Oberhauser: „Natürlich sind diese Auszeichnungen für uns wichtig, zum einen sind dies Bestätigungen für das bisher Erarbeitete, zum anderen dienen diese auch zur klaren Kommunikation. Somit weiß der Gast, wofür ein Skigebiet steht. In Warth-Schröcken bieten wir neben dem umfassenden Freerideangebot auch eine ideale Möglichkeit für Anfänger und Kinder, da ca. die Hälfte der Pisten blaue, also leichte Pisten sind und jede Talstation auf einer blauen Piste wieder erreichbar ist.Daneben haben wir mit der Saloberabfahrt oder der ,Großen Mulde‘ bei der Jägeralpbahn durchaus herausfordernde Abfahrten – manche meinen eine der tollsten Abfahrten in Vorarlberg.“

Warth-Schröcken macht auch die größte Landschaftsinstallation Österreichs „Horizon Field“ bei einer dreistündigen Schneeschuhwanderung erlebbar.

MM: „Wie sieht das alternative Wintersportangebot aus (Rodeln, Schneeschuhe etc.)?“Oberhauser: „Hier werden von mehreren Anbietern unterschiedliche Angebote gemacht (z. B. Flying-Fox-Safari), die das Gesamt-Winter-Angebot abrunden, vor allem sind aber unsere herausragenden Hotelleriebetriebe in unserer Region zu nennen, deren Mitarbeiter absolute Spitzenleistungen für einen perfekten Urlaub bieten.“MM: „Welche Bedeutung hat der Bergsommer für euch, wie engagieren sich die Seilbahnen hier? Gibt es Pläne für Attraktionen?“Oberhauser: „Wir sind schon seit der Gründung der InclusivCard „WarthCard“ bzw. ,LechCard‘ als wichtiger Leistungsträger mit dabei. Der Sommer auf 1500 m hat einen speziellen Reiz und ist besonders herausfordernd. Mit dem Betrieb des Steffisalp-Express und dem vom Tourismus organisierten Bergtourenprogramm gelingt es, dass die ortsansässigen Betriebe auch im Sommer geöffnet haben. Wir haben eine phantastische Bergwelt, eine atemberaubende Bergflora und hervorzuheben ist noch der Klettersteig zum Karhorn.“

Die grenzüberschreitende Flying-Fox-Bahn im Abenteuerpark Schröcken ist eines von etlichen Sommer-Highlights der Destination.

MM: „ Was halten Sie für die größte Herausforderung in der Zukunft?“Oberhauser: „Große Herausforderungen in der Zukunft sind aus meiner Sicht, jungen Menschen Freude am Skifahren zu vermitteln und sich weiterhin als attraktives Freizeit- bzw. Wintersportangebot zu positionieren. Weiters gilt es, die Sehnsüchte und Erwartungen der Gäste auch in Zukunft zu erkennen bzw. zu erfüllen.“MM: „Herr Oberhauser, wir danken für das Gespräch.“

Guter Familientourismus ist von sich aus qualitativ guter Tourismus

Seit Ende 2008 koordiniert die Touristische Unternehmung Grächen im Walliser Bergort alles, was mit Tourismusplanung und -marketing, Ausrüstungen und Infrastruktur sowie saisonübergreifender Gästebetreuung am Berg zu tun hat. Mountain Manager sprach mit CEO Dr. Berno Stoffel über das nach wie vor recht einzigartige Ressort-Konzept und dessen langfristige Ausrichtung als konsequent gestaltete Ganzjahres-Familiendestination.

