grischconsulta erstellt für SBS wertvolles Handbuch: Energiemanagement Bergbahnen Schweiz – eine Pionierstudie

Die Schweizer Bergbahnen reagieren mit aktivem Energiemanagement auf die Veränderungen im Energiemarkt und die wachsenden Qualitäts- und Leistungs – anforderungen der Gäste. Die auf der D-A-CH Tagung präsentierte Studie „Energiemanagement Bergbahnen“ von Seilbahnen Schweiz (SBS) und grischconsulta ermittelt ein Energie-Einsparungs – potenzial von rund 15 %. Allerdings benötigen die Schweizer Bergbahnen jährlich „nur“ ähnlich viel Strom wie die Hotel- und Gastrobetriebe in Zürch, nämlich 183 GWh. Und sie verursachen nur einen geringen Teil der gesamten CO2-Emissionen eines Skiurlaubs!

Dr. Ing. Roland Zegg, Geschäftsführer von grischconsulta, präsentierte am 21. 10. dem Fachpublikum die neue Studie „Energiemanagement Bergbahnen“. Foto: mak

Der Schweizer Seilbahnverband hat 2009 – unterstützt von Innotour (seco) – grischconsulta aus Chur mit der Erarbeitung der umfangreichen Studie zum Energiemanagement beauftragt. Die nun vorliegende internationale Pionierarbeit bringt, abgeleitet aus den Studienergebnissen, konkrete Handlungsanleitungen für die unternehmerische Praxis. Sie hilft den Verantwortlichen, die Sensibilität zum Thema Energie und Energie-Image in der Seilbahnbranche zu erhöhen und versachlicht die Diskussion um Energie- und Emissionsfragen bei touristischen Aktivitäten.Skifahren verbraucht weniger Strom als WellnessDer gesamte Strombedarf der Schweizer Bergbahnen von rund 183 GWh pro Jahr wird zu 55 % von den Transportanlagen, zu 32 % von der technischen Beschneiung und zu 13 % für weitere Dienstleistungen inkl. Gastronomie im Gebiet benötigt. Der Strombedarf entspricht rund 0,27 %, also weniger als 3 Promille des in der Schweiz produzierten Stroms, dabei ist der Strombedarf pro Arbeitsplatz mit 33 MWh ungefähr gleich hoch wie in der Nahrungsmittelbranche. Der Stromverbrauch pro Besucher und Skitag ist dabei mit 5,3 kWh um einiges geringer als beispielsweise bei einem Besuch in einer Therme oder einem Hallenbad.

Der Stromverbrauch der Schweizer Bergbahnen im Vergleich. Insgesamt benötigt die Bergbahnbranche nur 0,27 % des in der Schweiz hergestellten Stroms. Grafiken: grischconsulta (3)

Wintersportferien verursachen geringe CO2-EmissionenDie Untersuchung des Treibhausgas-Ausstoßes von vier unterschiedlichen Bergbahnen in den Schweizer Alpen zeigt, dass der Qualitätsstandard, die Topografie und der Ausbau einen großen Einfluss auf die Höhe der Treibhausgas-Emissionen haben. Die Emissionen pro Ferienaufenthalt sind aber in erster Linie von der Wahl des Verkehrsmittels, der Länge des Anreiseweges und der Art der Unterkunft abhängig. Die Emissionen der Bergbahnen haben dabei nur einen geringen Anteil. Im Vergleich zu anderen Ferienszenarien wie z. B. Kreuzfahrt, Badeoder Tauchferien sind die Emissionen von Wintersportferien wesentlich geringer.Lawinenverbauungen als SolarkraftwerkeSchon heute sind die Bergregionen das Energiezentrum der Schweiz (Wasser-, Sonnen- und Windenergie). Es gibt dabei verschiedene Möglichkeiten, wie Bergbahnen selbst Energie produzieren können. Besonders geeignet sind die bessere Nutzung von Abwärme, Photovoltaik, Geo- und Solarthermie. Lawinenverbauungen an Südhängen, auch ohne Pisten, eignen sich hervorragend für ertragsstarke Solarkraftwerke. Beschneiungsanlagen können in Umkehrfunktion auch als Wasserkraftwerke betrieben werden. Die erforderlichen Infrastrukturen wie Speicherseen, Druckleitungen und Pumpstationen sind in den meisten Fällen vorhanden. Was in der Schweiz noch Planungscharakter hat, ist in Österreich vorbildhaft bereits Realität.

Stromverbrauch pro Ersteintritt resp. Besucher im Vergleich. Die Bergbahnenn sind auf Augenhöhe mit einem Thermalbad oder Sportstadion.

Energiemanagement als Strategie und WerbeargumentBerechnungen haben gezeigt, dass bei Bergbahnunternehmen und Skibzw. Ausflugsgebieten mit aktivem Energiemanagement Reduktionen des Energieverbrauchs und der -kosten von bis zu 15 % möglich sind. Das Management von Lastspitzen verspricht ein großes Kostensenkungspotenzial. Doch auch bereits mit einfacher umsetzbaren, rein organisatorischen Maßnahmen sind substanzielle Einsparungen möglich. Die Autoren empfehlen, das Thema Energiemanagement als festen Bestandteil in die Unternehmensstrategie aufzunehmen. Wichtig sind klare organisatorische Regelungen von Verantwortlichkeiten und regelmäßiges Controlling. Das darf auch kommuniziert werden, denn Energie ist auch ein Marketing-Thema. Kunden sind heute bereit, für umweltfreundliche Produkte mehr zu bezahlen, weil sie damit einen zusätzlichen ideellen Wert erhalten. Wichtig ist die Glaubwürdigkeit solcher Maßnahmen, die durch Zertifizierungen von neutralen Stellen erhöht werden kann.Was bringt und was kostet Energiemanagement?Die Energiekosten sind heute – nach den Personalkosten – der zweitgrößte Kostenblock bei den meisten Bergbahnunternehmen. Ein aktives Energiemanagement kann Einsparungen bei den Energiekosten von bis zu 15 % bewirken. Man muss dabei zwischen rein organisatorischen Maßnahmen ohne Investitionsfolgen und Schritten, die Investitionen mit sich bringen, unterscheiden. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist es sinnvoll, zuerst Maßnahmen umzusetzen, welche große Wirkung für die jeweilige Unternehmung haben. Die notwendige Aufbereitung von zusätzlichen Daten kann auch für das betriebswirtschaftliche Controlling eingesetzt werden.

Treibhausgas-Emissionen verschiedener Ferienszenarien ab Bern. Badeferien und Kreuzfahrten schneiden schlechter ab. Co2-Treiber sind die An- und Abreise.

