In St. Johann/Tirol, dem Wintersportgebiet des österreichischen Fachverbandspräsidenten Dr. Ingo Karl, entsteht derzeit die modernste Beschneiungsanlage der Alpenrepublik. Nach den leidvollen Erfahrungen des letzten Winters gab es für Tirols zweitniedrigstes Skigebiet nur noch eine sinnvolle Zukunftsoption: eine massive  Schlagkrafterhöhung der Beschneiungsanlage!Karl peilte das Ziel an, in nur 60 Stunden 80% seiner 90 ha Pistenflächen bei – 3,5° C Feuchtkugeltemperatur einschneien zu können. Für diesen Ausbau-Sprung der bereits vorhandenen Schneeanlage von 1998 mit bereits 53 NDSchneeerzeugern und 4 Lanzen muss ein großer Materialaufwand betrieben werden: eine 105 mlange Pumpstation mit 550 l/s Pumpleistung (!), 9 Hochdruckpumpen (3200 kW), 4 Kompressoren (1 000 kW) ein 140000 m3 fassender Speicherteich und 212 Rubis-Lanzen von YORK plus 12 ND-Maschinen (8 LENKO-Propeller FA 450 und 4 Nivis-York 660). Die äußerst kurze Planungs- und Bauzeit forderte dem IngenieurbüroKlenkhart & Partner sowie den beteiligten Professionisten – allen voran TEERAG ASDAG und Stöckl Teichbau – alles ab, was an Leistungskaft und Know-how aufgeboten werden konnte…

Die Baustelle im Skigebiet St. Johann/Tirol, von der kaum einer glaubte, dass sie heuer überhaupt zustande kommen wird, von BL Ing. Georg Schuster aus der Luft von verschiedenen Seiten fotografiert. Foto: BB St. Johann

St. Johann wird künftig 45 Pistenkilometer vollautomatisch in nur 60 Stunden gleichzeitig beschneien. Die vorhandene Beschneiungsanlageerlaubte nur das Beschneien von Sektoren hintereinander – eine Taktik, für die bei heutigen Klimabedingungen im Vorwinter keine Zeit mehr ist. Daher entschied sich Dr. Karl beim neuerlichen Ausbau der Schneeanlage für eine Vollbestückung mit Lanzen, die weniger personalintensiv sind als Propellermaschinen und außerdem bei der im Kitzbüheler Raum vorherrschenden Inversions-Wetterlage den Vorteil bieten, dass die eben überall platziert sind und man nicht ständig die Maschinen entsprechend der Witterung verstellen muss. Der Unterschied beim Starten zwischen Lanzen und (herkömmlichen) Propellermaschinen beläuft sich laut jahrelangen Test-Erfahrungen von Dr. Karl auf weniger als 0,5° FKT, ist also inzwischen verkraftbar. Die Alternative wären lückenlos fix installierte Niederdruck-Schneeerzeuger auf Türmen gewesen, was allerdings eine völlig andere Kostendimension verursachen würde. Für Marktführer YORK sprach letztlich neben dem guten Preis-Leistungsverhältnis die große Erfahrung der Franzosen bei Lanzen-Anwendungen via Hochdruck und das erfolgreiche Beispiel BSA Resterhöhe der Bergbahn AG Kitzbühel (400 Rubis), erklärte Dr. Karl. Folglich wurden 212 regelbare, 10 m hohe Rubis- Lanzen bei der INTERFAB Snowbusiness GmbH. sowie 4 Nivis- YORK Propellermaschinen bestellt. Steuerungssoftware Liberty Ein wesentliches Argument für York war aber auch die ausgereifte Steuerungssoftware Liberty, die seit Jahren über ein effizient arbeitendes Wasser- und Luftmanagement verfügt. Obendrein wurde vom Auftraggeber auch vorgegeben, dass die YORK-Software Liberty als übergeordnetes Leitsystem neben den YORK-Lanzen auch alle Maschinenräume (bestehende und neue Pumpstationen, Kompressorstationen) steuern muss und die 4 bestehenden Zottl-Propellermaschinen bzw. die 4 neu hinzukommenden Nivis-York-Propellermaschinen 660 und 4 autonome Rubis zu integrieren sind. Diese 12 Maschinen werden direkt über Funk von YORKLiberty angesteuert. Nicht zuletzt wird auch die Integrierung der bestehenden und neu hinzukommenden Lenko-Schneeerzeuger in die Mastersoftware Liberty erfolgen, versichert Roderich Urschler. Die Starttemperatur der Rubis R10CC ist abhängig vom Wasserdruck und bewegt sich auf der Beschneiungsanlage St. Johann bei ca. -3° FKT. Enorme Wasserdurchsatzleistung Die beabsichtigte kurze Grundbeschneiungszeit bedingt natürlich eine enorme Schnei- bzw. Wasserdurchsatzleistung. Die Höhenlage (700 m–1600 m) und hohe Luftfeuchtigkeit erfordert jedoch eine solche Kalkulation: 60 ha in 60 Stunden bei Grenztemperaturen. Wenn es wirklich kalt ist, ist man natürlich überbestückt. Das kraftstrotzende Herz der erweiterten Schneeanlage ist die neue, 105 m lange Pumpstation „Schlosserberg“ mit 7,5 MW Anschlussleistung (! ) für die 2 Füllpumpen (je 200 kW) und 7 Hochdruckpumpen (je 400 kW) der Marke Caprari sowie 3 x 400 kW Druckluft-Kompressoren (Atlas Copco) und die 24 Kühltürme, die für 480 l/s Kühlleistung vorbereitet sind. Zusätzlich wurde eine weitere Kompressorstation (Sauregg) mit 2 Atlas Copco Schraubenkompressoren angelegt. Wie schon im Jahr 1998 wurde wieder die italienische Pumpe Caprari ausgewählt, zumal St. Johann sehr gute Erfahrungen damit gemacht hat. Und wie damals wurde auch das Team AGB (Hydraulik) und Berchtold (Elektrotechnik) wieder mit der Ausführung beauftragt – und ebenfalls mit der Erweiterung der bestehenden PST Angerer Alm mit einer 302 kW-Pumpe. Zusammen mit Klenkhart wird dieses Trio eit Anbeginn der Schneiära in St. Johann 1987 eingesetzt. Damals hatte Dr. Karl übrigens den ersten Speicherteich Österreichs angelegt mit bescheidenen 20000 m3 Volumen – scherzhaft „Ingos Badewanne“ genannt.

