Barrierefreiheit ist neuerdings auch im Wintertourismus ein Gesprächsthema geworden. Um Menschen mit Behinderung einen unvergesslichen Urlaub ermöglichen zu können, ist neben einer barrierefreien Infrastruktur auch ein ebensolches Freizeitangebot wichtig. Die Abenteuer- und Ski schule „Freizeit-PSO” in Schladming – in ihrer Art die 1. und einzigeÖsterreichs – zählt seit Jahren zu den Vorreitern im barrierefreien (Winter)Tourismus.

Schladmings Bürgermeister Jürgen Winter übergibt einen geförderten Sitzski an die Firma Freizeit-PSO. Hier mit Ski fahrer Lukas Leitner und Skilehrerin Irene Binder. Fotos: Freizeit-PSO

Barrierefreiheit – in Schladming-Rohrmoos weit mehr als nur ein Schlagwort. Mit Freizeit-PSO (Para-Special Outdoorsports) der ersten Ski- und Abenteuerschule für Menschen mit Behinderung zählt Schladming schon seit 4 Jahren zu den Vorreitern in der Entwicklung von barrierefreien Freizeitangeboten. Freizeit-PSO bietet alle Angebote und Kurse zu sozial verträglichen Tarifen an. Das bedeutet, Menschen mit Behinderung zahlen keinen Aufpreis für den wesentlich erhöhten Organisationsaufwand, die benötigte Sonderausrüstung sowie die individuelle und persönliche Einzelbetreuung. Um die dadurch entstehenden Mehrkosten zu decken ist Freizeit-PSO gezwungen, seinen Aufwand zu rund 55 % aus öffentlichen Förderungen und privatem Sponsoring zu finanzieren.Jüngstes Beispiel war die Überreichung dreier Sitz-Skis im Gesamtwert von 14 000 Euro durch die Gemeinde Rohrmoos-Untertal und die Stadt Schladming. Mit diesen genialen Carving-Geräten ist es nun auch Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind möglich, Ski zu fahren und das Gefühl von Geschwindigkeit und Dynamik zu erleben. Lukas Leitner, leidenschaftlicher Sitzskifahrer mit einer Muskelerkrankung, sagte dazu: „Ich finde es toll, dass ich nun auch wieder Schi fahren kann und gemeinsam mit meiner Familie den tollen Sport erleben darf!“

Der Betreuer fährt gemeinsam mit dem Handicap-Sportler über eine Leine verbunden ab.

Neue Uniformen gesponsertWenn Skischüler und Lehrer von Freizeit-PSO z. B. mit einem Sitzski auf der Piste unterwegs sind oder gar mit einem blinden Gast die Abfahrt hinunterwedeln, ist es unglaublich wichtig aufzufallen. „Andere Skifahrer werden aufmerksam und machen einen größeren Bogen um uns“, so Irene Binder, Skilehrerin bei Freizeit-PSO. Daher war es aus Sicherheitsgründen notwendig, eine stark auffallende Uniform anzuschaffen. Diese wurde zur Gänze von Sponsoren (Salewa, Skischule HoPl, Tauernalm, Schi Lenz und BioChi) finanziert. Die Helme sind in orange gehalten, die Bekleidung von SALEWA ganz in schwarz.Freizeit-PSO bietet auch eine Ski – lehrer-Fortbildung zum speziellen Lehrer bzw. ein Helfertraining an. Das entwickelte Urlaubs-Programm (Win ter und Sommer) ist grundsätzlich für die ganze Familie (Klettern, Raften etc.) geeignet. Das Ziel ist die gleichwertige Integration in die Gesellschaft und interessante Sportarten zu einem fairen Preis zu ermöglichen. D. h. Menschen mit und ohne Behinderung können gemeinsam einen Sport ausüben bzw. einen Urlaub verbringen. Als Zielgruppen kommen Menschen mit. Lähmungen. Zerebralen Bewegungsstörungen. Multipler Sklerose. Lernbehinderungen (Down-Syndrom, Autismus, ADS). Muskeldystrophie. Schädelhirntrauma. Sehbehinderungen. Amputationen in Frage.