Ist Maschinenschnee energetisch zu verantworten?Roland Zegg: „Es ist klar, dass durch technisch erzeugten Schnee der Strombedarf einer Bergbahn steigt. Man darf aber nicht vergessen, dass sich die Energieeffizienz in diesem Bereich in den letzten Jahren rasant verbessert hat. Der Energiebedarf pro Arbeitsplatz der Bergbahnen in ist vergleichbar mit demjenigen in der Nahrungsmittelbranche, welche aber kaum Arbeitsplätze in peripheren Berggebieten sichert. Betrachtet man den Strombedarf durch die Beschneiung im Vergleich mit Verbrauchssteigerungen bspw. bei einem Angebotsausbau der SBB oder der Swisscom, so scheint die alljährliche Kritik unverhältnismäßig. Der Strombedarf aller Schweizer Bergbahnen entspricht weniger als 45 % von jenem der Swisscom.

Klenkhart und SUFAG realisieren BSA Ofterschwang: Deutschlands größter Speicherteich für 91 neue SUFAG-Geräte

Das Weltcup-Skigebiet Ofterschwang-Gunzesried im Oberallgäu (D) realisiert um 5, 5 Mio. Euro einen mächtigen Sprung bei der Beschneiung: während des Sommers wurde der größte Speicherteich Deutschlands mit 106 000 m3 Volumen errichtet sowie 91 Schneerzeuger von SUFAG – konkret 21 Propellermaschinen und 70 regelbare Lanzen Gemini Power Plus – angeschafft. Speicherteich und Hybridanlage sichern die Beschneiung der Weltcuppiste (Slalom und Riesenslalom Damen) sowie aller touristisch genutzten Pistenflächen. Als kompetenter Partner beim umfangreichen Behördenverfahren (Umweltverträglichkeitsprüfung), den Ausschreibungen sowie bei der Überwachung der komplexen Bautätigkeiten wurde das Ingenieurbüro Klenkhart & Partner Consulting ZT GmbH aus Absam/Tirol beigezogen.

Der größte Speicherteich Deutschlands mit 106 000 m3 Volumen liegt nun in Ofterschwang, Oberallgäu. Foto: mak

Die Bergbahnen Ofterschwang-Gunzesried GmbH & Co.KG haben heuer die Schneiflächen von bisher 33 ha auf rund 53 ha erweitert. Schon beim Altbestand der Beschneiungsanlage (23 HKD-Lanzen) bestand eine große Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Wasserbereitstellung und den zu beschneienden Pistenflächen. Schneizeiten von über 200 Stunden für die Grundbeschneiung waren die Regel. In den Jahren mit Weltcupveranstaltungen musste zudem die Weltcuppiste vorrangig beschneit werden, weshalb die touristisch genutzten Pistenflächen teilweise zu den Hauptsaisonzeiten nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung standen!Aufgrund des Wasserbedarfes von rund 170 000 m3 im Endausbau, davon zwei Drittel für die Grundbeschneiung, war die Errichtung eines entsprechend groß dimensionierten Speicherteiches zwingend erforderlich. Gleichzeitig wurde eine deutliche Erhöhung der Schlagkraft der Beschneiungsanlage angestrebt, um die Grundbeschneiung künftig in 70–80 Schneistunden ausführen zu können.

Beim MM-Lokalaugenschein versammelten sich in der Pumpstation (v. l. n. r.): DI Rainer Hartmann (GF + BL Bergbahnen Ofterschwang-Gunzesried), Hermann Felder (SUFAG Deutschland), Hans Peter Schratt (GF Bergbahnen Ofterschwang-Gunzesried), Christoph Amann (Bauleitung Fa. Dobler), DI Christian Weiler (GF Klenkhart & Partner Consulting) und Werner Kresser (SUFAG Kennelbach). Foto: mak

Umfassendes Variantenstudium für TeichstandorteEs wurde daher basierend auf einem umfassenden schneitechnischen Grundsatzkonzept des Ingenieurbüros Klenkhart&Partner Consulting ZT GmbH ein behördliches Vorverfahren eingeleitet, um den optimalen Standort für die Realisierung des Speicherteiches zu finden. Aufgrund der Sensibilität des Bauvorhabens – das Skigebiet grenzt an ein FFH-Gebiet sowie an Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete und ist ein beliebtes Wandergebiet sowie Naherholungsraum für die Allgäuer Bevölkerung – musste ein umfassendes Variantenstudium diverser, potenziell geeigneter Teichstandorte durchgeführt werden. Dieses stellte die Basis für das nachfolgende UVP-Verfahren dar. „Gemeinsam mit den involvierten Behördenvertretern sowie den Umweltfachverbänden wurde letztlich der Teichstandort an der Gaisrückenalpe mit einem Fassungsvermögen von 106 000 m3 gewählt. In diesem Bereich waren auch großflächige Pistenbaumaßnahmen vorgesehen. Folglich konnten die erforderlichen Deponieflächen für das ungeeignete Aushubmaterial beim Speicherteichbau mit den Pistenbauflächen zusammengelegt werden“, erklärt DI Christian Weiler, GF bei Klenkhart & Partner Consulting. Auf Wunsch des Grundeigentümers wurde der Speicherteich von der Firma J. Dobler landschaftsgerecht als Bergsee geplant und verwirklicht; eine touristische Nutzung dieses Bergsees ist jedoch nicht beabsichtigt. Dank des frühen Baubeginns am 7. 6. 2010 konnte der Speicherteich trotz des niederschlagsreichen Sommers 2010 weitgehend termingerecht ab dem 16. 10. 2010 befüllt werden.

