In Garmisch-Partenkirchen laufen die Baumaßnahmen für die Ski-WM 2011 auf Hochtouren. Für die Neugestaltung der Rennstrecken werden 10 ha Pistenfläche komplett neu angelegt und 5 ha auf bestehendem Gelände adaptiert. Dadurch wird u. a. die berühmte Kandahar-Abfahrt noch schwieriger, zugleich aber auch für die Zuschauer im Zielbereich durch das sichtbare Steilstück am Ende der Strecke attraktiver. Parallel wird die Beschneiungsanlage massiv ausgebaut, so dass künftig 5 Talabfahrten in 70 Stunden beschneibar sein werden – eine Einzigartigkeit in Mitteleuropa. Für die Gesamtplanung und Oberbauaufsicht erhielt das Ingenieurbüro Klenkhart&Partner Consulting ZT GmbH den Zuschlag als Bestbieter bei den zwei EU-weiten Ausschreibungen (Kandaharabfahrtsstrecke und Slalomhang), bei der Schneitechnik fiel die Wahl auf LENKO mit 88 Schneeerzeugern.

Klenkhart-Projektleiter DI Christian Weiler (r.) mit Heinz Mohr, Chief of Sports der FIS Alpine Ski WM 2001 in Garmisch, an der Talstation der Kreuzeckbahn beim MM-Lokalaugenschein. Im Hintergrund das neue Steilstück der Kandahar-Abfahrt. Foto: mak

Der Mountain Manager konnte sich am 28. Mai, dem Tag des offiziellen Baubeginns in diesem Jahr auf dem Garmischer Hausberg, von den gigantischen Ausmaßen dieses Jahrhundertprojektes „Ski WM 2011“ überzeugen. Man hat es hier mit 7 getrennten Baustellen zu tun, die man in einem Tag gar nicht alle anfahren kann, über 100 (!) Baumaschinen sind gleichzeitig im Einsatz. Die Koordination ist eine große logistische Herausforderung für das Ingenieurbüro Klenkhart, die Projektleiter DI Christian Weiler bravourös managt. Dabei kommt ihm die Tatsache zugute, dass das Ingenieurbüro Klenkhart nun das 13. Jahr durchgehend in Garmisch tätig ist und sozusagen jedes verlegte Kabel und jeden Ansprechpartner kennt. Davon abgesehen müssen auch sehr gute Professionisten beauftragt werden, um die gesteckten Ziele ohne größere Probleme zu erreichen. Weiler hat hier in einer EU-weiten Ausschreibung, die aufgrund der zugeschossenen Fördermittel notwendig war, die bestmögliche Wahl getroffen: für den Pistenbau eine 4er ARGE bestehend aus den Firmen HTB/TEERAG-ASDAG AG/Plattner/Gebrüder Haider, für den Speicherteich die ARGE Haider/ TEERAG-ASDAG AG (Folie AGRU, verlegt von IAT), für die Pumpstation Demac (Hydraulik + Elektrotechnik) und für die Schneitechnik LENKO bzw. Saint Gobain für die Guß-Rohre.

Nahaufnahme Steilstück neue Kandahar-Abfahrt mit 85 % Gefälle. Foto: Klenkhart

Fünf beschneite Talabfahrten„Jedenfalls ist in den letzten 20 Jahren in Bayern nicht soviel passiert im Pistenbau kombiniert mit Beschneiung, wie hier bei diesem Projekt“, verrät Weiler. „Auch in Österreich gibt es kaum ein solch intensives Projekt – am ehesten ist es noch mit den WM-Aktivitäten in St. Anton am Arlberg zu vergleichen. Garmisch hat durch die Maßnahmen eine 5. Talabfahrt gewonnen, und alle 5 werden maschinell beschneibar sein; das ist einmalig in Mitteleuropa! 4 Talabfahrten hat es bisher schon gegeben, darunter aber nur eine beschneite. Dafür wird eine Pumpleistung von 1 000 l/s zur Verfügung stehen, die aus einem bestehenden Speicherteich mit 45 000 m3 und einem neuen mit 75000 m3 gespeist wird. Diese Wassermenge reicht aus, um bis zu einer Temperatur von – 6° C auf voller Stufe Schnee produzieren zu können. Erst dann muss man regulieren“, so Weiler.

Talseitige Böschungssicherung mit rückverankerter Holzstützwand im Bereich der FIS-Schneise. Foto: Klenkhart

Der alte Schneitech Bödele befüllt übrigens den neuen. Die hier bereits bestehende Hauptpumpstation (AGB/Berchtold) soll deutlich vergrößert werden und künftig eine Pumpleistung von rund 330 l/s aufweisen (derzeit 140 l/s). Gemeinsam mit den bestehenden Pumpstationen am Hausberg und bei der Kreuzwankl-Talstation wird somit ab dem Winter 2008/2009 wie o. a. eine Gesamtpumpleistung von rund 1 000 l/s erreicht. „Im Bereich Kandahar soll alles bis Ende 2008 fertig sein, zumal dann eine Junioren WM + 4 Weltcup- Rennen stattfinden. Nächstes Jahr geht es am Slalomhang Gudiberg noch weiter.“

