„Wir sind vor allem ein Dienstleistungsunternehmen!“ – Dir. Georg Bliem, Geschäftsführer/CEO Planai-Hochwurzen-Bahnen GmbH

Nach 10 Jahren als Landestourismus-Direktor der Steiermark konzentriert sich Dir. Georg Bliem nun seit Anfang des Jahres auf die Geschäftsführung der Planai-Bahnen. Der Mountain Manager hat ihn zu seinen Plänen befragt.

Foto: Planai-Bahnen

MM: „Was hat Sie veranlasst, die Geschäftsführung der Steirischen Tourismus GmbH mit jener der Planai-Hochwurzen-Bahnen GmbH zu tauschen?“Dir. Georg Bliem: „Ich war 10 Jahre Landestourismus-Direktor für die Steiermark. Im Sommer 2012 haben aktuelle Ereignisse dazu geführt, dass ich einspringen und neben meiner Tätigkeit in der Steirischen Tourismus GmbH die Geschäftsführung der Planai-Hochwurzen-Bahnen übernehmen musste. Ich habe das mit immer größerer Freude an der Aufgabe gemacht. Schließlich musste eine Entscheidung getroffen werden. Nach 10 schönen Jahren in Graz habe ich die Funktion im Landestourismus zurückgelegt und bin jetzt seit 1. Januar 2014 mit voller Kraft für die Geschäftsführung der Planai-Hochwurzen-Bahnen zuständig. Ich habe die neue Herausforderung gerne angenommen, möchte aber auch erwähnen, dass ich in der Vergangenheit immer einen guten Bezug zu den Bahnen hatte und auch in der Region beheimatet bin.“MM: „Wie sehen Sie die Position/das Image der Planai-Bahnen im regionalen Bereich und international?“Bliem: „Wir haben im Unternehmen gerade einen intensiven Strategie- und Positionierungsprozess abgeschlossen. Dabei hat sich gezeigt, dass die Planai- Hochwurzen-Bahnen eine Leadership- Funktion haben und ein Motor für die gesamte Region sind, etwa durch die großen Investitionen der letzten Jahre. Dazu haben wir aber auch eine große Verantwortung für die touristische Entwicklung. Man sieht das an den Projekten, die wir gerade umsetzen, z. B. beim Kinderland auf der Planai, der Gokart-Bahn im Stadion oder der Finalisierung Dachstein. Als Seilbahnunternehmen können wir sehr intensiv in die Produktentwicklung eingreifen. Wir haben ein sehr gutes Netzwerk und kooperieren mit den Gemeinden, den touristischen Institutionen oder der Hotellerie. Wir legen großen Wert darauf, mit allen unseren Partnern auf Augenhöhe zu arbeiten und bringen uns stark in die Gremien der Region ein, damit es keine Leerläufe gibt.“MM: „Was ist Ihnen in Ihrer Position wichtig, welche Aufgaben haben für Sie Priorität?“Bliem: „Die Planai-Hochwurzen-Bahnen sind mit 380 Mitarbeitern ein großes Unternehmen. Da liegt mir das Thema Personal- bzw. Mitarbeiterentwicklung sehr am Herzen. Wir haben in letzdiesem Bereich ein eigenes Programm gestartet, das über 2 Jahre hinweg durchgezogen wird. Wichtig war auch, den 6-monatigen Strategie- und Positionierungsprozess durchzuführen. Die Planai-Bahnen sind de facto ein Mischkonzern mit Bergbahnen, Gastronomieunternehmen, Busbetrieb und Beteiligungen. Es war wichtig, unsere Position nach innen für unsere Mitarbeiter, aber natürlich auch nach außen zu definieren. Wir wollen für alle, die bei uns und mit uns arbeiten, ein kalkulierbarer Partner sein. Das Strategiepapier gilt für die nächsten 5 Jahre.“

Zielstadion Planai/Alpine Ski-WM 2013. Foto: Planai-Bahnen

„Wir sind am richtigen Weg“MM: „Die Alpine Ski-WM 2013 hat den Planai-Bahnen große mediale Aufmerksamkeit beschert, wie können die Planai-Bahnen weiterhin davon profitieren?“Bliem: „Die Ski-WM war ein Turbo für die Region und die Planai-Bahnen. Man muss sich nur die umfangreichen Investitionen in Erinnerung rufen, die Komfortverbesserungen, die Garagen, Skygate ‚Planet-Planai‘ etc. Die aktuellen Aufgaben gehen jetzt natürlich sehr stark ins Marketing, damit man die Ski- WM weiterhin spürbar machen kann. Da haben wir eine ganze Reihe an Maßnahmen, die wir umsetzen. Es werden die einzelnen Starts der Rennen plakativ in Erinnerung gerufen, im Sommer hatten wir schon eine kleine Ausstellung im Freien und im Frühsommer 2014 werden wir dann das ‚Planaium‘ eröffnen. Das ist eine Ausstellungswelt im Stadion der Planai-Bahn, mit der wir die Skigeschichte, die Entwicklung über die Jahre bis jetzt und natürlich auch die Ski-WM ins Blickfeld rücken. Mit dieser Strategie sind wir am richtigen Weg. Wir haben uns dazu im Januar die aktuellen Zahlen zur Gästeentwicklung angesehen, da können wir einen klaren Trend nach oben verzeichnen.“MM: „Was gibt es im Winter 2013/14 Neues bei den Planai- und Hochwurzen-Bahnen?“Bliem: „Die herausragende Investition war sicherlich die neue 10er Kabinenbahn auf die Hochwurzen, dazu die nötigen Pistenanpassungen. Die neue Seilbahn punktet neben der modernen Technik mit einer herausragenden Architektur. So haben wir etwa eine unterirdische Bergstation gebaut und ein modernes Talstationsgebäude mit allem Komfort. Dazu haben wir rund um den Dachstein investiert, weil wir uns stärker der Ski-Alpin-Verantwortung des Dachsteins stellen wollen. Hängebrücke, Eispalast oder ‚Stiege ins Nichts‘ sind die Attraktionen, die wir nicht nur im Sommer, sondern verstärkt auch im Winter in den Fokus rücken möchten. Auf der Galsterbergalm konzentrieren wir unsere Aktivitäten und Investitionen auf den Kleinkinderbereich. Auf der Planai haben wir diese Saison alles belassen, weil in den letzten Jahren schon viel investiert worden ist. Neu ist allerdings unser Winterwanderticket für all jene, die nicht Skifahren ollen. Das hat sich sehr gut bewährt und das wollen wir noch fördern.“

Die neue Hochwurzenbahn ist eine 10er Kabinenbahn von Leitner mit DirectDrive. Foto: Martin Huber

MM: „Wie sind Sie mit der laufenden Saison zufrieden?“Bliem: „Wir sind sehr zufrieden. Die Vorsaison hat sich sehr gut entwickelt, die Weihnachtszeit war ebenfalls gut. Wir sind auch mit dem Januar zufrieden, weil wir trotz der Witterung eine positive Entwicklung hatten. Deshalb sind wir für den Februar zuversichtlich. Man muss allerdings auch bedenken, dass wir in den letzten 1,5 Jahren allein im Einzugsbereich der Planai-Bahnen rund 1 300 Betten dazu bekommen haben. Die Kombination aus der neuen Bettensituation und den Folgen der Ski-WM ist ein Glücksfall für uns. Wir müssen die Entwicklung aber auch kritisch im Auge behalten. 2015 und 2016 werden wir deshalb eine Evaluierung durchführen und die Zufriedenheit der Gäste in Erfahrung bringen. Dabei ist es besonders wichtig, ob unsere Standards den internationalen Gästeerwartungen entsprechen, weil die Internationalität unserer Gäste wirklich enorm zugenommen hat. Es kommen Skandinavier genauso wie Franzosen, russische Gäste und sogar Chinesen. Wenn es uns gelingt, diese Gäste auch weiterhin zu begeistern, können wir zuversichtlich in die Zukunft sehen.“MM: „Sie legen besonderen Wert auf gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter und haben dafür das Top-Job-Zertifikat erhalten. Wie wählen Sie Ihre Mitarbeiter aus, wie werden sie gefördert?“Bliem: „Mitarbeiterförderung ist den Planai-Bahnen schon immer ein Anliegen gewesen. Wir haben z. B. ein eigenes Personalentwicklungsprogramm, damit wir aus unseren Mitarbeitern auch unsere Führungskräfte rekrutieren bzw. neue Mitarbeiter entsprechend aufbauen. Insgesamt gibt es eine breite Palette an Weiterbildungsmaßnahmen, von Sprachkursen angefangen bis zur Dienstleistung. Dazu ist uns natürlich die Gesundheit unserer Mitarbeiter wichtig. Unter dem Motto ‚Gesunde lanai‘ bieten wir ein umfangreiches Programm, das auf die Bedürfnisse und Anforderungen unseres Teams ausgerichtet ist. Wichtig ist natürlich die stimmige Auswahl der Mitarbeiter, wobei ich sagen muss, dass wir keine Probleme haben, gute Leute zu bekommen. Hier profitieren wir sicher davon, dass wir in der Region einen sehr guten Ruf haben, sodass man gerne bei uns arbeiten möchte. Es hat sich herumgesprochen, dass unser Betriebsklima und die Arbeitsbedingungen passen.“MM: „Sie veröffentlichen eine eigene Zeitschrift für Mitarbeiter und Freunde, welche Auflage hat sie und welche Ziele verfolgen Sie damit?“Bliem: „Wir sind gerade dabei, das Planai-Journal zu überarbeiten und den Empfängerkreis zu erweitern. Bisher ist das Journal primär für die Mitarbeiter des Unternehmens und einige Gremien gemacht worden. Jetzt wollen wir das Planai-Journal auch für die Hotellerie, die Skischulen, den Skiverleih sowie für Freunde und Partner zugänglich machen. Das soll sich dann auch im redaktionellen Konzept spiegeln. So wollen wir natürlich wie bisher unternehmensrelevante Themen behandeln, aber auch Dinge kritisch hinterfragen. Das erste Exemplar unseres neuen Planai- Journals, das insgesamt dreimal jährlich erscheinen soll, wird im Frühjahr veröffentlicht werden. Die Auflage wird zwischen 6 000 und 7 000 Stück betragen.“

Blick auf die Hängebrücke am Dachstein. Foto: Dachstein Gletscherbahn Ramsau

„Nachhaltiges Wirtschaften hat bei uns schon Tradition“MM: „Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit im Unternehmen, Stichwort ‚Grüne Seilbahn’?“Bliem: „Nachhaltiges Wirtschaften hat bei uns schon Tradition. Das Motto ‚Grüne Seilbahn‘ steht für eine umfassende, nachhaltige, ressourcenschonende und umweltorientierte Unternehmenspolitik. Wir nutzen das zwar nicht direkt als Werbeargument – aber die Dinge, die wir umsetzen, kommunizieren wir auch. Als Beispiel möchte ich die neue Hochwurzen-Bahn erwähnen. Wir haben die Bergstation in den Berg hineingesetzt, um den engen Raum nicht durch einen Stationsbau zusätzlich zu belasten. Die 10er Kabinenbahn verfügt außerdem über den DirectDrive. Er hilft uns, rund 10 % an Energie einzusparen und ist ausgesprochen ruhig im Betrieb.“ MM: „Denken Sie, dass nachhaltiges Wirtschaften in der Branche schon den Stellenwert hat, der ihm zukommt, oder gibt es Handlungsbedarf?“Bliem: „Ich denke, dass die Bahnen sich ihrer Verantwortung sehr bewusst sind und dass hier auch schon sehr viel gemacht wird. Ich bin allerdings der Meinung, dass es zu früh ist, nachhaltiges Wirtschaften in die Werbung einzubeziehen, weil man hier Diskussionen auslösen kann, die dann kontraproduktiv sind. Für die Unternehmen ist es aber natürlich wichtig, Zeichen zu setzen. Alle Forderungen werden wir nicht erfüllen können, wir müssen mit den Bahnen auf den Berg, wir brauchen die Pisten und das Wasser für die Beschneiung. Aber natürlich ist es uns ein Anliegen verantwortungsbewusst und gleichzeitig wirtschaftlich zu handeln.“MM: „Welchen Einfluss haben die Ergebnisse des Projekts ,STRATEGIE‘ auf die Entwicklung der Planai-Hochwurzen-Bahnen?“Bliem: „Jedes Unternehmen braucht eine Strategie, wobei es uns wichtig ist, ein ‚living-paper‘ zu haben. Das heißt, wir werden unsere Strategie jedes Jahr evaluieren und vor der Entwicklung des Marktes kritisch hinterfragen. Dieser Prozess erfolgt auf einer breiten Basis, weil rund 60 Mitarbeiter involviert sind. Grundsätzlich braucht es einen ‚Fahrplan‘, weil wir die Werte des Unternehmens im Blick behalten wollen und natürlich auch die Visionen und Ziele. Im Projekt ‚STRATEGIE‘ stehen derzeit ca. 80 Maßnahmen, die uns wichtig sind und die es abzuarbeiten gilt. Unsere Mitarbeiter wurden bei der Erstellung der Maßnahmen einbezogen und befragt, deshalb sind sie auch mit großer Begeisterung bei der Sache.“

Die 8er Sesselbahn „Märchenwiese“ eröffnet eine traumhafte Winterlandschaft.

„Der Sommer 2013 war ausgesprochen erfolgreich“MM: „Welche Bedeutung hat der Sommer bei den Planai-Hochwurzen-Bahnen, wie sehen Sie das Entwicklungspotenzial?“ Bliem: „Wir haben im Sommer sicher das größte Entwicklungspotenzial. Mit den Bahnen, die wir im Sommer betreiben, haben wir überall einen zweistelligen Anteil am Gesamtumsatz. Erfolgreich sind auch unsere Busse und unser Gastronomiebereich. 2013 war für uns ein ausgesprochen gutes Jahr. Deshalb ist es uns auch wichtig, uns hier ganz eindeutig zu positionieren, wobei es im Vergleich zum Winter durchaus Unterschiede gibt. Der Dachstein steht im Sommer etwa für den Bergsport, das Abenteuer und das Panorama. Auf der Planai richten wir uns im Sommer ganz bewusst auf das Segment ‚Familie‘ aus, uf der Hochwurzen steht die Natur im Fokus.“MM: „Gibt es Neues für den Sommer 2014?“Bliem: „Wir planen eine Gokart-Bahn, die im Stadion platziert werden soll. Bei schönem Wetter möchten wir im Freien fahren, bei Schlechtwetter in der Tiefgarage. Viel investiert haben wir auch in den Ausbau unserer Wanderwege und die Neugestaltung des Eispalastes. Hier gehen wir bei den Figuren weg von den ‚alten ‚Ägyptern‘ und den ‚Simpsons‘ und konzentrieren uns auf regionale Themen und Mythen. Schon letztes Jahr haben wir mit dem Skywalk für Aufsehen gesorgt, da waren Medien aus ganz Europa zur Berichterstattung vor Ort. Jetzt wollen wir z. B. mit einer Platzreservierung in der Pendelbahn die Besucherströme so entflechten, dass möglichst keine Wartezeiten entstehen. Wichtig für den Sommer ist auch unser Angebot an Bussen. Da haben wir letztes Jahr die Erfahrung gemacht, dass es sinnvoll ist, einige Linien zu verstärken, weil das Angebot sehr gut angenommen wird. Seilbahn- und Busunternehmer zu sein, schafft bei uns sehr gute Synergien, die es zu nutzen gilt. Wir haben sicher noch einige Ideen, die wir umsetzen wollen, man darf nicht stehen bleiben in der Entwicklung.“MM: „Wo sehen Sie in den nächsten Jahren die größten Herausforderungen für das Unternehmen?“Bliem: „Wir stehen alle im Wettbewerb, den Gast zu überzeugen und gleichzeitig positiv zu wirtschaften. Da wird in Zukunft sicher die Positionierung immer wichtiger und die Markendefinition. Es ist essentiell zu hinterfragen, was der Gast tatsächlich braucht. Hier wird die Marktforschung noch stärker einzubinden sein. Und man muss sicher noch mehr darauf achten, dass der Berg in seiner ganzen Vielfalt und den unterschiedlichsten Freizeitaktivitäten präsentiert wird. Als Seilbahnunternehmen sind wir zwar sehr technisch orientiert, letztlich aber vor allem ein Dienstleistungsbetrieb.“dwl

    
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Dr. Erich Egger, Vorstand Schmittenhöhebahn AG – Wir begrüßen den Wandel nicht nur, wir führen ihn aktiv herbei

Die Schmittenhöhebahn AG in Zell/See feiert heuer ihr 85-jähriges Gründungsjubiläum und mit ca. 1 Mio. Gästen am Berg und über 30 Mio. Umsatz ein Top-Geschäftsjahr. Unermüdlichkeit, Pioniergeist und nachhaltiges Denken zeichnen das Pinzgauer Bergbahnunternehmen aus, auch zur Saison 2013/14 wurden wieder rund 12,4 Millionen Euro in Neuheiten und Optimierungen investiert. Vorstand Dr. Erich Egger hat seit Juli 2008 erfolgreich an der Positionierung gearbeitet und kämpft für seine Erweiterungspläne.

Fotos: Schmittenhöhebahn AG (5)

MM: „Herr Dr. Egger, schildern Sie bitte zunächst Ihren Werdegang in die Seilbahnbranche bis zur jetzigen Position sowie weitere relevante Funktionen im touristischen Bereich.“Egger: „Nachdem ich mein Studium der Betriebswirtschaft abgeschlossen hatte, war ich von 1985 – 1988 bereits bei der Schmittenhöhebahn AG als Assistent des damaligen Vorstandes, Ing. Josef Hasenauer, tätig. Ich konnte erste Erfahrungen in verschiedenen Bereichen sammeln und war unter anderem im Marketing, in der Gastronomie sowie mit Rechtsangelegenheiten beschäftigt. Im Jahr 1989 wechselte ich zur Porsche Holding GmbH., wo ich bis 2008 verschiedene Funktionen bekleidete. Seit Juli 2008 bin ich Alleinvorstand der Schmittenhöhebahn AG. Vor vier Jahren wurde ich auch Vorstandsmitglied im Tourismusverband Zell/See – Kaprun, was wichtig ist für die Integration unserer Anliegen in der Region.“MM: „Man hat den Eindruck, dass Sie mit Ihrem Eintritt einen neuen Schwung und eine unvoreingenommene Sicht einbringen konnten. Viele Akzente bei der Positionierung der Schmittenhöhebahn wurden gesetzt – von der Porsche Gondel bis zu den Öko-Maßnahmen und Sommerangeboten. Wie fällt Ihre persönliche Bilanz aus?“Egger: „Als ich 2008 die Vorstandsfunktion übernahm, konnte ich dies sicher mit dem unvoreingenommenen Blick „von außen“ tun. Neue Sichtweisen sorgen in jedem Unternehmen für frischen Wind und verhindern eine gewisse Betriebsblindheit, die sich mit den Jahren natürlich einstellen kann. Um die gestellten Aufgaben bestmöglich lösen zu können, durfte ich aber auch auf die große Erfahrung unserer langjährigen Mitarbeiter zurückgreifen. Ein kooperatives Team zu bilden, das Neues mit Sachkenntnis und Weitblick umsetzt, war die Herausforderung. Gemeinsam arbeiten wir daran, optimale Ergebnisse in allen Bereichen zu erzielen. Die Mitarbeiter sind das „Gesicht“ der Schmitten und ihre Botschafter beim Gästekontakt, sie entscheiden letztlich über unseren Erfolg. Da sich die Branche vom reinen Transporteur zum Winter/Sommer-Erlebnisanbieter gewandelt hat, ist es wichtig, die Mitarbeiter bis zum Liftpersonal hin mit kontinuierlichen Schulungsmaßnahmen bzw. Quality Circles „mit auf die Reise zu nehmen“.Eine persönliche Bilanz nach meiner bisherigen Tätigkeit kann ich nicht ziehen, dies werden unsere Gäste, die Eigentümer der Schmittenhöhebahn AG und unsere Mitarbeiter tun.Enttäuscht bin ich nach wie vor über die negative Entscheidung des Umweltsenates bezüglich der Erweiterung in Richtung Piesendorf (Projekt Hochsonnberg), weil ich nach wie vor überzeugt bin, dass es eine Fehlentscheidung war.“

Die im Jahr 2009 erneuerten 40er Kabinen der Schmittenhöhebahn im Porsche Design (Carvatech) gelten inzwischen als „Wahrzeichen“ von Zell/See. Foto: Johannes Felsch

MM: „Kommt bei einer endgültigen Ablehnung des Projektes Hochsonnberg vom Verwaltungsgerichtshof die Alternative nach Viehhofen ins Glemmtal zum Tragen? Warum ist eine Ausdehnung eine grundsätzliche Vision von Euch?“Egger: „Größe ist wesentlich für die Kaufentscheidung der Gäste. Auch deshalb wollen wir das Projekt Hochsonnberg auf keinen Fall aufgeben. Selbst wenn wir vom Verwaltungsgerichtshof eine negative Entscheidung bekommen, werden wir versuchen, im Höhenbereich Flächen dazuzugewinnen und hier unser Pistenangebot zu erweitern, damit die Schmitten auch noch in Jahrzehnten attraktiv für den Gast ist. Unter Umständen muss man das Projekt in abgespeckter Form neu aufsetzen, so dass wir zumindest den einen oder anderen Lift im Höhenbereich errichten können, ohne in eine neue Erschließungsdiskussion hineinzuschlittern.Bezüglich der Anbindung in das Glemmtal haben wir bereits eine Planung bezüglich einer 10er Einseilumlaufbahn, die sich im Genehmigungsprozess befindet. Die erste Antwort von der Behörde war schon einmal beruhigend: wir benötigen keine Umweltverträglichkeitsprüfung! Vor 2016 ist ein Baubeginn kaum realistisch.“

Eine Neuheit 2013 ist die kindersichere 8er Sesselbahn „Glocknerbahn“ mit gebäudeintegrierten Photovoltaik-Paneelen. Das Konzept stammt vom Architekturbüro Hasenauer aus Saalfelden. Foto: HASENAUER.ARCHITEKTEN

MM: „Die Schmittenhöhebahn AG investierte zur Wintersaison 2013/2014 wieder rund 12,4 Mio. Euro. Um welche Projekte handelt es sich konkret und welche Motivation steht jeweils dahinter?“Egger: „Wir investieren jährlich in Qualität- und Komfortverbesserungen für unsere Gäste. Die größte Einzelinvestition im heurigen Jahr ist die neue Glocknerbahn (Doppelmayr), eine kindersichere 8er-Sesselbahn mit Komfortpolsterung, höhenverstellbarem Förderbandeinstieg von Chairkid und verriegelbaren Schließbügeln. Die Einhausung der Stationen sind aus Holz beschindelt und in die Glasflächen der Talstation sind Photovoltaik-Paneele integriert, um auch Licht hineinzubekommen. Die attraktive Konzeption stammt wieder von unserem ,Hausarchitekten‘ Hasenauer aus Saalfelden und es würde mich nicht wundern, wenn er dafür neuerlich einen Architekturpreis erhält!Weiteres wird es ein neues Kinderland bei der Glocknerbahn geben, die Funslope XXL auf der Sonnenalm sowie die Schmitten Nightslope. Viele Investitionen sind für den Kunden nicht direkt sichtbar, wie technische Adaptierungen bei der Schmittenhöhebahn, Ankauf von Schneilanzen und Pistengeräten oder Pistenadaptierungen.“MM: „Sollen künftig bei Euch noch weitere Seilbahnstationen mit Photovoltaik bestückt werden?“Egger: „Im Rahmen unseres Projektes ,Sonnenstrom auf den Bergen‘, das bislang 2 300 m2 installierte Modulfläche für 300 000 kWh Jahresstromproduktion hervorgebracht hat, wollten wir keinesfalls Photovoltaikpaneele auf die grüne Wiese stellen. Denn wir sind als Branche immer wieder konfrontiert mit dem Thema Landschaftsbild – u. a. auch bei Naturschutz-Genehmigungsverfahren. Daher sollte man als Bergbahnunternehmen von Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes möglichst absehen und Module nur auf Dächern oder Fassaden anbringen. Die Resonanz auf diesen Ansatz ist sehr gut. Auf der Südseite haben wir noch eine ganze Ausbauschiene vor uns (Sonnenalm-Gruppe) und auch die Bergstation der Schmittenhöhebahn wird dafür in Betracht gezogen. Man kann sich also auf diesem Sektor noch einiges von uns erwarten: bei jeder Bahn, die gebaut wird, muss dies ein integraler Bestandteil sein! Wir müssen ja davon ausgehen, dass unsere Gäste durchwegs natur- und umweltbewusste Menschen sind, daher muss man in diese Richtung ein Signal geben – auch wenn wir nicht den ganzen Strom selbst erzeugen können. Den Beitrag, den wir leisten können, den müssen wir einfach leisten.“

Ein weiteres Highlight auf der Schmitten ist heuer die mit 1300 m längste „Funslope“ der Welt mit spaßigen Elementen wie Schnecken, Tunnels oder Steilkurven.