An der Station „Weltcup-Berg“ steht die Nummer 1 der SUFAG-Flotte, eine Compact Power. Betriebsleiter Franz Abrel schwört darauf. Foto: Kresser

240 Sekundenliter Schneiwasser verfügbarZusätzlich zur bestehenden wurde eine neue, zentrale Hauptpumpstation am Dammfuß des Speicherteiches errichtet, von welcher künftig alle Schneiflächen zentral mit Schneiwasser versorgt werden – und zwar mit bis zu 240 l/s (vormals nur) 90 l/s. Dazu sind 3 Hochdruckpumpen mit 400 kW und 2 Vorpumpen mit je 90 kW (alle ITT Vogel) notwendig.Das mit Holz verkleidete Bauwerk wurde bewusst etwas versteckt vom Damm abgesetzt, damit man gleichzeitig Teich- und Stationsbau erledigen konnte. Außerdem hätte man das Bauwerk dann stärker ausführen müssen, da es ungleich höheren Belastungen ausgesetzt gewesen wäre. In dieser Hauptpumpstation wurden auch Räumlichkeiten für die Lagerung von Schnee-Erzeugern vorgesehen. Als Generalunternehmer fungierte hier die SUFAG, welche nach Kundenanforderungen das Konzept erstellte und als Subunternehmer AGB Hall sowie Elektro Kirsch beizog. SUFAG-Spezialist Hannes Stadler ließ sich einige Besonderheiten einfallen wie z. B. die gleichzeitige Verwendung der Füllleitung als Schneileitung Tal. Das bedeutet, wenn es beim Beschneien eine Restwassermenge gibt, wird diese parallel in den Speicherteich eingespeist. Die Wasserentnahme geschieht aus einem Tal-Bach etwa 250 Höhenmeter unterhalb des Speicherteiches (27 bar Druck). Für die spätere Einbindung von Kühltürmen ist hydraulisch alles vorbereitet. Derzeit muss man mit einer Drucklufteinblasung via Atlas Copco-Kompressoren in den Speicherteich das Auslangen finden.

Abdichtungsarbeiten von IAT im Spätsommer. Foto: Weiler

Die Pistenqualität hat jetzt Vorrang„Der Unterschied zu vorher ist gewaltig, vor allem von der Gleichzeitigkeit der Schneerzeugung her gesehen“, sagt Geschäftsführer und Betriebsleiter DI Rainer Hartmann zur MM-Redaktion. „Wir konnten bei den Kältefenstern immer nur partiell beschneien und mussten dann wieder umrüsten. Die Weltcuppiste wurde natürlich bevorzugt, und die Familienpisten daher oft vernachlässigt. Die Zeitgleichheit hat nie funktioniert, aber jetzt ist sie gewährleistet. Mit der Anlagenerweiterung bzw. –Umrüstung auf hybrid sind nun über zwei Drittel unserer 18 km Pisten technisch beschneibar – und zwar in ca. 70 Stunden –, was für diese Region ein ganz guter Wert ist. Uns war nach den letzten Wintern klar, dass wir jetzt mehr in die Pistenqualität investieren müssen und erst im Folgeschritt wieder in die Aufstiegshilfen. Auch hierzu existieren bereits Pläne, wahrscheinlich wird eine 2 km lange Kombi-Bahn mit Gondeln und Sessel realisiert“; so artmann weiter. „Das bringt Prestige bzw. Bewertungspunkte im Kartenverbund (Allgäu Superschnee etc.) und passt zu unserer Gästeklientel, die ja nicht nur aus sportlichen Fahrern, sondern auch aus Familien mit Kindern und Skischulen besteht.“

Für die großflächigen Pistenbaumaßnahmen konnte Aushubmaterial vom Speicherteichbau verwendet werden. Foto: mak

Die Praktiker sprachen sich für SUFAG ausDer Auftrag „Beschneiungsanlage Ofterschwang“ war unter 5 Anbietern letztlich an SUFAG vergeben worden, zumal die Bergbahnen nicht nur die Zahlen sprechen lassen haben, sondern auch die Erfahrung und das Urteil der Schneier. Die Praktiker hatten bereits vor 3 Jahren testweise 25 manuelle SUFAG-Lanzen eingesetzt und inzwischen auch andere Typen ausprobiert. Die Performance der SUFAG-Geräte sowie die geografische Nähe zu Kennelbach und der optimale Support haben schließlich den Ausschlag gegeben. „Und der Preis hat zum Schluss auch gestimmt“, verrät Hartmann. Der Lieferumfang von SUFAG umfasst nunmehr – neben 130 kompletten Zapfstellen – bei den Lanzen 44 vier – stufig regelbare Gemini Power Plus und 26 zweistufig regelbare Gemini Power, bei den Propellermaschinen 10 Compact Power, 6 Compact Eco und 5 SuperSilent. Weiters werden auf sensiblen Punkten der Weltcuppiste 5 Gunlifter und 1 Schwenkarm platziert, letzterer an einer kupierten Stelle, wo sich 2 Strecken teilen. Die Steuerungszentrale für die Vollautomatik wird an der Bergstation „Weltcup-Berg“ der 6er Sesselbahn untergebracht werden, eine weitere Steuerungsmöglichkeit im E-Raum der Pumpstation. Bei der Lanzen-Steuerung wird übrigens das Master-Slave System angewendet, sprich eine Lanze gibt mit der Wetterstation einen Wert vor, über den auch noch zwei weitere Lanzen mitgesteuert werden. Also „Glück auf Ofterschwang“ für den nächsten Weltcup am 4.+ 5. März 2012. mak

DOPPELMAYR/GARAVENTA: Dem Himmel ein Stück näher

Mitte Dezember 2010 soll die neue Gaislachkoglbahn von DOPPELMAYR offiziell in Betrieb gestellt werden. Die Bahn, die in 2 Sektionen von 1 363 m auf 3 040 m führt, kombiniert 2 Systeme und kann mit einigen Superlativen aufwarten.

Talstation der Gaislachkoglbahn. Foto: Architekturbüro Obermoser

Die Geschichte der Seilbahnen auf den Gaislachkogl war schon immer mit Rekorden verbunden. So wurde 1966 eine Pendelbahn gebaut, die 450 P/h befördern konnte und damals die höchste Seilbahn Österreichs war. 1988 wurde sie durch eine Doppelseilumlaufbahn ersetzt, die als größte und modernste Seilbahn der Welt gehandelt wurde. Mit dem Projekt „Gaislachkoglbahn neu“ setzt man diese Geschichte fort. Die erste Sektion der Gaislachkoglbahn wird als 8er-Einseilumlaufbahn geführt, die eine Beförderungskapazität von 3 600 P/h aufweist und damit einen neuen Weltrekord aufstellt. Nach einer Fahrzeit von rund 7 Minuten erreicht man die Zwischenstation auf 2.174 m Seehöhe, in der ein Systemwechsel stattfindet. Die 2. Sektion ist nämlich als 3S-Bahn konzipiert, die mit ihrer Bergstation auf 3 040 m Seehöhe als höchste Variante dieses Bahntyps gilt. Gleichzeitig kommt für die 3S-Bahn ein Bergesystem zum Einsatz, das weltweit einzigartig ist. Investiert wurden insgesamt 38 Mio. Euro.Komfort – Komfort – KomfortMit dieser Aussage bringt Jakob Falkner, Geschäftsführer der Bergbahnen Sölden, seine Erwartungen an die neuen Bahnen auf den Punkt. Die Bergbahnen Sölden profitieren durch ihre Entscheidung, die 2. Sektion als 3S-Bahn auszuführen, außerdem von den umfangreichen Vorzügen dieses Systems wie sehr gute Windstabilität (bis 100 km/h), geringe Fahrzeit und geringer Energieverbrauch, große Förderleistung sowie der Realisierung langer Spannfelder. Mit 1 200 m ist denn auch der längste Abschnitt am Beispiel Gaislachkoglbahn zwischen 2 Stützen beachtlich. Komfort bieten die Bergbahnen Sölden ihren Gästen schon von Anfang an. So erfolgt der Zugang zur Talstation der 8EUB über Rolltreppen und Aufzug, wobei barrierefreie Ein- und Ausstiege für alle Benutzergruppen wichtige Aspekte bei der Planung waren. Die Stationen wurden großzügig dimensioniert, sodass sowohl Ein- als auch Ausstieg im geraden Stationsbereich erfolgen können. Ebenfalls aus Komfort- und Sicherheitsgründen wird in der Talstation die Bahngeschwindigkeit der 8EUB auf 0,3 m/s abgesenkt und damit im Vergleich mit der Standardgeschwindigkeit von 0,4 m/s in diesem Bereich nochmals reduziert.