Dr. Berno Stoffel, CEO der ?Touristischen Unternehmung Grächen AG

MM: „Bitte zeichnen Sie kurz die wichtigsten Entwicklungsschritte Ihres Unternehmens bis zu seiner heutigen Organisationsform auf.“Stoffel: „Formaljuristisch besteht die Touristische Unternehmung Grächen AG seit dem 15. Oktober 2010 – wir führen die Gesamtorganisation jedoch bereits seit Dezember 2008 operativ als Unternehmen. Die Entwicklung ist Teil eines strategischen Prozesses, der 2006 eingeleitet wurde.Die Frage damals war: Wohin wird Grächen gehen, wie wird sich die Destination entwickeln? Man hat sich der Stärken Grächens besonnen, die vor allem im Familientourismus lagen. In den Achtziger Jahren lag der Ort hier ganz vorne und diente als Beispiel für andere erfolgreiche Destinationen. Zuletzt war Grächen in diesem Segment zwar immer noch stark, allerdings nicht mehr so gut positioniert, auch weil vielleicht das Profil nicht mehr ausreichend geschärft wurde. Dorthin wollen wir zurück: Unser Ziel ist es, in der Schweiz zu den besten drei Familiendestinationen zu gehören.Man erkannte dann schnell, dass dies der Anstrengungen aller Leistungsträger bedarf, die Bergbahn alleine kann das nicht leisten. Es braucht eine Zusammenarbeit im Marketing, die Mittel müssen zusammengehen, Synergien ausgenutzt und die ganzen Leistungen insgesamt professionalisiert werden. Je mehr man segmentiert, desto weniger kann man die Leistungen professionalisieren. Aus diesem Grund hat man den Destinationsgedanken verfolgt, fast wie ein Ressortmodell über das ganze Dorf, in dem die wichtigsten und größten Leistungsträger integriert sind – so schlank wie es nur geht.In der Touristischen Unternehmung Grächen wurden dann die entsprechenden Aufgaben von Bergbahnen, Gemeinde, Tourismus und Ortsmarketing sowie Berggastronomie zusammengeführt. Dieser Prozess wurde von den Leistungsträgern sehr gut aufgenommen, das Zusammengehen über mehrere Etappen abgestimmt und gut kommuniziert, bis die Richtung fest stand. Der angestrebten Verstärkung der Familiendestination liegt jetzt auch eine klare Investitionsstrategie zugrunde, weil der entsprechende Nachholbedarf erkannt wurde.“

Zugmaschine: Grächen setzt mit kinderfreundlichen Angeboten klar auf den Familientourismus und will zu den führenden Schweizer Destinationen in diesem Bereich zählen.

MM: „Wie wirkt sich das praktisch aus, welche Vorteile ergeben sich im Tagesgeschäft und in Saisonplanung bzw. Produktgestaltung?“Stoffel: „Konkret führen jetzt nicht mehr der Tourismusverein, die Bergbahnen und die Berggastronomie als getrennte Organisationen ihre Geschäfte, sondern sind integriert in der Organisation der touristischen Unternehmung Grächen AG. Die Geschäftsleitung unter meiner Führung umfasst folgende Bereiche: Technik, IT/Elektronik, Marketing, Finanzen/HR, Gastronomie. Der Bereich Technik schließt alle Installationen und den Fuhrpark, auch den Unterhalt der Kinderparks, Themen-, Wander- und Bikewege mit ein. Im Tagesgeschäft reduziert sich der Aufwand durch die klaren Verantwortlichkeiten und die schlanke Organisation entscheidend. Vorher mussten oft erst lange die Zuständigkeiten geklärt werden – ist das jetzt Tourismus oder Bergbahn – diese Fragen sind wirklich vom Tisch. Heute beschäftigen wir ganzjährig rund 50 feste Mitarbeiter, im Winter arbeiten insgesamt etwa 135 Menschen im Unternehmen.Die kurzen Wege vereinfachen auch die Saisonplanung. Unser Marketing lanciert die Produktegestaltung frühzeitig in Zusammenarbeit mit externen Leistungsträgern, z.?B. mit der Hotellerie oder Restaurationsbetrieben vor Ort. Dann kommen die Ideen herein, wir diskutieren und verabschieden sie und setzen sie um. Als aktuelles Beispiel nehmen Sie unsere ,Ravensburger Skisafari‘: Der Entscheid dazu fiel im letzten Frühjahr, das Marketing erstellt ein schlüssiges Verkaufskonzept, wir kümmern uns intern mit den Verantwortlichen für den Wald und die Hütten um die Verfügbarkeit der einzelnen Spielstationen, deren Zustand und Sauberkeit wird über die Saison durch unseren Rettungsdienst sicher gestellt. In der Produktegestaltung sind wir viel schneller und können unmittelbarer auf Veränderungen im Markt reagieren. Ein Beispiel ist die Euro-Thematik: Wir haben die Aktion ,Grächen Euro 1,35‘ ins Leben gerufen, mit der wir unseren Gästen an bestimmten Wochen im Dezember, Januar und März bzw. Ostern Leistungen zum fixen Euro-Wechselkurs von 1,35 Franken anbieten. Wir brauchten 10 Tage, dann hatten wir 60?% der Hotellerie, die Bergbahnen, den Tourismus, über 100 Wohnungen, Skischulen und Sportgeschäfte zusammen. Wir sind einfach sehr flexibel, weil die Prozesse sehr schnell laufen.Als dritten Punkt nenne ich die Professionalisierung – wir können unsere Leistungen viel professioneller anbieten. Das sind die drei wirklich wichtigen Punkte, die uns den erhofften Wettbewerbsvorteil bringen.“

