Der Feldberg ist das Vorzeigeskigebiet in Baden Württemberg und nimmt auch im gesamtdeutschen Vergleich eine Topposition ein. Für den kommunalen Betrieb hat Bürgermeister Stefan Wirbser die Entwicklung der Skiregion, die Herausforderungen der Zukunft und die Ambitionen der Betreiber Revue passieren lassen.

Stefan Wirbser, Bürgermeister von Feldberg und Vorsitzender des Liftverbundes Feldberg. Fotos: Liftverbund Feldberg

MM-FRAGE: „Wie waren Sie mit der letzten Wintersaison zufrieden?“Wirbser: „Der Winter 2007/2008 verlief außerordentlich gut. Wir hatten durchgehenden Winterbetrieb vom 10. November 2007 bis zum 13. April 2008. 156 Betriebstage sind fast identisch mit dem Rekordwinter 2005/2006. Es wurden 440000 Kunden gezählt, was zu einem Winterumsatz von 6,3 Mio. Euro führte. Das sonnige Winterwetter während der Weihnachts- und Faschingsferien vervollständigte einen sehr erfreulichen Winter. Fazit: Hervorragende Saison, einziger ,Wermutstropfen’: die Anlagen unter 1 100 Meter litten unter Schneemangel, soweit keine Beschneiungsanlagen vorhanden sind!“MM-FRAGE: „Welches Angebot hat der Feldberg im Winter?“Wirbser: „Am Feldberg gibt es insgesamt 17 Beförderungsanlagen, die 40 km Piste erschließen. 1/3 davon wird beschneit. Aushängeschild ist die Weltcuppiste, auf der letztmals im Jahr 2000 der alpine Skiweltcup mit Hermann Maier als Sieger stattfand. Ansonsten zeichnen wir uns als Familien- und Snowboardergebiet aus, mit Funpark und Boardercross, wo im letzten Jahr Deutsche Meisterschaften stattfanden. Acht konzessionierte Ski-, Renn- und Snowboardschulen sorgen für ein professionelles Erlernen unseres Schneesportangebots. Bei sonnigem Wetter besticht der Feldberg durch seine einzigartige Alpensicht. Vom Mont Blanc bis zur Zugspitze reiht sich die Alpenkette in freier Sicht nach Süden auf.“

Lift- und Pistenplan am Feldberg.

MM-FRAGE: „Wie lange gibt es die Skidestination Feldberg?“Wirbser: „Der Feldberg ist das älteste Skigebiet Mitteleuropas. Bereits 1891 bestieg der Franzose Dr. Pilet den Feldberg auf Skiern, die er aus seinen Norwegenreisen mitbrachte.Der älteste Ski-Club 1892 Todtnau wurde übrigens am Feldberg gegründet. Erste Hochphasen erlebte der Wintertourismus um die Jahrhundertwende. Durch die Bahnerschließung von Freiburg aus, strömten bereits damals Tausende im Winter auf den Feldberg. 1900 wurden die ersten Deutschen Skimeisterschaften ausgetragen. In den 20er und 30er Jahren war der Skilauf mit den ersten Skiliften bereits Massentourismus. Der älteste Skilift der Welt wurde übrigens im nahe gelegenen Schollach im Jahr 1908 erbaut. Er wurde durch ein Mühlrad mit Wasser angetrieben! Nach dem II. Weltkrieg wurde mit der Lifterschließung in der heutigen Form begonnen. Seit ca. 1990 werden die Anlagen laufend modernisiert und sukzessive durch kuppelbare Sesselbahnen ersetzt und mit Beschneiungsanlagen ergänzt.“MM-FRAGE: „Bei Ihnen sind im Winter so genannte Infoscouts im Einsatz. Seit wann gibt es sie, welche Aufgaben haben sie und wie hat sich das bewährt?“Wirbser: „Die Infoscouts gibt es seit dem Jahr 2003. Sie sind unsere ,gelben Engel’ im Skigebiet, informieren unsere Gäste, holen bei Unfällen die Bergwacht, putzen auch den Kids die Nase, helfen mit einem Pflaster aus oder zeigen den Weg zur nächsten Apres-Ski-Hütte. Sie sind einfach für das Wohlergehen unserer Gäste zuständig. Mit ihren leuchtgelben Skianzügen halten sie sich den ganzen Winter im Skigebiet auf und sind erster Ansprechpartner. Unterstützt wird das ganze durch die Stiftung ,Sicherheit im Skisport’ des Deutschen Skiverbandes.“

Seit den 90er Jahren werden die Aufstiegsanlagen sukzessive modernisiert, im Bild ein moderner kuppelbarer 6er-Sessel.