Die Bergstation der 3S-Bahn auf 3 040 m Seehöhe. Foto: Architekturbüro Obermoser

Die ArchitekturAuch architektonisch setzt die Gaislachkoglbahn Akzente. Gemeinsamer Nenner der modernen Stationsgebäude, die vom Architekturbüro Johann Obermoser aus Innsbruck entworfen wurden, ist die harmonisch geschwungene Gebäudeform. Im Inneren dominiert ein Stahlskelett, das von einer Kunststoffhaut überspannt wird. Auf diese Weise wird ein helles und durchscheinendes Raumkonzept verwirklicht, das den Blick auf das Innere freigibt. Da der gesamte Bergstationsbereich auf Permafrost gegründet ist, war hier eine besondere Bautechnik gefragt. So wird die Station auf einem computergesteuerten Hydrauliksystem platziert, mit dessen Hilfe Geländebewegungen ausgeglichen werden. Ein Durchlüftungssystem sorgt dafür, dass der natürliche Untergrund stets „tiefgekühlt“ bleibt.

V. r.: Jakob Falkner, Geschäftsführer Bergbahnen Sölden, Oliver Schwarz, Direktor Ötztal Tourismus, Johann Obermoser, Architekturbüro Obermoser arch-omo zt gmbh, und Ekkehard Assmann, Doppelmayr Seilbahnen GmbH, präsentieren Wissenswertes rund um das Projekt „Gaislachkoglbahn“. Foto: dwl

Weitere technische BesonderheitenDa auch die Stütze 3 im Bereich der 3S-Bahn auf Permafrost gründet und damit Setzungen und Verschiebungen des vereisten Bodens zu erwarten sind, wurden die Fundamente längs und quer zur Bahnachse um jeweils 60 cm verschiebbar gebaut. Zusätzlich sind die 6 Fundament- Teile einzeln um bis zu 60 cm anhebbar. Insgesamt sind die Dimensionen der Stütze 3 als letzte vor der Bergstation beachtlich. Die Höhe beträgt 37,1 m, die Sattellänge 40,5 m und die Spur 11 m. Ihr Gesamtgewicht beträgt 200 t, wobei sie Belastungen bis 7 000 kN gewachsen ist (reguläre EUB-Stützen ca. 180 kN). Zum Einsatz kommen wird in der 2. Sektion ein neuartiges Bergekonzept, das eine „Evakuierung der Bahn ohne Bergung“ möglich macht. Fahrgäste müssen damit die Kabinen nicht mehr verlassen. Erreicht wird das durch zahlreiche Zusatzmaßnahmen wie z. B. einen 2. Notantrieb, die einen redundanten Betrieb sicherstellen.Noch mehr InvestitionenDie Gaislachkoglbahn bleibt nicht die einzige Investition, die man in Sölden für den Winter 2010/11 realisiert. So rückt das Anfängerareal „Innerwald“ mit Hilfe eines Shuttlesystems näher an Sölden. Der People Mover wird behindertengerecht ausgeführt und stellt eine Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr dar. Die Streckenlänge beträgt 267 m, die Transportkapazität 400 P/h. Der Höhenunterschied zwischen Berg- und Talstation beträgt 107 m und wird in nur 3 Minuten zurückgelegt. Investiert werden rund 4,5 Mio. Euro. Gebaut wurde außerdem ein neuer Speicherteich „Panorama“ auf 2 919 m Seehöhe, der damit der höchstgelegene Speichersee Tirols ist. Sein Fassungsvolumen beträgt 405 000 m3, die Tiefe 17 m. Die Wasseroberfläche beträgt beachtliche 35 000 m2. Investiert wurden rund 9 Mio. Euro. Und auch der Zugang ins Skigebiet wird in der kommenden Wintersaison um eine Variante ergänzt. Dann hat der Gast die Möglichkeit, Skitickets einfach und bequem via Internet zu bestellen. Nach der Bezahlung mit Kreditkarte erhält man einen 6-stelligen alphanumerischen Code per Mail, mit dem dann die bezahlten Tickets an den Abholautomaten in Sölden, an allen Kassen und bei den über 70 Verkaufsstellen im Ötztal abgeholt werden können.

Dr. Helene Karmasin Motivforschung: Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte – aber welche?

Motivforscherin Dr. Helene Karmasin wurde von Netzwerk Winter gemeinsam mit den Salzburger Seilbahnen und der österreichischen Skiindustrie mit einer Studie beauftragt, welche den motivatorischen Wert der üblicherweise verwendeten Winter-Bilder erhebt. Die Ergebnisse der qualitativen und semiotischen Analyse zeigen, dass nur eine durchschnittliche und herkömmliche Ästhetik geboten wird und der Grad der Berührung und Emotionalität gering ist. Es wird abgebildet, aber es werden wenig Zusatzwerte aufgebaut. Laut Karmasin wäre durch richtige Inszenierung noch eine beträchtliche Emotionalisierung drinnen!