Sportler auf dem Monoski sind dank Ausbildungsmodule der Skischulen inzwischen kein ungewohntes Bild mehr – wenngleich eher selten beim Sprung. Foto: Praschberger

Barrierefreies Sport-& Urlaubsangebot extrem nachgefragtDass barrierefreies Sport- & Urlaubsangebot extrem nachgefragt wird, bestätigt Sabine Eham, Managerin von Freizeit-PSO: „Wir hatten in der ersten Saison 330 Skistunden, letztes Jahr bereits 835 und für 2009 liegt die Prognose auf 1 100 Std. Jeder kommt nämlich wieder und macht zusätzlich Mundpropaganda.„ Konkret verfügt Freizeit-PSO derzeit über 7 Sitzski und 2 Monoski – erstere haben ein breiteres Spektrum bei den Zielgruppen. Ein Sitzski mit 2 Skiern unter der Sitzschale kostet 3 000–5 000 €, weil er aus individueller Fertigung stammt, leicht aber auch stabil sein muss, eventuell gefedert. Die eingesetzten Sitzski werden in den USA gefertigt, die Monoskier werden in Österreich von der Fa. Alois Praschberger Rolltechnik & Sport GmbH aus Ebbs produziert. Dieser hat nur 1 Ski unter der Schale und kann von Leuten mit einer Querschnittlsähmung gefahren werden.Die Steuerung der Sitzskier erfolgt über Gewichtsverlagerung, die Begleitperson fährt hinten über eine Leine verbunden mit und fungiert bei Bedarf als Bremser. Aber grundsätzlich kann der Behindertensportler selbstbestimmt skifahren– ansonsten kann der Skilehrer mithelfen und den ganzen Ski übernehmen. Zugelassen sind diese Skier auf jeder Piste, wobei die maximale Belastung von 90 kg für den Begleiter nicht überschritten werden darf (Gewicht Sitzski 25–35 kg). Als einziges Problem artikuliert Irene Binder das Handling zum Lift, hier braucht sie beim Hochheben Unterstützung.Service für mobilitätsein – geschränkte SeilbahngästeWintersportler mit Behinderung sind Vorbilder. Sie machen mit ihren außergewöhnlichen Leistungen anderen Menschen mit Behinderung Mut, den Weg zum Sport zu finden, um damit ihr eigenes Leben aktiver zu gestalten. Über eine Million Menschen in Österreich sind vorübergehend oder dauerhaft in ihrer Mobilität eingeschränkt. Dieser speziellen Personengruppe bietet die Seilbahnwirtschaft im Wintersportland Österreich ihre barrierefreien Aufstiegshilfen als Serviceleistungen an. Durch eine Kooperation mit Partnern aus der Tourismuswirtschaft wird dieses Leistungsangebot noch zusätzlich optimiert bzw. verstärkt.Für jene Tourismusunternehmen, die ein spezielles Service den mobilitäts-eingeschränkten Gästen anbieten, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit außerdem einen eigenen Wettbewerb unter der Bezeichnung „Friends of Fairness“ geschaffen. Ausgezeichnet und bewertet wird dabei die vorbildliche Arbeit in den Tourismusbetrieben, barrierefreie Bauten in Gastronomie und Hotellerie, das Behindertenservice der Seilbahnunternehmen,Behindertenskischulen, etc. Mit einer gestifteten Kristallskulptur als Wanderpokal der Firma Swarovski im Wert von rund 20 000 €, wurden bereits u. a. ausgezeichnet: 2003 der Naturpark und das Hotel Weisseespitze im Kaunertal, 2004 der Tiroler Skilehrerverband für das Ausbildungsmodul „Behindertenskilauf“.

Zum Handicapservice einer Bergbahn gehört auch ein rollstuhlgängiger Gondelzutritt. Im Bild ein Beispiel vom Hintertuxer Gletscher, der 2005 vom IOC mit dem Sonderpreis für behindertengerechte Sportanlagen ausgezeichnet wurde. Foto: Hintertuxer Gletscherbahn

Österreich soll Vorreiterrolle einnehmenMit diesem Wettbewerb will das Ministerium auch auf den Nachholbedarf aufmerksam machen, den die Österreichische Tourismuswirtschaft im Bereich der „Barrierefreiheit“ noch zu leisten hat. Österreich müsse als internationaler Spitzenvertreter der Tourismusbranche hier langfristig eine Vorreiterrolle einnehmen, um auch für behinderte Menschen die viel gerühmte österreichische Gastfreundschaft zur Selbstverständlichkeit werden zu lassen. Zu dieser speziellen österreichischenGastfreundschaft zählen natürlich  auch die Leistungen der Seilbahnunternehmen! Das Kundenpotenzial in Europa wird auf ca. 36 Millionen Menschen geschätzt, umgelegt auf Österreich mit 580 000 Menschen.Tatsächlich wird dieses Potenzial von der Tourismusbranche jedoch noch nicht als marktrelevant angesehen…Die technische und methodisch-didaktische Entwicklung im Behindertenskilauf erlaubt es heutzutage allen Menschen, unabhängig von Art und Schweregrad der Behinderung, die Faszination Skilauf selbst zu erfahren- unter entscheidender Mithilfe der Seilbahnwirtschaft bzw. der Skischulen.mak