Im Winter viel Schnee und im Sommer grüne Wiesen. Dass diese Idealvorstellung einer intakten Natur in Gletscherskigebieten nicht von ungefähr kommt, sondern mit viel Einsatz, Know-how und Fingerspitzengefühl verbunden ist, zeigt das Beispiel Kitzsteinhorn.

Blick auf eine Sanierungsfläche vor Beginn der Maßnahmen. Fotos: IfÖ

Der Skiraum am Kitzsteinhorn beginnt in einer Höhenlage von rund 2 000 m und reicht bis auf über 3 000 m hinauf. Um das Angebot für ihre Gäste interessant zu halten, hat die Gletscherbahnen Kaprun AG in den letzten Jahren viel investiert. Dabei ist den Verantwortlichen des Unternehmens der größtmögliche Schutz der sensiblen hochalpinen Region ein Anliegen, mit dem man sich sehr bewusst auseinandersetzt.So sind etwa ein Qualitäts- und Umweltmanagement bei den Gletscherbahnen Kaprun bereits seit vielen Jahren ein wichtiger Bestandteil der Unternehmenskultur. 2003 wurde das Unternehmen erstmals ISO zertifiziert nach 9001 für sein Qualitätsmanagement und 2008 nach ISO 14001 für sein vorbildliches Umweltmanagement. Diese Anstrengungen wurden dann 2011 mit dem „pro natura – pro ski AWARD“ belohnt, der bedeutendsten Auszeichnung für beispielgebendes Umweltmanagement für Skigebiete im Alpenraum.

Die Begrünung zeigt Wirkung.

Projekt „Kitzsteinhorn 2015“Mit dem Projekt „Kitzsteinhorn 2015“ wurde 2007 eine Initiative ins Rollen gebracht, mit der Begrünungsmaßnahmen systematisch in Angriff genommen werden. So umfasst „Kitzsteinhorn 2015“ die Erweiterung der Beschneiungsanlage auf sämtliche Pisten des Skigebietes und die skitechnische Adaptierung der Rinnen- bzw. Kristallabfahrt, auch bekannt als „Black Mamba“. 2008 wurden die Vorhaben genehmigt, wobei das Projekt in ökologischer Hinsicht mit einer Sanierung weitgehend vegetationsloser alter Pistenabschnitte bzw. einer Begrünung im Umfeld der baulichen Anlagen kombiniert wurde. Die Sanierungsmaßnahmen erstrecken sich auf eine Fläche von rund 5,5 ha, mindestens einmal im Jahr sollte ein schriftlicher Bericht über den Fortschritt der Arbeiten erstellt werden.2013 wurde das Projekt „Kitzsteinhorn-Bahnen 2015“ genehmigt. Es umfasst im Wesentlichen den Neubau der Tal- bzw. Bergstationen des Gletscherjets 3 bzw. 4 und die dafür erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen sowie eine Pistenadaptierung im Bereich des Ederweges sowie die Verlegung des Betriebsweges zur Materialseilbahn bei der Salzburger Hütte. Auch bei diesem Projekt wurden von der Behörde Sanierungsmaßnahmen und eine entsprechende schriftliche Dokumentation vorgeschrieben.Um alle Parameter umsetzen zu können, holte sich die Gletscherbahnen Kaprun AG 2008 das Salzburger Institut für Ökologie OG/IfÖ unter Federführung von Dr. Helmut Wittman und Dr. Thomas Rücker zur Seite. „Mit diesem Gesamtkonzept kommt es letztendlich zu einer skisporttechnischen Optimierung und gleichzeitig zu einer Komplettsanierung des gesamten Skigebietes“, so Dr. Helmut Wittmann, „d.h. das Skigebiet am Kitzsteinhorn wird letztendlich nicht nur skitechnisch, sondern auch im Hinblick auf ökologie- und naturschutzfachliche Ansprüche in einem Gesamtkonzept auf den Stand der Technik gebracht. In dieser Hinsicht, nämlich der gleichzeitigen Planung einer skitechnischen Optimierung kombiniert mit einer ökologischen- und naturschutzfachlichen Optimierung in einem Gesamtkonzept, das sowohl rechtlich als auch fachlich im wahrsten Sinne des Wortes stimmig ist, steht das Kitzsteinhorn sicherlich in Österreich einzigartig da. Dies wird auch von den beteiligten Behörden im vollen Umfang anerkannt. Auch die Salzburger Umweltanwaltschaft hat sich stets lobend über dieses kompakte und gut abgestimmte Gesamtkonzept geäußert.“Die vorgeschriebenen Jahresberichte werden nicht nur den zuständigen Stellen zugänglich gemacht, sondern veröffentlicht und können auf der Homepage der Gletscherbahnen Kaprun AG eingesehen werden. Dazu Norbert Karlsböck, Vorstandsdirektor Gletscherbahnen Kaprun AG: „Wir sind in den letzten Jahren mit unserer Begrünung sehr erfolgreich gewesen und haben dabei sukzessive gelernt, welche Maßnahmen sich in unserer Höhenlage im Vorfeld des Gletschers eignen. Wir stellen uns dieser Aufgabe ganz bewusst. Das ist eine große Herausforderung, auch finanziell. So investieren wir jedes Jahr rund 100 000 Euro allein für diesen Bereich.“ Dazu werden die Sanierungsmaßnahmen von Mitarbeitern der Gletscherbahnen Kaprun AG selbst umgesetzt, sodass man die Spezialisten für diesen Bereich mittlerweile im eigenen Team hat.