Motivforscherin Dr. Helene Karmasin. Foto: Karmasin Motivforschung

MM-Frage: „Warum soll man sich mit der Frage des Bildwelten-Effekts beschäftigen, wenn der Wintersport ohnehin gut läuft?“Karmasin: „Erstens kann man alles optimieren und wie sich zeigen wird, ist in diesem Feld noch Beträchtliches drinnen. In der Konsumgüterindustrie z. B. weiß man, dass man die Produkte bzw. die Angebote aufladen muss, damit sie Begehrlichkeiten wecken, dass man die Dinge wertvoll machen und Botschaften kommunizieren muss. Diese Erkenntnis trifft auf jedes Geschäftsfeld zu. Das geschieht immer, indem man bestimmte Motive anspricht, Emotionen weckt und Konzeptionen des Wünschenswerten dargestellt werden. Das heißt, indem man bestimmte Werte inszeniert, die uns derzeit einfach wichtig sind. Und das kann man immer wieder machen, indem man Zeichenwelten an die Produkte anschließt. Davon habe ich in der Studie einmal zwei näher betrachtet: die Bilder und den verwendeten Stil, also die Ästhetik. Grundsätzlich sollte die Strategie darin bestehen, mit Bildern zu emotionalisieren.“MM-Frage: „Wie könnten die in Prospekten und auf Homepages verwendeten Bilder mehr Lust auf Winterurlaub machen?“Karmasin: „Häufig geht es in der Werbung ja um die Inszenierung von Sehnsuchtsorten, um Ursprung, Heimat, reine und heile Welt oder um die Überhöhung einer normalen Tätigkeit (Hornbach: ,Wieviel Wahnsinn steckt in dir?‘). Wenn schon z. B. Bierwerbung Sehnsuchtsorte inszenieren kann, um wieviel mehr müssten das eigentlich die Leute machen, die diese Landschaften tatsächlich haben? Ihre Gäste sind auch Konsumenten und daher von der Konsumgüterindustrie her an unglaubliche ästhetische Niveaus gewöhnt. Wenn Sie mit einer Ästhetik daherkommen, die vor 20 Jahren super war, aber es jetzt halt nicht mehr ist, dann macht das schon einen gewissen Abstand sichtbar. Das bedeutet, ihre Winter-Bilder sollen:. als Auslöser fungieren. Lust erzeugen. Sehnsucht wecken.Folglich dürfen wir nicht nur abbilden, was da ist! Das allein weckt noch keine Sehnsucht – wenn ich z. B. die imposanten Seilbahnstützen zeige. Sondern Sie müssen inszenieren, was der Betrachter davon hat. Etwa wenn mich diese Bahn in ein paar Minuten in eine tolle Höhe bringt. Sozusagen ,in 5 Minuten Herr des Gipfels sein!‘ Sie müssen daher so abbilden, dass Gefühle und Sehnsüchte ausgelöst werden. Inszenieren muss man konkret die Stimmung, den Genuss – etwa durch den Schnee zu fahren – das Erlebnis ansich, das einen da erwartet.“

Gewinner bei den Bildern, die am ehesten Lust auf Winterurlaub machen, waren romantische Stimmungen wie „die Hütte im Schnee“ oder verzaubernde Ortskerne. Foto: KAM

MM-Frage: „Worauf ist beim Inszenieren speziell zu achten?“Karmasin: „Ein wichtiger Aspekt ist immer die Identifikation – daher nicht nur typische ,Werbemenschen‘ zeigen. Idealerweise würde man das Bild ansehen und sagen: das könnte ja ich sein, oder jedenfalls mein ,wahres Ich‘ jenseits des grauen Alltags. Die Psychologie spricht da von dem Motiv ,antizipatorischer Hedonismus‘. Man träumt sich sozusagen in eine Situation hinein. Das Ganze muss so dargestellt sein, dass der Betrachter sagt: da möchte ich jetzt sein! Denken Sie mal daran, was beim Sommerurlaub inszeniert wird: blaues Meer, Palmen, weißer Sand. Der Betrachter möchte sofort dort sein…Was Sie also inszenieren müssen, sind die zentralen Motive des Winterurlaubs. Warum soll jemand eigentlich Skifahren? Weiters gilt es zu beachten, dass Winterurlaub ,Urlaub‘ und ,Winter‘ ist. Daher müssen Sie auch alles inszenieren, was zum Urlaub gehört. Und im Urlaub liegt immer eine Gegenwelt drinnen zur Welt des Alltags. In dieser Gegenwelt finden sich drei große Themenfelder:. Genuss im Bereich des Körpers (die Funktionslust, das Verwöhnen, die vielen sinnlichen Reize). das Erleben (Spaß, sich selbst erfahren, Abenteuer, Stimmung, Romantik, Gemeinschaft erleben, etwas Schönes sehen, Freiheit von sozialen Zwängen, jenseits der normalen Rolle sein). Gesundheit (gibt die Legitimation dazu, dass man sich das Ganze leistet. Motto: dabei werden Sie auch gesünder!).Der Winter wiederum hat auch mindestens drei Bedeutungen:. romantisch: (gehört unbedingt inszeniert, wenn Frauen im Spiel sind. 80 % der Urlaubsentscheidungen werden von Frauen beeinflusst und diese sind außerordentlich anfällig für diese Komponente. Erst mal die Romantik des Schnees, das Glitzernde, das Weiße, das Verzaubernde. Die herrlichen Winterlandschaften. Dann natürlich Sonne und Schnee. = Einbindung);. heroisch: (Sportler, Selbsterfahrung, an die Grenzen gehen, Abenteuer, Schnelligkeit und Kraft, Leistung Spaß. = Entgrenzung);. bedrohlich: (Lawinen, Eiseskälte, Verletzungen, unbequem und aufwändig, Menschenmassen, Kommerz. = Ausgrenzung);Die Bedeutung ist je nach Altersund Zielgruppe etwas verschieden.“

Häufig geht es in der Werbung um Inszenierung von Sehnsuchtsorten, um Ursprung, Heimat, reine und heile Welt. Wenn das sogar bei Bierwerbung klappt, um wieviel mehr müssten Touristiker auf dieses Pferd setzen. Foto: Dolomiti SuperSki