„Unser Saisonskipass gilt auch in der Skihalle in Dubai!“MM-FRAGE: „Sind Sie Mitglied in einem Kartenverbund, wenn ja – in welchem? Welche Vorteile haben Sie dadurch?“Wirbser: „Wir haben mehrere Kartenverbünde. Neben unserem Kerngebiet am Feldberg, gilt unser Skipass an weiteren 12 Anlagen der Nachbarorte. Daneben gibt es einen Verbund für Saisonkarten mit dem gesamten Bregenzer Wald sowie mit einigen Schweizer Skigebieten. Wir profitieren natürlich gegenseitig von diesen Angeboten. Unser Einzugsgebiet überschneidet sich. Vor allem Ski-Clubs und der Nachwuchsrennsport profitieren. Übrigens gilt unser Saisonskipass auch in der Skihalle in Dubai!“

Sonne, Schnee und Unterhaltung am Berg.

MM-FRAGE: „Welche Bedeutung hat der Feldberg als Skidestination in der Region, wie sieht die Zusammenarbeit mit dem Tourismusverband aus?“Wirbser: „Der Feldberg ist das Skigebiet in Baden-Württemberg. Innerhalb Deutschlands sind wir drittgrößter Anbieter in diesem Bereich. Da wir das einzige größere zusammenhängende Skigebiet in unserer Region sind, und dazu regelmäßig zwischen 110–150 Tage Skibetrieb anbieten können, haben wir praktisch eine Monopolstellung. Innerhalb von zwei Autostunden leben 15 Mio. Menschen. Das unterstreicht unsere Bedeutung als Tagesskigebiet. An Spitzentagen besuchen uns ca. 15 000 Skifahrer und Snowboarder. Unsere Gäste sind ca. 2/3 Tagesbesucher, 1/3 sind Urlauber. Da unsere Liftgesellschaften kommunale Betriebe sind, ist Kooperation mit Tourismusorganisationen nicht notwendig. Vom Marketing über die Urlaubsbuchung bis zum Skipassverkauf ist bei uns alles in einer Hand!“

Im Sommer gehören Mountainbiken und Wandern zum Angebot der Region.

MM-FRAGE: „Wie sehen Sie die Position Ihrer Destination im Vergleich mit Skiregionen in den Alpen?“Wirbser: „Wir konkurrieren mit mittelgroßen Alpenskigebieten. Da wir leichte Preisvorteile haben und verkehrstechnisch bestens erschlossen sind, können wir uns gut behaupten. Von Vorteil ist unser vielfältiges Angebot außerhalb von Winter und Schnee. Innerhalb einer Stunde Autofahrt sind von uns aus zu erreichen: Basel, Freiburg oder Straßburg, sowie der Kaiserstuhl als wärmste Gegend Deutschlands mit seinem hervorragenden Weinanbaugebiet, oder die Thermalbäder im Markgräflerland lassen südländisches Flair aufkommen und bieten Abwechslung im Skiurlaub – drei Tage schlechtes Wetter sind also kein Problem! Unser Haupteinzugsgebiet reicht von der Nordschweiz bis in den Frankfurter Raum und das Saarland. Wir haben auch zahlreiche Winterurlauber aus den Benelux-Staaten und natürlich aus ganz Deutschland. Interessanterweise steigen die Gästezahlen aus Frankreich!“

Im Sommer gehören Mountainbiken und Wandern zum Angebot der Region.

„Im Winter ist die Gästestruktur jünger“MM-FRAGE: „Welche Bedeutung hat das Sommergeschäft und was bietet der Feldberg?“Wirbser: „Hier muss man unterscheiden. Für die Bergbahnen ist der Winter natürlich das Hauptgeschäft. Hinsichtlich der Tagesbesucher und der Übernachtungsgäste halten sich Sommer und Winter in der Waage, mit steigender Wintertendenz. Die Wertschöpfung aus dem Wintertourismus ist allerdings bedeutend höher. Im Sommer bietet unser größtes Naturschutzgebiet des Landes mit subalpiner Fauna und Flora sowie das einzigartige Mountainbike- und Wandergebiet mit seinen Einkehrmöglichkeiten in den bewirtschafteten Almhütten ein Alleinstellungsmerkmal im Schwarzwald. Dazu kommen Wassersportangebote im benachbarten Titisee und Schluchsee und in Hinterzarten kann man den weltbesten Skispringern beim Sommertraining zuschauen. Der Bodensee, der Rheinfall in Schaffhausen oder Deutschlands größter Freizeitpark, der Europapark, sind in einer Autostunde erreichbar. Alle Gäste fahren übrigens im ganzen Schwarzwald mit Bus und Bahn kostenlos!“MM-FRAGE: „Welche Gäste sprechen Sie im Winter an, welche im Sommer?“Wirbser: „Im Winter ist die Gästestruktur jünger. Vor allem Familien zieht es zu uns. Im Sommer sind es die aktiven Erholungssuchenden und eher ältere Menschen, die im Schwarzwald Urlaub machen. Unsere Gäste kommen hauptsächlich aus Baden-Württemberg, 80 % sind Deutsche, der Rest aus dem europäischen Ausland.“

Fasnet Spaß für Gäste und Einheimische.