Kernbusiness: Als wichtiges Instrument der Destinationsentwicklung führt die Touristische Unternehmung Grächen die gesamte Berggastronomie selbst.

MM: „Die Gastronomie und Hotellerie machen bei der Wertschöpfung am Berg einen hohen Anteil aus. Wie sieht deren Organisationsform in Grächen heute aus und worin liegen zukünftige Planungen?“Stoffel: „Wir führen die Gastronomie am Berg selbst. Dieser Bereich zählt zu unserem Business und ist als solches voll ins Unternehmen integriert, was enorm bei der Gestaltung des Gesamtprodukts hilft. Neben dem Familienrestaurant Mäc SiSu, verfügen wir auf der Hannigalp über ein weiteres großes Restaurant, dazu das Hannighüsli mit einem exklusiveren Angebot, sowie über zwei Schneebars. Wir können das ganze Angebot am Berg diversifizieren – das ist für uns ganz wichtig.Unten im Dorf engagieren wir uns bewusst nicht, damit wir eine saubere Trennung haben. Hier betreibt allerdings die Matterhorn Valley Hotels AG insgesamt acht Hotels, die zusammen über 60 % der Betten in Grächen bieten. Mit ihr arbeiten wir sehr eng auf Geschäftsleitungsebene zusammen, bis hin zur gegenseitigen Teilnahme an Geschäftsleitungssitzungen. Wir koordinieren die Angebote, machen Themenvorschläge und schauen, was bei ihnen läuft. Mit einem Ansprechpartner haben wir so über 60?% der Betten abgedeckt, was uns z.?B. bei der Euro-Aktion auf einen Schlag ein Kontingent von über 400 Betten einbrachte. Diese Kooperation ist sehr begrüßenswert und hilft natürlich auch in der ganzen Destinationsentwicklung.“MM:  „Wie gestalten sich die aktuellen Saison-Kennzahlen in Grächen? Wer kommt im Winter, wer im Sommer nach Grächen?“Stoffel: „Auf Grund unserer exponierten Lage liegt unser Schwerpunkt saisonübergreifend im Mehrtages-Tourismus mit einer Verteilung auf etwa 80?% Logiergäste und 20?% Tagesgäste. Die Umsätze verteilen sich bei den Übernachtungen zu 2/3 auf den Winter, bei den Bergbahnen liegt das Verhältnis bei etwa 90?% Winter/10% Sommer. Im Winter, während der Ferienzeit, haben wir ausgesprochen viele Familien, sie bilden dann das überwiegende Gästesegment. Im? Januar kommen zudem viele Gruppenreisende, z.?B. Unternehmens-Incentives, die dann einfach drei, vier Tage anreisen.Im Sommer haben wir bislang weniger Familien, hier kommen noch überwiegend die Aktiven um 50 zum Wandern in allen Varianten. Wir liegen unmittelbar an den schönsten Höhen-Wanderrouten – etwa nach Saas Fee oder Zermatt – da bedienen wir das Segment Alpinismus/Bergwandern.Die Zahlen zeigen, dass wir noch viel Potenzial bei den Bergbahnen im Sommer haben. Dort haben wir erkannt, dass unser Produkt hinsichtlich seiner Attraktivität auf Familien noch zu wenig akzentuiert war. Deshalb haben wir hier die Märchen-Gondelbahn inszeniert und werden im Sommer auf der Hannigalp einen großen SiSU-Kinderpark eröffnen. Diese Angebote bauen wir konsequent aus, das heißt unser Berg soll zum echten Familien-Urlaubsberg werden.“