MM: „Mit dem o. e. Projekt ,Solarstrom am Berg‘ und anderen Initiativen gehört Ihr zu den Pionieren beim Thema Energieeffizienz im Tourismus. Bringt das auch ökonomisch etwas – oder genügt es bereits, einfach ein „grünes“ Image für das Publikum aufzubauen?“Egger: „Wir sind ein Unternehmen, das Energieeffizienz lebt. Es ist definitiv mehr als eine Good-Will-Aktion, es ist uns ein persönliches Anliegen in eine nachhaltige Zukunft zu investieren und die Belastungen durch unser Unternehmen für die Natur so gering wie möglich zu halten. Für die Umsetzung des PV-Projektes waren sowohl ökologische als auch ökonomische und soziale Faktoren ausschlaggebend. Innerhalb von 10 Jahren amortisiert/rechnet sich die Photovoltaikanlage und wir können mit dem produzierten Strom dann 8 % des Bedarfs der Seilbahn- und Liftanlagen aus erneuerbaren Quellen abdecken.Wäre es möglich noch mehr Energie aus eigenen Ressourcen zu lukrieren, wäre uns das sehr Recht und wir werden unsere Photovoltaik-Anlage noch weiter ausbauen. Gleichzeitig lässt sich bei vielen Kunden ein verändertes Bewusstsein und eine stärkere Sensibilität für Nachhaltigkeit feststellen. Durch die PV-Anlage können wir uns am Markt neu positionieren und gesellschaftliche Akzeptanz erhöhen.“MM: „Wie kann man bei allgemein sinkenden Margen in der Seilbahnbranche das regelmäßige Investieren verkraften, ohne das Produkt Skifahren übermäßig zu verteuern – was ja nicht geschieht. Müssen mit jedem Bahnneubau nicht auch die Frequenzen wachsen, um das Geld zurückzuspielen?“Egger: „Natürlich darf man den Überblick über das Kostenmanagement nicht verlieren, aber es müssen auch entsprechende Umsätze erreicht werden. Die Forderungen und Ansprüche der heutigen Gäste machen ständige Investitionen in Komfort, Qualität, Service und Schneesicherheit notwendig – diese werden über einen höheren Preis herein gespielt, weshalb moderate Preisanpassungen durchgeführt werden müssen. Wichtig ist, dass das Preis-/Leistungsverhältnis immer passt. Was die Gästefrequenzen betrifft, gilt es das jetzige Niveau zu halten. Wenn das möglich ist, sehen wir keine Verschlechterung unserer wirtschaftlichen Situation.“

Das Projekt „Solarstrom am Berg“ umfasst derzeit 2318 m2 Modulfläche, mit denen 300.000 kWh Strom erzeugt werden können. Im Bild das Dach der Areitbahn-Talstation.

MM: „Warum hat sich die Schmittenhöhebahn für die Errichtung der größten Funslope der Welt mit 1 300 m Länge entschieden? Muss man jetzt die ,Piste neu erfinden‘, um die heutigen Skifahrer bei Laune halten zu können. Ist die reine ,Pistenautobahn‘ ein Auslaufmodell?“Egger: „Die Funslope ist ein Angebot, das perfekt zu unserem Berg und unseren Pistenflächen passt. Wir haben am Berg keinen Platz für riesige Parks und eine Funslope ist das perfekte Angebot für Skifahrer, die Action und Abwechslung suchen, sie macht das Skifahren und die Pisten interessant. Man kann sagen, eine Funslope ist eine Mischung zwischen Piste, Snowpark und Skicross und für alle Gäste geeignet und ist absolut anfängertauglich. Es ist tatsächlich so, dass der Skifahrer von heute von Wellenbahnen und Steilkurven angezogen wird, deshalb glauben wir, dass die Funslope ein echtes Highlight für unsere Gäste werden wird. Ausschlaggebend bzw. Entscheidend für den fun ist natürlich die Länge, deshalb freuen wir uns, dass wir jetzt die längste Funslope der Welt haben! Dennoch glaube ich nicht, dass die reine ,Pistenautobahn‘ aus der Mode kommt. Breite und gut präparierte Pisten sind das Basisangebot für unsere Gäste.“MM: „Thema Kinder und Jugendliche: Hier nimmt die Schmitten – gemeinsam mit dem Kitzsteinhorn und dem Skicircus Saalbach Hinterglemm Leogang – österreichweit eine Vorreiterrolle bei den Angeboten und der Preisgestaltung ein. Beschreiben Sie die Komponenten wie ,Power of Zehn‘ und Eure Schmidolin-Kinderwelt.“Egger: „Mit der Aktion ,Power of Zehn‘ bieten wir auch preislich ein unschlagbares Angebot. Jeden Samstag erhalten Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren den Tagesskipass bei uns um nur 10 Euro. Letzte Saison wurden 25 800 Tickets verkauft , davon 5 400 von der Schmittenhöhebahn. Der Preis ist nunmehr in der 4. Saison unverändert und nicht einmal um die Inflation erhöht worden – die Tickets sind also genau genommen sogar billiger geworden… Schmidolins Kinderwelt wird jedes Jahr etwas größer, so haben wir letztes Jahr Schmidolins Drachentunnel gebaut. Diesen Winter wartet auf der Glocknerwiese Schmidolins Drachenpark auf die kleinen Wintergäste. Auch bei den Veranstaltungen ist für die Kids was dabei, wie Schmidolins Skitag am 25. Jänner oder die Schmidolin Olympiade am 23. März. Alle Kinder bis 12 Jahre können sich für den Schmidolin Club anmelden und erhalten zwei Mal jährlich die Kinderpost mit allen Neuigkeiten rund um Schmidolin und exklusive Einladungen zu diesen Veranstaltungen. Auch im Sommer wird das Schmidolin-Angebot ständig erweitert. Von Schmidolins Feuerstuhl bis zu Schmidolins Feuertaufe, vom Schmidolin Comic bis zum Schmidolin Buch haben wir hier alles zu bieten. Es gibt Ausbaupläne für das Schmidolin Kinderland, sowohl im Winter als auch im Sommer – etwa bei der Kindergastronomie.“

Schmidolins Feuerstuhl, ein innovativer E-Motocross-Parcours für Kids, erregte viel Aufsehen als „Öko-Sport“.

MM: „Ihr habt mit dem E-Freeride Center in der Branche (wieder einmal) für Aufsehen gesorgt. Welches Signal soll hier transportiert werden – Öko-Sport? Gelingt dadurch die Ansprache einer speziellen Zielgruppe?“Egger: „Die Freeride E und OSET Bikes sind der richtige und einzige Ansatz, um Motocross-Sport auf unserem Berg bei atemberaubender Naturkulisse auszuüben. Nur ohne Lärm, ohne Benzin und ohne heißen Auspuff und ohne Abgase können wir den Sport auf unserem Berg akzeptieren und so passt er sehr gut zum restlichen Angebot der Schmitten. Zudem lässt sich Elektro-Mobilität sehr gut mit dem Projekt ,Solarstrom am Berg‘ verbinden. Öko-Sport könnte man es natürlich auch nennen. Wir sprechen dabei nicht nur Öko-Sportler an, sondern allgemein Motocross begeisterte Besucher mit dem positiven Nebeneffekt, dass die Umwelt nicht belastet wird. Der Elektro-Motocross Park hat auch einen pädagogischen Ansatz: Wir wollen den Kindern zeigen, dass man diesen Sport auch ohne Abgase, ohne Lärm und mit sauberem Öko-Strom ausüben kann. Unser Ziel ist es, die erzeugte Energie direkt am Berg einzuspeisen und damit die E-Bikes aufzuladen.“MM: „Welche Rolle spielt das Sommergeschäft für die Schmittenhöhebahn, gibt es Gäste-Zuwachszahlen, speziell aus exotischen Märkten? Welche Zukunfts-Perspektiven sieht man noch in Richtung Ganzjahresbetrieb?“Egger: „Das Sommergeschäft wird bei uns immer wichtiger, seit 2008 konnten wir jedes Jahr Zuwächse an den Besucherzahlen im Sommer verzeichnen (nun (10 % Umsatzanteil). In den letzten fünf Jahren haben wir die Sommer-Zutritte von 88 000 auf 160 000 verdoppelt – auch mit Hilfe der Zell am See – Kaprun Karte. Der letzte Sommer war mit 160 000 Gästen am Berg ein Rekordsommer, der diesen Sommer wieder erreicht wurde. Es gibt in der Region Zuwächse aus exotischen Märkten, speziell im arabischen Raum ist die Destination Zell am See – Kaprun sehr beliebt. Aber wir haben auch Zuwachsraten aus dem asiatischen Raum und freuen uns, wenn wir diese Gäste bei uns am Berg begrüßen dürfen. Auch unsere Schifffahrt am Zeller See profitiert von dieser Entwicklung, zuletzt konnten wir 134 000 Fahrgäste zählen. Bei allen Bemühungen in Richtung Saisonverlängerung muss auch die Hotellerie mitspielen. Und Anfang Juni ist es halt schwer, die Betten zu füllen, da sperren dann viele lieber nicht auf.“

Das Angebot für die Kleinstenunter den Wintergästen wurde mit dem neuen Kinderland ‚Schmidolins Drachenpark‘ bei der Glocknerbahn-Bergstationerweitert.

MM: „Auf dem 22. TFA in Zell/See haben Sie einen Vortrag mit dem Titel: ,Skiiifoaan – die Schmittenhöhe als Gourmet- & Genuss-Skiberg‘ gehalten. Was war die Quintessenz Ihrer Ausführungen?“Egger: „Die Quintessenz war: zu einem attraktiven Skigebiet gehört ein ansprechendes Gourmet-Angebot dazu. Die Gäste suchen neben dem Skierlebnis am Berg auch die Erholung und Entspannung und sind auch was die Skihütten betrifft anspruchsvoller geworden. Für viele Gäste gehört zum perfektenSkitag ein feines Mittagessen mit einem guten Glas Wein. Trotzdem ist und bleibt das Wienerschnitzel ein Klassiker auf den Skihütten, auch bei uns. Die Areitalm ist unser Aushängeschild am Berg und wir wollen uns in diese Richtung weiter verbessern und investieren.“MM: „Laut Studien spielt der Preis bei der Entscheidung pro/kontra Skifahren angeblich eine sekundäre Rolle. In der Praxis erzählen einem viele Leute jedoch etwas anderes! Was halten Sie nun von der neuen ÖW-Kampagne ,Wieder Skifahren – Willkommen zurück!‘? Ist das aktivierbare Potenzial Ihrer Meinung nach tatsächlich so hoch?“Egger: „Es gibt unterschiedliche Einschätzungen; ob diese Studien Recht haben, kann ich nicht sagen. Fakt ist, dass der Wiedereinstieg tatsächlich noch nie so günstig war wie jetzt und Umfragen in Deutschland ergaben eine extrem hohe Resonanz auf die Kampagne. Auch ich sehe ein sehr großes Potenzial in diesem Angebot. Vor allem in Deutschland suchen die Leute nach Bergerlebnissen und guter Betreuung. Da sind sie bei uns in Österreich genau richtig. Es ist auch die Aufgabe der Seilbahnen, den Menschen Zutritt in die Berge zu geben und ihnen die Schönheit der Alpen näher zu bringen.“

Stefan Mangott, Seilbahn Komperdell- „We are family“ – mit klarer Positionierung zum Erfolg

Die Destination Serfaus-Fiss-Ladis steht seit Jahren als Synonym für Familien-Skiurlaub. Die Erfolgsgeschichte mit den kleinen Gästen auf dem Sonnenplateau im hinteren Tiroler Inntal hat ihre Wurzeln bereits in den 70er Jahren, als die Skischulen diese Positionierung professionell aufgegriffen haben. Heute hat man einen Zusammenschluss, einen intensiven Markenbildungsprozess und viele Prämierungen hinter sich – zuletzt den Titel „Best Ski Resort 2012“ in Europa. Die derzeitigen Geschäftsführer Stefan Mangott und Benny Pregenzer weihten das Fachpublikum am TFA-Forum sowie 9. MM-Symposium in ihre Strategie ein. Wir geben hier einige Fragestellungen wider.

Stefan Mangott, Seilbahn Komperdell, Foto: mak

MM: „Wie lautet der Markenkern in Serfaus-Fiss-Ladis?“Mangott: „Unsere Destination steht (eindeutig und unverwechselbar) für Eltern mit Kindern, Großfamilien und Genießer. Motto: ,We are family‘. Innerhalb der Hauptzielgruppe hat jedes Segment (Kinder, Teenager, Erwachsene, Senioren) eigene Bedürfnisse, die es optimal zu erfüllen gilt. Es ist natürlich in so einem Markenentwicklungsprozess wichtig, dass man die eigenen Stärken definiert. Unsere sind: eine enge Zusammenarbeit mit den touristischen Partnern, was kurze Wege, schnelle Entscheidungen und eine strategische Ausrichtung in der gesamten Region ermöglicht. Daraus entstand eine innovative und erfolgreiche Eigendynamik – und zwar bei allen Dienstleistern.“MM: „Wie passt die Positionierung Familie und Genießer zusammen?“Mangott: „Wenn die Kinder entsprechend versorgt sind, werden die Eltern zu wahrlichen Genießern. Alles natürlich unter dem Aspekt größtmöglicher Qualität und bestmöglicher Dienstleistung am Gast.Bei den Kindern geht es hauptsächlich um den Spaß, das Eintauchen in eine Traumwelt. Und sie wollen den Bergerlebnispark entdecken und damit ihre Neugierde stillen. Das Ganze wollen die Kinder entweder in der Familie oder in der Gruppe der Gleichaltrigen.Die Teenager wollen auch Spaß, jedoch zusätzlich Action. Sie wollen vor allem weg von ihren Eltern und begleitete Erlebnisse in der Gruppe bzw. so viele Aktivitäten wie möglich ausprobieren.Erwachsene und Senioren: Wollen natürlich ebenfalls Spaß im Bergerlebnispark haben. Sie nutzen aber auch die Genussangebote. Wichtig ist ihnen eine komfortable Möglichkeit zum Beobachten der Kinder. Sie genießen die Ruhezonen und vor allem auch die Zeit für sich selbst – auch einmal ohne Kinder. Das Thema Sicherheit ist für die Erwachsenen und Senioren ganz wichtig. Zum einen das Vertrauen in die Sicherheit der Attraktionen am Berg und zum anderen, dass die Kinder eine gute, spannende und sichere Kinderbetreuung erfahren.“

In Serfaus-Fiss-Ladis hat man bereits 1998 als erste Destination aktiv Maskottchen wie die Kuh Berta eingesetzt. Foto: Müller

MM: „Welche Rolle spielt Ihr in Eurer Destination als Bergbahn?“Mangott: „Wir sehen uns zugleich als Zugpferd, aber auch als Diener der Region. Als Zugpferd, weil wir der größte Arbeitgeber sind, zuständig für die gesamte Entwicklung des Bergerlebnisses und somit größter Investor und Innovator der Region. Als Diener, weil wir uns dem Gesamtinteresse der Region unterordnen. Außerdem: Beide Bergbahnen gehören mehrheitlich den Gemeinden. Damit können wir auch Projekte realisieren, die es nicht unbedingt immer gleich in der Bergbahnkasse klingeln lassen. Sondern, wenn daraus eine Wertschöpfung für die ganze Region entsteht, ist das ebenfalls in Ordnung. Weiters verstehen wir uns als Diener im Sinne von Dienstleistung am Gast. Hier kommen unsere Mitarbeiter ins Spiel. Sie sind der wichtigste Erfolgsfaktor in der Dienstleistungskette! Wir brauchen nicht nur den Spitzentechniker, sondern auch den Bezugspunkt zum Gast. Deshalb haben wir vor Jahren diesbezüglich eigene Schulungen ins Leben gerufen. Das Allerwichtigste daran ist jedoch, dass man die Philosophie als Chef tagtäglich selber vorlebt. Sonst nimmt der Mitarbeiter die Schulung nicht auf.Eine weitere Tatsache besteht darin, dass man heute als Bergbahn über die als selbstverständlich angenommenen Basisangebote hinaus Zusatzangebote schaffen muss, mit denen der Gast nicht rechnet und die ihn begeistern. Motto: ,Von den Basics hin zur Begeisterung. Was einmal Begeisterung auslöste, ist heute in renommierten Skigebieten oft schon Basisangebot (z. B. kuppelbare Systeme, Zauberteppiche, Sitzheizungen etc.)‘.“

Benny Pregenzer, GF Fisser Bergbahnen, Foto: mak

MM: „Wie gelingt es am besten, über das Basisangebot hinaus Angebote bzw. Dienstleistungen zu schaffen, die den Gast begeistern?“Mangott: „Hierzu nenne ich einmal zwei Beispiele: Bei uns in der Region verletzen sich im Jahr 1 000 Wintersportler. Nach ca. 3 Wochen schicken wir ihnen einen süßen Gruß nach Hause – konkret ein Päckchen mit heimischen Produkten und einem Begleitschreiben, in dem wir als Destination die besten Genesungswünsche ausrichten. Zu diesen 1 000 Sendungen bekommen wir über 400 schriftliche Rückmeldungen! Kostet nur 5 000 Euro, löst aber eine ungeheure Begeisterung bei den Gästen aus.Oder das exklusive Zusatzangebot ,Die erste Spur‘. Hier fahren die Geschäftsführer und Skischulleiter gemeinsam mit maximal 50 Gästen auf den ,erwachenden‘ Berg und ziehen die erste Spur. Anschließend geht man noch gemeinsam frühstücken. Die direkten Rückmeldungen von den teilnehmenden Gästen sind einzigartig!Wir haben intern einen Leitsatz: Wir Bergbahnen bewegen Menschen in zweierlei Hinsicht: zum einen von A nach B und zum anderen bewegen wir Menschen emotional – Beispiele dafür wären die Kulinarik auf hohem Niveau, die Ski Shows (Adventure Night in Serfaus, Nightflow in Fiss), die Kinderspielplätze und Funparks, der Crystal Cube etc.“

Ein Trumpf der Region ist die Skischule – sie gilt als Innovationsschmiede unter den Skischulen. Neu ist das weltweit einzigartige Programm „Snowstar Serfaus“ für 6 – 12Jährige. Foto: Maro & Partner

MM: „Worauf ist bei der Produktentwicklung in der Destination zu achten?“Pregenzer: „Wir haben relativ viele Player in unseren Destinationen, die mitbestimmen und von denen jeder andere Interessen hat. Diese Interessen zu kombinieren, zu sammeln und eine einzige Ausrichtung zu schaffen, war der Grundstein für die Entwicklung in unserer Destination. Wir haben früh erkannt, dass es nicht um die einzelnen Leistungen eines Anbieters im Ort geht, sondern in Wahrheit um die Destination. Wir entwickeln bewusst und spezifisch, also organisiert und strukturiert – immer abgestimmt auf unseren Markenkern. D. h. wenn wir etwas tun, dann denken wir immer an die Familie. So haben wir z. B. heuer für die Skikurskinder zwei neue Kinderrestaurants am Komperdell gebaut („Murmlirest“ und „Starrest“), die bisher einzigartig in den Skigebieten der Alpen sind. Sie berücksichtigen die unterschiedlichen Altersinteressen von Kindern und verbinden kindgerechte Gastronomie sowie Unterhaltung miteinander in verschieden gestalteten Erlebnisräumen. Sie folgen einem neuen gastronomischen Konzept, das auf die übliche 3-Gänge-Logik verzichtet. Alle Menüs wurden von Spezialisten für die Kinderküche zusammengestellt, geboten werden gesunde und altersgerechte Speisen, die Kinder lieben und auch von Eltern empfohlen werden.Natürlich müssen wir die Anforderungen unserer Gäste kennen. Um das zu erfahren, führen wir kurze face-to-face Interviews. Das Gleiche tun wir mit unseren Mitarbeitern und unseren Partnern. Weiters führen wir Fachexkursionen mit unseren Vertretern der verschiedenen Gremien durch, damit wir uns selber auch immer wieder die Augen öffnen und inspirieren lassen.Und schließlich pflegen wir einen behutsamen Umgang mit der Natur – wie viele andere auch. Wir Bergbahnen haben es geschafft, die Natur mit unseren Inszenierungen attraktiver gemacht zu haben. Wir haben sie wesentlich zugänglicher gemacht für viele Menschen, die vielleicht sonst gar nicht in den Genuss gekommen wären.“