MM-FRAGE: „Sind in nächster Zeit Investitionen geplant (Sommer/Winter)?“Wirbser:
„Wir wollen den Winter noch schneesicherer machen. Das Ziel ist die
Komplettbeschneiung unseres Skigebiets, so wie der komplette Austausch
der restlichen Schlepplifte durch Sesselbahnen. Dazu wollen wir die
Parksituation verbessern. Für 2009 ist der Bau eines Parkdecks für 1
300 PKW derzeit im Genehmigungsverfahren. Ferner kämpfen wir seit
Jahren wieder um einen alpinen Skiweltcup. Vier Wettbewerbe haben wir
bereits durchgeführt. Wir wollen wieder zeigen, dass man auch in
Mittelgebirgen auf Spitzenniveau alpin Skifahren kann – schließlich
hießen die bisherigen Sieger Ingemar Stenmark, Pirmin Zurbriggen,
Rainer Schönfelder und eben Hermann Maier. Nur die Besten ihrer Zeit
haben bei uns gewonnen!“MM-FRAGE: „Sehen Sie in den nächsten
Jahren Probleme aufgrund des Klimawandels – Skidestination um 1 500 m
wären davon zuerst betroffen, wie man hört?“Wirbser: „Das Klima
des Feldbergs ist vergleichbar mit Nordalpenregionen um 2000 m. Da wir
die höchste Erhebung nördlich der Alpen sind, bescheren uns die
Tiefdruckgebiete über Skandinavien und dem Nordatlantik reichlich
Schnee. Während der Schwarzwald bis in die 80er Jahre des letzten
Jahrtausends bis auf Lagen um 800 m schneesicher war, hat sich das
ganze auf ca. 1 100 m nach oben geschoben. Unser Skigebiet liegt
zwischen 1100 und knapp 1 500 m. Ich denke, dass mit dem Ausbau der
Beschneiung das Wintergeschäft für die nächsten 25 Jahre eher zunehmen
wird. Dies wird uns auch durch wissenschaftliche Studien der
Universität Freiburg und der Deutschen Sporthochschule fundiert
bestätigt. Was nach 2040 sein wird, weiß niemand! Ich persönlich glaube
jedenfalls an die Zukunft des Feldbergwinters. Alternativen haben wir
ohnehin keine, jedenfalls nicht solche mit denen man Geld zum Überleben
verdienen kann.“„Vorrang hat der strukturelle Ausbau von Qualität“MM-FRAGE:
„Wie wollen Sie den Feldberg in der Zukunft positionieren, was soll
noch ausgebaut – stärker positioniert und vermarktet werden?“Wirbser:
„Wir setzen in der Zukunft noch konsequenter auf unser
Alleinstellungsmerkmal als größtes und schneesicherstes Skigebiet im
Schwarzwald. Vorrang hat dabei der strukturelle Ausbau von Qualität.
Neuerschließungen wollen und brauchen wir nicht. Wir brauchen in ganz
Deutschland allerdings eine stärkere Wintertourismuslobby. Deutschlands
Wintersportler sind über alle Disziplinen gesehen, weltweit die Besten.
Das kommt ja nicht von ungefähr und wäre ohne Wintersportinfrastruktur
im eigenen Land nicht möglich. Dies muss man der deutschen
Öffentlichkeit auch unter touristischen Aspekten deutlicher machen. Die
beschlossene Bewerbung Münchens für die Olympischen Winterspiele 2018
müssen wir daher nutzen, um Deutschland als Wintersportland zu
positionieren. Eine bessere Chance gibt es nicht!“MM-FRAGE:
„Welche Themen werden für die deutschen Seilbahnunternehmen Ihrer
Meinung nach in den nächsten Jahren im Vordergrund stehen, um
erfolgreich zu sein?“Wirbser: „Deutschlands Seilbahnen stehen
unter enormem Konkurrenzdruck mit den anderen Alpenländern. Dort ist
die Lobby für Berg- und Wintertourismus einfach größer. Entsprechend
einfacher haben es unsere Mitbewerber. Andererseits haben wir den
Vorteil, nicht so ,winterlastig’ zu sein und oftmals viel größere
Einzugsgebiete im Tagestourismus zu haben. Das Erfolgsgeheimnis wird
wohl unter dem Motto ,klein aber fein’ zu finden sein. