In Zeiten mit markant steigenden Energiekosten und einer auf Umwelt- bzw. Ressourcen-Schonung sensibilisierten Öffentlichkeit rückt bei den Pistenbetreibern immer mehr eine Tatsache in den Blickpunkt: Schneeanlagen verfügen über die meisten Elemente, die ein Wasserkraftwerk zur Stromerzeugung braucht! Martin Hug von den Schweizer Bauingenieuren Foidl Hegland & Partner AG (Chur- Thusis-Davos) hat dieses Thema anlässlich einer Exkursion auf den Corvatsch Gipfel für interessierte Bergbahnunternehmen aufbereitet.

Rückwärtslaufende Kreiselpumpe als Turbine.

„Das Pendant zum Stausee bei einem Wasserkraftwerk ist in der Anlage zur Herstellung von technischem Schnee der Speichersee. Der Unterschied liegt meist nur in der Größe und Aufgabe. Der Speichersee hat die Aufgabe, das Wasser für die Produktion von Schnee zu speichern und in der kurzen Zeit für die Beschneiung abzugeben. Bei der Produktion von elektrischer Energie setzt man den Speichersee eher zum Optimieren der Turbine ein, da die für die Stromproduktion benötigten Wasserschüttungen (Quellen etc.) meist schwanken. Wasser ist logischerweise Voraussetzung zur Nutzung der Wasserkraft. Der Speichersee kann aber auch als Pumpspeicher eingesetzt werden. Für die Produktion von technischem Schnee bedarf es eines gewissen Wasserdrucks. Um das unter Druck stehende Wasser im Feld zu transportieren, benötigt man Druckleitungen – genau das, was ein Wasserkraftwerk auch benötigt. Denn die erzeugbare elektrische Energie wird umso größer, je höher der Wasserdruck, sprich die Höhendifferenz des Speichers bis zur Turbine, ist. Somit ist bereits das zweite Element zur Stromerzeugung vorhanden.Jede Kreiselpumpe als Turbine einsetzbarDas dritte Element der Stromerzeugung ist die Turbine. Eine Anlage zur Erzeugung von technischem Schnee benötigt keine Turbine, jedoch Pumpen zur Erhöhung des Wasserdruckes. Und jede Kreiselpumpe kann als Turbine eingesetzt werden. Die Standardpumpe wird dabei rückwärts (vom Druckstutzen zum Saugstutzen) durchströmt, ändert die Drehrichtung und erzeugt ein nutzbares mechanisches Moment an der Pumpenwelle. Da die Pumpe keine verstellbare Leiteinrichtung hat, lässt sich der Betriebspunkt nur gering variieren und der Wirkungsgrad ist eher schlecht. Daher lohnt es sich auf jeden Fall, den Einsatz einer Turbine im herkömmlichen Sinn genauer anzuschauen. Zum Beispiel eine Peltonturbine (PT), die vertikal oder horizontal eingebaut werden und somit gut in eventuell bestehenden Gebäuden integriert werden kann. Bei der PT fällt das Wasser nach der Beaufschlagung auf die Turbinenschaufel durch die Luft nach unten und hat somit einen Ausgangsdruck von Null bar. Seit wenigen Jahren ist auch die sogenannte Gegendruck- Peltonturbine (GDPT) auf dem Markt. Bei der GDPT dreht das Turbinenrad in einem Druckluftpolster und kann somit beim Austritt einen konstanten Gegendruck (0 bis 16 bar) wie die als Turbine eingesetzte Kreiselpumpe (bis 25 bar Standard) aufbauen. So kann die GDPT beispielsweise auch als Druckreduzierventil mit Energiegewinnung eingebaut werden. Die Wirkungsgrade bei der PT und GDPT bewegen sich zwischen 70 % bis 92 % und der Wasserdurchsatz ist variabel. Bei der Kreiselpumpe die als Turbine eingesetzt wird, beträgt der Wirkungsgrad zwischen 65 % bis 85 % und der Wasserdurchsatz ist meist fixiert. Als Turbinenstandort eignet sich vorzugsweise ein bestehendes Gebäude, sei dies die Garagierung einer Sesselbahn oder eine Pumpund Trafostation. Generell gesagt, lässt sich die Turbine in beinahe jedes bestehende Gebäude integrieren. Randbedingungen sind dabei die Nähe zur Druckleitung und die Möglichkeit der Abgabe der elektrischen Energie. Falls es die Randbedingungen nicht erlauben ein bestehendes Gebäude zu nutzen, ist der Bau eines Maschinenhauses für die Turbine und die elektromechanischen Einrichtungen zu erstellen.Welche elektrische Leistung ist erzeugbar?Wie bereits erwähnt, ist die erzeugbare elektrische Leistung abhängig von der Fallhöhe des Wassers. Bei der Planung einer Schneeanlage wird versucht, den Speicher möglichst hoch im zu beschneienden Gebiet zu platzieren. Dies, um die benötigte Pumpleistung für tiefer gelegene Pisten so wie Talabfahrten zu reduzieren (geodätischer Druck), respektive ganz darauf verzichten zu können. Daher ist der Speichersee meist in entsprechender Höhenlage. Durch die Beschneiung der Pisten bis ins Tal benötigt man auch Druckleitungen bis in tiefe Lagen, womit ideale Voraussetzungen für die Stromproduktion gegeben sind. Ein ebenso wichtiger Faktor ist die zur Verfügung stehende Wassermenge. Um eine erste Größenordnung des Potenzials zur Strom – erzeugung der bestehenden Anlage in ihrem Gebiet abschätzen zu können, existiert eine einfache Faustformel: Die elektrische Leistung in Kilowatt entspricht in etwa der siebenfachen Höhendifferenz in Metern, multipliziert mit der Wassermenge in Kubikmetern pro Sekunde. So kann auf einfache Art grob die Rentabilität abgeschätzt werden, bevor weitere Abklärungen angegangen werden. Ein wichtiger, nicht zu unterschätzender Faktor, ist die Dimension der Druckleitung. Eine zu knapp dimensionierte Leitung hat aufgrund der höheren Fließgeschwindigkeiten größere Verluste, die sich auf die Nettofallhöhe und damit direkt auf die erzeugbare elektrische Leistung auswirken. Die damit verbundenen Verluste können schnell zehn und mehr Prozente der Nettofallhöhe betragen. So lässt sich mit geringen Mehrkosten auf der Seite der Druckleitung beträchtlicher Mehrwert erwirtschaften.

Beispiel einer Peltonturbine.

Ganzjährige Nutzung der BSASie sehen somit, dass der Titel dieses Artikels durchaus seine Berechtigung hat. Und im Zeitalter der Klimaerwärmung, wo alle von erneuerbaren Energien sprechen, lässt sich mit der Schneeanlage etwas für die Umwelt und das Image machen. Die Anlage, die ansonsten die meiste Zeit im Jahr stillsteht, kann durch die Stromerzeugung ganzjährig genutzt werden und lässt sich dadurch auch ein Stück weit direkt amortisieren.Abschließend kann gesagt werden, dass die Nutzung der Schneeanlage für die Stromerzeugung mit verhältnismäßig geringen Kosten realisiert werden kann. Die Schneeanlage wird dadurch aber ganzjährig genutzt, wodurch weniger Standschäden entstehen und obendrein noch Gewinn erwirtschaftet werden kann. Vom Imagegewinn und Marketingeffekt für das Unternehmen einmal ganz abgesehen! mh