Bei allen Innovationen wird darauf geachtet, dass sie ganzjahrestauglich sind und zum Markenkern passen. Im Bild der Fisser Flieger. Foto: Andreas Kirschner

MM: „Gibt es noch weitere Beispiele für Innovationen, die den Markenkern stärken?“Pregenzer: „Weitere Innovationen, die unseren Markenkern stärken, kommen aus den Bereichen Sicherheit und Convenience – etwa der Einsatz der 1. kindersicheren Sesselbahn oder 1996 die Entwicklung der Förderbänder für Kinder gemeinsam mit der Firma Sunkid! Das Angebot wurde im Laufe der Zeit sowohl breiter als auch spezifischer, wie o. e. angepasst an die Bedürfnisse und die Altersgruppen. Nicht unwesentlich ist das übergeordnete Ziel, aus allen Leistungen, die wir entwickeln, auch eine hohe Wertschöpfung daraus zu erzielen. Selbst bei den All-inclusive-Cards, von denen viele glauben, hier werde Leistung verschenkt, stimmt das. Denn wir haben dadurch eine wesentlich höhere Frequenz erzeugt und verkaufen all die „side-products“ und Zusatzleistungen viel stärker. Schließlich berücksichtigen wir bei der Produktentwicklung auch, dass die Angebote ganzjahrestauglich sein müssen.“MM: „Bei Erfolg können hohe Frequenzen auch kontraproduktiv werden. Wie geht Ihr mit den Massen um?“Pregenzer: „Durch die Ferienregelungen tummeln sich zu gewissen Zeiten sehr viele Gäste im Gebiet. Daher haben wir uns Maßnahmen überlegt, wie man solche Massierungen entzerren kann und der Gast dies als weniger dominant wahrnimmt. Zum einen praktizieren wir seit 1985 u. a. durch die Dorf ,U-Bahn‘ eine Verkehrsberuhigung, zum anderen haben wir Dienstleistungen für persönliche Ansprüche eingerichtet wie z. B. die ,Helping Hands‘. Unsere Mitarbeiter sind mittlerweile verpflichtet, an den Bahnen mitzuhelfen, besonders Damen und Kindern beim Einsteigen in die Gondelbahn. Wir wissen, wie stressig es für die Gäste sein kann, wenn Massen anstehen und alle 8 Leute wollen gleichzeitig in die Gondel. Außerdem gibt es eigene Kindereingänge, Skidepots an der Talstation oder Info-Men, die den ankommenden Gästen bei der Orientierung helfen. Erwähnenswert ist hier auch die Zusammenarbeit mit der Skischule: gemeinsam wurden zwei Beginnzeiten für alle Leistungsgruppen entwickelt, außerdem gibt es längere Öffnungszeiten bei den Bahnen und Vergünstigungen in den Restaurants nach 13:30 Uhr. Zusätzlich bieten wir eine eigene App an, damit der Gast am Handy die neuralgischen Punkte mit hoher Frequenz erkennen kann.Davon abgesehen geben einige Highlights das Gefühl der Exklusivität und persönlichen Ansprache wie z. B. Genussstationen abseits der Piste, kulinarische Genussgondel und die bereits erwähnte ,1. Spur‘ etc. So gehen wir mit der Masse um und haben dazu den Slogan kreiert: Wir begeistern Gäste massenhaft!“

Mit speziellen Dienstleistungen wie der „Genussgondel“ vermittelt man das Gefühl der Exklusivität und persönlichen Ansprache. Foto: Müller

MM: „Für eine langfristige Top-Performance müsst Ihr auch Eure Nachwuchs-Touristiker begeistern. Wie könnt Ihr Euer Erbe übergeben?“Pregenzer: „Zu diesem Thema wurde eine eigene Strategiegruppe gebildet, die sich u. a. der Frage widmet: Wie können wir Serfaus-Fiss-Ladis so gestalten, dass die Region auch noch im Jahr 2025 lebensbegehrlich für unsere Jungen und engagierten Einheimischen ist. Herausgekommen sind viele Beiträge, von denen wir die unserer Meinung nach wichtigsten angepackt haben.Es beginnt damit, dass wir die Produkte und Leistungen, die wir verkaufen, unseren jungen Leuten zur Verfügung stellen, d. h. jeder bis 14 Jahre erhält eine gratis Skikarte, kann am Skitraining kostenlos teilnehmen, jederzeit in die Skischule gehen und der Sportfachhandel stellt die Ausrüstung zur Verfügung. Wenn Volks- oder Hauptschulen zum Skifahren kommen, wird selbstverständlich auch ein Skilehrer abgestellt. Weiters bieten wir kostenlose Schulskikurse für alle Tiroler Schulen – wir wollen nämlich die positive Stimmung im ganzen Land aufrechterhalten. Dafür steckten wir anfangs viel Kritik von den Mitbewerbern ein! Mittlerweile machen das aber alle so, denn jeder weiß, dass wir die Begeisterung der jungen Leute brauchen, um das Erbe weiterzutragen.Wir haben uns in Serfaus-Fiss-Ladis stark eingesetzt, dass wir eine eigene Hauptschule erhalten, die unserer spezifischen Situation am Berg entspricht. Die Leute im Tal haben nämlich andere Interessen als eine Tourismusdestination. Das Unterfangen ist letztlich gelungen und heute verfügen wir über eine touristisch ausgerichtete Hauptschule. Von den Bahnen, TVB, Skischule und Gemeinde wurden drei Personen angestellt, die das Training und den Sportunterricht durchführen.Zuguterletzt ermöglichen wir großzügigen Zugang zu all unseren Attraktionen (Fisser Flieger, Skywing, Bagjump etc.) und binden die Jugendclubs in unsere Veranstaltungen wie z. B. die Adventure Night ein. Abschließend möchte ich erwähnen, dass wir auch der größte Lehrlingsausbilder des Bezirkes sind: 17 Jugendliche absolvieren derzeit bei uns ihre Lehre vom Koch bis zum Mechaniker und zum Seilbahnfachmann/frau.“

Ing. Helmut Holzinger (li.), Vorstandsdirektor Hinterstoder-Wurzeralm Bergbahnen AG – Wenn wir unsere Chancen nützen, können wir noch viel leisten!

1999 wurden die Landesbetriebe Hinterstoder Bergbahnen GmbH und Wurzeralmseilbahn GmbH privatisiert. Die Hinterstoder-Wurzeralm Bergbahnen AG hat seitdem viel investiert und noch große Pläne. Vorstandsdirektor Ing. Helmut Holzinger hat dem Mountain Manager Einblick in die Entwicklung gegeben.

Foto: Mandl Hinterstoder

MM: „Wie lange sind Sie Vorstandsdirektor der BB Hinterstoder-Wurzeralm und was ist Ihnen in dieser Funktion wichtig?Holzinger: „Ich bin mit Mai 2013 25 Jahre in Hinterstoder tätig und seit 15 Jahren im Vorstand der Hinterstoder-Wurzeralm Bergbahnen AG. Im Jahr 1999 ist die Privatisierung der damaligen Landesbetriebe Hinterstoder Bergbahnen GmbH und Wurzeralmseilbahn GmbH über die Bühne gegangen, seit dieser Zeit bin ich gemeinsam mit meinem Kollegen Rainer Rohregger (B. o. re.) MBA im Vorstand. Wir beide haben die Verantwortung für die Skiregionen Hinterstoder-Wurzeralm, das Tochterunternehmen Ötscherlifte/Lackenhof, das Hochkar und die Kasbergbahnen/Grünau.Wichtig war mir in all‘ den Jahren beste Qualität und das Arbeiten in einem guten Team. Wir sind eines der größten Seilbahnunternehmungen in Oberösterreich und stellen den Anspruch als Nr. 1 Skiort auch in punkto Qualität und Service, verbunden mit einer sehr guten Erreichbarkeit aus dem Zentralraum Oberösterreichs. Als Leitbetrieb der Pyhrn-Priel-Region sind in unserem Unternehmen 45 Stamm-Mitarbeiter und rund 150 Aushilfen beschäftigt.“MM: „Was charakterisiert die Entwicklung der BB HIWU in den letzten Jahren?“Holzinger: „Die Privatisierung im Jahre 1999 und die damit verbundene gute Eigentümerstruktur haben wesentlich dazu beigetragen, dass wichtige Investitionen auch verwirklicht werden konnten. So wurden in den letzten 15 Jahren rund 50 Millionen Euro in die Infrastruktur, in Komfort- und Qualitätsverbesserungen bei den Liftanlagen sowie in die Bereiche Beschneiung, Pisten und Pistenfahrzeuge sowie Gastronomiebetriebe investiert. Damit haben wir für unsere Zielgruppen in Hinterstoder und auf der Wurzeralm ein sehr gutes Angebot entwickelt, was sich in der Kundenzufriedenheit und der Entwicklung der Stammgästezahlen wiederspiegelt. Auch unsere dritte Destination innerhalb der Hinterstoder-Wurzeralm Bergbahnen AG, der Erlebnisberg Wurbauerkogel, trägt mit seinem Sommerangebot sehr wesentlich zum Unternehmenserfolg bei.“MM: „In der Studie „Skigebiete in Österreich 2012“ hat die Region sehr gut abgeschnitten, was waren die wesentlichen Punkte?“Holzinger: „Wir waren überrascht und haben uns sehr gefreut, dass wir in dieser Studie in einigen Bereichen sehr gut abgeschnitten haben. Die beiden Herren-Weltcuprennen 2010 haben dazu sicherlich beigetragen, welche bei Super-Wetter und Top-Bedingungen durchgeführt werden konnten und medial gut angekommen sind. Die Studie zeigt, dass wir mit Skidestinationen wie Schladming, Flachau oder Zell am See auf einer Ebene liegen und dass ist wirklich sehr erfreulich. Im Vergleich mit früheren Ergebnissen haben wir da in der Kunden-Einschätzung sehr stark aufgeholt.Deutlich geworden ist in den Ergebnissen der Studie auch, dass wir beim Preis-/Leistungsverhältnis unseres Angebots und im Servicebereich sehr gut abgeschnitten haben. Was Service, Dienstleistung und Freundlichkeit betrifft, haben wir uns wirklich sehr bemüht und auch investiert, um den Gästen z. B. mit Förderbändern, Rolltreppen oder Skiwegen den Zutritt ins Skigebiet so angenehm wie möglich zu machen. Und das wurde von den Gästen auch gut angenommen. In Summe sind wir sehr stolz, dass wir in manchen Bereichen der Studie in den oberen 20 % gelandet sind.“

Familien und sportliche Gäste finden bei den HIWU Bergbahnen das passende Angebot. Foto: Hinterstoder-Wurzeralm Bergbahnen AG

„Wir haben im Preis-/Leistungsverhältnis und im Servicebereich sehr gut abgeschnitten“MM: „Welche Schlüsse ziehen Sie daraus für Ihre Arbeit?“Holzinger: „Wir haben die Mittel, die uns zur Verfügung gestanden sind und stehen, sehr gut eingesetzt und damit die Kundennachfrage wirklich steigern können. Als Leitbetrieb der Pyhrn-Priel-Region haben wir auch volkswirtschaftlich eine große Verantwortung, der wir uns stellen. Wir wissen, das zwei Drittel der Bevölkerung hier vom Tourismus lebt und dass viel von uns von einer positiven Weiterentwicklung abhängt. Vor allem die Jugend braucht wieder Zukunftsperspektiven. Wir haben wirklich gute Chancen mit unserer geografischen Lage zum Zentralraum OÖ, NÖ und dem riesigen Markt im Osten. Wir sind auf einem guten Weg und wenn wir unsere Chancen nützen, dann können wir noch viel leisten und unsere Region gemäß unseres Masterplanes zur touristischen Standortsicherung gestalten und vorwärts bringen.“MM: „Welche Vorteile/Zusatznutzen bietet die Präsenz im Ski-Weltcup?“Holzinger: „Mit dem Weltcup ist es gelungen, bekannt zu werden und ein positives, sportliches Image zu bekommen und zu transportieren. Die Bilder, die hinausgegangen sind, waren spektakulär – blauer Himmel, die Rennstrecke, die Zuschauer – das passt sehr gut zu unserer Sportregion. Ich sehe das als Wettbewerbsvorteil, da viele Gäste und Familien natürlich auch die weltcup-erprobten Pisten einmal ausprobieren möchten. Der mediale Wert einer solchen Veranstaltung ist beträchtlich. Seit wenigen Tagen wissen wir übrigens, dass der Weltcup im März 2016 wieder bei uns Station machen wird!“

Eröffnung der 10er Kabinenbahn „Hirschkogel“ im Januar 2013. Foto: Haijes

MM: „Wie sind Sie mit der letzten Wintersaison zufrieden?“Holzinger: „Die Bilanz für das letzte Wirtschaftsjahr ist noch nicht fertig. Soweit kann man aber sagen, dass wir einen sehr, sehr guten Winter mit einem ausgezeichneten Start gehabt haben. Wir hatten eine kurze Schneiphase und dann einen sehr kalten und schneereichen Winter. Ab Anfang Dezember konnten wir bereits bei hervorragenden Bedingungen starten. Der Winter selbst hatte wenig Stillstandstage, wenig Wetterkapriolen und war stabil von den Temperaturen her gesehen. Wir hatten eine gute Schneelage, leider weniger Sonnentage, aber in Summe war die Saison verbunden mit dem frühen Ostertermin sehr erfolgreich. Die Gäste sind temperaturbedingt bis Ende März sehr gerne Ski fahren gegangen. In Summe liegen wir bei 10 % Plus an Skierdays zum Vorjahr!“MM: „Sie sind auch Vorsitzender der Fachvertretung der Seilbahnen Oberösterreichs, wie sieht die Sache in Oberösterreich aus?“Holzinger: „Die Rückmeldungen vieler Kollegen haben gezeigt, dass wir in Oberösterreich im Durchschnitt auch von einem Plus von 10 % sprechen können. Natürlich gibt es Ausreißer – im negativen, aber auch positiven Sinn. Am Hochkar konnte sogar ein Plus von 15 % verzeichnet werden. Grundsätzlich hatten wir in Oberösterreich eine wirklich gute Saison.“MM: „Wie hat sich die neue ,Hirschkogelbahn‘ entwickelt?“Holzinger: „Die Investition in die 10 EUB Hirschkogelbahn war wichtig und die Bahn wurde von den Gästen sehr gut angenommen. Für mich war einer der schönsten Tage die Eröffnung im Januar. Wir haben mit dem Bau frühzeitig begonnen, der Bauverlauf war positiv, das Wetter im Herbst war gut und Ende November konnte die Bahn abgenommen werden. Die neue Qualität, die wir mit der Bahn für unsere Gäste geschaffen haben, die Sicherheit und das Plus an Komfort haben sich sehr positiv bemerkbar gemacht. Dazu konnte der Höss-Express, so wie geplant, gut entlastet werden – das war auch ein großes Ziel, das wir mit der 10 EUB erreichen wollten. Auch die anfänglichen Bedenken hinsichtlich einer Kabinenbahn mitten im Skigebiet und Thematik des Abschnallens der Ski haben sich nicht bestätigt. Die Rückmeldungen waren durchwegs positiv. Ich möchte mich in diesem Zusammenhang auch bei unseren Eigentümern bedanken, dass wir diese Investition von rund 8,5 Mio. Euro im letzten Jahr tätigen konnten.“

Der Speicherteich auf der Höss zieht im Sommer viele Besucher an. Foto: Hinterstoder-Wurzeralm Bergbahnen AG

„Sicherheit und das Plus an Komfort haben sich sehr positiv bemerkbar gemacht“MM: „Die BB HIWU haben in der letzten Saison Tickets über ausgewählte BP-Tankstellen und Mobi-Tick verkauft. Wie hat sich das bewährt, welche Erfahrungen haben Sie gemacht?“Holzinger: „Diese Aktionen sind Bestandteil unseres Serviceangebots und tragen zur Kundenzufriedenheit bei. Jeder Kunde konnte bei den entsprechenden BP-Tankstellen im Vorfeld Karten kaufen. Wir haben das jetzt das 3. Mal gemacht und deutlich gesehen, wie die Nachfrage nach oben geht und wie gut es angenommen wird. An starken Tagen mit 5 000 oder 6 000 Tagesgästen ist das wirklich eine Entlastung. Unsere zweite Idee ,Mobi-Tick‘, bei der Mitarbeiterinnen mit einer Art ‚Bauchladen‘ direkt beim Auto schon den Erwerb von Karten anbieten und den Gästen Wege und Wartezeiten ersparen, hat uns gute Rückmeldungen gebracht. Weiters haben wir uns heuer entschlossen, auch einen Ticketautomat anzuschaffen, der im Verlauf der Saison immer häufiger genutzt wurde. Wir denken, dass wir damit auf einem guten Weg sind, Wartezeiten bei Kassen zu vermeiden. Wir sind sicher einen guten Schritt weitergekommen.“MM: „Wird es für den Winter 2013/14 auch Neuerungen geben?“Holzinger: „Da wir im letzten Jahr 8,5 Mio. Euro investiert haben, werden wir die Investitionstätigkeit für die kommende Saison etwas zurücknehmen müssen. Langfristig haben wir noch größere Pläne im Auge, im Moment sind die üblichen Ersatzinvestitionen, etwa ein bis zwei neue Pistengeräte oder ein größeres Skidepot in Hinterstoder in der Talstation vorrangig.“MM: „Wie steht es um das Projekt einer Verbindung Höss – Wurzeralm?“Holzinger: „Vor 5 Jahren hat man ein solches Projekt nicht mehr für möglich gehalten, ein schneereicher Winter hat uns dann aber gezeigt, dass es eine Variante gäbe, mit der man aber viel zu früh in die Medien gegangen ist. Aus der folgenden Diskussion hat sich dann ein Masterplan für die Pyhrn-Priel-Region entwickelt, an dem die Gemeinden, alpinen Vereine, Skiclubs und Touristiker mitgearbeitet haben. Wir haben uns dafür fast ein Jahr Zeit genommen und Ideen  ausgearbeitet, wie man touristisch im Sommer und Winter vorankommen könnte. Im Masterplan zur touristischen Standortsicherung unserer Region wurden 6 Starterprojekte definiert und an deren Abarbeitung arbeiten wir zurzeit. Ein Starterprojekt hat die Verbindung Vorderstoder nach Hinterstoder zum Inhalt, das zweite Starterprojekt ist die Absicherung der Wurzer-alm. Man kann die Wurzeralm nicht für sich allein stehen lassen. Wir wissen, dass Skigebietszusammenschlüsse eine Region enorm voranbringen. Wenn wir also Vorderstoder mit Hinterstoder verbinden, ist auch eine Lösung für das nur wenige Kilometer entfernte Skigebiet Wurzeralm notwendig. Daher war es für uns wichtig, mit allen in der Region zu sprechen und gemeinsam nach einer für alle tragbaren Lösung zu suchen. Die Starterprojekte 1 und 2 sind jetzt in einer Machbarkeitsstudie gelandet, in der alle relevanten Fragen zum Naturschutz, Verkehr, Lärm, Forst, Jagd, Grundeigentümer etc. von Experten beurteilt werden und am Ende eine ,Stop‘ oder ,Go‘-Entscheidung vorliegen soll. Wir sind zuversichtlich, dass diese Prüfungen bis Ende 2013 abgeschlossen sind.“MM: „Wie sieht Ihr Sommerprogramm aus und welche Rolle spielt dabei der Wurbauerkogel?“Holzinger: „Der Sommer ist mittlerweile ein wichtiger Umsatzbringer. Wir haben im Sommer 3 Standorte in Betrieb. Die größten Bereiche sind der Wurbauerkogel als Erlebnisberg und die Wurzeralm als Wandergebiet. In Hinterstoder gibt es die Möglichkeit, mit 2 Bahnen bequem bis auf 2 000 m Höhe zu gelangen. Insgesamt haben wir im Sommer 5 Aufstiegsanlagen in Betrieb, wobei wir im Sommer rund 10 % unseres Gesamtumsatzes machen. Mit der Pyhrn-Priel-Erlebniscard haben wir ebenfalls einen wichtigen Schritt für die Belebung des Bergsommers gesetzt. So konnten wir die Frequenzen fast verdreifachen, seit wir diese Card eingeführt haben.Neu inszenierte Wanderwege, wie der Rundwanderweg auf der Wurzeralm ,2 Millionen Jahre in 2 Stunden‘ oder die Wanderwege in Hinterstoder rund um unseren Speicherteich mit herrlichen Aussichtspunkten auf 2 000 m werden von den Gästen sehr gut angenommen. Dazu kommt, wie bereits geschildert, unserer Erlebnisberg Wurbauerkogel mit Sommerrodelbahn, Alpine Coaster, Panoramaturm, Downhill-Strecke und einem Bogen-Parcours mit vielen Stationen, die einen Besuch für Familien, Vereine oder Schulklassen zum Erlebnis machen.“

Wandern ist auf der Wurzeralm sehr beliebt. Foto: OÖT/Erber

„Der Sommer ist ein wichtiger Umsatzbringer“MM: „Gibt es Neuerungen für den Sommer 2013?“Holzinger: „Unser Highlight ist natürlich immer die Nacht der Bergfeuer am 29. Juni. Da konnten wir im letzten Jahr schon über 1 600 Besucher begrüßen. Um 22 Uhr werden die Bergfeuer entzündet, vorher gibt es ein abwechslungsreiches Abendprogramm mit Musikgruppen aus der Region. Große Neuerungen sind für 2013/2014 nicht geplant, da wir im Winter 2012/13 sehr viel investiert haben.“MM: „Was sehen Sie in den kommenden Jahren als die größten Herausforderungen für Ihre Skidestinationen?“Holzinger: „Die Umsetzung unseres Masterplans steht im Mittelpunkt. Als Leitbetrieb haben wir die Verantwortung für die positive Entwicklung in der Region, wobei wir der demografischen Entwicklung (Landflucht) entgegenwirken müssen. Es ist ein Ziel, die Jugend in der Region zu halten und jeder sollte die Chance erkennen, etwa im Beherbergungs- und Hotelbereich, dass sich Investitionen rechnen. Die Wertschöpfung ist bei Dauergästen etwa doppelt so hoch wie beim Tagesgast. Wir haben rund 5 000 Gästebetten und wollen mit unserem Masterplan wieder bis 7 000 Betten erreichen.Chancen sehe ich auch in unserer ,Vereinigten Bergbahnengruppe‘ selbst, in der mittlerweile 10 Unternehmen zusammengeschlossen sind. Mit der Familie Schröcksnadel haben wir eine Eigentümerfamilie, die sehr innovativ denkt und seit Jahren in verschiedene Destinationen mit Entwicklungschancen investiert. Dabei haben wir die Möglichkeit, Synergien zu nutzen und eine positive Entwicklung in den Regionen zu erwirken.“MM: „Betrachten wir die Situation in Oberösterreich generell, welche Herausforderungen sehen Sie da?“Holzinger: „Wir haben in Oberösterreich 15 größere Seilbahnunternehmen und 20 kleinere Unternehmen, die ihren Weg sehr erfolgreich gehen und auch investiert haben. Dazu gibt es 30 bis 40 Schleppliftbetreiber, die als Nahversorger über ganz Oberösterreich verteilt sind. Dabei sind 3 bis 4 Betriebe, bei denen Übergaben bevorstehen, Nachfolgefragen zu klären sind oder man viel investieren müsste, damit sie weiterbestehen können. Hier könnte es zu Betriebsstilllegungen kommen. Im Großen und Ganzen hat sich die Situation aber gut und stabil entwickelt, so dass wir zuversichtlich sind. Ich bin auch sehr stolz auf meine Plattform ,Schule & Schneesport‘, auf der ich ein Netzwerk zwischen Seilbahnwirtschaft, Landesschulrat, Schulen und dem Tourismus ins Leben gerufen habe, damit es leistbare Skikurse für einen Tag oder auch eine Woche gibt. Ein Ziel dabei ist auch, Schüler mit Migrationshintergrund zum Skifahren zu bringen. Unsere Jugend soll wieder Spaß am Wintersport haben!“ dwl

Christoph Egger, Direktor Schilthornbahn AG, Mürren: Dieses Verkaufsargument kann uns niemand nehmen

Die Schilthornbahn AG in Mürren, ein Teil des UNESCO Weltkulturerbes Jungfrauregion, hat kürzlich mit der Eröffnung der BOND WORLD ein starkes Zeichen bei der Inszenierung des Berges gesetzt. Die seit 45 Jahren als Filmkulisse für den 6. Bond-Film bekannte Destination Piz Gloria wurde (endlich) den Gästewünschen gemäß stilecht thematisiert. Dieser und weitere wichtige Schachzüge sind dem neuen Direktor Christoph Egger zuzuschreiben, der vor etwas mehr als einem Jahr vom benachbarten Grindelwald-First hierher gewechselt hat.

