Ingenieurbüro Brandner: Sicherheitsansprüche in Europa immer noch unterschiedlich
Dipl.-Ing. Andreas Brandner bringt sein Fachwissen in internationalen und nationalen Normungsgremien ein. Für den Mountain Manager hat er die derzeitigen Fragestellungen und die daraus resultierende Problematik zusammengefasst.
Dipl.-Ing. Andreas Brandner. Fotos: Ingenieurbüro Brandner
MM-Frage: In welchem Normungsgremium bzw. Normungsgremien arbeiten Sie mit und wie lange schon?Andreas Brandner: Ich arbeite derzeit in zwei internationalen und nationalen Normungsgremien mit, es sind dies für Seilbahnen im nationalen Bereich das ONK-212 bzw. im europäischen Bereich das CEN/TC 242 working group 2 und 7, die sich mit den Normen EN 129291, EN 129292, EN 12830, EN 13107 beschäftigen sowie für Ingenieurdienstleistungen allgemein im europäischen Bereich CEN/TC 395 working group 1, im nationalen Bereich ONK-01810, wo Ingenieurleistungen allgemein auf eine einheitliche Stufe gestellt werden sollen. Ich arbeite in den genannten Gremien seit 2009/2010 mit.MM-Frage: Was war für Sie der Anlass, sich hier aktiv einzubringen?Brandner: Anlass, mich für eine Mitarbeit zu interessieren, war einerseits der Wunsch, die bisher erworbenen Erfahrungen auf dem Gebiet der Planung und Ausführungsüberwachung einbringen zu können und zu versuchen, die bestehenden Unterschiede auf europäischer Ebene etwas zu verringern. Dies wird auch in dem zweitgenannten Normungsausschuss versucht, der eine grenzübergreifende Tätigkeit in Europa erleichtern soll.
Die Planung von Seilbahnanlagen gehört zu den Kernkompetenzen des Ingenieurbüros Brandner.
MM-Frage: Woran wird gerade gearbeitet, wo sind Neuerungen bzw. Änderungen zu erwarten?Brandner: Derzeit wird im TC 242 WG 2 an der Überarbeitung und Revision der Normen EN 129291, EN 129292 und EN 12930 sowie in der WG 7 an der Revision der EN 13107 gearbeitet. Dabei sollen die Erfahrungen mit diesen Normen in den vergangenen 5 bis 7 Jahren seit Einführung einfließen und die Normen durchgängig auf das semiprobabilistische Sicherheitskonzept umgestellt werden. Dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass für die verbundenen Bau-, Material- und Bemessungsnormen nunmehr teilweise bereits harmonisierte Normen auf europäischer Ebene eingeführt wurden und diese ebenfalls umzusetzen sind. Insbesondere bei der EN 13107 sollen dabei Ansätze für Einwirkungen aus Wind, Schnee und Eis, Erdbeben auf die nunmehr gültigen Bemessungsnormen abgestimmt werden.
In Ischgl gibt es ab Sommer 2011 einen neuen Erlebnissteig zur Idalp mit insgesamt 2 Hängebrücken.
Ingenieurmäßiges Denken ist gefragtMM-Frage: Mit welchen Auswirkungen auf die Branche rechnen Sie? Wo liegt der Kernpunkt und welche Probleme/Herausforderungen sehen Sie?Brandner: Mein Wunsch und Hoffnung als Planer wäre der, dass es doch endlich zu einer einheitlichen gesamteuropäischen Norm kommt. Das Problem liegt aus meiner Sicht jedoch generell in der unterschiedlichen Betrachtungsweise und Sicherheitsanspruchsdenken in Europa, wodurch auch bei harmonisierten Normen noch heute Unterschiede bestehen, die rein technisch nicht nachvollziehbar sind. Nachdem aber die Seilbahnnormen mit diesen Normen verquickt sind, ist eine kurzfristige Änderung und Vereinheitlichung nicht in Aussicht.Die Herausforderung an die Mitglieder der Normungsgremien sehe ich in der Aufgabe, langfristig gepflegte Traditionen aufzugeben und sich rein auf die technischen Ansprüche zu konzentrieren. Um jedoch dies erreichen zu können muss in Zukunft mehr analysiert und dokumentiert werden, damit Erkenntnisse nicht nur aus der Analyse von Unfällen kommen, sondern ausreichend Daten vorhanden sind, die es uns ermöglichen, die für die sinnvolle Anwendung des semiprobabilistischen Sicherheitskonzeptes notwendigen Eingangsfaktoren mit ausreichender aber trotzdem nicht übertriebener Vorsicht wählen zu können.Damit wäre es dem Planer möglich, trotz Umstellung der Normen sichere und nicht, wie derzeit von den Kunden = Betreibern kritisiert, übertrieben sichere Anlagen planen zu können. Dies ist jedoch nur mit ingenieurmäßigem Denken und nicht mit Kochrezepten möglich.MM-Frage: Wie waren Sie im Rahmen Ihres Ingenieurbüros mit dem Jahr 2010 zufrieden?Brandner: Das vergangene Jahr 2010 war aus meiner Sicht durchaus erfreulich. Dadurch, dass unser Büro nicht ausschließlich im Bereich Seilbahnen und Tourismus tätig ist, waren wir sehr gut ausgelastet.
Die Anlage von Wanderwegen bzw. Erlebnissteigen erfordert viel Fingerspitzengefühl und Know-how bei der Planung.
MM-Frage: Bei welchen Projekten war Ihr Fachwissen gefragt, was wurde gemacht?Brandner: Wir haben in unserem Büro vielfältige interessante Projekte bearbeitet bzw. sind noch in der Bearbeitung seien es Pistenbauten am Arlberg, Erlebnissteige mit Hängebrücken in Ischgl, Seilbahnanlagen am Sonnenkopf in Klösterle oder auch Mitarbeit zur Verlängerung der Konzession bestehender Anlagen. Dabei möchte ich auf die unterschiedliche Betrachtungsweise in den einzelnen Bundesländern bzw. durch die Oberbehörde in Wien verweisen, die nicht nur aus meiner Sicht zur Verwaltungsvereinfachung einer vernünftigen Abstimmung bedarf.Unser Know-how auf dem Sektor Bauen im Gebirge brachte uns Anfragen und Projekte aus Indien, Australien, Rumänien, Norwegen sowie dem mittleren Osten, bei denen wir durch unsere Planungsleistungen auch Hersteller aus Österreich mitziehen konnten bzw. für diese unser technisches Know-how einsetzten.MM-Frage: Woran arbeiten Sie gerade?Brandner: Derzeit arbeiten wir an Projekten in Vorarlberg, Tirol, dem mittleren Osten aus den Bereichen Seilbahnen, touristische Infrastruktur sowie Sicherung vor Naturgefahren.