Eventmarketing: Familiengerechte Veranstaltungskonzepte, wie hier das Family-Open-Air 2010 spielen eine zentrale Rolle in Grächen. SiSu („Sicher-Sunna“) ist als Maskottchen und Wetterversprechen immer dabei (l.).

MM: „Wie wichtig sind dabei Events, wie ermitteln Sie Trends und wie sprechen Sie Ihre Zielgruppen an?“Stoffel: „Events haben einen großen Stellenwert für uns. Wir wollen uns als Kinder- und Familiendestination positionieren und das heißt natürlich, dass die ganze Eventstrategie in diese Richtung geht. Wir haben verschiedene neue Events kreiert, wie z.?B. das Familien-Open Air auf der Hannigalp 2010, oder eine Märchen-Inszenierung auf dem Dorfplatz im Sommer. Wir planen die Veranstaltungen immer direkt zum Thema Kinder, immer zum Thema Familien.In der Planung ist unser Marketing ganz offen und nutzt verschiedene Foren, u.a. auch in Zusammenarbeit mit den Partnern aus der Hotellerie. Wir machen auch Studienreisen, schauen uns Projekte an und fragen, wie können wir das hier verbinden? Die ursprüngliche Idee für unsere Märchengondeln stammt beispielsweise aus Fiss. Die dortige Almbahn ist zwar nach einem ganz anderen Konzept inszeniert, wir haben aber die Grundidee aufgenommen und nach unseren Bedürfnissen entwickelt.Zur Ansprache unserer Zielgruppe Familie nutzen wir verschiedene Kooperationen mit Akteuren, die auch in diesem Segment tätig sind. Eine Kooperation besteht mit dem deutschen Spielehersteller Ravensburger, der mit dem Ravensburger Spieleland auch einen eigenen Freizeitpark betreibt. Unsere Gäste erhalten gegenseitig direkte Vergünstigungen, zudem bestreiten wir gemeinsam mit den Spielespezialisten Messen und Veranstaltungen, wo wir unsere Angebote ,Ravensburger Skisafari‘ bzw. den sommerlichen ,Ravensburger Spieleweg‘ vorstellen. Eine weitere Kooperation besteht mit dem Coop Family Club, über dessen Kanäle wir regelmäßig auf unsere Angebote hinweisen. Wir nutzen heute diese und weitere Kooperationen sehr konsequent, um uns als Kinder- und Familiendestination zu positionieren.“MM: „Welche Auswirkungen hat Ihre Konzentration auf den Kinder- und Familientourismus auf andere Gästegruppen, wie z.B. die 20- bis 30jährigen oder die sogenannten ,Silver-Ager‘? Grenzen Sie die nicht eher aus?“Stoffel: „Natürlich spüren wir gerade bei den 20- bis 30jährigen gewisse Auswirkungen, stärker noch vielleicht einige Leistungsträger im Dorf, wenn etwa einzelne Bars nicht mehr so laufen. Aber ich bin überzeugt, wenn man sich positioniert, muss man sich konsequent positionieren. Positionieren heißt konzentrieren und differenzieren. Wir bieten zum Beispiel weiterhin einen Snowpark, aber eben abgestimmt auf Jugendliche zwischen 10 und 16 Jahren. Was wir nicht haben, ist wildes Aprés-Ski oder die großen Ski-Partys.Wir sehen das auch an vielen unserer Gäste, die hier das Skifahren lernen und bis ins Alter von 15, 16 Jahren bleiben. Dann sieht man sie plötzlich nicht mehr. Doch sie kommen wieder zurück – zehn Jahre später mit ihren eigenen Kindern. Genau diesen Kreis zu schließen streben wir an, und das funktioniert eigentlich gut. Ähnlich verhält es sich mit den heutigen Großeltern aus den ,Drei-Generationen-Familien‘. Vor allem im März – außerhalb der Ferienzeit – kommen die Großeltern mit den Enkelkindern auf Kurzurlaub zu uns. Wir reagieren darauf mit speziellen Packages und beziehen diese „aktiven“ Großeltern z.?B. auch in den Familienpass mit ein. Bei der Gestaltung unserer Angebote müssen wir einfach die Veränderungen in der Typologie moderner Familien berücksichtigen.Vor allem im Sommer kommen aber auch die sogenannten ,Silver-Ager‘ auf Genießer-, Natur- oder Wanderurlaub zu uns. Mit speziellen Angeboten gehen wir dann auch auf dieses Segment ,50+‘ ein. Das schließt sich überhaupt nicht aus, vor allem wenn man es unter Qualitätsgesichtspunkten betrachtet. Wenn man guten Familien-Tourismus macht, betreibt man von sich aus qualitativ guten Tourismus. Kinder bedürfen einfach einer stärkeren Freundlichkeit und Aufmerksamkeit als etwa die Zielgruppe der 20 bis 30-Jährigen. Wenn man sich daran ausrichtet, liefert man automatisch ein attraktives Angebot, das dann auch von Eltern und Älteren sehr geschätzt wird.“