Foto: mak

MM: Herr Egger, schildern Sie bitte zunächst Ihren Werdegang in die Seilbahnbranche bis zu Ihrer aktuellen Position sowie alle einschlägigen Funktionen im touristischen Bereich.Egger: Ich bin in Grindelwald aufgewachsen und zur Schule gegangen, dann habe ich Betriebswirtschaft studiert. Meine erste Stelle war bei Hotelplan, der zweitgrößten Reiseorganisation der Schweiz und anschließend bin ich bereits in das Bergbahn-Business eingestiegen als Marketingleiter 199799 bei den Bergbahnen in Davos. 1999 wechselte ich zur Bergbahn Grindelwald-First. Per Fusion kam dieses Unternehmen 2004 dann zur Jungfraubahn Holding und ich in Folge zur Geschäftsleitung, zuständig für den gesamten Seilbahntechnik-Bereich im Gebiet Grindelwald-First und Kleine Scheidegg. Im November 2011 schied ich dort aus und wechselte schließlich zur Schilthornbahn als Direktor. Mein Vorgänger Peter Feuz nimmt inzwischen die Stelle des Verwaltungsratspräsidenten ein. Weiters über ich seit 7 Jahren die Funktion des Vizepräsidenten im Schweizer Seilbahnverband sowie des Präsidenten der Berner Bergbahnen aus. Ein für mich nicht unwichtiges Detail ist, dass ich mit 20 Jahren das Skilehrer-Patent erworben habe  was die akademische Ausbildung praktisch ergänzt hat. Schließlich bin ich auch in diversen Organisationskomitees tätig wie z.B. dem Lauberhornrennen.MM: Bitte geben Sie einen kurzen geschichtlichen Überblick über die Entwicklung der Schilthornbahn AG von den Anfängen 1967 bis heute. Was waren die markantesten Eckpfeiler?Egger: Die wichtigsten Eckpfeiler sind aus meiner Sicht  abgesehen von der Gründung 1962 der Schilthornbahn AG  1967 die Erschließung ganz oben vom Schilthorn, die fast mit dem Dreh des James Bond-Filmes ein Jahr später zusammenfiel. Dieses Ereignis hat 1968 die Bekanntheit des Ausflugs- aber auch Wintersportgebietes enorm gesteigert. 1969 wurde das Drehrestaurant ,Piz Gloria eröffnet und 198890 ausgebaut. Im Jahr 2000 kamen zur Luftseilbahn Schilthornbahn die Standseilbahn Allmendhubel sowie alle Sesselbahnen und Skilifte in Mürren dazu. 2003 wurden auch in Sektion 3 die Panoramakabinen erneuert (Sektion 1, 2 und 4 bereits 1995), von 20062009 wurden zwei kuppelbare 4er Sesselbahnen und eine 2er Sesselbahn errichtet.

Die Luftseilbahn der Schilthornbahn AG führt in 4 Sektionen von Stechelberg (867 m) zum Piz Gloria (Schilthorn, 2970 m). Fotos: Schilthornbahn 5

MM: Wann und warum kam die Idee zum 1. Drehrestaurant auf, welche Bedeutung hatte es einst und ist diese Bedeutung heute noch die gleiche? Hat sich das Angebot verändert bzw. das Gästeverhalten?Egger: Ernst Feuz und ein Architekt Wolf aus Bern hatten diese Idee schon sehr früh. Bei der Entstehungsgeschichte der Schilthornbahn bzw. des Schilthorns hatte das drehende Element immer eine große Bedeutung. Jedenfalls war das Drehrestaurant ,Piz Gloria dann das erste in den Bergen realisierte Drehrestaurant überhaupt. Gleichzeitig wurden aber auch im Bewilligungsverfahren für die Bahn doppelstöckige, rotierende Luftseilbahnkabinen beantragt. Das wurde damals leider vom Bundesrat abgelehnt. Aber der 360°-Blick in der Kabine und im Restaurant war damals ein sehr zentrales Thema. Und wenn man das Schilthorn als Aussichtspunkt kennt, ist es auch leicht nachvollziehbar, dass man diesen Rundblick bis in den Schwarzwald und zum Mont Blanc bzw. zu Eiger, Mönch und Jungfrau zum USP ausbauen wollte. Das Schilthorn war also ein echter Pionier auf diesem Sektor!Heute wird das Drehrestaurant nicht mehr als Pionierwerk erachtet, die Leute wissen es nicht oder es interessiert sie nicht, dass Piz Gloria das erste seiner Art in den Bergen war. Die Bedeutung für den Gast ist nach wie vor dieselbe: der Rundblick und die 360° Drehung rundum in 47 Minuten sind faszinierend. Vom Erlebnischarakter her ist es immer noch ein Zugpferd.Mit allen Modeerscheinungen in der Küche hat sich das Angebot im Restaurant natürlich verändert. Es wurde wieder fokussierter, bodenständiger, Schweiz-bezogener  mit Ausnahmen. Gäste aus gewissen Märkten, die wir bearbeiten, kommen nur, wenn sie ihre bekannten Speisen essen können  etwa Halal Food Indisch. Insofern hat sich das Angebot dem Gästeverhalten, der Nachfragestruktur angepasst. Unser Ziel ist es, alle Märkte, die wir aktiv bewerben, auch kulinarisch abholen zu können. Die Vorlieben werden bereits vom Reiseveranstalter für die Gruppe mitgebucht.

Das 360° Drehrestaurant Piz Gloria auf Schilthorn war das erste seiner Art in den Bergen und präsentiert in 47 Minuten Drehzeit über 200 Gipfel.

MM: 1968/69 hattet Ihr das Glück, u.a. mit dem Piz Gloria Drehort für den James Bond-Film ,Im Geheimdienst Ihrer Majestät zu sein. Wie kam dieses ,Glück zustande, wie hat es sich auf den Bekanntheitsgrad ausgewirkt und warum will man erst jetzt, 45 Jahre später, einen konkreten Nutzen bei der Positionierung mit der BOND WORLD 007 daraus ziehen?Egger: Hier hat der Zufall Regie geführt. Hubert Fröhlich von Eon-Productions Filmgesellschaft war im Alpenraum auf der Suche nach einem geeigneten Berggipfel. Nach etlichen erfolglosen Versuchen machte er halt in unserer Region und logierte in Grindelwald. Der Concierge des Grand Hotels Bär zeigte ihm eine Postkarte vom Schilthorn und informierte darüber, dass dort gerade eine Bergbahn samt Drehrestaurant im Entstehen sei, das sich dafür eignen würde. Fröhlich nahm daraufhin Kontakt mit den Verantwortlichen auf und so kam die Sache ins Rollen. Der große Nutzen für die Schilthornbahn wurde sofort erkannt und die Filmkulisse auch einen enormen Startschub bei der Bekanntheit ausgelöst. Noch heute verbinden mit dem Namen Schilthorn laut einer ungestützten Gästebefragung die meisten Leute ,James Bond Location  und das obwohl wir eigentlich in den letzten Jahren das Thema ,James Bond wenig bewirtschaftet haben. Das Ergebnis dieser Befragung hat uns dazu bewogen, dass wir neben dem Aussichtserlebnis diese USP wieder beleben müssen. Wir erkannten: Wenn wir die Bond-Thematik inhaltlich nicht ausfüllen, fahren die Gäste u.U. enttäuscht wieder nach Hause, da sie mit dem Berg etwas Bestimmtes verbinden. Mit der heutigen Eröffnung der BOND WORLD 007 hoffen wir, dieses Bedürfnis zu erfüllen. Heute ist natürlich im Gegensatz zu früher die Inszenierung von Bergen ein dominierendes Thema. Da wir auf internationalen Märkten tätig sind, ist dasAlleinstellungsmerkmal sehr wichtig  und dieses Verkaufsargument kann uns niemand nehmen! Außerdem können wir die BOND WORLD als Schlechtwetterangebot nutzen.

Blick in das Innere des mittlerweile 45 Jahre alten Drehrestaurants.

MM: Was genau beinhaltet die neue BOND WORLD 007 und ist damit ein anderer Auftritt der Schilthornbahn verbunden?Egger: Die BOND WORLD besteht aus drei Teilen. Zum einen wurde der Helikopter-Landeplatz aus dem Film an der Originalstelle wieder neu aufgebaut. Diesen relativ großen Raum füllen wir einerseits mit einer interaktiven Ausstellung und andererseits mit einem Kino. Auf der Terrasse sind schließlich Bond-Figuren als Foto-Sujet platziert, welche mittels Audio-Modulen Auszüge aus ihren Filmrollen sprechen. Gleichzeitig haben wir die Panorama-Darstellung verstärkt mit neuen Tafeln und Viscope-Fernrohren (Fa. Idee GmbH), die sofort den Namen des jeweiligen Berggipfels einblenden. Zusätzlich wurde in 80 m Entfernung die Aussichtsplattform ,Piz Gloria View mitFoto-Point installiert. (Weitere Beschreibung siehe den Extra-Artikel über die BOND WORLD) Das ganze Projekt wird sich noch über die nächsten 4 Jahre weiter entwickeln, wobei die Planung bereits mit der Firma pronatour ausgearbeitet wurde. Man muss ja bei den Attraktionen immer nachlegen können!Auch die Firma Mountain Management Consulting von Mike Partel spielt eine wichtige Rolle bei der Gesamtkonzeption. Wir wollten von Anfang an Vermarktung und Produktgestaltung aus einem Guss heraus umsetzen, deshalb haben wir die beiden Unternehmen schon von der Ideenfindung weg zusammengespannt. Daher zieht sich das neue BOND WORLD-Erscheinungsbild bei uns jetzt überall hin durch  bis zur Visitenkarte. Und der optische Einstieg in die BOND WORLD beginnt nun bereits bei der Talstation in Stechelberg: Eine neue Fassadenverkleidung aus einer luft- und lichtdurchlässigen Kunststoffblache (Fa. Typico) empfängt die Gäste mit einem Bild der grandiosen Bergwelt und stimmt auf die einzigartige Aussicht ganz oben ein.

Das Skigebiet Mürren ist Teil der weltberühmten Jungfrau-Region, welche die Nummer vier unter den Schweizer Skidestinationen darstellt.

MM: Was erwartet man sich von dieser Realisierung?Egger: Was wir uns in erster Linie von der Innovation erwarten, ist ein scharfes Profil zu erhalten: Schilthorn ist James Bond und Aussicht. Gerade die Gäste aus Asien wollen jedes Jahr etwas Neues erleben. Nur wer das bieten kann, ist dabei. Wir verlangen ja einen relativ hohen Preis für unsere Attraktion  wir sind der drittteuerste Ausflug in der Schweiz  und wollen die Werthaltigkeit steigern.MM: Welche Neuerungen wurden oder werden in Kürze sonst noch präsentiert?Egger: Wir haben zwei wichtige große Projekte: das eine ist das neue 300 Betten Apartement-Hotel in Mürren, bei dem die Bergbahn Grundeigentümer und Teil der Entwicklergemeinschaft ist. Der Bedarf nach Betten ist gegeben, zumal derzeit nur noch 550 existieren  vor dem zweiten Weltkrieg gab es hier noch 2000 Betten! Realisierungszeitraum ist 2015/16. Das andere Projekt betrifft das Parkhaus Stechelberg mit 640 Stellplätzen, Realisierungsbeginn ebenfalls 2015. Das wird mehr Komfort und noch mehr Parkplätze für die Gäste bringen, vor allem im Winter verursachen offene Parkplätze ja immer Probleme bzw. großen Aufwand. Außerdem wird in einem Jahr eine weitere Aussichtsplattform in der Mittelstation Birg errichtet als Ergänzung zum ,Piz Gloria View. Denn zur Schneeschmelze in den Monaten Mai, Juni ist das Schilthorn oft mit einer Wolke umgeben, während auf Höhe Birg freie Sicht herrscht. Das nützte bislang dem Gast aber nichts, weil wir hierfür kein spezielles Angebot hatten. Künftig werden sich also die beiden Aussichtsplattformen ergänzen.Und schließlich planen wir im Bereich Allmendhubel kleinere Angebote für Familien und ältere Leute mit dem Fokus auf Relaxen.

Bei der Steigerung des Sommergeschäftes sieht die Schilthornbahn das größte Potenzial. Im Bild der Bereich Allmendhubel mit der Kneippanlage.

MM: Welches Publikum/Einzugsgebiet hat die Schilthornbahn, welche Rolle spielen jeweils Winter- und Sommergeschäft und soll sich durch die neuen Maßnahmen daran etwas ändern? Attraktivitätssteigerung?Egger: Beim Publikum müssen wir zwischen Winter und Sommer unterscheiden. Im Winter haben wir die ,normale Nachfragestruktur: vor allem Europäer, 45% Schweizer, ca. 30% Deutsche, Mürren hat traditionell auch viele Gäste aus Großbritannien und natürlich Holländer und Belgier  wie eben die meisten Wintersportorte. Im Sommer sieht die Zusammensetzung etwas anders aus: ca. 35% Schweizer, 15% Amerikaner (ein selten hoher Wert) und ca. 25% Asiaten mit stark steigender Tendenz. Der Rest teilt sich auf in England, Holland und übriges Europa. Vor allem China und Südostasien legt stark zu, in diese Märkte gehen wir selber mit den eigenen Verkaufsleuten und in Indien, China und Japan haben wir auch eigene Agenten vor Ort. Die Hinzunahme weiterer Märkte wie z.B. Korea, Indonesien, Malaysien und eventuell auch Brasilien ist noch geplant. Es ist Absicht, dass wir die Märkte breit streuen, um eine gute Risiko-Diversifizierung zu erreichen und nicht abhängig von einer Währung werden. Generell soll der Ausflugsverkehr im Sommer wachsen. Dieses Segment stagniert derzeit eher in der Schweiz.MM: Wie seht Ihr Eure Position am Schweizer Seilbahnmarkt im Kampf um den einheimischen sowie den internationalen Gast? Ist der starke Franken nach wie vor ein Handicap?Egger: Im Winter sind wir Teil der Jungfrau-Region und als solche die Nummer vier in der Schweiz unter den Skidestinationen gemeinsam mit Kleine Scheidegg-Männlichen-First. Beim Sommergeschäft haben wir als Konkurrenten, die auf den Weltmärkten präsent sind, das Jungfraujoch, Titlis und Pilatus. Das ist also in beiden Jahreszeiten eine gute Position im Schweizer Markt, die sich aber auch noch ausbauen lässt. Deshalb investieren wir jetzt auch viel in die Vermarktung und in die Produktgestaltung. Der starke Franken ist nur auf den europäischen Märkten ein Thema, in Asien nicht. Diese Länder profitieren im Gegenteil vom schwachen Euro, das hat bereits 2012 zu einem Schub geführt.MM: Welche mittel- bis langfristigen Zukunftsperspektiven hat die Schilthornbahn? Wo werden die größten Chancen liegen?Egger: Unser Hauptziel ist wie o.e., das Sommergeschäft zu verstärken. Dort sehen wir auch die größten Potenziale. Bei allen Neuerungen versuchen wir trotzdem, immer authentisch zu bleiben. Der autofreie Ort Mürren als Basis ist ja sehr idyllisch, dem wollen wir nicht etwas Fremdes aufsetzen. Eine Rodel- oder Bobbahn würde z.B. passen, da im Bond-Film eine Bobbahn vorkommt. Ein ebenfalls wichtiges Ziel stellt die Sanierung des 45 Jahre alten Drehrestaurants 2015/16 dar, und zwar in den Bereichen Energietechnik und Komfort. Denn 2017 feiern wir das 50-Jahr Jubiläum und zu diesem Anlass wollen wir auf der Hauptachse von Stechelberg bis Schilthorn geschlossen in neuer Frische erstrahlen.

Das Kitzsteinhorn hat sein Charisma neu definiert

12 Jahre nach der Seilbahnkatastrophe in Kaprun steht die Region und mit ihr die Gletscherbahnen Kaprun AG dynamischer da, als je zuvor. Das erste Gletschergebiet Österreichs hat sich vom Nimbus „Sommerskilauf“ verabschiedet, der Klimawandel hat eine Reihe von Anpassungsmaßnahmen erforderlich gemacht. Inzwischen ist der Ausflugstourismus im Sommer der große Wachstumsbringer, ausgelöst vor allem durch die „Gipfelwelt 3000“ an der Grenze zum Nationalpark Hohe Tauern. Maßgeblich beteiligt an der positiven Entwicklung war und ist Vorstand Norbert Karlsböck, der sich nach 14 Jahren als Bürgermeister von Kaprun nunmehr ausschließlich seiner Führungsaufgabe bei den Gletscherbahnen widmet.

Norbert Karlsböck, Vorstand Gletscherbahnen Kaprun AG

MM: „Herr Karlsböck, schildern Sie bitte zunächst Ihren Werdegang in die Seilbahnbranche sowie alle einschlägigen Funktionen – auch in benachbarten Branchen.“Norbert Karlsböck: „Ich bin von der Ausbildung her gesehen ein Tiefbauingenieur mit intensivem Bezug zum Skisport und durch meine Tätigkeit bei der Tauernkraftwerke AG auch mit Bezug zum Gletscher. Seit 1989 bin ich im Aufsichtsrat der Gletscherbahnen Kaprun AG, von 1999 bis 2006 war ich stellvertretender Vorsitzender und seit Mai 2006 bin ich Technischer Vorstandsdirektor. Weitere Funktionen: Aufsichtsrat der Großglockner Hochalpenstraßen AG, Gesellschaftervertreter der Zell am See-Kaprun Tourismus GmbH und des Tauern SPA Kaprun sowie im Fondsbeirat des Nationalpark Hohe Tauern. Und schließlich habe ich 14 Jahre lang das Amt des Bürgermeisters in Kaprun ausgeübt, welches ich vor kurzem zurückgelegt habe, um mich voll der Aufgabe des Alleinvorstandes widmen zu können. Diese Periode beginnt am 1. August, da der bisherige Kaufmännische Vorstand Peter Präauer eine Vertragsverlängerung aus Altersgründen ablehnte. Ich will mich in meinem Berufsleben nun auf das Wesentliche fokussieren und da stellt die zukunftstaugliche Führung der GLB Kaprun als einer der wichtigsten Leitbetriebe im Land mit bis zu 280 MitarbeiterInnen und 28,3 Mio. Umsatz eine hinreichende Herausforderung dar.“

Die Nationalpark Gallery Plattform erlaubt den Blick auf Österreichs höchsten Berg, den Großglockner, ganz ohne alpinistisches Können. Fotos: GLB Kaprun AG

MM: „Nach dem Seilbahnunglück im November 2000 waren die GLB Kaprun am Boden, heute stehen sie wieder stark und innovativ da. Wie ist es zu dieser „Auferstehung“ gekommen und welches Engagement haben Sie seit Ihrer Managementfunktion eingebracht?“Karlsböck: „Das Seilbahnunglück war die größte Katastrophe, die jemals über Kaprun hereingebrochen ist. Ich habe als Bürgermeister alle Facetten dieser Tragödie miterlebt und auch die bange Frage im ganzen Ort: Wie kann es überhaupt weitergehen mit uns? Aber wenn man liegt, gibt es letztlich nur die eine Option: wieder aufstehen! Mit dem Bau der Bahnen „Gletscherjet I und II“ wurden rasch neue Impulse gesetzt ebenso mit der Therme bzw. Wellnessworld Tauern SPA. Heute stehen wir besser da als je zuvor, die Gäste sind nicht ausgeblieben. Ganz im Gegenteil, die letzten 3 Jahre hat sich die Region Zell am See –  Kaprun extrem positiv bis zum Rekord von 2,25 Mio. Nächtigungen entwickelt. Das alles ist aus der Dynamik des Neuanfanges heraus entstanden. In der Bevölkerung hat es eine breite Allianz für eine neue Ausrichtung gegeben, bei welcher der „Mensch in der Natur“ sowie das „Gesamterlebnis Berg“ in den  Vordergrund gerückt wurden.“MM: „Die GLB Kaprun investieren regelmäßig hohe Summen in die Weiterentwicklung. Welche Investitionen stehen heuer bzw. mittelfristig an?“Karlsböck: „Das heurige Jahr fällt bei den Investitionen mit 6,6 Mio. Euro etwas ruhiger aus, betroffen sind die Bereiche Beschneiung und Pistenqualität. Der Krefelderweg wird z. B. bis zum Alpincenter verlängert, wodurch dieses erstmals über einen Güterweg erschlossen ist. Größere Investitionen sind erst in den Folgejahren geplant. Dabei geht es um die Attraktivierung des Höhenskigebietes durch zwei Umlaufbahnen (Gletscherjet 3 und4), die mehrere Schlepplifte ersetzen. Die 1. Sektion wird als Kombibahn, bestehend aus 10er Kabinen und 8er Sesseln, geführt werden. Die 2. Sektion führt als 10er Kabinen-Umlaufbahn bis 2 900 m. Diese Maßnahme bringt deutliche Verbesserungen für die Skifahrer, zusätzlich erweitert sich das Angebot für die wachsende Zahl der nicht Ski fahrenden Gäste, die inzwischen ca. 20 % ausmacht. Wir wollen auch im Sommer mehr Personen in den Gletscher-Gipfelbereich transportieren, was mit der jetzigen Kapazität der Gipfelbahn (600 P/h) aber nicht möglich ist. Das Projekt soll bis zur Saison 2015/16 realisiert sein – zeitgleich mit dem Jubiläumsjahr ,50 Jahre Gäste auf das Kitzsteinhorn.‘ Bei allen unseren Maßnahmen nehmen wir größte Rücksicht auf die grandiose Naturlandschaft und setzen durchaus Standards mit der Einbindung der Ökologie. Für diese Bemühungen erhalten wir von den Gästen erfreulicherweise viel positives Feedback!“

Ein Teil der „Gipfelwelt 3000“ wird von einem 360 m langen „mystischen“ Stollen mit 6 Infostationen über die Hohen Tauern gebildet.