Entwicklung der Sanierungsfläche.

Besondere HerausforderungenBegrünungsmaßnahmen in extremen Höhenlagen stellen entsprechende Anforderungen. Dazu Dr. ¬Thomas Rücker, IfÖ: „Die Begrünungen am Kitzsteinhorn stellen unter Berücksichtigung der außerordentlich großen Flächen die höchstgelegenen Begrünungsmaßnahmen im gesamten Alpenraum dar. Als besondere Herausforderung ist die extrem kurze Vegetationszeit von nur wenigen Monaten, zum Teil sogar nur wenigen Wochen hervorzuheben. Ein Vergleich mit anderen von uns betreuten Begrünungsprojekten zeigt, dass die Verhältnisse an der Nordabdachung des Alpenhauptkammes in niederschlagsreichen Lagen – so, wie sie am Kitzsteinhorn vorliegen – die Begrünungsmaßnahmen an die Grenze des Machbaren bringen. Die logistische Umsetzung unmittelbar nach Abschmelzen des Schnees beginnen zu können und in der extrem kurzen Zeit Oberbodenauftrag, Einsaat, Düngung und Oberbodenfixierung durch Kokosgewebe großflächig realisieren zu können, ist alles andere als einfach. Mittlerweile ist die Interaktion zwischen Anleitenden und Ausführenden nahezu perfekt, sodass man diesen extremen Herausforderungen außerordentlich gut begegnen kann.“

Alpine Vielfalt in den Begrünungsflächen.

Zum Einsatz kommen bei den Arbeiten vor Ort zwei Methoden:- Das Saat-Soden-Kombinationsverfahren, bei dem das Ausbringen standortgerechten Saatguts mit einem rasterartigen Einbau von Teilen der Naturvegetation kombiniert wird. Dadurch kommt es im Laufe der Jahre zu einer Ausbreitung jener Pflanzenarten, die nicht als Saatgut zur Verfügung stehen und in der Folge zur Entwicklung einer Pflanzendecke, die weitgehend der natürlichen Vegetation entspricht.- Oberbodenstabilisierung durch Geotextilien: Durch das langsame Wachstum der Vegetation in der extremen Höhenlage muss der Oberboden durch Kokosmatten (von Aquasol), die langsam verrotten, vorrübergehend stabilisiert werden.

Etablierung der Vegetation im Schutz des Kokosgewebes.

Als Saatgut wird die „Kitzmischung“ verwendet, die vom Institut für Ökologie entwickelt wurde und von der Kärntner Saatbau produziert wird. Gedüngt werden die Flächen ebenfalls, allerdings mit geringen Mengen an Dünger, die dafür öfter ausgebracht werden.Die Entwicklung der Vegetation geht in alpinen Höhenlagen im Vergleich mit Talwiesen merklich langsamer vor sich. Dennoch sind die Erfolge der Maßnahmen gut sichtbar. „Die Arbeiten sind in völliger Übereinstimmung mit den naturschutzrechtlichen Bescheiden. Unterhalb vom Alpincenter ist ein Großteil der Arbeiten bereits abgeschlossen, wenngleich Restarbeiten und vor allem auch Nachbesserungen noch notwendig sind. Die große Herausforderung für die nächsten Jahre ist die Sanierung des Umfeldes vom Alpincenter und die Einbindung der Flächen rund um die Errichtung der Gletscherjets 3 und 4. Mit dem bisherigen Verlauf sind wir zufrieden, wenngleich wir gelernt haben, dass in der extremen Situation – wie am Kitzsteinhorn – die Natur natürlich ihre Zeit braucht“, so die Spezialisten des IfÖ. dwlInfos: www.kitzsteinhorn.atwww.ifoe-og.at