Familien-Urlaubsberg: Als zentraler Treffpunkt wird die Hannigalp im Winter als Mehr-Generationen-Erlebnis inszeniert und ausgestattet.

MM: „Die Touristische Unternehmung Grächen verfolgt auch ein ambitioniertes Investitionsprogramm für Seilbahnen, Beschneiung und Berggastronomie in Höhe von 45 Mio. Franken. Wie gestaltet sich die sukzessive Umsetzung in den kommenden Jahren?“Stoffel: „Als ersten wichtigen Schritt haben wir jetzt zunächst unseren zentralen Zubringer erneuert. Von den insgesamt 14,5 Mio. Franken konnten wir 9 Millionen aus Eigenkapitalmitteln aufbringen, davon 4,8 Millionen durch Neueinlagen aus Grächen selbst. Das zeigt auch, wie stark das Dorf hinter dem Gesamtprojekt steht. In der nächsten Stufe planen wir von der Hannigalp aus eine kuppelbare Sesselbahn in Richtung Wannihorn. Wir erschließen dann die bestehenden Pisten dieses Gebiets besser, sorgen für einen bequemeren Anschluss ins Gebiet Seetalhorn und ersetzen gleichzeitig drei Skilifte älteren Datums. Als drittes großes Bahnprojekt ist dann im Gebiet Seetalhorn der Ersatz der Sesselbahn Plattja von 2?400 auf 2?800 Meter geplant, deren Konzession bis April 2015 läuft.Letztlich entscheidet aber unsere finanzielle Situation über das weitere Vorgehen, zumal sich das gesamte wirtschaftliche Umfeld seit den ersten Planungen 2008 stark verändert hat. Natürlich wäre es für uns wichtig, dass wir alle diese Projekte realisieren können. Unter Berücksichtigung des Winterverlaufs und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden wir im Februar entscheiden, wie der Fahrplan aussehen wird. Für uns gilt: es wird nur investiert, wenn die Finanzierung steht. In der Gesamtprojektierung wird es allerdings keine Änderungen geben, sie wurde von allen Seiten gut angenommen.“Zur PersonAls gebürtiger Walliser und ehemaliger Skirennläufer hat Dr. Berno Stoffel seit jeher eine enge Verbindung zu den Bergen und dem Wintersport. Nach Studium und Aufenthalten im Ausland war er verantwortlich für die Forschung und Entwicklung der Berufsbildung in der Schweiz. Gleichzeitig wandte sich der 42-jährige als Verwaltungsratspräsident der Giw AG Bergbahnen in Visperterminen den Seilbahnen und dem Berg- und Wintertourismus zu. Neben erfolgreichen Großevents realisierte Stoffel dort im Zuge einer langfristig angelegten Entwicklungsstrategie auch thematisch angelegte Seilbahn-Inszenierungen, für die er 2007 mit dem Schweizer Milestone-Tourismuspreis ausgezeichnet wurde. Seit Dezember 2008 ist er als CEO für die Gesamtkoordination und operative Leitung der Touristischen Unternehmung Grächen zuständig.