MM: „Wie sieht die derzeitige Positionierung des Kitzsteinhorns aus, hat sich diese im Laufe der Jahre verändert und welche Veränderungen sind für die Zukunft gedacht?“Karlsböck: „Unser Berg ist inzwischen als Ganzjahresberg positioniert – ursprünglich hat man als Österreichs erstes Sommerskilauf-Gebiet begonnen (!) – das Angebot des Tauern SPA unterstützt dieses Konzept ideal. Vor 5 Jahren haben wir einen intensiven Prozess in punkto Positionierung entwickelt und wir haben hier 3 für uns wichtige Dimensionen herausgearbeitet, mit denen wir unvergessliche Erlebnisse bieten wollen:1) Freiheit im Schnee2) Genuss (auf Piste und in der Gastronomie)3) Kreativität (u. a. in Snowparks, Architektur, Ausstellungen etc.)Diese Linie zieht sich auch in den Bildwelten durch. Freiheit bezieht sich bei uns z. B. auch auf Skilauf und Freeriden auf weiten Hängen oder grenzenlose Möglichkeiten für Snowboarder und Freeskier in unseren 3 Snowparks samt Österreichs größter Superpipe. Diese Stoßrichtung zielt klar auf das junge Publikum ab, das wir verstärkt auf den Berg holen möchten. Dazu passt auch das Programm ,Power of Zehn‘, das Kindern und Jugendlichen bis 19 Jahre jeden Samstag eine Tageskarte am Kitzsteinhorn um 10,- Euro ermöglicht.Prinzipiell geht es uns seit einigen Jahren darum, dass das Kitzsteinhorn vom Publikum ,neu‘ wahrgenommen wird. Wir wollen auch nicht die Seilbahnfahrt an sich verkaufen, sondern eine ,eindrucksvoll gestaltete Zeit am Berg‘ direkt an der Grenze zum imposanten Nationalpark Hohe Tauern. Wir inszenieren die einzelnen Tourismusprodukte wie z. B. die ,Gipfelwelt 3000′ unter diesem Gesichtspunkt – da gehört auch eine attraktive Architektur dazu.“

Kitzsteinhorn Gipfelstation auf 3 029 m Höhe mit „Top of Salzburg“, der höchsten Panorama-Plattform des Landes.

MM: „Stichwort ,Freeriden‘. Das Kitzsteinhorn war schon immer eine beliebte Destination für Offpiste-Fahrer. Inzwischen bietet Ihr aber einen professionellen Umgang mit dem Thema an. Wie sieht dieser aus, was bewirkt er?“Karlsböck: „Freeriden hat sich in den letzten Jahren zu einem echten Trendsport entwickelt. Zugleich hat auch das Bewusstsein für alpine Gefahren und Risikominimierung zugenommen. Das Kitzsteinhorn hat sich schon früh dieses Themas angenommen und empfängt Freerider auf 5 abwechslungsreichen Routen in Liftnähe. Zugleich nehmen wir aber auch bei der Aufklärung eine Vorreiterrolle ein. Die Freeride Info-Base am Alpincenter und die Freeride Info-Points am Einstieg der Routen informieren Freerider nach dem Motto ,Safety First‘ eingehend und aktuell darüber, welche Routen geöffnet sind bzw. über die Gefahren abseits der gesicherten Pisten. Im PIEPS-Lawinenfeld neben dem ICECAMP können Powderfans gezielt jederzeit kostenlos den Umgang mit LVS-Gerät, Sonde und Schaufel trainieren. Aufgrund dieses durchdachten Gesamtpaketes wird das Kitzsteinhorn von Medien und alpinen Vereinen immer wieder als positives Beispiel im Umgang mit dem Trendsport ,Freeriden‘ genannt. Wir erleben die Freerider als naturverbundene Leute mit einer starken Sehnsucht. Vom Verbieten dieser Aktivität halte ich nichts.“MM: „Die Gipfelwelt 3000 hat euch 2011 einen positiven Schub verliehen. Wie kam es zu dieser Idee bzw. was beinhaltet sie und wie wird diese Attraktion angenommen? Gibt es noch weitere Ausbaupläne?“Karlsböck: „Wir haben im Zuge der o. a. Positionierungsbemühungen festgestellt, dass die 3 000er-Marke sowie die Nähe zum Nationalpark ein Alleinstellungsmerkmal sind. Gemeinsam mit dem ,Haus der Natur‘ in Salzburg und dem Nationalpark Hohe Tauern wollten wir den Gästen diesbezüglich etwas ganz Neues präsentieren und ein Zusatzangebot zum klassischen Skitourismus schaffen. Inzwischen hat sich der ganzjährig geöffnete Besuchermagnet als Erfolgsmodell etabliert: 153 000 Menschen aus 40 Nationen haben von 15. 5. bis 15. 10. 2012 die ,Gipfelwelt 3000′ besucht (+ 21 % gegenüber 2011). Mit solchen Attraktionen werden neue, internationale Gästeschichten angezogen, welche die Gletscherbahnen nutzen, um bequem und sicher die Faszination von Hochgebirge und Gletscher zu erleben. Mit der Plattform ,Top of Salzburg‘ kann jedermann einfach und ohne Anstrengung den höchsten Besucherpunkt im Nationalpark erreichen. Dorthin führt ein 360 m langer Stollen als ,magisch mystischer Weg‘ mit 6 interessanten Info-Stationen über Themen wie z. B. ,Kristallschätze der Tauern‘ oder ,Entstehung der Tauern‘, ,Gold und Silber‘ oder ,Permafrost‘. Weiters wird das Areal im Sommer ergänzt durch die ,ICE ARENA“, sozusagen ein Rutschspaß im Sommerschnee auf Bobs plus Schneestrand mit Sonnenliegen sowie ein gesicherter Gletscher Trail.Für uns sind diese Investitionen sehr nachhaltig, vor allem in Hinblick auf den Sommer. Man kann auf diese Weise auch bessere Preise erzielen, denn das Kitzsteinhorn wird sehr hochwertig wahrgenommen! Ausbaupläne existieren natürlich, zumal die Zahl der Nicht-Skifahrer auf ca. 25 % ansteigen wird. Hier gehen wir wieder sehr behutsam vor, damit alles hochwertig bleibt. Denn der Berg ist wie ein Organismus zu betrachten, der auf alle Veränderungen reagiert.“

Die hochqualitative Gastronomie in modernem alpinen Stil soll das Naturerlebnis fortsetzen.

MM: „Auf dem 23. TFA haben Sie einen Vortrag gehalten mit dem Titel: ,Anpassungsstrategien an den Klimawandel – Neue Sommerangebote erfordern andere Preise‘. Geben Sie bitte die Kernaussagen wieder.“Karlsböck: „Der Klimawandel in der Gletscherregion erfordert zwar Anpassungsstrategien, bietet aber auch Chancen, wenn man sich breit aufstellt. Was uns bei aller globaler Erwärmung bleibt, ist die Höhe und die relative Kühle im Vergleich zur Umgebung. Vor 50 Jahren wurde das Kitzsteinhorn als Sommerskigebiet konzipiert – das ist längst vorbei, der Skibetrieb geht von Anfang Oktober bis 2. Juni, dann wird noch einmal drei Wochen im Juli für Skilehrer offen gehalten. In Zukunft wird der Berg mit seiner Kühle und weitgehend unberührten Natur für viele Menschen weltweit eine Gegenwelt bieten – speziell für jene, die in urbanen Räumen unter der steigenden Hitze leiden. Unsere Region in Kombination mit dem Zeller See ist ideal für ,Hitzeflüchtlinge‘. Speziell aus Asien und dem arabischen Raum ergeben sich bei dieser Thematik interessante Wachstumsimpulse, die wir aufgreifen wollen. 89 % unserer Gäste zwischen Juni und September sind heute bereits Ausflugsgäste zur Gipfelwelt 3000! Und ergänzend dazu ersetzt die ,ICE ARENA‘ – wie erwähnt unser Erlebnisbereich mit Sommerschnee – längst das Sommerskifahren. Zusätzlich findet eine Renaissance der alten Tradition des Bergwanderns statt und neue Formen des Bergerlebnisses z. B. über Mountainbike-Trails werden bereitgestellt.Bei den Preisen streben wir noch eine Verbesserung der Ertragsstruktur an. 43 % der Gäste nutzen die Zell am See – Kaprun Sommerkarte, die für den Nächtigungsgast von Partnerbetrieben inkludiert ist, weitere 20 % nutzen andere Bonuskarten und ,nur‘ 37 % sind Vollzahler. Für eine gute wirtschaftliche Perspektive sollte es unser Ziel sein, den Prozentsatz der Vollzahler sukzessive anzuheben. Das heißt, wir müssen im Sommer die Tagesgäste steigern. Diesbezüglich haben wir auf internationalen Märkten gute Chancen. Es gibt bereits Touristen, die von München oder Wien direkt mit dem Taxi anreisen, um die Attraktionen am Kitzsteinhorn zu erleben!“MM: „Welche Rolle spielt der Sommer überhaupt für ein Gletscherskigebiet wie das Eure? Ihr seid sogar Mitglied bei den Österreichischen Sommerbahnen! Welche Gäste-Zuwachszahlen gibt es?“Karlsböck: „Der Sommer spielt seit einigen Jahren eine immer größere Rolle bei uns.Die Zahl der Besucher im Sommer ist seit 2004 um 50 % und der Umsatz um 75 % gestiegen (gegenüber dem Vorjahr + 21 %) und lag zuletzt bei über 140 000 Sommerfahrten. Über das ganze Jahr gesehen besuchten 852 669 Gäste das Kitzsteinhorn. Die Nächtigungen in der Region sind im Sommer stärker gewachsen als im Winter. Mittelfristig peilen wir in Kaprun 850 000 Nächtigungen an. Wir erwarten uns noch viel vom ,Alpinen Sommer‘, er bringt die Steigerungsraten in unserer Ganzjahresdestination. Zur weiteren Attraktivierung haben wir seit 2012 ein selektives Angebot für Mountainbiker mit 3 Freeride-Trails (12 km Länge, 1500 Höhenmeter), Info- und Wash-Points sowie MTB-Transport zum Alpincenter ohne Aufpreis.“MM: „Wie wichtig ist das Thema Nachhaltigkeit für Euch und welche Maßnahmen setzt Ihr bereits um?“Karlsböck: „Dieses Thema spielt bei uns seit Jahren eine Hauptrolle, weil wir uns mit unseren Aktivitäten in einem sehr sensiblen Naturraum bewegen. Dafür haben wir den in der Branche anerkannten „pro natura – pro ski Award“ gewonnen. Das Institut für Ökologie in Salzburg begleitet die Entwicklung und es wird jährlich über die Maßnahmen berichtet. Wir haben uns z. B. im Bereich Hochlagenbegrünung/Renaturierung in eine Spitzenposition gesetzt, wir haben ein wissenschaftliches Permafrost-Projekt am Laufen und widmen uns dem „Snowfarming“. Hier wird versucht, genug Naturschnee in Mulden zu konservieren oder auf Depots mit Abdeckungen optimal zu schützen, um möglichst wenig technischen Schnee produzieren zu müssen. Ein wichtiger Punkt ist auch der Energieeinsatz und die Verwendung ausschließlich sauberer Energie – der Strom für die Schneeanlage wird z. B. zu 70 % aus einem zum Kleinkraftwerk umfunktionierten Pumpwerk gewonnen, die Warmwasseraufbereitung erfolgt mit Solarenergie, die Abwärmenutzung der Antriebsmaschinen und die Energierückgewinnung bei Lüftungsanlagen wird ebenfalls realisiert. Auch unser Status als Partnerbetrieb des Nationalpark Hohe Tauern gebietet ein nachhaltiges Handeln.“

Das 5 000 m2 große ICE CAMP mit Bar und Lounge wird jährlich mitten im Skigebiet neu aufgebaut, um die Ski-Gäste zu überraschen.

MM: „Die GLB Kaprun verfügen auch über eine hohe Schneekompetenz. 20 Mio. Euro wurden in 10 Jahren investiert, davon 4,5 Mio. Euro 2012. Warum braucht ein Gletscherskigebiet eine so schlagkräftige Beschneiung und wie hängt der Gletscherrückgang damit zusammen?“Karlsböck: „Unsere Schneekompetenz hat ebenfalls etwas mit dem Klimawandel bzw. dem Rückzug des Gletscherrandes zu tun. Wir können derzeit mit 77 Schneemaschinen 2 000 m3 in der Stunde produzieren, denn im Herbst soll es am Kitzsteinhorn eine Schneegarantie geben – wobei wir auf eine Kombination von Naturschnee und Maschinenschnee setzen. Weiters werden über den Winter 150 – 200 000 m3 Schnee in Depots am Gletscherrand angelegt, um das Abschmelzen sensibler Bereiche in der warmen Jahreszeit zu verhindern.Die jüngste Ausbaustufe um 4,5 Mio. Euro umfasste einen neuen Strang für eine neue Piste samt Pumpstation Langwiedboden II (Planung ILF, Rohre Duktus, Pumpen KSB). Die 4 bestehenden Pumpstationen wurden mit zusätzlichen Maschinensätzen verstärkt, so dass nun die doppelte Wassermenge zur Verfügung steht und die Grundbeschneiungszeit halbiert werden konnte.“

Der Sommer am Kitzsteinhorn gewinnt zunehmend an Bedeutung.

MM: „Nun zum Thema Gastronomie. Derzeit wird das Niveau der 7 Outlets weiter angehoben. Worauf zielt die neue Ausrichtung ab? Ist die Gastronomie ein Umsatzfaktor?“Karlsböck: „Die Gastronomie trägt am Kitzsteinhorn wesentlich zur qualitativen Wahrnehmung des Gesamtangebotes bei. Mit 5,5 Mio. Euro bzw. ca. 23 % Anteil ist sie außerdem tatsächlich ein wichtiger Umsatzfaktor für das Gesamtergebnis. Die o. a. Themen ,Genuss‘ und ,Kreativität‘ spiegeln sich in unserer Berggastronomie wider. Das Naturerlebnis  muss sich auf dieser Ebene fortsetzen. Besonderes Augenmerk legen die Kitzsteinhorn Gastronomen auf regionale Gerichte, zubereitet mit hochwertigen Produkten aus der Region. So kommt zum Beispiel der Bierkäse für die legendären ,Kaspress-Knödel‘ aus der Pinzgauer Molkerei, das Rindfleisch für die saftigen Entrecôtes liefern heimische Metzgereien, der Wild-Burger wird im Gipfel-Restaurant mit heimischem Hirschfleisch zubereitet, in den Apfelstrudel kommen nur österreichische Äpfel und in der hauseigenen Konditorei wird Verführerisch-Süßes selbstgemacht.Davon abgesehen werden die Gäste im Rahmen der kulinarischen Veranstaltungsreihe ,Hochgenuss‘ von Starköchen drei Mal im Jahr mit Köstlichkeiten auf 3 000 m verwöhnt.Entscheidend ist in diesem Metier, authentisch aufzutreten – und zwar sowohl bei den Produkten als auch bei Ambiente/Architektur (hier: modern alpin) und von Seiten der Mitarbeiter. Mit unserem Angebot wollen auch wir dem hohen Anteil an internationalen Gästen gerecht werden, die außergewöhnliche Qualität suchen. Der Trend geht immer mehr in Richtung Bedienung – obwohl man auch die schnelle Versorgung mit den Marktrestaurants bieten muss. Unser Flaggschiff ist die Gletschermühle auf 2 450 m. Wir sind übrigens nicht nur bei den Seilbahnen, sondern auch bei der Gastronomie nach ISO 9001 und ISO 14001 zertifiziert!“

Voriges Jahr wurde auch das Thema Mountainbiken mit 3 Freeride-Trails eröffnet.

MM: „Die GLB Kaprun hat im Vorjahr eine Auszeichnung vom Gesundheitsminister für „Betriebliche Gesundheitsförderung“ erhalten. Welche Voraussetzungen waren dafür notwendig und um welche Inhalte geht es hier?“Karlsböck: „Wir investieren sehr viel Geld in Ausbildung und Wohlbefinden unserer Mitarbeiter, sie sind unser Schlüssel zum Erfolg. Schließlich müssen unsere Mitarbeiter die Begeisterung leben, damit die Gäste einen perfekten Tag haben. Wir unterstützen die Mitarbeiter in allen Belangen, sei es Fitness, Ernährung, Weiterbildung, Evaluierungen am Arbeitsplatz – ja wir nehmen sogar schon im Planungsbereich darauf Rücksicht. Man darf nicht vergessen, dass wir uns bezüglich der Arbeitsbedingungen in einem sehr exponierten Bereich befinden, sozusagen einer arktischen Klimazone. Da gilt es, den Mitarbeitern ein möglichst gutes Umfeld zu bieten! Übrigens Lehrlinge haben die GLB Kaprun schon ausgebildet, bevor es den neuen Lehrberuf Seilbahnfachmann/frau gegeben hat! Und zwar zum Mechatroniker.“MM: „Seit 7 Jahren wird auf 2 500 m Höhe mitten im Skigebiet das legendäre ICE CAMP jeden Winter neu aufgebaut. Lohnt sich diese Mühe und welche Idee steckt dahinter?“Karlsböck: „Unsere kunstvolle Iglu-Landschaft mit kreativen Eis-Skulpturen, Ice Lounge und Ice Bar schafft u. a. einen zusätzlichen Erlebnispunkt für die Skifahrer. Bei chilliger Musik, Drinks und Snacks kann man von der Eiswelt aus das atemberaubende Panorama genießen oder am automatischen Photopoint unvergessliche Momente festhalten. Über das kostenlose WiFi-Netz werden extrem viele Fotos verschickt – ein schöner Werbeeffekt für uns.Das 5000 m2 große Areal bietet sich auch für Veranstaltungen und Unternehmenskooperationen wie z. B. mit ,Audi Home of Quattro‘ an und passt zu unserer Positionierung, nicht nur Skisport, sondern generell Schneeerlebnis zu ermöglichen. Die Gäste sollen das Kitzsteinhorn als einzigartigen Berg in den Ostalpen, an der Grenze zum Nationalpark Hohe Tauern, mit eigener Persönlichkeit wahrnehmen bzw. in Erinnerung behalten. Diese Perspektive sichert unsere Zukunft.“

    
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Rainer Flaig, Direktor Saas-Fee Bergbahnen: Nur eine gezielte Vorwärtsstrategie lässt uns hoffen

Rainer Flaig ist vor zwei Jahren nach fast 10 Jahren Lenzerheide Bergbahnen AG und mehreren erfolgreichen Fusionen nach Saas Fee als CEO gekommen. Kürzlich hat diese Destination bei der internationalen Studie „Best Ski Resort 2012“ den 2. Platz erreicht, schweizweit sogar den 1. Rang. Daran ist der als Vordenker bekannte Manager nicht ganz „unschuldig“. Im MM-Exklusivinterview schildert Flaig seine Vorwärtsstrategie, die sicher nicht nur für die „Perle der Alpen“ Gültigkeit hat.