MM-Frage: „Welche Rolle soll dabei eigentlich das Thema Skifahren spielen?“Karmasin: „Skifahren ist nach wie vor das Hauptmotiv für den Winterurlaub. Es bedeutet vielerlei für die Leute. Z. B. auch die Lust, sich auf perfekten Pisten zu bewegen. Die Bergbahnen geben ja sehr viel Geld für die Pistenpräparierung aus. Aber was man davon hat, wird eigentlich nie richtig inszeniert: das herrliche, mühelose, schnelle Gleiten auf einer perfekten Piste! Der Rhythmus, die Eleganz, das Tempo. Manche wieder finden das Fahren abseits der Pisten toll, das Verbotene. Und noch etwas kommt beim Skifahren dazu: man misst sich mit anderen. Das beinhaltet u.a. auch die Angst, sich zu blamieren. Last but not least verbindet sich Skifahren auch mit einem Genussaspekt (Einkehr in Hütte, Gaudi, etc.). Die Vorlieben differenzieren sich dabei je nach Altersgruppe:. Die Jungen lieben vor allem das Zusammensein in der Gruppe: Spaß, Abenteuer, auch etwas das Verbotene.. Familien legen großen Wert darauf, dass Kinder etwas lernen, wollen aber auch mal die Kinder abgeben, grundsätzlich suchen sie aber das „Wir-Gefühl“. Und sie müssen immer wissen: was tun wir, wenn schlechtes Wetter ist?. Mittelalter: die freuen sich, dass sie noch gut skifahren können, dass sie noch mitkommen.. Die Senioren, die nicht (mehr) skifahren können, genießen den Spaß der Jungen.Die zentralen Motive gegen das Skifahren lauten:. zu teuer (dagegen sind Sommerurlaube Schnäppchen),. das Wetter ist höchst unsicher,. man muss den Sport lernen,. Angst vor Lawinen und Menschenmassen,. es ist extrem umständlich – purer Stress. Angst vor Blamage.“

Text zu Bild

MM-Frage: „Wie sehen die Ergebnisse der Winterbild-Analyse nun konkret aus?“Karmasin: „Wir haben die verwendeten Bildwelten in verschiedene Gruppen gegliedert:. Extreme Skifahrer (normale gab es kaum!). Menschen im Schnee / auf Piste. Spaß (z. B. Bergrestaurant). Romantik (z. B. Hütte im Schnee). Landschaften. Andere Sportarten. Kinder / Skizwerge. Rennläufer. TechnikDie generellen Ergebnisse der Bildanalysen lauten:. Es wird eine durchschnittliche und herkömmliche Ästhetik geboten.. Der Grad der Berührung und Emotionalität ist gering.. Es wird abgebildet, aber es werden wenig Zusatzwerte aufgebaut.. Die Bilder sind nicht eigenständig oder authentisch, sie könnten für jedes Land/jede Region/jeden Ort stehen. Sie inszenieren nicht das Spezifische oder Authentische. Es fehlen eine Reihe von Themen wie:, Der Zauber der perfekten Piste, Die Erlebnisse des ,normalen‘ Skifahrers, Die inszenierte Landschaft, Die Orte, Ortskerne, Die Erlebnisse (Gemeinschaft, Stolz, Genuss), Gruppenspezifische Schlüsselbil der. Die Konzeptionen des Wünschenswerten sind nicht inszeniertDiese Punkte verraten deutliche Steigerungs- und Optimierungsmöglichkeiten.Am meisten Treffer landeten Bilder aus dem Bereich ,Romantik‘ (!), gefolgt von ,Andere Sportarten‘ – eigentlich müssten hier Bilder ,normaler Skifahrer‘ stehen!, dann ,Landschaft‘, Menschen im Schnee und ,Extreme Skifahrer‘. Bilder, die nicht gefallen, sondern eher abschrecken, sind tendenziell die extrem überfüllte Skihütte oder Schneebar, gefolgt von ,Extreme Skifahrer‘ und ,Andere Sportarten‘. Wobei auch hier Wintersport Affine etwas anders antworten als Averse sowie Jung und Alt. Wo die einen mehr Ruhe möchten, haben die anderen Bedenken wegen Langeweile.“ MM-Frage: „Für die treffende Bildsprache muss man also auch seine Zielgruppe(n) kennen. Welche ,Geschmacksgruppen‘ unterscheidet man?“Karmasin: „Das Zielgruppenmodell nach Geschmacksgruppen kennt 3 Schemata:. Das Perfektionsschema. Hier finden wir Leute, die alles hassen, was ihnen barbarisch vorkommt. Sie wollen das Ruhige, Gelassene, das Kultivierte, das Perfekte. Es ist eine kleine Gruppe, die hohe Ansprüche stellt und bereit ist, dafür auch Geld auszugeben. Hier werden elegante Bilder gewünscht! Da müssen Sie dann aber auch das entsprechende Angebot haben.. Das Trivialschema: In dieses fallen Leute, die nur nichts Fremdes, nichts Anstrengendes wollen. Sie lieben es gemütlich und vertraut, sind Fans von Volksmusiksendungen. Das ist eine sehr große Gruppe.. Das Spannungsschema. Diese Leute wollen alles, nur nicht konventionell sein. Sie lieben das Aufregende, das Schnelle, das Schrille. Sie suchen immer wieder neue Reize. Alle diese Gruppen brauchen andere Angebote und andere Bilder. Die von Bergbahnen und TVBs eingesetzten Bilder sind aber alle so in einem mittleren Maß. Weder sprechen sie wirklich das Perfektionsschema an, noch das Spannungsschema. Also eigentlich sind diese Bilder gar nicht zielgruppenspezifisch ausgerichtet.“MM: Wir danken für die Ausführungen. Die Studie ist inzwischen übrigens auch downloadbar unter www.netzwerk-winter.at.

Johannes Sutter, Luftseilbahn Reigoldswil-Wasserfallen: Wie positioniert sich die einzige als Stiftung firmierende Bergbahn?

MM-Frage: „Als Quereinsteiger in diese Branche einerseits und als Jurist bzw. Geschäftsführer eines Planungsbüros andererseits haben Sie sicher eine besondere Sicht der Bergbahnrealität. Wie stellt sich diese für Sie im Allgemeinen dar – und wie im Besonderen?“

Die neuer 6er-Gondelbahn wurde 2006 errichtet und bedingte die Konzipierung neuer Freizeiteinrichtungen