Jürg Balsiger, Direktor Stanserhorn-Bahn: „Der Charme des Stanserhorns liegt im Exklusivitäts-Merkmal“

2012 wird am Stanserhorn die erste CabriO®-Bahn in Betrieb gehen und eine zusätzliche Attraktion am Ausflugsberg bieten. Wie man sich schon heute in einer Nische erfolgreich positioniert, erklärt Dir. Jürg Balsiger, der die Geschicke der Stanserhorn Bahn seit 1997 lenkt.

2012 ist es soweit: die CabriO® wird im Mai ihren Betrieb aufnehmen.

MM-Frage: „Wie lange gibt es die Stanserhorn-Bahn, um welchen Bahntyp handelt es sich?“Jürg Balsiger: „1893 ging die Stanserhorn-Bahn mit 63?% Steigung als damals steilste Bergbahn der Welt in Betrieb. Mit 3 Sektionen Standseilbahn war es zudem die längste Standseilbahn.Die Erfindung der Zangenbremse, welche auf die Schiene wirkt, wurde hier weltweit zum allerersten Mal angewandt. Die Bahnerbauer und Bahnbesitzer Bucher & Durrer haben sie auch gleich noch selber erfunden und patentieren lassen.1974 wurden die beiden oberen Standseilbahn-Sektionen stillgelegt und durch eine Garaventa Pendel-Luftseilbahn ersetzt. Die erste Sektion der Standseilbahn ist bis heute original erhalten und steht unter nationalem Schutz.MM-Frage: „Wie sind die Betriebszeiten der Bahn, wie viele Fahrgäste werden pro Jahr befördert?“Balsiger: „Als Sommerbahn befördern wir von April bis November um 120000 Gäste.“

Jürg Balsiger, Direktor Stanserhorn Bahn. Fotos: Stanserhorn Bahn

MM-Frage: „Wie lange sind Sie Direktor der Stanserhorn-Bahn, was reizt Sie an Ihrer Aufgabe?“Balsiger: „Seit 1997 bin ich Direktor der Stanserhorn-Bahn. Es ist eine faszinierende Herausforderung, unseren Berg in einer interessanten Nische so zu positionieren, dass wir gegen viel bekanntere Berge in der Schweiz erfolgreich bestehen können. Wir sagen uns am Stanserhorn: ‚Gegen unser Horn wirken andere viel Matter.’ Spaß beiseite: Mit dem CabriO® lancieren wir eine Weltneuheit im Bergerlebnis. Das ist eine große Freude!“MM-Frage: „Wie sehen Ihre Zielsetzungen für die nächsten Jahre aus?“Balsiger: „Zusammen mit den besten Herstellerfirmen nehmen wir 2012 das CabriO® in Betrieb. Diese Inbetriebnahme und die Implementierung in unseren Betrieb, das Anpassen von Betriebsabläufen und der Organisation sind sehr spannend. Wir wollen die hohe Gästezufriedenheit mit verblüffend freundlichen Mitarbeitenden weiterentwickeln. Das ist für uns alle fordernd und eine riesengroße Motivation.Dank erfreulichem Besucheraufkommen wollen wir die finanzielle Fremdbelastung nach der CabriO® Investition möglichst rasch abbauen. Das sind hoch gesteckte Ziele, welche unseren vollen Einsatz erfordern. Ich freue mich!“

Die erste Sektion der Stanserhorn Bahn ist auch heute noch eine Standseilbahn.