Der 140000 m3 fassende Speicherteich wurde von der ARGE Stöckl Franz GmbH + TEERAG ASDAG auf ca. 1070 m Höhe errichtet. Das Aushubmaterial wurde für Pistenverbesserungen verwendet. Foto: mak

2000 m3 Beton für die PumpstationDie für den Pumpstations- und Rohrleitungsbau (12 500 m Gussrohre von TRM Buderus) verantwortliche ARGE Stöckl-TEERAGASDAG unter Bauleiter Ing. Marco Wopfner leistete in nur 15 Wochen die Hauptarbeiten bei der Pumpstation (52 Wandabschnitte, 5 Bodenplatten- und 5 Deckenabschnitte), wobei 2000 m3 Beton verarbeitet wurden. 12 Mann waren insgesamt in 4er-Partien 6 Tage die Woche beschäftigt. Dank guter Organisation ist man mit einem 30 t Hebegerät ausgekommen. In der Pumpstation ist außer dem großen Pumpenraum auch eine Kompressorstation, der EDV-Raum, 3 Trafostationen mit 2,5 kVA, ein Werkstätten- und Lagerraum sowie ein WC (welche Seltenheit!) integriert. Oben ist als weiteres Lager ein Holzstadel vorgesehen. Direkt an den Hydraulikraum angeschlossen ist das Kühlturmbecken. Die Pumpstation Schlosserberg, etwas abgerückt vom Teich direkt am bestehenden Forstweg auf ca. 1 060 m angelegt, wurde für folgende Funktionen konzipiert:- Das Schneiwasser in ausreichender Menge zum Speicherteich Angerer Alm Boden hochzupumpen;- Die tiefer liegenden Abfahrten bis zur Talstation der Harschbichlbahn ohne Pumpleistung zu beschneien:- Die Pistenflächen Jodlalm (unterhalb 1 250 m) sowie die Talabfahrt unterhalb der Mittelstation bis etwa 950 m über ein Hochdruckleitungsnetz zu beschneien;

MM-Chefredakteur Dr. Kalchgruber traf sich am 30. Oktober beim Lokalaugenschein mit folgenden Verantwortlichen (v. r.n. l.): Dr. Ingo Karl (Bauherr und GF der Bergbahnen St. Johann), Mag. Irmgard Silberberger (ökolog. Bauaufsicht), DI Christian Klenkhart (Gesamtplanung/ Klenkhart & Partner), DI Helmuth Steinwender (Oberbauaufsicht/Klenkhart & Partner), Ing. Manfred Bertignoll (Prok. Interfab Snowbusiness GmbH), Ing. Marco Wopfner (Bauleiter TEERAG-ASDAG) und Alexander Hörfarter (Techniker TEERAG ASDAG). Foto: mak

Durch die Platzierung konnten Schwierigkeiten durch übergreifende Bauzeiten mit der Dammschüttung sowie das Anlegen eines zusätzlichen Weges vermieden werden. Die Station wird von drei Seiten eingeschüttet und bestmöglich in das Gelände integriert. Die Gesamtpumpleistung wurde auf 550 l/s ausgelegt, wobei allerdings 120 l/s zur Füllung des bestehenden Teiches dienen und zusätzlich 120 l/s ohne Pumpleistung nur durch Filter und UV-Anlage die tiefer gelegenen Schneiflächen versorgen. Ein vorbildlicher Groß-Speicherteich Der neue, 13,5 m hohe Speicherteich „Schlosserbergsee“ (1 090 m) ergänzt den Bestand um ca. 140000 m3 Volumen. Der vorgesehene Speicherstandort war der einzige in der Umgebung, der die Errichtung eines derart großen Bassins zuließ. Mit dem anfallenden Überschussmaterial von ca. 150000 m3 wurde die Verbesserung der Skipistenflächen im unmittelbaren Nahbereich durchgeführt. Auch hier zeichnet die ARGE Stöckl – TEERAG ASDAG verantwortlich, beim Pistenbau an insgesamt 6 Teilabschnitten auch HTB Imst, die u. a. ein neues System für im Felsen rückverankerte Krainer-Wände bei Skiweg- Verbreiterungen zum Einsatz brachte.