Rainer Flaig, Direktor Saas-Fee Bergbahnen

MM: „Herr Flaig, was hat Sie damals zum Wechsel nach Saas Fee bewogen und was haben Sie seither verändert?“Flaig: „Zwei wesentliche Punkte haben mich dazu bewogen, als man mich fragte, ob ich die Führung der Saas-Fee Bergbahnen übernehmen möchte. Zum einen faszinieren mich Personen, die Rückgrat haben und sich nicht durch die Politik bestimmen oder manipulieren lassen und zum anderen das enorme Potential und die Positionierung von Saas-Fee als Gletscherdorf. Edmond Offermann hat mich als Person aber auch als Leadership schon vom ersten Moment an fasziniert denn mit seiner Einstellung, seinem Herzblut, seinem Engagement und seiner Offenheit wird er noch sehr vieles für Saas-Fee bewegen. Wenn auch die Saas-Fee Bergbahnen AG immensen Handlungsbedarf auf allen Ebenen hat und wir alle noch einen ganz steinigen Weg vor uns haben, hat diese Herausforderungen auf mich einen ganz besonderen Reiz ausgelöst. Unzählige Strukturbereinigungen in den letzten 15 Jahren blieben erfolglos, weil der Dörfligeist und Partikularinteressen stets stärker waren als der Markt. Schauen sie, wenn man seit über 13 Jahren einen Drittel der Skitage verloren hat und dieser Missstand wird stets über Preiserhöhung kompensiert, dann akzeptiert das der Markt nicht mehr. Das künftige Gletscherdorf muss sich wandeln und ich verlange ein durchgängiges Betriebskonzept, das sich viel enger an der Nachfrage des Gastes ausrichtet als bisher. Doch ohne frisches Kapital und ohne starke Investoren wird der Negativtrend, der seit über 13 Jahren transparent vorliegt, nicht gestoppt werden. Ich habe diesen Prozess von Anfang initiiert und wir stecken noch immer mittendrin. Es ist mir bewusst, dass ich mir damit nicht nur Freunde schaffen werde, doch wir müssen gemeinsam und geschlossen durch diesen Prozess durch. Wenn ich zurückschaue, so ist schon sehr vieles umgesetzt, aber es gibt noch viel zu tun.“

Das autofreie Saas Fee im Wallis (CH) landete bei der Studie „Best Ski Reort 2012“ nicht zuletzt wegen seiner Authentizität auf dem 2. Platz. Fotos: Ferienregion Saastal

MM: „Haben Sie Reformen eingeleitet und wie wurden diese aufgenommen?“Flaig: „Die klar auftretenden Gegensätze und die Schwierigkeiten, die durch die leider überall in unseren Alpen präsente Destinationspolitik zustande kommt, zeigen sich auch hier. Die Integrationsprozesse zeigten einmal mehr deutlich auf, dass es nicht nur einen gesunden Menschenverstand braucht, um Veränderungen voranzutreiben. Es braucht insbesondere Mut und Wille bis hinauf auf die oberste Führungsebene, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen und diese auch konsequent umzusetzen. Das steigert zwar nicht den Beliebtheitsgrad der entsprechenden Personen, doch ist ein solches Vorgehen unentbehrlich für das nachhaltige Überleben eines Unternehmens. Wir arbeiten z. B. immens an der Kostenseite ohne wesentlichen Qualitätsabbau. Das ist eine Herausforderung, die das ganze Management intensiv fordert. Wir müssen in Zukunft intelligent investieren – und intelligent sparen: Wir müssen die Förderkapazität erhöhen und den Convenience-Grad extrem steigern. Wir haben lediglich noch die Hälfte der Skitage von Zermatt und gehören mit unseren Finanzzahlen auch nicht mehr zu den besten Zehn der Schweiz. Es fehlte an innovativen Angeboten, man hatte veraltete Anlagen, mangelnde Renditen und der Qualitätsstandard des Personals hat noch erhebliches Potenzial. Die Personalkosten sind von CHF 10 Mio. auf 8,5 Mio. gesenkt worden und müssen nochmals um CHF 0,5 Mio. runter.Um gestärkt aus diesem Prozess herauszugehen, braucht es klare Ziele, Vertrauen, Respekt, Offenheit und nicht zuletzt eine sehr gute Kommunikation. Da uns die Zeit davonläuft, haben wir die wichtigsten Projekte wie Kostensenkungen, effizientes Management, schlankere Strukturen, Integration etc. sofort angepackt, um auf dem hart umkämpften Markt eine Chance zu haben. In diesem Sinne ist der interne Change-Prozess nur als erste Stufe zu sehen. Die zweite wichtigste Hürde soll diesen Winter genommen worden: diverse Strukturbereinigungen zu einer schlagkräftigen, effizienten Leader-Organisation. Wie tut man das? Erstens dadurch, dass man Eigeninitiative nicht nur postuliert, sondern sie auch tatsächlich unterstützt. Viele Bergbahn-Unternehmen wiederholen das Mantra von Eigeninitiative, Selbstverantwortung und Kreativität. In den meisten Fällen allerdings erleben die Mitarbeiter, die auch so arbeiten wollen, einen Dämpfer nach dem anderen, bis sie schließlich aufgeben. Eine gesunde, produktive Unternehmenskultur entsteht nicht durch Deklarationen, sondern durch Praxis. Wenn Menschen positive Erfahrungen mit ihrem Einsatz, ihrer Leidenschaft und ihrem Eifer machen, dann verbreitet und verstärkt sich das und erzeugt in der Organisation eine Energie, die ungewöhnliche Erfolge ermöglicht.“

CEO Rainer Flaig bei der Übergabe des Preises durch den Studienleiter Mike Partel (li.) Anfang November in Innsbruck. Foto: promedia

MM: „Saas Fee hat bei der Studie ,Best Skiresort 2012′ den 2. Platz in den Alpen erreicht – als bestes unter den Schweizer Skigebieten! Worauf führen Sie diesen Erfolg zurück?“Flaig: „Natürlich ist es schön, wenn die Vorwärtsstrategie so direkt Früchte trägt. Schlußendlich zählt immer nur eine Meinung: diejenige des Gastes. Und der Gast hat entschieden: Saas-Fee ist einer breit angelegten, unabhängigen Kundenzufriedenheitsstudie mit über 41 000 Befragten in 55 Top-Wintersportorten in den Alpen auf den hervorragenden 2. Platz und schweizweit sogar auf den 1. Platz gewählt worden. Von 21 Kriterien ist unsere Ferienregion in den Bereichen Schneesicherheit, Pistenqualität, Gemütlichkeit und Authentizität als Sieger hervorgegangen. Weitere Bestnoten wurden auch bei der Sicherheit auf den Pisten, bei Unterkunft/Hotels, Ruhe und Erholung, Ambiente des Ortes und Gesamtzufriedenheit verliehen. Diese hohe Auszeichnung ehrt uns sehr und zeigt, dass die steten Bemühungen und Qualitätsanstrengungen der Saas-Fee Bergbahnen AG, aber auch aller Leistungsträger, Früchte tragen. Gerade die Hauptargumente wie Schneesicherheit und Pistenqualität sind dabei von höchster Priorität bei der Wahl eines Skigebiets.“MM: „In 4 Kategorien ,Schneesicherheit‘, ,Pistenpräparation‘, ,Gemütlichkeit‘ und  ,Authentizität‘ seid ihr jeweils auf Rang 1 gelandet. Wie differenziert ihr euch in diesen Bereichen von den Mitbewerbern?“Flaig: „Es ist die Symbiose von 3 Faktoren, die unsere Region absolut schneesicher machen: in die technische Beschneiung wurde in den letzten 2 Jahren intensiv investiert und zusammen mit der Höhenlage und dem einzigartigen Gletscher ergibt das ein gewaltiges Herausstellungsmerkmal. Durch die Erschließung des Schneesportgebiets bis auf 3800 m bleibt die Qualität des Schnees bis Saisonende auf höchstem Niveau.Zweitens: Die Pisten erfüllen höchste Anforderungen – das dokumentieren auch die zahlreichen National- und Nachwuchsteams, welche regelmäßig in Saas-Fee trainieren. Das erfahrene und bestens ausgebildete Pistenteam setzt sich Tag und Nacht mit größtem Engagement für eine Top-Qualität der Pisten ein. Die Lichter am Berg erzählen von den unzähligen Maschinenstunden der Pistenfahrzeuge bis tief in die Nacht.Drittens: Authentizität und Gemütlichkeit ist entscheidend. Saas-Fee hat sich bei allen wirtschaftlichen Überlegungen und Entwicklungen ein wichtiges Prinzip auf die Stirn geschrieben: Nachhaltigkeit. Durch strenge Reglementierungen, innovative Projekte und nicht zuletzt der Initiative der Gemeindeverwaltung in der gesamten Ressourcenplanung wird eine nachhaltige Entwicklung der Perle der Alpen gewährleistet. Das traditionelle Dorfbild mit seinen alten sonnenverbrannten Walliser Häusern trägt dabei sicher zum gemütlichen Gesamtambiente im autofreien Ferienort bei. Was die Gemütlichkeit angeht, so steht hier ein Faktor im Vordergrund: Die Autofreiheit. Der teils doch immense Aufwand für die Erhaltung der totalen Autofreiheit stellt logistisch so einige Anforderungen an die Einwohner und Leistungsträger. Dass es sich aber lohnt, zeigen genau solche Studien. Der Gast fährt einen Gang herunter. Ich bin sicher, wenn wir den Innerorts-Verkehr noch besser lösen, dann wird diese Top-Platzierung auch in späteren Studien erhalten bleiben.Die Studie zeigt aber auf der anderen Seite auch, dass uns nur eine gezielte Vorwärtsstrategie hoffen lässt, auch weiterhin zu den Besten zu gehören. Gerade für die erstmaligen Besucher sind die Faktoren Skigebietsgröße und Beförderungskomfort ausschlaggebend bei der Wahl eines neuen Skigebiets. Hier bewegen wir uns nicht in der Spitzenklasse und müssen daher die geplanten Investitionen vorantreiben!“

Der Allalin-Gletscher und das höchstgelegene Drehrestaurant (3 500 m) sind das Wahrzeichen von Saas Fee.

MM: „Welche Rolle spielen in eurer Region ,Authentizität‘ und Entschleunigung? Erfüllen diese Werte heutige Gästebedürfnisse?“Flaig: „Authentizität und vor allem Nachhaltigkeit sind in Saas-Fee keine Werbeparolen. Sie sind für uns eine Verpflichtung. Gegenüber der Natur, der Entwicklung und unserer Nachkommen. Diese Verpflichtung nehmen die Verantwortlichen vielfältig war: über strenge Baureglementierungen zur Erhaltung des intakten Dorfbilds, innovative Projekte wie das geplante Solar-Fernwärmenetz, die erste feinstaubfreie Gemeinde mit 100 % Naturstrom etc. Dass all diese Bemühungen, aber auch das gemütliche Ambiente, unterstrichen durch die Autofreiheit im Dorf, von den Gästen honoriert wird, freut natürlich. Ruhe, Erholung oder eben ,Entschleunigung‘: dieser Trend wird sich bei den Gästen fortsetzen, denn der Druck am Arbeitsplatz, unser hektischer Alltag etc. wird sich noch verstärken. Auf diesem Trumpf müssen wir auch in Zukunft noch aufbauen. Dass bei der Studie die Gesamtatmosphäre so gut abgeschnitten hat, bestärkt uns dabei in unserem Vorgehen und wird in der Zukunft ein ganz wichtiger Erfolgsfaktor sein.“MM: „Saas Fee ist in vielen Punkten anders, so z. B. auch bei der Preisgestaltung. Ihr senkt die Tageskartenpreise um 5,5 %, die 6-Tageskarte um 10 % und steht mit dieser Taktik ziemlich alleine da. Welche Überlegungen stecken dahinter?“Flaig: „Die Bergbahnen kämpfen heute mit stark schwankenden Auslastungen sowie starken Überkapazitäten und unterliegen dabei zunehmend einem internationalen Wettbewerb mit hohem Preisdruck. Da die Grenzkosten in der Branche gegen Null tendieren und das Branchen-Know how im Bereich Preisgestaltung gering ist, besteht die akute Gefahr, dass unter dem Druck des Überangebotes Preissysteme angewandt werden, die zu einer existenzgefährdenden Ertragserosion führen. Wir betreiben seit knapp einem Jahr ein intelligentes Pricing mittels Kundenloyalitätsprogramm mit dem Bürgerpass bzw. Saaspass (Silbercard/Goldcard). Unser Pricing-Modell verknüpfen wir mit dem Ziel, die Angebote nachhaltig zu positionieren und die Ertragskraft des Unternehmens zu steigern. Die Entwicklungsrichtung ist dabei sehr klar: Es geht in Richtung stärkerer Preis- und Leistungsdifferenzierung. Die Kunden haben sich dabei immer mehr auch an komplexe Preissysteme gewöhnt und ihr Verhalten dementsprechend angepasst. Zwar erwarten sie auf der einen Seite Rabattierung und Preisreduktionen, sind aber auch bereit, für Premium-Produkte mehr zu bezahlen. Unsere Preise in Kombination mit dem Saaspass und Bürgerpass erfüllen dabei eine multiple Funktion und beinhalten Funktionalitäten für die Nachfragesteuerung, Positionierung, Ertragssicherung sowie Convenience.Der Preis unseres Produktes ist nicht mehr nur eine Widerspiegelung der Kosten, sondern stellt vielmehr ein Instrument der strategischen Positionierung dar. Hinsichtlich der Preisbildung bei Outdoor-Erlebnisprodukten wird heute vermehrt eine verhaltensorientierte Preisbildung postuliert, wobei sich diese Stoßrichtung insbesondere mit der starken Kundenbindungsorientierung bei Erlebnisprodukten begründen lässt. Erlebnisprodukte werden, insbesondere bei hohem aktiven Involvement (bspw. Wintersport oder Wanderpass) meistens mehrfach genutzt, was die Bindungsorientierung noch verstärkt. Bei uns ist deshalb eine klare Entwicklung von der kostenorientierten Preissetzung eines Transportunternehmens zu einer nachfrage-/verhaltensorientierten Preissetzung eines Freizeit-/Erlebnisunternehmens feststellbar. Entsprechend kann gefolgert werden, dass sich die Preishöhe nicht mehr an Transportleistungen, sondern an Erlebnisintensität orientiert und sich die Preisdifferenzierung und -steuerung nicht mehr an Kaufvolumen, sondern an Bindung und Auslastung orientiert.“

Der mit 5 000 m3 größte Eispavillon der Welt auf Mittelallalin gibt den Blick ins Gletscherinnere frei.

MM: „Leadership ist Ihnen bekanntlich ein Anliegen. Was heißt das in der Alltagspraxis? Wie werden die Mitarbeiter eingebunden?“Flaig: „Wir machen einen totalen Umbau in der Personalkultur. Bei uns sind Erfahrung und Wissen zwar bedeutend, aber weniger wichtig als Leidenschaft, Engagement und Eifer. Weil die Leidenschaft für das Unternehmen und seinen Zweck, das Engagement für die anvertraute Aufgabe sowie Einsatz und Eifer bei ihrer Erfüllung in einer gut designten, vernünftig strukturierten und professionell gemanagten Umgebung für das Unternehmen den meisten Wert schafft. Menschen bringen ungewöhnlich gute Resultate hervor, wenn sie etwas mit ganzem Herzen tun.Die wichtigste Aufgabe eines Leaders ist es, den Mitarbeitern dabei zu helfen, diese Leidenschaft und Energie zu entwickeln und ihre Eigeninitiativen zu unterstützen. Die Leidenschaft und Energie muss und soll nicht erzeugt werden. Jeder moralisch und emotional gesunde Mensch möchte dem seine Zeit und Gedanken widmen, was einen Sinn hat, etwas Gutes für die Anderen bewirkt und die Welt ein bisschen besser macht. Leadership ist also nicht das Motivieren oder Einschwören auf Visionen. Menschen wollen nicht motiviert werden, aber sie möchten motiviert sein! Leadership heißt also, den Mitarbeitern zu helfen, eine Leidenschaft für ihre Arbeit zu entfalten und eine besondere Energie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu entwickeln. Dieses Helfen bedeutet offene Kommunikationskultur, Vertrauen und gelebte Fairness. Genauso wichtig (und das ist der zweite entscheidende Faktor) sind aber auch eine richtig designte Businessarchitektur, effektive Organisation und Regeln, die eine erfolgreiche Zusammenarbeit erleichtern. Erfolge sind der beste Ansporn und ein guter Leader gestaltet seine Organisation derart, dass sich Erfolge leichter erreichen lassen.“MM: „Nun zum Thema ,Gletscher – Fluch oder Segen‘. Er nützt Euch einerseits bei der Schneesicherheit, bereitet aber auch zunehmend Sorgen. Wie bringt man hier Tourismus und sanfte Ökologie unter einen Hut?“Flaig: „Es stimmt, die Gletscher bereiten uns bei all ihrer Schönheit immer mehr Kopfzerbrechen. Nichtsdestotrotz: Saas-Fee wird oft auch das schönste Gletscherdorf der Welt genannt. Die gegenseitige Symbiose ist offensichtlich und das Thema Nachhaltigkeit spielt deshalb auch bei der Gletscherbewirtschaftung eine äußerst wichtige Rolle. Sei dies über Gletscherabdeckungen, Snowfarming, Sensibilisierung der Gäste etc. Noch wichtiger aber ist das Bekenntnis der Saas-Fee Bergbahnen AG zu allen geplanten Investitionen und Projekten: zusammen mit Spezialisten aus allen Bereichen werden die optimalsten Lösungen betreffend Energiemanagement, natürliche Ressourcen und Umweltverträglichkeit gesucht und umgesetzt.“

Der Trend Entschleunigung wird sich bei den Gästen fortsetzen, ist Flaig überzeugt.

MM: „Welche Zukunft sehen Sie für die Wintertourismus-Branche in der Schweiz generell? Wird es Strukturbereinigungen geben?“Flaig: „Was wir vermehrt brauchen, ist eine neue Sicht der Wirklichkeit: Die Einsicht, dass vieles zusammenhängt, was wir getrennt sehen; dass die sich verbindenden unsichtbaren Fäden hinter den Dingen für das Geschehen im Handeln des Gastes oft wichtiger sind als die Dinge selbst. Unsere Gesellschaft und ihre Institutionen zum Funktionieren zu bringen, wird die wichtigste Managementaufgabe im 21. Jahrhundert sein. Klugheit, Wissen und politische Gruppierungen und Taktieren reichen dafür aber nicht mehr aus. Was es braucht, ist Durchblick – wer die Zusammenhänge sieht, wer versteht, dass nichts getrennt für sich existiert, sondern es die besagten ,unsichtbaren Fäden‘ zwischen den Dingen sind, die das Geschehen in unserer Welt bestimmen, kann seine Klugheit und sein Wissen wirksam machen und Lösungen finden. Doch einige sehen die Fäden nicht – noch nicht. Sie reagieren mit unerbittlichem oder angstvollem Festhalten am Bisherigen, an festgefahrenen Strukturen. Wenn auf alle Fragen bezüglich Strukturen und Prozessen, Dienstleistungen, Hierarchien und Organisation die Antwort ,das machen wir so wie immer‘ kommt, mag dies zwar einen hohen Grad an Verlässlichkeit und Beständigkeit bedeuten. Es verursacht aber auch Lethargie und Trägheit, versteift eine Organisation und blendet die Bedürfnisse des Gastes aus. Auf die aktuelle Integration der Bergbahnen im Tal bezogen geht das genau bis zu dem Tag, an dem die Unternehmung auf ihren Transportkapazitäten und Vorstellungen sitzen bleibt und letztlich die Rentabilität des Unternehmens nicht mehr stimmt.Integration – sei dies bei den Bergbahnen oder im Marketing – ist ein ganz wichtiges Thema, denn wir können uns Doppelgleisigkeiten nicht weiter leisten. Gerade im Tourismus brauchen wir geeinte Kräfte, schon um nur den Vorsprung in der Infrastruktur zu unserem direkten Mitbewerber aufzuholen, aber auch um im internationalen Wettbewerb wahrgenommen zu werden.Ein ganz wichtiger Prozess in unserem Denken und Wirken ist der Wandel vom Transport- zum Dienstleistungsunternehmen. Der Gast will Komfort – und das heißt Dienstleistungen. Wenn man sich vorstellt, was eine Familie, die zum Wintersport reist, alles an Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen muss, erkennt man die Lücken in der Dienstleistungskette.Wie wird die Wintersportfamilie nun aber optimal bedient? Der Gast reist mit leichtem Gepäck an. Er hat zuvor bei der Reservation seiner Winterferien seine Schuhnummer und die Kleidergröße bzw. seine modischen Vorstellungen an sein Hotel durchgegeben. Dieses bestellt die ganze Ausrüstung bei einem Ausrüstungszentrum. Der Gast wird dort von Kopf bis Fuß ausgerüstet.So einen umfassenden Rentalservice gibt es heute schon in europäischen Ski-Resorts und er wird morgen schon zum Standard gehören.Selbstverständlich umfasst ein universelles Dienstleistungsangebot auch alle anderen Bereiche einer Feriendestination. Die Zukunft gehört großen professionellen Ausrüstungszentren in den Wintersportorten, die über modernstes Material verfügen und den Gast also vollständig ausrüsten. Wenn dieses Konzept umgesetzt wird, dann bleibt in diesem Bereich die Wertschöpfung in den Tourismusdestinationen.“ mak

Dr. Alessandro Marzola, GF Plose Seilbahn AG

„Unsere Zukunft entscheidet sich am 9. Juni“

Skifahren auf der Plose. Fotos: Plose Ski AG © Grüner Thomas

Die Plose-Seilbahn AG wird 2014 Jubiläum feiern. Schon in den nächsten Wochen aber wird sich entscheiden, welcher Weg für die Zukunft offensteht. Der Mountain Manager hat sich mit Alessandro Marzola über die derzeitige Situation und die künftigen Möglichkeiten unterhalten.
MM: „2012 wurde die Plose-Seilbahn AG 50 Jahre alt, geben Sie bitte einen kurzen Überblick über die wechselvolle Geschichte des Unternehmens. Wie ist Ihre
Familie mit dem Unternehmen verbunden?“
Alessandro Marzola: „Die ersten Gedanken, eine Seilbahn zu bauen, gab es schon 1907. Dann ist lange nichts passiert. 1962 wurde die Gesellschaft gegründet, eingeweiht wurde die erste Seilbahn dann allerdings am 4. Februar 1964. Deshalb feiern wir unser Jubiläum auch 2014. Die Geschichte der Plose-Seilbahn war von Anfang an gekennzeichnet durch große Diskussionen und Schwierigkeiten bei der Finanzierung. Schon 1983 stand man dann vor der Entscheidung, die Bahn zu schließen oder weiterzumachen. Durch ein geplantes finanzielles Engagement von Walter Klaus wurden Konzepte für die Bahn entwickelt, die man nach dem Ausstieg von Walter Klaus selber in die Hand nahm. 1985
wurde mein Vater, damals Präsident von Dolomiti Superski, ins Boot geholt. Dann wurde gebaut und 1989/1990 kamen zwei Winter ohne Schnee. Die Gesellschaft stand wieder vor dem Aus. Mein Vater hat dann eine Kapitalerhöhung gezeichnet, weil niemand anderer dazu bereit war. Seitdem kämpfen wir uns von Jahr zu Jahr durch. Ende der 90er Jahre wurde wieder investiert. Heute betreiben wir 9 Aufstiegsanlagen, die zum Teil schon älter sind, zum Teil auch neuer. Wirtschaftlich ist es der Gesellschaft nie gut gegangen, insofern konnten nie große Entwicklungskonzepte umgesetzt werden. 2007 waren wir wieder soweit wie Mitte der 80er Jahre und ich habe klargestellt, dass wir einen Betrieb nicht aufrechthalten können, der keine Zukunftsperspektive hat. 2008 wurde dann die Malik-Studie in Angriff genommen, die die Stärken von Brixen und der Plose untersuchen und Zukunftschancen ermitteln sollte. Dabei ist man zum Schluss gekommen, dass man die Stadt mit dem Berg verbinden muss und das ist im Moment der Knackpunkt für unsere Zukunft: Kommt die Verbindung oder kommt sie nicht.“
MM: „War es für Sie immer klar, für das Unternehmen tätig sein zu wollen?“
Marzola: „Ehrlich gesagt, war das nicht von vornherein geplant. Um die Plose-Seilbahn hat sich mein Vater gekümmert. Ich bin nach dem Studium nach Südamerika gegangen und habe dort gearbeitet. Als ich später zurückkam, hat es sich durch die Entwicklung dieser Zeit ergeben, dass man in Brixen jemanden gebraucht hat. Ich bin dann nach Brixen übersiedelt und habe beschlossen, mich dieser Aufgabe zu stellen. Dazu musste ich mich natürlich erst einmal einarbeiten und den Betrieb kennenlernen.“
MM: „Was sehen Sie als Ihre wichtigsten Aufgaben?“
Marzola: „Im Grunde genommen, hat man eine große soziale Verantwortung. Aus unternehmerischer Sicht haben wir kein gut gehendes Unternehmen, es hängt aber sehr viel vom Unternehmen ab. Betroffen sind nämlich an die 300 Arbeitsplätze am Berg und man möchte natürlich dazu beitragen, dass diese auch Bestand haben. Aus der Gesellschaft ein gut gehendes Unternehmen zu machen, ist sehr schwierig. Es ist aber ein Ziel, dass der Betrieb auch in Zukunft selbstständig ist und weiterbestehen kann. Es kann nicht unser Ziel sein, von Förderungen oder öffentlicher Unterstützung abhängig zu sein.“
MM: „Wie sind Sie mit der laufenden Wintersaison zufrieden?“
Marzola: „Mit der laufenden Wintersaison sind wir sehr zufrieden, sie läuft sehr gut. Wir werden wie 2011 – das war unser bester Winter bisher – wieder 250 000 Ersteintritte haben. Unser Hauptmarkt ist Italien und angesichts der Krisenstimmung, die sich hier bemerkbar gemacht hat, wussten wir nicht, was wir für diese Saison erwarten können. Der Wintertourismus hat aber einmal mehr bewiesen, dass die Menschen, wenn genügend Schnee da ist, nicht auf ihren Urlaub im Schnee verzichten.“

Der „WoodyWalk“ lockt im Sommer Besucher an.