„Als klassischer Tagesausflugsberg wollen wir unsere Besucher zu Stammgästen machen“MM-Frage: „Welches Angebot haben Sie für Ihre Gäste, wie hat sich das entwickelt?“Balsiger: Auf dem Stanserhorn treffen Sie auf eine herrliche Aussicht einerseits in die Alpenkette und andererseits ins Mittelland mit 10 Seen. Auch der Schwarzwald und die Vogesen sieht man. Am schönsten genießt man dies bei einem leckeren Mahl im Drehrestaurant Rondorama®. Als klassischer Tagesausflugsberg wollen wir unsere Besucher zu Stammgästen machen. Das gelingt durch das Erfüllen der Basisanforderungen und ein Verblüffen mit vielen Details, welche die Gäste zu begeisterten Besuchern machen. Hier sind wir kontinuierlich aktiv.“MM-Frage: „Was macht das Stanserhorn zum ‚Faulenzer-Berg’?“Balsiger: „Unsere Bahnen ‚fördern’ 220 Personen pro Stunde auf den Berg. Lächerlich wenig, finden viele. Genau in diesem ‚Exklusivitäts-Merkmal’ liegt der Charme des Stanserhorns. Man trifft nie einen überfüllten Berg. Überall ist Platz, die Seele baumeln zu lassen. Die Faulenzerzone mit Liegestühlen unterstützt das Auftanken. Der ‚Club der führenden Faulenzer’ ist sich einig: Auf dem Stanserhorn lässt sich vorzüglich faulenzen. Deshalb dürfen wir offiziell kommunizieren: Stanserhorn: Von führenden Faulenzern empfohlen!“MM-Frage: „Aus welchem Umkreis kommen Ihre Gäste, welche Zielgruppen sprechen Sie an?“Balsiger: „80 % unserer Gäste sind Schweizer. Sie haben die Wahl, wo sie hoch wollen. Es freut uns, dass wir bei den Experten, welche die Auswahl kennen, so hoch im Kurs stehen. 20 % unserer Gäste sind Gruppengäste aus Übersee, welche eine Europareise genießen.“

Die Stanserhorn Bahn ging 1893 in Betrieb. Sie verfügt über eine Zangenbremse von Bucher & Durrer.

MM-Frage: „Die Stanserhorn-Bahn ist ISO-zertifiziert und mit dem Qualitätsgütesiegel Q III ausgezeichnet, warum war Ihnen dieser Schritt wichtig?“Balsiger: „Wer in Sachen Freundlichkeit und Verblüffung zu den Besten gehören will, muss seine Dienstleistung auf ein solides Fundament gründen. Daher ist die Zertifizierung ein logischer Schritt auf dem Weg zur Service-Excellence. So kommt gar nicht erst der Verdacht auf, dass es sich um Plattitüden und Worthülsen handeln könnte.“MM-Frage: „Was ist der Stanserhorn Ranger, welche Aufgaben hat er?“Balsiger: „14 Stanserhorn-Ranger sind wandelnde Informationssäulen. Sie zeigen unseren Besuchern, wo die Gämsen sind, erzählen über unsere fleischfressenden Pflanzen auf dem Stanserhorn, wissen viel über Land, Leute, Fauna, Flora etc. Unsere Ranger machen den Ausflug erst zum richtigen Erlebnis. Übrigens durften unsere Ranger im Jahr 2007 den Tourismus-Milestone der Schweiz entgegen nehmen. Darauf sind sie – und wir – stolz.“MM-Frage: „2012 wird die Stanserhorn-Bahn eine Weltneuheit präsentieren: die Cabrio-Bahn. Warum hat man sich für eine solche Bahn entschieden?“Balsiger: „Die bestehende Luftseil-Pendelbahn von 1974 ist am Ende ihres Lebenszyklus angelangt. Eine Anpassung an heute Sicherheitsstandards und Normen ist technisch nicht möglich. Und so mussten wir uns entscheiden, wieder eine gewöhnliche Pendelbahn zu bauen, oder etwas anderes. Wir haben uns für etwas anderes entschieden.“