Für die Folienverlegung zeichnet die Firma IAT, Niederlassung Kärnten, mit 7 Mann unter Prok. Reinhard Frießer verantwortlich.Foto: Steinwender

Dank dem Spezialisten für naturnahen Teichbau bei der Stöckl GmbH aus Hollersbach, Herrn Hauser Bacher, gelang eine vorbildliche Einbettung des Speicherteiches in die Naturlandschaft. Die Böschungen wurden so authentisch angedeckt, dass man kaum erkennen kann, was neu gemacht und was Urgelände ist! Davon war sogar die ökologische Bauaufsicht in der Person von Mag. Irmgard Silberberger begeistert…Abdeckung mit Bio-Folie Der Teich wurde von 7 Mann der Firma IAT unter Prok. Reinhard Frießer mit einer Foliendichtung aus PE-HD ausgeführt und vollflächig überschüttet. Als Spezialität wünschte sich Dr. Karl hier eine 2,5 mm starke „Bio-Folie“, gefertigt von AGRU nach der sogenannten Ellmauer-Methode mit energetisch aufgeladenem Wasser, die Schutz vor Algenbewuchs bietet. Die Nachbarn von den Kitzbüheler Bergbahnen haben diese Folie ebenfalls seit Jahren in Verwendung und stellten ihr ein gutes Zeugnis aus. Die Teichbefüllung erfolgt aus der Kitzbüheler Ache im Tal mit einer genehmigten Entnahme von 120 l/s innerhalb von ca. 14 Tagen, die beantragte Jahreskonsenswassermenge beträgt 285000 m3. An fünf Punkten wurden Drainageüberwachungen angebracht, die mit einem Messbecken mit Thomson-Wehr in der Pumpstation verbunden sind. Die planerische Herausforderung war für DI Christian Klenkhart und dem projektverantwortlichen Mitarbeiter DI Helmuth Steinwender die extrem kurze Planungszeit.

Die Rekultivierung wurde von dem Spezialisten auf diesem Sektor, Herrn Bacher Hauser von der Firma Stöckl, derart professionell gemacht, dass der Unterschied zur Urlandschaft nicht zu erkennen ist, wie das Bild beweist. Foto: Silberberger

„Im Februar wurde eine Projekt-Studie gemacht, im März mit der Planung begonnen und im Juni die Einreichung durchgeführt. Dass dann im selben Jahr noch gebaut wird, ist normalerweise nicht zu schaffen. Da hat die Reputation von Dr. Karl und das Wissen um die prekäre Situation im letzten Winter seitens der Landesregierung eine große Rolle gespielt“, so Klenkhart. Die letzten Lücken auf eine 100%-Beschneiung will Dr. Karl in ca. 2–3 Jahren schließen.

Ende nie: die 105 m lange Hauptpumpstation „Schlosserberg“ in der mittleren Bauphase. Foto: mak

Die technischen Voraussetzungen für diese eine Abfahrtsbeschneiung werden bereitsjetzt geschaffen. Selbst dann sollte sich aufgrund des gleichzeitigen Schneiens die Grundbeschneiungszeit nicht über die jetzt prognostizierten 60 Stunden erhöhen. Zunächst aber gilt es, Anfang Dezember2007 mit der neuen Schnei-Armada in Betrieb zu gehen. Der Mountain Manager hält St. Johann dafür die Daumen!mak

Detailblick in den von der Firma AGB ausgestatteten Pumpenraum auf 4 von 9 Caprari-Pumpen. Foto: mak

– Oberbauaufsicht: Klenkhart & Partner Consulting ZT GesmbH Innsbruck- Statik: IFS DI Gerhard Saurwein, Innsbruck- Geolog. Bauaufsicht: Mag. Wolfram Mostler, Innsbruck- Geotechn. Bauaufsicht: DI Dr. Hans Teindl ZT GmbH Innsbruck- Ökolog. Bauaufsicht: Technisches Büro für BiologieMag. Irmgard Silberberger, St. Johann- Speicherteich: Stöckl Franz GesmbH, HollersbachTEERAG ASDAG KufsteinHOCH-TIEF-BAU IMST Wörgl- Pumpstation: AGB GesmbH (Hydraulik) HallElektro Berchtold GmbH PettnauTEERAG ASDAG Kufstein- Schneileitung: Tiroler Röhren- und Metallwerke Hall- Schneeerzeuger- PE Rohre: INTERFAB Snowbusiness GmbH Innsbruck- Folienverlegung: IAT GmbH. Weitensfeld