Verbreiterung der FIS-Schneise (ausführende Firma: Arbeitsgemeinschaft HTB/TEERAG-ASDAG AG/Gebr. Haider). Foto: Klenkhart

Touristische Attraktivität erhöhtDer Grund für die getätigten Investitionen lag einerseits in der Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Skigebietes und somit Zukunftssicherung, andererseits in einer touristischen Stärkung der Region mit dem Ziel der Nachhaltigkeit und Attraktivierung. Demnach wurde die Streckenführung der neuen Kandahar-Abfahrt so gewählt, dass das Live-Publikum im Zielhang davon profitieren wird. „Die neue Kandahar-Abfahrt wird noch schwieriger werden als die Kitzbüheler Streif! Denn das letzte Stück entspricht der Mausefalle – nur auf der Streif ist die nach 15 Fahrsekunden, wo die Rennläufer noch Kraft haben, hier ist das Steilstück mit Sprung am Schluss“, erklärt Weiler. Die alte Herrenabfahrt dient nun den Damen als Abfahrt! Daran sieht man, wie sich das Niveau verschoben hat.

Firma HTB, Innsbruck, bei den Rohrverlegungsarbeiten.

Maßnahmen im PistenbauEinige Beispiele, wie sich die Pisten verändert haben : Im Bereich der „FIS-Schneise“ wurde die bestehende Pistenbreite verdreifacht. Dabei wurden u. a. eine Skibrücke mit einer Spannweite von 25 m und einer Breite von 10 m sowie Böschungssicherungen mit rund 700 m2 rückverankerter Holzstützwand errichtet (HTB). Beim „Tröglhang“ wird derzeit ein Skitunnel errichtet, um künftig unabhängig vom Trainings- und Rennbetrieb eine gefahrlose Querung der Skitouristen zu gewährleisten. Dazu ist es auch notwendig, den vorhandenen mittleren Skiweg, welcher einen der Hauptzubringer in das Skigebiet darstellt, mit aufwendigen Stützmaßnahmen deutlich zu verbreitern.

Der Speicherteich Hausberg mit 75000 m3 Volumen war bereits in der Saison 2007/2008 im Einsatz. Foto: Klenkhart

Auch am Slalomhang „Gudiberg“ werden die im Vorjahr begonnenen Umbauarbeiten fortgesetzt. Durch den Ausgleich von stark exponierten Geländestrukturen wird künftig mit einer deutlich geringeren Schneemenge das Auslangen gefunden werden. Die Verlängerung des Slalomhanges bis in das neue Ziel im Sprungstadion wurde ja bereits im Jahr 2007 umgesetzt. 2009 wird auch noch eine 4er-Sesselbahn auf den Gudiberg errichtet. Speicherteich Hausberg mit 75000 m3 Noch im Jahr 2007 wurde das 2006 geplante und genehmigte Projekt der Pistenadaptierungen und der Beschneiungsanlage inklusive dem 75 000 m3 fassenden Speicherteich im Bereich der Drehabfahrt umgesetzt. Den richtigen Platz zu finden für das Bassin auf 1 500 m Höhe war nicht gerade einfach. Einerseits sollte es möglichst nahe der Piste sein, andererseits durfte ein angrenzendes geschütztes Moor auf gar keinen Fall in Mitleidenschaft gezogen werden. Der schließlich in Frage kommenden Platz musste einer Schlepplifttrasse weichen und neu verlegt werden. Weiters musste ein Berg abgetragen werden, so dass insgesamt 100 000 m3Aushubmaterial anfielen, das jedoch zur Gänze im Pistenbau verwendet werden konnte. Die Firma Gebr. Haider aus Großraming führte diesen Auftrag wieder professionell  gemeinsam mit dem Subunternehmer IAT (Innovative Abdichtungs-Technologien), der mit der Folienverlegung (AGRU) beauftragt wurde, aus. Die Notentleerung des Speicherteiches erfolgt in einen geschützten Wildbach, eine Drainageüberwachung ist selbstverständlich. Durch die Höhenlage des Wasserbeckens kann in vielen Bereichen der Schneileitung mit Naturdruck gearbeitet werden, eine Druckreduzierung bis zu den Tal- Schneigeräten ist jedoch nicht notwendig.

43 lärmarme LENKO-Schneeerzeuger Whisper auf 6 m Türmen sind das Rückgrat der neuen Beschneiungsanlage in Garmisch Partenkirchen. Foto: Klenkhart