„Brixen ist keine klassische Skidestination“
MM: „Was bietet die Plose ihren Gästen im Winter?“
Marzola: „Unser Angebot war bis 2007 sehr Ski-alpin-lastig. Wir haben abwechslungsreiche Pisten, viele sind südseitig ausgerichtet. Rund 80 % der Pisten liegen außerdem zwischen 2 000 und 2 500 m, also relativ hoch und außerhalb der Waldgrenze. Dennoch war das Angebot recht eng ausgelegt. Durch das Tourismuskonzept, das aus der Malik-Studie entstanden ist, haben wir unser Angebot erweitert. In der Zwischenzeit haben wir einen der größten Funparks in Dolomiti Superski, einfach um den jungen Leuten und den Freestylern etwas zu bieten. Wir haben die längste Rodelbahn der Dolomiten mit einer Länge von 10,5 km und das wird auch immer mehr nachgefragt. Wir hatten jetzt an den Wochenenden immer mindestens 2 000 Gäste, die auf die Rodelbahn gehen. Dabei sind natürlich viele Skifahrer, die das Zusatzangebot nutzen. Am Vormittag wird Ski gefahren, am Nachmittag fährt man dann nochmal mit der Rodel. Beim Ticketverkauf wirkt sich das kaum aus, aber das Angebot wird natürlich vielfältiger. Gut nachgefragt werden auch Schneeschuhwanderungen. Dazu haben wir Schneeschuh-Wanderwege und auch Winter-Wanderwege ausgewiesen und ausgebaut und werden das auch in Zukunft machen. Brixen ist keine klassische Skidestination, deshalb haben wir ein vielfältiges Angebot. Gäste kaufen keinen 6-Tages-Skipass, sondern eine Tageskarte und gehen dann wandern oder genießen auch einfach den Aufenthalt am Berg.“
MM: „Wie sieht das Angebot im Sommer aus?“
Marzola: „Bis vor wenigen Jahren haben wir den Sommer kaum genutzt. Der Sommer hat in dieser Zeit rund 3 % des Umsatzes ausgemacht. Seit 2008 haben wir auch für den Sommer viel getan. Wir machen nach der Wintersaison richtig sauber, damit alles, was an den Winter erinnert, aus dem Blickfeld verschwindet. Es gibt bei uns viele Wanderwege, z. B. einen Themenweg für Familien, den „WoodyWalk“ mit einigen Stationen, Ruhe- und Spielplätzen. Dazu einen 2,5 km langen Wanderweg, der auf die Rossalm führt. Wandern wird bei uns viel nachgefragt. Dazu haben wir vor 2 Jahren mit dem „Geocaching“ angefangen. Allein in Deutschland gibt es 190 000 Geocacher, also begeisterte Wanderer, die sich bei ihrem Aufenthalt in den Bergen noch zusätzlich betätigen wollen. Das Angebot werden wir noch erweitern. Wir haben auf der Plose einen 360°-Ausblick auf die Dolomiten, das bietet sich dafür natürlich an. Seit letztem Jahr bieten wir außerdem die Mountain-Karts an, mit denen man anstelle der Kabinenbahn ins Tal abfahren kann. Der Ansturm darauf war wirklich erstaunlich, teilweise gab es Wartezeiten bis zu 2 Stunden. Das haben die Gäste aber in Kauf genommen, um die Karts auszuprobieren. Für dieses Jahr werden wir zusätzliche 20 Karts ins Angebot nehmen, damit wir die Wartezeiten reduzieren. Für diesen Sommer werden wir dann außerdem einen Singletrail für Mountainbiker anbieten können. An der Bergstation hat es schon bisher Strecken für Mountainbiker gegeben, jetzt kommt das Angebot für Abfahrer dazu.“
MM: „Wie sehen Sie den Stellenwert des Unternehmens in der Region/in Südtirol?“
Marzola: „Für Südtirol haben wir keine große Bedeutung, da gibt es große und starke Mitbewerber. Für die Stadt Brixen sind wir natürlich sehr wichtig. Da ist die Plose ein Naherholungsgebiet für unsere 20 000 Einwohner, die das Angebot sowohl im Sommer als auch im Winter gut nutzen. Unser Hauptmarkt ist
damit auch der städtische Bereich hier. Natürlich ist die Plose als Motor für den Tourismus zu sehen. Wir haben am Berg auch 300 Mitarbeiter, vor allem Einheimische, die meisten auch Bergbauern, die eine Nebenerwerbsmöglichkeit haben. Deswegen ist das Unternehmen für Brixen auch sehr wichtig.“

Seilbahnprojekt Brixen – St. Andrä/Überflug

„Das Ziel wäre, mehr Wertschöpfung in die Stadt zu bringen“
MM: „Seit einigen Monaten wird intensiv über eine neue Zubringer-Seilbahn Brixen – St. Andrä diskutiert. Stellen Sie das Projekt/die Ambitionen bitte kurz vor.“
Marzola: „Durch die Malik-Studie hat man versucht, das USP von Brixen und der Plose herauszuschälen. Dabei hat man die Verbindung von Stadt und Berg als Einzigartigkeit erkannt. Wir haben die Möglichkeit, von einer mittelalterlichen Bischofsstadt mit mediterranem Klima innerhalb von einer Viertelstunde in den hochalpinen Bereich zu gelangen. Nur wenige Städte haben eine solche Voraussetzung, die man touristisch zu allen 4 Jahreszeiten nutzen kann. Eine Seilbahn-Anbindung Stadt – Berg, also Brixen – Talstation Plosebahn/St. Andrä wäre demnach wünschenswert. Dazu kommt, dass das Land Südtirol im Bereich Mobilität die Vision verwirklichen möchte, mit dem Zug im 30-Minuten-Takt durchs ganze Land fahren zu können. Brixen liegt nahezu in der Mitte dieser Eisenbahnverbindung, sodass sich unser Einzugsgebiet für die Stadt und den Berg enorm erweitern würde. Das Land Südtirol würde eine neue Zubringer-Seilbahn finanzieren, aber nur, wenn der Einstiegsbereich beim Bahnhof liegt und damit eine direkte Anbindung geschaffen wird. Eine andere Position würde vom Land nicht unterstützt, die Gemeinde und die Bergbahn allein könnten so ein Projekt auch nicht verwirklichen.
Das Ziel wäre, mehr Wertschöpfung in die Stadt zu bringen. Wenn es der Stadt gut geht, dann geht es auch auf der Plose gut. Wenn man auf der Plose Probleme hat, ist das nur ein Spiegelbild, wie es in der Stadt geht. Wir brauchen einfach einen wirtschaftlichen Impuls, um unsere verschlafene Bischofsstadt wieder auf Vordermann zu bringen.“
MM: „Was spricht für das Projekt, welche Argumente haben die Gegner?“
Marzola: „Dafür spricht viel. Zuerst würden wir die Plose als Ski- und Wandergebiet erhalten können. Mit dieser Investition stehen außerdem eine ganze Reihe anderer Investitionen in Zusammenhang. Es werden Hotels entstehen, die uns die Betten für mehr Gäste zur Verfügung stellen. Wir brauchen Investitionen am Berg in die Schneesicherheit und in die Gastronomie. Für die Gastronomie gibt es sehr gute Ideen, aber natürlich warten die Investoren, wie es mit der Seilbahn weitergeht. Ein weiterer Grund für die Anbindung Brixen/Bahnhof – St. Andrä ist die Erhaltung der 300 Arbeitsplätze am Berg, außerdem muss für den Bahnhofsbereich dringend etwas gemacht werden. Es gibt da ein 5 ha großes Gelände, das brach liegt. Durch den Bau der Seilbahn würde das gesamte Bahnhofsareal neu gestaltet werden, man würde Parkplätze und ein attraktives Gelände haben. Außerdem würde der Bahnhof durch die Umgestaltung endlich auch näher an die Stadt heranrücken.
Die Hauptargumente der Gegner sind landschaftliche Aspekte und die Thematik „Überflug“, also Verminderung der Privatsphäre und ein befürchteter Wertverlust von Immobilen. Grundsätzlich sieht man weniger das Gesamtprojekt, mehr einzelne Aspekte.“

Rondell.

MM: „Wie ist die Situation im Moment, wie man hört, soll es eine Volksbefragung geben?“
Marzola: „Es wird eine Volksbefragung geben. Sie wird am 4. April im Gemeinderat beschlossen. Die derzeitige Diskussion dreht sich um die Art der Fragestellung. Die Südtiroler Volkspartei schlägt vor zu entscheiden, ob man für den Standort Bahnhof ist oder nicht, da nur dieser als Einstiegsstelle zur Seilbahn vom Land akzeptiert und das Projekt dann auch gefördert wird. Andere Parteien wollen 3 Standorte zur Wahl stellen, die bei der Projektbewertung am besten abgeschnitten haben. Dabei wären aber 2 Standorte, selbst wenn man sich dafür ausspricht, nicht realisierbar, weil es keine Finanzierung gibt. Die Volksbefragung wird dann am 9. Juni stattfinden. Dann wissen wir, wie es weitergeht.“
MM: „Anfang Januar wurde das Komitee ‚PRO-Seilbahn-Brixen’ gegründet, wie viele Mitglieder gibt es – was sind die Ziele?“
Marzola: „Wir leben in einer Kultur, die von den Neinsagern geprägt ist. Deshalb war es wichtig, etwas für das Projekt zu tun. Dazu wurde das Komitee „PRO-Seilbahn-Brixen“ gegründet, das derzeit rund 1 500 Mitglieder hat. Das Hauptziel ist es, die Bürger sachlich zu informieren. In Diskussionen merkt man immer wieder, dass viele Leute nicht oder wenig informiert sind. Das wollen wir ändern. Wir haben eine Internetseite www.seilbahn-brixen.it, auf der alle Fragen der Bevölkerung beantwortet werden und wir uns auch bemühen, dem Projekt eine Vision mitzugeben. Es geht schließlich darum, die Zukunft zu gestalten und zu sagen, was dieses Projekt für uns und unsere Kinder bedeutet.“
MM: „Ein Problem, das sich immer auch auf das Seilbahnunternehmen ausgewirkt hat, waren fehlende Übernachtungsmöglichkeiten. Gibt es hier Pläne?“
Marzola: „Pläne gibt es. Als Ergebnis der Malik-Studie wurde z. B. Investoren die Möglichkeit geboten, im Raum der Talstation der heutigen Kabinenbahn Hotels zu errichten. Es gibt auch 3 Interessenten, für ein Hotel mit 100 Zimmern gibt es schon eine Baugenehmigung. Für ein Hotel mit 200 Zimmern in unmittelbarer Nähe unseres Parkplatzes ist die Bauleitplanänderung im Gange. Ebenfalls in der Nähe soll ein weiteres Hotel mit 80 bis 100 Zimmern entstehen, das von den Betreibern des „Hotels Adler“ geplant wird. Es gibt also Interessenten, aber alle warten ab, ob die neue Bahn kommt. Man will einfach sehen, wie die Tourismusgesinnung in der Gemeinde ist und ob es eine Zukunft gibt. Wenn keine Seilbahn kommt, nehme ich an, dass sich diese Pläne zerschlagen, da wäre dann das finanzielle Risiko einfach zu hoch.“
MM: „Wie sehen Sie die künftige Entwicklung der ­Plose AG?“
Marzola: „Unsere Zukunft ist sehr eng damit verbunden, wie am 9. Juni entschieden wird. Wenn diese Volksbefragung positiv ausgeht, wird wieder eine Aufbruchsstimmung entstehen, die uns vorwärts bringt. Kommt die Seilbahn nicht, dann wird es eng. Dann werden wir in weiterer Folge den Betrieb auch so zurechtstutzen müssen, dass er überlebensfähig ist. Dann wird er die zentrale Rolle von heute nicht mehr haben. Er wird in einem Kleinformat vielleicht überleben können, es wird aber Einschnitte geben. Wir hoffen, dass das nicht passiert. Es wäre schade, weil das Potenzial hier enorm ist, ein Angebot für alle 4 Jahreszeiten zu schaffen.“ dwl

Ing. Herbert Zangerl, GF Bergbahnen See GmbH: „Es ist uns ein Anliegen, die Energieintensität unseres Unternehmens auszugleichen!“

Ab der Wintersaison 2012/13 gibt es im Tiroler Skigebiet See im Paznauntal Vollbeschneiung. Hinter dem großen Plus für die Gäste steht ein Projekt, das nicht nur für Schneesicherung sorgt, sondern auch saubere Energie liefert und damit einen wesentlichen Beitrag für nachhaltiges Wirtschaften leistet. Der Mountain Manager hat nachgefragt.

Ing. Herbert Zangerl, GF Bergbahnen See GmbH

MM: „Wie lange gibt es die Bergbahnen See GmbH, was waren die wichtigsten Eckdaten in der Entwicklung?“Ing. Herbert Zangerl: „Die Gemeinde See und das dazugehörige Skigebiet Medrigalm liegen am Taleingang des Paznaun. Von der Autobahnabfahrt Paznaun/ Pians ist See über eine gut ausgebaute Bundesstraße bereits nach 6 km erreichbar. 1972 wurde mit dem Ausbau des Skigebietes Medrigalm begonnen. Als erster Schritt wurde vom Ortszentrum von See eine Einersesselbahn und von der Bergstation dieser Sesselbahn ein Schlepplift Richtung Medrigkopf errichtet. Trotz der Tatsache, dass das Medrigjochgebiet aufgrund seiner Höhenlage von 1 050 m bis 2 450 m und seiner Nordwest-Exposition als relativ schneesicher gilt, wurde bereits 1991 mit dem Bau der Beschneiungsanlage begonnen. Ab Winter 2012/13 können wir von einer Vollbeschneiung sprechen. Aktuell verfügt unser Skigebiet über 8 Beförderungsanlagen mit einer Gesamtkapazität von rund 10 000 P/h. 33 Pistenkilometer aller Schwierigkeitsgrade, eine beleuchtete Naturrodelbahn sowie eine Nachtskilaufpiste und ein Funpark mit RiesenAirBag werden von den Anlagen erschlossen. Ein großzügiges abgeschlossenes Übungsgelände mit idealer Neigung macht Anfänger in kürzester Zeit zu Könnern. In unseren zwei Restaurants und unseren zwei Eisbars finden unsere Gäste rund 1 100 Sitzplätze vor, 650 davon auf sonnigen Terrassen mit traumhaftem Alpenpanorama.Die Chronologie auf einen Blick:1972/73: Betrieb der Medrigjochbahn, bestehend aus einer Einersesselbahn (ESL Medrigjoch), einem Schlepplift (Rauhkopflift) und dem Bergrestaurant Medrigalm.1976: Errichtung Almlift, Länge 380 m, Leistung 800 P/h.1978: Errichtung Panoramalift, Länge 720 m, Leistung 750 P/h.1983: Errichtung ESL-Zeinis, Länge 1 350 m, Leistung 780 P/h.1990: Errichtung 6 EUB Medrigjoch, Länge 1 554 m, Leistung 1 460 P/h, Errichtung 4 SB Rossmoos, Länge 1 040 m, Leistung 2 200 P/h, Restauranterweiterung auf 250 Sitzplätze.1990: Erweiterung Beschneiungsanlage, Bau Rodelbahn.1993/94: Bau Restaurant am Gratli, Zubau eines Sportgeschäftes mitten im Skigebiet, Ausbau Beschneiungsanlage, Errichtung Rodelbahnbeleuchtung.1997: Errichtung Snowboard-Funpark.2001: Bau der neuen Zeinisabfahrt, Errichtung eines Übungsgeländes oberhalb des Panoramarestaurants Medrigalm, Errichtung eines Gesundheits- und Wellnessparks hinter dem Panoramarestaurant.2002: Ersatz der 1er Sesselbahn Zeinis durch eine 6er Sesselbahn, Bau eines Tellerlifts, eines Stricklifts und Förderbandes auf dem Übungsgelände, Erweiterung der Beschneiungsanlage, Bau einer Beleuchtung für Nachtskilauf auf der neuen Zeinisabfahrt.2005: Bau Versingabfahrt, Planung und Baubeginn der Sprengseilbahn Versing I und Versing II, Errichtung von Spreng- und Zündmittellager.2007: Erweiterung der Beschneiungsanlage, Errichtung einer Schirmbar am Gratli.2008: Beginn Neutrassierung Talabfahrt, Errichtung eines Parkplatzes mit ca. 350 Stellplätzen direkt bei der Talstation der Gondelbahn, Errichtung Eisbar Medrigalm.2009: Beschneiungs- und Energiegewinnungsanlage: Neubau von 3 Maschinenhäusern (1 Pumpstation, 2 Wasserkraftanlagen), Fertigstellung der Verrohrung und der Beschneiung Talabfahrt, Fertigstellung Neutrassierung Talabfahrt, Anschaffung eines weiteren Förderbandes für die Übungswiese.2010: Erweiterung der Beschneiungsanlage, Umbau Free-Flow-Bereich im Panoramarestaurant Medrigalm, Pistenbau (Verbesserung Gratabfahrt, Planie Piste „Adrenalin“), Neubau Skibrücke Gratli, Fertigstellung Energiegewinnungsanlage, Errichtung eines neuen Pistenleitsystems, Errichtung eines Ortsinfokanals.2011: Errichtung eines Spielplatzes bei der Bergstation der Gondelbahn, Erweiterung der Beschneiungsanlage.2012: Erweiterung der Beschneiungsanlage – ab Winter 2012/13 ist eine Vollbeschneiung möglich, Ausbau des Panoramarestaurants für weitere 66 Sitzplätze, Neubau der Dieseltankstelle für Pistengeräte.“

In See/Paznauntal ist ab kommenden Winter Vollbeschneiung möglich.

MM: „Seit wann leiten Sie das Unternehmen und was ist Ihnen dabei wichtig?“Zangerl: „Ich bin seit Mitte 1997 Geschäftsführer der Bergbahnen See GmbH. Wichtig ist mir, die Gesellschaft, die immer in Finanznöten war, so aufzustellen, dass sie funktioniert und aus eigener Kraft die notwendigen Erlöse erwirtschaften kann. Als Ziel sehe ich ein Unternehmen, das sich am Markt behauptet und konkurrenzfähig ist. Dazu sind noch einige Schritte notwendig, wobei ein Aspekt die Größe des Skigebietes sein wird. Wir haben sicher noch Entwicklungspotenzial und müssen versuchen, es zu nützen – das ist schwierig, aber nicht aussichtslos. Man kann aus der Bergbahnen See GmbH sicher etwas machen, aber der Weg ist steinig.“„Ab der Wintersaison 2012/13 verfügen wir über eine Vollbeschneiung“MM: „Welche Gästeschichten sprechen Sie im Sommer und Winter an, wie sieht das Einzugsgebiet aus?“Zangerl: „Der Großteil der Gäste kommt aus Deutschland, dazu haben wir Urlauber aus Holland und der Schweiz. See ist aber auch ein Gebiet, das von den Einheimischen zum Skifahren genutzt wird. Was Tagesgäste generell betrifft, haben wir den Nachteil, dass wir verkehrstechnisch z. B. von Süddeutschland her nicht ganz so schnell erreichbar sind wie etwa das Zillertal. Die Fahrzeit ist etwas länger und das wird von den Gästen nicht so gern in Kauf genommen. Was man vielfach aber nicht weiß, ist die Tatsache, dass die Staugefahr zu uns viel geringer und die Schneesicherheit aufgrund der Höhenlage größer ist. Es würde sich also durchaus lohnen, den etwas weiteren Anreiseweg in Kauf zu nehmen.An Gästen sprechen wir natürlich Familien an, weil wir im Skigebiet ein eigenes, sehr flaches Übungsgelände für Kinder haben. Da gibt es Förderbänder und einen Tellerlift. Tellerlifte sind meiner Meinung nach besonders gut für Anfänger, weil man von Anfang an das Gleichgewicht trainiert. Wir haben außerdem einen sehr preiswerten Gästekindergarten, wo Kinder auch stundenweise betreut werden. Kinder können einfach nur eine oder 2 Stunden bleiben, wenn sie müde sind, aber die Eltern vielleicht nochmals eine Abfahrt machen wollen. Für Familien ist unser Gebiet auch deshalb sehr gut geeignet, weil alle steilen Pistenpassagen mit Hilfe von leichteren Wegen umfahren werden können.“

Kraftwerk Oberstufe, Fassung Istalanzbach Tirolerwehr.