Johannes Sutter: „Ich empfinde die Bergbahnbranche als höchst
interessant und vielseitig. Zahlreiche betriebswirtschaftliche
Teildisziplinen gelangen zur Anwendung. Damit eng verbunden ist die
Technik, sei es im täglichen operativen Geschäft (Stichworte
Betriebssicherheit und Sicherheit von Gästen und Personal), aber auch in
strategischer Hinsicht (Stichworte Lebensdauer, Unterhaltsplanung,
technische Möglichkeiten). Tägliche Herausforderung ist es, nebst der
Leitung des operativen Geschäfts die strategischen, ja nachgerade
visionären Überlegungen nicht auf der Strecke zu belassen. Hier kommt
mir meine Grundausbildung als Jurist zugute – Juristen neigen
bekanntlich dazu, sich stellende Herausforderungen systematisch
durchdacht anzugehen. Und gerade im Kontakt mit Behörden,
Grundeigentümern usw. erweist es sich keineswegs als Nachteil, in der
Juristerei geübt zu sein. Im Besonderen ist es so, dass die
Wasserfallenbahn im Vergleich mit Bergbahnen im Alpenraum einige
Besonderheiten aufweist, welche die Tätigkeit aber erst recht reizvoll
machen.“MM-Frage: „Schildern Sie kurz die Geschichte der
Luftseilbahn Reigoldswil-Wasserfallen sowie geplante
Modernisierungsmaßnahmen und auf Eis gelegte Projekte.“Sutter:
„Im Jahre 1956 waren im Baselbieter Jura Pioniere am Werk, die eine
„Müller-Gondelbahn“ erstellt haben. Beispielsweise wurden die Stützen
damals noch mit Traktor und Wagen mühselig an ihre Standorte
transportiert. Mitte der 90er Jahre entließ die damalige Besitzerin, die
Autobus AG Liestal, die Bahn als Stiftung in die Selbständigkeit.
Bereits 2003 indessen zeigte sich, dass eine Verlängerung der
Betriebsbewilligung über 2006 hinaus nicht realistisch war. Die Stiftung
schickte sich an, für CHF 11 Mio. eine neue 6er-Einseilumlaufbahn zu
planen. Dabei sollte die Streckenführung von der bisherigen Bergstation
,Wasserfallen‘ auf den Vogelberg verlängert werden. Damit hätte ein
Punkt erreicht werden können, der Ausgangspunkt für viele zusätzliche
Wanderstrecken gewesen wäre. Doch das fehlende Einverständnis einer
Grundeigentümerin, Widerstände seitens der Umweltverbände und einer
lokalen Gruppierung sowie fehlende Mittel verunmöglichten die Umsetzung
dieser Vision. Stattdessen war den Verantwortlichen damals schon klar,
dass mit der neuen Bahn (auf der bisherigen Streckenführung) zusätzliche
Freizeiteinrichtungen zu konzipieren sind. Ziel und Zweck der Stiftung
ist es nämlich, den langfristigen Fortbestand der Wasserfallenbahn zu
sichern.“MM-Frage: „Die Wasserfallenbahn charakterisiert sich durch einige Eigenheiten (wie z. B. die Rechtsform Stiftung, Fanclub, Finanzierung Neubau, Naturschutz etc). Wollen Sie uns diese bitte näher beschreiben?“Sutter: „Ermöglicht wurde der Bau der neuen Bahn dank einer Spenden- und Sponsoringkampagne, die Ihresgleichen sucht: mit öffentlichen Beiträgen, Spenden und Sponsoring konnten 80 % der gesamten Investitionskosten finanziert werden. Die Bandbreite reichte dabei von einem Beitrag von mehreren Millionen (Kanton Basel-Landschaft) bis hin zur Seniorin, die mit einem Einzahlungsschein CHF 5.– überwies. Bereits Mitte der 90er Jahre hat sich der sogenannte ,Bähnli-Club‘ formiert. Dieser Unterstützungs- und Fanclub unserer Bahn weist fast 400 Mitglieder auf. Der Club unterstützt mit seinen Mitteln Investitionen der Stiftung – beispielsweise für das Gesamtbild wichtige Maßnahmen ohne direkten Payback. Der Club hat aber auch bei der Finanzierung des Bahnneubaus eine wichtige Rolle gespielt. Sodann hat er während mehreren Jahren die Wirtschaft bei der Bergstation in Eigenregie betrieben. Der Status der Stiftung – meines Wissens die einzige Bergbahn in der Schweiz, die als Stiftung ,geschäftet‘ – rührt daher, dass die Bahn in den 90er Jahren, aber auch rund um den Neubau 2006, mit öffentlichen Geldern und privaten Spenden alimentiert wurde. Die Bahn wurde gewissermaßen der Öffentlichkeit gestiftet. Auf der einen Seite verpflichtet dieser Status. Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass die Stiftung über absolute unternehmerische Handlungsfreiheit verfügt – und von dieser auch Gebrauch macht. Am Rande sei erwähnt, dass der Status als Stiftung bisweilen eigenartige Blüten treibt. So kommt es vor, dass Gäste sich Rechte herausnehmen wollen, die den Betriebsbestimmungen widersprechen – mit der Begründung, die Bahn gehöre ja allen Steuerzahlerinnen  und Steuerzahlern…“ Erwähnenswert ist schließlich, dass der überwiegende Teil des Wasserfallengebiets unter Naturschutz steht. Die Entwicklung von Freizeiteinrichtungen ist aufgrund dessen der Naturnähe und Nachhaltigkeit verpflichtet. Dies darf aber nicht als Nachteil gesehen werden. Denn ohnehin besucht uns ein wesentliches Kundensegment, die Wanderer, eben gerade wegen der intakten Natur und Landschaft.“

Interviewpartner Johannes Sutter, Geschäftsführ der Stiftung Luftseilbahn Reigoldswil- Wasserfallen und Geschäftsführer des Ingenieur- und Planungsbüros Sutter AG Arboldswil. Fotos: Sutter AG

MM-Frage: „Welche Positionierung kann eine Seilbahn im Kanton Baselland im Jura erfolgreich anstreben? Mit welchen speziellen Gegebenheiten hat man es zu tun, worauf ist zu achten?“Sutter: „Die Bahn liegt in einem Höhenbereich (550–950 m.ü.M.), der die Budgetierung von Einnahmen aus dem Wintersport nicht eben einfach gestaltet. Die beiden Skilifte auf der Wasserfalle wurden anfangs der 90er Jahre aus wirtschaftlichen Gründen abgebrochen. Die Hauptsaison dauert bei uns von Juni bis Oktober. Wir sind eine klassische Ausflugsbahn, die vor allem von Gästen aus der Nordwestschweiz, dem französischen Elsass und dem deutschen Südbaden frequentiert wird. Insofern stehen wir mit Ausflugsgebieten im Schwarzwald und im Elsass in direkter Konkurrenz. Ungersere Bahn profitiert indessen von ihrer Einmaligkeit in der Region. Wir werden von vielen Gästen besucht, die keinen Bezug zu den Alpen und sonst keine Gelegenheit haben, eine Gondelbahn zu benützen. Ausgerichtet sind wir traditionellerweise auf das Kundensegment der Familien, Senioren und Gruppenreisenden, die in wunderschöner Landschaft und intakter Natur wandern. Derzeit positionieren wir uns ergänzend (und bislang sehr erfolgreich) im Markt des Erlebnistourismus. Dies indessen nicht, ohne die Stammgästegruppe – die Wanderer und Spaziergänger – zu vergraulen und zu vertreiben. Eine Überlegung, die manche Alpenregion meines Erachtens zu wenig macht, ist bei uns das Thema: die Verträglichkeit der Kundengruppen untereinander!“

Im Juni 2010 konnte der Waldseilpark eröffnet werden – mit dem Resultat, dass die Sommerfrequenzen hinterher explodiert sind.