„Das Fahrgefühl mit der CabriO® wird unbeschreiblich“MM-Frage: „ Stellen Sie das Projekt bitte kurz vor.“Balsiger: „Es handelt sich um eine doppelstöckige Luftseilbahn mit offenem Oberdeck. Das gibt es bisher noch nirgends. Die Seile werden seitlich vom Fahrzeug geführt, das ist auch absolut neu. Das Fahrgefühl wird unbeschreiblich werden.Die Idee entstand am 25. Juni 2004 anlässlich eines Candle Light Dinners auf dem Stanserhorn. Seilbahn-Ingenieur Reto Canale und ich genossen zusammen mit unseren Töchtern einen wunderbaren Sommerabend auf 1900 m über dem Alltag. Wir haben uns schon zuvor mit der Erneuerung der Stanserhorn-Bahn befasst. Und plötzlich war die CabriO® Idee da. Das technische Know-how kommt natürlich von ihm. Es ist uns zum Glück gelungen, Garaventa von der Idee zu überzeugen. Damit haben wir den idealen Partner für uns – und für diese Innovation gefunden.“

14 Stanserhorn Ranger informieren die Besucher über alles Wissenswerte.

MM-Frage: „Sie begleiten die Bauarbeiten mit einem Bautagebuch und machen Baustellenführungen, wie reagieren Ihre Gäste?“Balsiger: „Die Baustellenführungen sind ausgebucht, das Interesse ist groß. Die Gäste kommen aus der ganzen Schweiz. Die Website mit dem Bautagebuch wird rege angeschaut. Offenbar hat es viele Menschen, welche sich fürs CabriO® interessieren.“MM-Frage: „Wie liegt man mit den Bauarbeiten im Plan, gab bzw. gibt es spezielle Herausforderungen (z.B. Geologie)?“Balsiger: „Wir liegen zeitlich im Plan. Um auf Kurs zu bleiben, mussten wir jedoch Monate lang im Zwei-Schichtbetrieb arbeiten. Aber – wir sind auf Kurs. Das Stanserhorn ist geologisch interessant, weil es einer der seltenen Berge ist, welche schon vor der Alpenfaltung hier gestanden haben. (Man kann also sagen, andere Berge sind Kopien.) Dieser alte Kalk ist sehr verwittert und bietet nicht die Solidität, welche wir erhofft hatten. Deshalb werden wir nun mehr Anker verbauen, mehr Betonriegel zur Stabilisierung herstellen. Alles ist ein bisschen aufwändiger – aber wir sind zeitlich auf Kurs.“

Bergstation der Stanserhorn Bahn und Restaurant Rondorama®.

MM-Frage: „Welche Erwartungen haben Sie an die neue Bahn?“Balsiger: „Wir sind überzeugt, dass unsere Gäste begeistert sein werden. Wir rechnen mit einer Zunahme der Besucherzahlen um 20 bis 25 %. Da wir die besten Partner als Hersteller an Bord haben (Garaventa, Frey AG Stans, Gangloff, Fatzer und Küchler Design) erwarte ich eine zügige Inbetriebnahme.Das CabriO® katapultiert uns in ein neues Zeitalter. Die Geschichte der historischen Stanserhorn-Bahn geht weiter!“

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