MM: „Was bieten Sie im Winter, gibt es Neuheiten für die kommende Saison?“Zangerl: „Wir haben in See über 33 Pistenkilometer und eine Förderkapazität bei den Aufstiegsanlagen von rund 10 000 P/h. An Bahnen stehen eine 6er Kabinenbahn, eine 6er und eine 4er Sesselbahn, 3 Schlepplifte, 1 Kinderlift und 2 Förderbänder zur Verfügung. Mit unserer Beschneiungsanlage werden wir diesen Winter die Vollbeschneiung erreichen und damit beste Bedingungen für eine lückenlose Betriebsführung von Mitte Dezember bis nach Ostern haben. An speziellen Angeboten gibt es z. B. eine 3 km lange Buckelpiste, einen RiesenAirBag im Funpark, eine 6 km lange und beleuchtete Rodelbahn, 2 Restaurants und 2 Eisbars. Dazu sind wir für den Nachtskilauf gerüstet und bieten auf einem separaten Areal das schon erwähnte Übungsgelände für Anfänger. Für den kommenden Winter gibt es eine Erweiterung für das Panoramarestaurant. Außerdem nehmen wir im Moment die letzte Ausbaustufe der Beschneiungsanlage in Angriff. Es werden noch einige Kilometer an Rohrleitungen verlegt, sodass wir dann über eine Vollbeschneiung verfügen. Aufgerüstet wird auch unsere Tankstelle, damit wir unsere Pistenfahrzeuge leicht und zuverlässig auftanken und so sicherstellen können, dass unsere Pisten optimal präpariert sind. Unsere gesamt Flotte besteht aus Prinoth Everest Windenmaschinen, weil wir unseren Gästen mit den Windenmaschinen einfach bessere Pisten zur Verfügung stellen können.“MM: „Wie sieht das Angebot im Sommer 2012 aus?“Zangerl: „Das Sommerangebot ist auf das Wandern ausgerichtet. Wir haben Wanderwege, die für Familien gut geeignet und dementsprechend auch sehr kurz sind. Man kann z. B. die Versing Alm erwandern, wo es kaum Höhe zu überwinden gibt. Für den, der etwas höher hinaus will, bietet sich die Ascherhütte an. Die Bergstation der Medrigbahn liegt auf 1 800 m, die Ascherhütte liegt noch 400 m höher. Von dort hat man einen wunderbaren Blick auf die Gipfel der Umgebung, die alle um 3 000 m hoch sind und die man mit entsprechendem Zeitaufwand ebenfalls erwandern kann.An der Bergstation der Medrigbahn haben wir außerdem einen kleinen Wellnessbereich angelegt. Dort gibt es einige Stationen mit unterschiedlichen Angeboten. So kann man z. B. nach einer Wanderungkneippen oder sich auf den Fußmassageweg machen, auf dem müde Füße wieder frisch werden.“MM: „Das Unternehmen bezeichnet sich als ‚Bergbahn mit dem grünen Punkt‘, was genau versteht man darunter?“Zangerl: „Seilbahnen sind Unternehmen, die Energie verbrauchen, vor allem, wenn beschneit wird. Diese Energie muss erzeugt werden. Der weitaus größte Teil der Energie entsteht üblicherweise aus fossilen Brennstoffen. Wenn also nicht Wasserkraft, die Sonne oder der Wind zur Energiegewinnung herangezogen werden, ist damit auch immer ein entsprechender CO2-Ausstoß verbunden. Wir hingegen erzeugen mit unserem Wasserkraftwerk saubere Energie, sauberen Strom – und zwar in der Jahresbilanz viermal so viel Energie, wie wir selbst benötigen.“MM: „Was hat Sie dazu veranlasst, verstärkt im Bereich Umweltmanagement aktiv zu werden? Wie war die Ausgangssituation, was wollte man verändern?“Zangerl: „Nahezu alles, was der Mensch tut, belastet die Umwelt. Als Bergbahnunternehmen sind wir um einen positiven Umgang mit der Natur bemüht, das liegt in der Natur der Sache. Natürlich ist der Bau einer Seilbahn ein Eingriff in die Natur, wir sind aber bemüht, in allen Bereichen möglichst umweltschonend vorzugehen. Deshalb ist es uns ein Anliegen, die Energieintensität des Unternehmens auszugleichen. Darüber hinaus ist es für uns natürlich auch wichtig, eine effiziente Beschneiungsanlage zu haben. Mit dem System Wasserkraftwerk und Beschneiung haben wir beides sehr gut verbunden.“

Unterstufe Generator-Turbineneinheit.

MM: „Wann wurde mit den Aktivitäten begonnen, wie ist der Stand der Dinge im Moment?“Zangerl: „2006 haben wir begonnen, über die Wasserkraft nachzudenken und ein Projekt entwickelt, mit dem wir in einem ersten Schritt nicht weitergekommen sind. Dann haben wir die Idee umgestaltet und 2009/10 unsere Wasserkraftanlage gebaut. Das Ergebnis kann man jetzt vor Ort sehen. Die Anlage, mit der wir ,grüne Energie‘ produzieren, ist mittlerweile voll in Betrieb und erfüllt die Erwartungen, die wir in sie gesetzt haben, voll und ganz.“MM: „Was hat der Urlauber von einer ‚Bergbahn mit dem grünen Punkt’?“Zangerl: Der Gast, der über ein ökologisches Gewissen verfügt, wird den Umgang mit der Natur zu schätzen wissen und sehen, dass wir nicht nur Energieverbraucher sind, sondern durch das Wasserkraftwerk auch Lieferant einer sauberen Energie. Dazu kann er sich darauf verlassen, dass wir eine Vollbeschneiung und vor allem auch eine beschneite Talabfahrt bis auf 1 000 m Seehöhe herab anbieten können, und das von Dezember bis Ostern.“MM: „Wie beurteilen Sie den Stellenwert des Bereichs „Umwelt/Energiemanagement“ bei Bergbahnen generell? Wird er schon genügend berücksichtigt?“Zangerl: „Ohne mich jetzt in die Betriebsführung anderer Unternehmen einmischen zu wollen, bin ich doch der Meinung, dass bei einigen Bergbahnen Potenziale vorhanden wären, die zum jetzigen Zeitpunkt nicht so genutzt werden, wie man sie nutzen könnte. Ich muss dazu sagen, dass wir in unserem Skigebiet in der glücklichen Lage sind, zwei gut schüttende Bäche zu haben. Damit verfügen wir über Voraussetzungen, die eher selten sind. Aber ich denke, dass man auch in anderen Betrieben durchaus Potenzial vorfinden würde, über das es sich lohnt nachzudenken, wie man es nutzbar machen kann.“MM: „Wo sehen Sie für Ihr Unternehmen die größten Herausforderungen für die nächsten Jahre?“Zangerl: „Die größte Herausforderung wird sein, dass wir unser Gebiet etwas erweitern und versuchen, weitere Anlagen zu bauen und Pistenflächen zu erschließen. Wir haben sehr schöne Abfahrten, aber nur 33 Pistenkilometer. Der Gast fordert im Allgemeinen doch etwas mehr an Pisten und deswegen werden wir versuchen, diesem Wunsch, so gut wir können, Folge zu leisten. dwl

Fußmassageweg Medrigalm.

ENERGIEGEWINNUNG UND BESCHNEIUNG2006 wurden erste Pläne für das moderne Energiegewinnungs- und Beschneiungssystem der Bergbahnen See im Paznauntal erstellt. Diese wurden in den folgenden 3 Jahren überarbeitet und optimiert, sodass man 2009/10 an die Realisierung gehen konnte. Gebaut wurden 2009 insgesamt 3 Maschinenhäuser, also 1 Pumpstation und 2 Wasserkraftanlagen.Mit dem durchdachten und exakt auf die Bedürfnisse abgestimmten System ist es in der Gesamtjahresbilanz möglich, viermal so viel Energie zu produzieren, wie man im Skigebiet benötigt.Als Energielieferant stehen der Istalanzbach und der Schallerbach zur Verfügung. Die Triebwasserleitungen aus den Wasserfassungen Istalanzbach und Schallerbach werden in der Pumpstation, die sich in der Nähe der Bergstation der Medrigbahn befindet, vereinigt und dann mit einer Ableitung in das Kraftwerk Oberstufe geleitet. In diesem Bereich steht zur Stromgewinnung eine Pelton-Turbine zur Verfügung.Das Brauchwasser aus dem Kraftwerk Oberstufe und das Wasser der Wasserfassung Tirolerwehr/Istalanzbrücke wird in das Kraftwerk Unterstufe geleitet, wo wiederum eine Pelton-Turbine zur Stromproduktion eingesetzt wird. Die Energiegewinnung steht im Frühjahr, Sommer und Herbst im Blickpunkt. Im Winter wird das gesamte Wasser über entsprechende Pumpen und Feldleitungen für die Beschneiung zur Verfügung gestellt. Die Anlage läuft vollautomatisch, wobei in den einzelnen Kreisläufen auch manuell und per Smartphone eingegriffen werden kann.

Paul Günther, Aufsichtsratsvorsitzender BB Pillersee: Unsere Tourenski World ist eine Win-Win-Situation für alle

Die Bergbahn Pillersee betreibt ein kleines aber sehr feines Familien-Skigebiet in den Kitzbüheler Alpen, dessen 22 km Pisten sich über die Orte St. Ulrich, St. Jakob und Hochfilzen erstrecken. Bei der Talstation der 4SB Buchensteinwand befindet sich sogar Tirols zweitgrößter BOBO-Kinderpark! Die Zukunft sieht man hier aber nicht nur beim Nachwuchs, sondern u. a. auch im zunehmenden Trend des Tourenskigehens. Wir sprachen mit Paul Günther über die Erfahrungen mit seiner neuen „Tourenski World Pillerseetal.“

Paul Günther, Aufsichtsratsvorsitzender BB Pillersee Foto: Runnersfun

MM: „Herr Günther, schildern Sie bitte zunächst Ihren Werdegang in die Seilbahnbranche und alle sonstigen Funktionen.“Günther: „Ich betreibe seit 40 Jahren das Intersport Fachgeschäft Günther in St. Ulrich, das bis heute ständig weiter entwickelt wurde. Von 1980 bis 1995 war ich auch Skischulleiter in unserer Region und wechselte 1996 zur Bergbahn Pillersee, wo ich schließlich im Jahr 2000 als Hauptverantwortlicher die Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden übernommen habe (als GF agiert Manfred Bader). Außerdem war ich viele Jahre Gemeinderat und 6 Jahre Vizebürgermeister. Die Bergbahn mit ihren 8 Aufstiegsanlagen (2 Vierersessel und 6 Lifte) ist im Besitz von 44 Gesellschaftern, wobei ich mit 82 % der Mehrheitseigentümer bin.“MM: „Wie ist euer Skigebiet positioniert, welche Zielgruppen bedient ihr?Günther: „Wir sind ein Familienskigebiet mit einer Skischaukel zwischen den Orten St. Ulrich, St. Jakob und Hochfilzen. Man kann also bei uns von der Schattenseite auf die Sonnenseite fahren und retour. Im Tal unmittelbar neben dem Parkplatz befindet sich auf 20 000 m2 Fläche der zweitgrößte BOBO-Kinderpark Tirols sowie das Gasthaus Buchwandblick. Diese Platzierung sowie der gesamte Hochleiten-Hang ist also ideal für Anfänger und da auch das Restaurant auf der Bergstation zur Bergbahn gehört, ist bis zum Sportshop alles in einer Hand! Wir bieten aber auch rasante Abfahrten und eine permanente Rennstrecke. Weiters spielen bei uns die Sportarten Langlaufen (110 km regionales Loipennetz) und Tourenskigehen eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund gehen auch vom Parkplatz die Loipen weg sowie seit vorigen Winter die Aufstiegsstrecken für die Tourenskigeher.“

Ski Buchensteinwand: das klassische Familienskigebiit im Pillerseetal. Fotos: BB Pillersee (3)

MM: „Ihr habt ja letzten Winter sogar eine komplette ,Tourenski-World‘ installiert! Warum habt ihr euch zu diesem Schritt entschieden?“Günther: „Ich bin einerseits selbst ein begeisterter Tourengeher und andererseits durch meine Sportgeschäfte permanent mit der Thematik konfrontiert, dass viele Kunden Tourenausrüstung kaufen und dann natürlich auch z. B. auf die Buchensteinwand gehen wollen – Verbote wären hier kontraproduktiv. Aus dieser Problematik heraus machte ich mir Gedanken, wie ich dem Konflikt entgegenwirken könnte. Ich bin mehrmals selber aufgestiegen und habe mir dabei überlegt, wo man eine Aufstiegsspur anlegen könnte, die den Liftbetrieb nicht stört. Während dieses Prozesses wurde die Firma Runnersfun auf uns aufmerksam und hat die Problematik übernommen bzw. meine Vorschläge sehr professionell umgesetzt. Das war absolut notwendig, denn nur dadurch ist z. B. ein Folder entstanden und Sponsoren konnten gewonnen werden, was wiederum ein optimales Marketing ermöglichte. Wir sind also im Gegensatz zu anderen Gebieten den Weg der Problemlösung gegangen. Außerdem betreiben wir wie o. e. das Berggasthaus auf 1 556 m und erzielen dabei eine Umwegrentabilität mit den Tourenskigehern.Die Lösung sieht konkret so aus, dass die Leute täglich bis 16 Uhr während des Liftbetriebes aufsteigen und dann auf irgendeiner Abfahrt ins Tal fahren können – sei es auf der präparierten Piste oder im Freigelände. Zweimal pro Woche, Dienstag und Freitag, gibt es den Tourenabend, an dem die Berggastronomie bis 22 Uhr geöffnet ist und die Tourenskigeher mit Stirnlampen die im Plan ausgewiesenen bzw. markierten Routen auch nach 16 Uhr begehen können. Als Abfahrt steht allerdings nur die Piste Nr. 3 zur Verfügung. Dies wird extra offen gehalten und als letzte präpariert. Diese Taktik hat letzten Winter bereits super funktioniert!“MM: „Gibt es noch weitere Beweggründe als den Interessenkonflikt zu lösen?“Günther: „Es geht uns sehr wesentlich darum, keine Gruppe auszuschließen. Man hat ja diese Leute bereits im Gebiet oder im Sportgeschäft, dann soll man mit ihnen auch etwas Konstruktives anfangen. Die erste Werbung ist bereits, dass diese Kunden schon im Sportgeschäft erfahren: der steht hinter uns! In Folge konsumiert dieses Klientel auch gerne in unseren beiden Gaststätten – das ist allgemein ein ,Muss‘ bei jeder Skitour. Zusätzlich ist angedacht, eventuell eine Tourenkarte zum Preis von ca. 9,90 Euro/Tag aufzulegen. Diese beinhaltet die Benützung der Infrastruktur (Parkplatz, Toiletten etc.) sowie zwei Wiederholungsfahrten am Berg mit dem Gipfellift (4er Sessel) und ein Getränk im Berggasthof Buchensteinwand. Allerdings besteht keine Verpflichtung zum Kauf einer solchen Karte, die Sache beruht auf freiwilliger Basis. Wer nur einmal hinaufgehen will und z. B. keine Liftfahrten oben konsumieren will, um dadurch noch mehr Höhenmeter beim Aufstieg zusammen zu bringen, kann dies auch weiterhin kostenlos tun. Wir denken auch über eine Saisonkarte nach, allerdings besteht hier eine Problematik mit dem abzurechnenden Konsum im Gasthaus. Den Weg, eine bloße Parkplatzgebühr einzuheben, wollen wir aber keinesfalls einschlagen.“

BOBOS Kinderpark ist der zweitgrößte in Tirol.

MM: „Wie sieht das Angebot konkret aus?“Günther: „Am Parkplatz ist eine große Orientierungstafel mit den Strecken aufgestellt, daneben befindet sich die LVS-Kontrollstation. Es existieren 6 Varianten, jeweils drei auf unserer Seite und drei auf Hochfilzener Seite, unterteilt in Anfänger, Fortgeschrittene und Profis. Alles ist mit Streckentafeln super bestückt und wenn man zwischendurch oben einmal abfährt auf die Hochfilzener Seite, dann bringt man es auf 1200 Höhenmeter, was durchaus einer flotten Skitour entspricht. Beleuchtet sind die Strecken abends allerdings nicht.“MM: „Welche positiven Effekte verspricht man sich davon? Auch in punkto freundlicher Stimmung gegenüber ,untypischen Gästen‘?“Günther: „Letzten Winter war im Sportshop bereits eine Umsatzsteigerung im Tourenbereich und in der Gastronomie von fast 30 % zu verzeichnen. Es ist zu erwarten, dass sich die Erfolge im Laufe der Jahre potenzieren. Es stellt sich eine positive Mundpropaganda für unsere Region ein und wir verspüren diese Stimmung einerseits im Sportshop, andererseits sind die Tourengeher in der Regel auch Skifahrer. So gesehen spricht man als Pistenbetreiber teilweise auch Leute aus der ursprünglichen Zielgruppe an! Wenn wir also über diese Geschichte unseren Bekanntheitsgrad steigern können, ist dies ein willkommener Effekt.“

Paul Günther am Beginn der Aufstiegsstrecke für die Tourengeher, mit einer der professionellen Markierungstafeln in der Hand. Foto: mak

MM: „Warum klappt es bei euch und anderswo  noch nicht? Müssen alle grundsätzlich umdenken?“Günther: „Wir haben natürlich schon einen Vorteil. Wir sind ein relativ kleines Wintersportgebiet, bei dem durch meine Person vieles in einer Hand liegt. Ich habe über die Bergbahn auch mit den 42 Grundbesitzern ein gutes Einvernehmen. Bei uns müssen sich nicht mehrere Chefs aus verschiedenen Unternehmen zusammenraufen, sondern es besteht eine Personalunion. Daher ließ sich das Projekt so rasch umsetzen. Grundsätzlich muss es in einer Region Leute geben, die eine Lösung suchen wollen. Je mehr Spieler jedoch beteiligt sind, umso mehr Kommunikation muss stattfinden. Es ist langatmiger einen Konsens zu erzielen – und das tun sich viele nicht an.“MM: „Wenn aber bereits ein Vorbild wie z. B. das eure existiert, müsste das doch andere Gebiete auch animieren?“Günther: “ Ja, die Salzburger Region Saalfelden-Leogang ist so ein Fall. Die werden fast „zwangsverpflichtet“ durch unsere Situation. Hier hat sich der Tourismusverband das Ziel gesetzt, die Umsetzung innerhalb von 5 Jahren zu schaffen. Diese Zeit werden sie auch brauchen. Der Beginn ist am liftlosen Biberg (Terrain der längsten Winterrodelbahn Österreichs), erst dann wird Leogang mit seinen Pisten anpacken. Diese sind jedoch im Gegensatz zu uns aus dem Wald herausgeschlagen, so dass wenig Ausweichmöglichkeit besteht. Aber wenn man wirklich will, findet man überall eine passende Lösung – unter Umständen muss man die Aufstiegsstrecke(n) eben abzäunen. Alles beginnt bei der positiven Einstellung für diesen Sport. Die Lösung selbst wird aufgrund unterschiedlicher Gegebenheiten immer individuell ausfallen.“

Im Sommer ist die Gegend ein Wanderparadies. Auch ein „Blumenlehrpfad“ wurde angelegt.

MM: „Sollte sich jedes Skigebiet auch mit dem Tourenskisport beschäftigen, oder genügen einige wenige Zentren für diesen Boom?“Günther: „Nur eine Handvoll solcher Tourenski Competence Center würde nicht ausreichen – man braucht nur in den Raum Innsbruck schauen oder nach St. Johann, welcher enorme Bedarf nach einem echten Angebot hier gegeben ist. Ich bin auch fast überzeugt, dass in etwa 5 Jahren dieses Segment Tourenskigehen zum Standardangebot ganz selbstverständlich dazugehören wird, weil es sich letztlich keiner leisten kann, gegen einen Trend zu sein. Jedoch wird das Tourenskigehen weder die herkömmliche Skischule noch das alpine Skifahren ersetzen können. Eine gewisse Kenntnis vom Skifahren muss jeder Tourengeher sowieso haben, sonst könnte er ja nach dem Aufstieg gar nicht mehr abfahren. Ich glaube, dass durch das Pistengehen die Leute einige Stunden mehr auf den Skiern stehen und dadurch automatisch in ihrer Technik besser werden oder sogar sagen: ich gehe zwischendurch auch einmal alpin Skifahren, damit ich mir hinterher mit den Tourenskiern leichter tue. Es beherrscht ja auch nicht jeder Einheimische von sich aus das Tiefschneefahren. Daher kaufen sich viele eine Saisonkarte, um an schönen Tagen etliche Wiederholungsfahrten durchzuführen, weil sie z. B. das Tiefschneefahren üben wollen. Die Grenzen zwischen den Skifahrertypen sind jedenfalls nicht so starr, wie man meinen könnte.“MM: „Kann man also davon ausgehen, dass sich beim Verdienst mehr als nur die oft zitierte Umwegrentabilität einstellt?“Günther: „Es gibt ja Bestrebungen wie z. B. im Salzburger Land, die Möglichkeit für Tourenskigehen und das zur Verfügung-Stellen von Infrastrukturkeinesfalls kostenlos anzubieten. Bei uns wird das wie o. e. aufgrund der Präsenz von Gasthäusern im Gebiet anders geregelt (freiwillige Karte etc.).“MM: „Was halten Sie für die größte Herausforderung für die Zukunft?“Günther: „Für uns ist es der Erhalt unseres kleinen aber feinen Wintersportgebietes mitten im Großraum Kitzbühel. Aus dieser Perspektive betrachtet, können wir es uns sicher nicht leisten, eine Gruppe auszuschließen. Wenn alle die aufgestellten Regeln einhalten, ergibt sich letztlich eine Win-Win-Situation für alle. Die Qualität muss heute ohnehin top sein, auch bei den Kleinen, und das Preis-Leistungsverhältnis muss stimmen.“ mak

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