MM-Frage: „Eure Freizeitangebote haben sich ausgeweitet und sollen noch mehr expandieren. Wie sieht das Spektrum derzeit aus und wie wird es weitergehen?“Sutter: „Bereits 2005 war dem Stiftungsrat, der strategischen Führung der Unternehmung, klar, dass mit dem schlichten Transport von Wanderern, dem Vermieten von Rodeln an ein paar schneereichen Tagen im Winter und dem Betreiben einer Trotti-Bike-Strecke das langfristige Überleben der Bahn nicht sichergestellt ist. Er hat damals das Entwicklungskonzept ,Wasserfallen Plus‘ initialisiert. Im Jahre 2008 habe ich zu dessen Umsetzung dem Stiftungsrat konkrete Vorschläge unterbreitet. Ein erster Umsetzungsschritt wurde bereits gemacht. Im Juni 2010 haben wir nach fünfmonatiUnger Bewilligungsverfahrens- und fünfwöchiger Bauzeit einen Waldseilpark eröffnet. Mit dem Resultat, dass unsere Sommerfrequenzen nachgerade explodiert sind und der neue Waldseilpark praktisch andauernd ausgebucht war – was den Bedarf an Freizeiteinrichtungen, die in die Landschaft passen, eindrücklich manifestiert. Weitere Projektschritte sehen vor, einen speziellen Familienerlebnisweg ,Wassi‘, einen Familienspielplatz ,Elements Park‘, einen Geschichte(n)weg für Senioren sowie die Erweiterung des Waldseilparks für Kinder zu realisieren.“

Der Betrieb einer Trotti-Bike-Strecke gehört seit Jahren zum Freizeitangebot der Wasserfallenbahn.

MM-Frage: „Welchen Effekt soll das verstärkte Freizeitangebot – vor allem der neue Waldseilpark – auf die Bahnfrequenzen haben?“Sutter: „Der neue Waldseilpark, aber auch die noch folgenden Angebote, sollen der Bahn insgesamt zu zusätzlichen Frequenzen verhelfen. Vor allem möchten wir die Auslastung an bislang frequenzschwachen Zeiten – Vorsaison, schlechte Witterung, werktags – verbessern. Wie die zu Ende gegangene Sommersaison gezeigt hat, ist dies sehr gut gelungen. Es fand eine deutliche Belebung des Gebietes unter der Woche statt. Und vor allem dank vielen Gruppenbuchungen waren wir auch beischlechter Witterung gut ausgelastet.  Zu erwähnen bleibt, dass ein Wachstum an Wochenenden ohnehin an Grenzen stoßen würde: einerseits an Kapazitätsgrenzen der Bahn (bei einer Förderleistung von 650 Pers./h), wie aber auch an Kapazitätsengpässe beim Parkplatzangebot. Quantitatives Wachstum streben wir deshalb in besagten bisherigen frequenzschwachen Perioden an.“

Da keine Skilifte mehr bestehen in Reigoldswil, wird die Strecke von der Berg- zur Talstation als Rodelbahn genutzt.

MM-Frage: „Wie sieht die Verteilung Sommer- zu Wintergeschäft aus? Kann man das Gebiet auch für Skilauf nutzen – bzw. als ,Breeder‘- Station für Anfänger aus den Agglomerationen– oder nur für alternative Sportarten wie Rodeln, Schneeschuhwandern etc.?“

Ausgabe 7/2010

Editorial
Inhalt
MM MAGAZIN
TRENDS
• Meinung: Helene Karmasin: 1 Bild sagt mehr als 1 000 Worte
• 1. flächendeckendes Infotainment-System in einem Skigebiet
• Report „Best Ski Resort“
• Tagesskipass um nur 10 Euro
• Erlebnisinszenierungen von pronatour
• Snow Dome Bispingen setzt auf Ideenvielfalt
• GBL: Strom aus historischen Wasserrädern
ÖKOLOGIE
• Studie Energiemanagement Bergbahnen Schweiz
• 2. Kompetenztag PistenManagement in Salzburg
NEUE BAHNEN
• Anton Seeber: The Renaissance of the Cableway
• Leitner: Komfortschub für Hahnenkammbahn Höfen
• Doppelmayr in Sölden: Dem Himmel ein Stück näher
• Loipolder: Erfolg durch Kompetenz und Zuverlässigkeit
• Doppelmayr Italia: Cable Liner in Venedig
MARKETING & MANAGEMENT
• Neupositionierung der Sörenberger Bergbahnen
• 75. MM-Interview: Johannes Sutter, GF Luftseilbahn Reigoldswil-Wasserfallen
• Salzburger Seilbahntagung: Verfahren gehören beschleunigt
• 3. D-A-CH Tagung: Dynamik im Alpenraum
• Zermatt Bergbahnen AG trotzt der Krise
TECHNIK & WIRTSCHAFT
ELEKTROTECHNIK & ELEKTRONIK
• Elektro Berchtold: Qualität zahlt sich aus
• R&S Group: Verstärkte Konzentration auf Schneeanlagen trägt Früchte
• Kriwan: Kompetenz in Windmesstechnik
• Industrielle Steuerungssysteme zwischen Innovation und Beständigkeit
• Mit Fatzer zur Bundesgartenschau 2011
ÜBERSCHNEEFAHRZEUGE
• Kässbohrer: Maximale Vorteile durch Ökologie
• Prinoth: Beast auf internationalem Erfolgskurs
• Holleis: Arctic Cat ATV Special: Raupen statt Räder
• Bacher Harald: Top Service für Spezialisten
• Pfeifer: Voller Erfolg für PYTHON 6R+F-V
• Alpine Ski WM 2011 in Garmisch setzt SnowMeter ein
BESCHNEIUNG
• IDE Snowmaker: Erfolgreicher Herbsteinsatz auf den Gletschern
• 450 000 m3 Speicherteich im HotSpot der Alpen
• Schneesicherheit von TechnoAlpin für nordische Anlagen
• Deutschlands größter Speicherteich in Ofterschwang
FIRMEN NEWS
• AEP und PowerGIS kooperieren
• Mair Wilfried: Bewährtes Know-how für mehr Sicherheit

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