Eine der leistungsstärksten Beschneiungsanlagen DeutschlandsBei der Beschneiungsanlage selbst handelt es sich um eine der leistungsstärksten Deutschlands. Im oberen Streckenabschnitt wurden insgesamt 21 Zapfstellen, vollbestückt mit lärmarmen LENKO Propeller-Schneeerzeugern „Whisper“ mit zweistufigem Ventilatormotor auf höhenverstellbaren 6 m Schneitürmen „Winchtower“, im unterenStreckenabschnitt eine Hybridanlage mit insgesamt 26 Zapfstellen, vollbestückt mit zentralluftversorgten neuen LENKO Lanzen Orion installiert, die autonom betreibbar sind. Zusätzlich sind weitere 10 mobile Propeller-Schnee-Erzeuger im Einsatz. LENKO hat auch alle Schneischächte geliefert, beim Winchtower ist der große Schacht zugleich das Fundament. Der Vorteil des LENKO-Turmes ist neben seinem geringen Gewicht (2 Mann können ihn transportieren) die Erhöhung der Schnee-Produktionsleistung um ca. 20–25%. Heuer folgen im Bereich der Hornabfahrt weitere 22 Zapfstellen, vollbestückt wiederum mit lärmarmen Whisper Schneeerzeugern auf höhenverstellbaren Schneitürmen und 11 Zapfstellen, vollbestückt mit zentralluftversorgten Orion-Lanzen. Summa summarum kommen 88 LENKO-Schneigeräte zum Einsatz, wobei für jeden Anwendungsfall das beste System gewählt wurde (Hybridanlage). Lärmarme Schneeerzeugungsmaschinen vorgeschrieben Die Verwendung von lärmarmen Schneemaschinen war ein wesentliches Ausschreibungskriterium, da jede Kanone in Richtung Garmisch Lärm abstrahlt. Bei Inbetriebnahme hat die Behörde extra noch eigene Schallmessungen durchgeführt. „Wären diese Auflagen nicht erfüllt worden, würde die Anlage jetzt stillstehen“, betont Weiler. So aber konnte die enorme Leistungsstärke der Beschneiungsanlage bereits im Dezember 2007 unter Beweis gestellt werden, als in der letzten Kälteperiode knapp vor Weihnachten die gesamte Drehabfahrt binnen 70 Stunden grundbeschneit werden konnte!

Holger Stübner, Bereichsleiter Tirol und Vorarlberg bei der Firma Haider, zeichnete für den Speicherteich verantwortlich. Foto: mak

Ein Großteil der Dreh- und Hornabfahrt kann, wie bereits erwähnt, mittels Eigendruck beschneit werden. Nur für den obersten Abschnitt sind 2 Mitteldruckpumpen erforderlich. Zusätzlich wird der Bereich „Kreuzwankl“ über 3 HD-Pumpen mit Schneiwasser beschickt, alle von Caprari in einer neuen Demac-Pumpstation mit 260 l/s Pumpleistung (3,0 MW Anschlusswert) – samt Eigendruck von 200 l/s stehen dann enorme 460 l/s zur Verfügung. Die Garagierung der Schneeerzeuger ist im Obergeschoß der Pumpstation vorgesehen, unten befindet sich außer der Hydraulik ein Kompressorraum mit 2 Druckluftkompressoren a 132 kW, ein Service-/Wartungsraum und die 4 Trafos mit je 630 kVA – das ist im Verhältnis zur beschneibaren Fläche gar nicht so viel. Für die Strecke wurden 8000 lfm Gussrohre (Saint Gobain), 3 500 lfm Abwasserrohre und 14 000 lfm HDPE-Rohre verwendet.

Die neue Pumpstation beim Speicherteich Hausberg erhält diesen Sommer noch ein Obergeschoß für die Garagierung der Schneerzeuger. Foto: mak

70 Stunden EinschneizeitDiese Beschneiungsanlage garantiert eine vollflächige Beschneiung aller versorgten Pistenflächen binnen max. 70 Schneistunden – und zwar im Grenztemperaturbereich, den man in diesen Höhenlagen oft hat. Ab ca. – 3° C FKT schaltet man die Propeller ein, ab – 4,5 ° C die Lanzen. Eine große Hilfe ist dabei das sehr kalte Teichwasser von fast 0° C, das mittels Drucklufteinblasung umgewälzt wird. mak

Michael Manthai, Repräsentant von LENKO Deutschland, hat einen riesigen Auftrag eingefahren. Foto: mak

Klenkhart Planungs- und Controllingleistungen- Gesamtplanung der Rennstrecken (Abfahrt, Super-G und Riesentorlauf) und der Beschneiungsanlagen im Bereich Kandahar;- Gesamtplanung der Rennstrecken (Slalom) und der Beschneiungsanlagen im Bereich Gudiberg;- Schneitechnisches Grundsatzkonzept und Detailplanung Beschneiungsanlage und Speicherteich;- EU-weite Ausschreibung und Oberbauaufsicht für die Pistenverbreiterung im Bereich der FIS-Schneise (Bereich Kandahar);- Öffentliche Ausschreibung und Oberbauaufsicht für die Pistenadaptierungen, Einbindung des Slalomhanges in das Sprungstadion und die Verbindungsleitung zwischen dem Kainzenbad (Speicherteich) und der Hauptpumpstation der Beschneiungsanlage;- Eu-weite Ausschreibungen und Oberbauaufsicht für den Speicherteich, die Hauptpumpstation, die Schneitechnik, die Rohr- und Kabelverlegearbeiten (inkl. Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung) und die Technik (Hydraulik, E-Technik und Steuerung) der Hauptpumpstation sowie der Kompressorstation Horn.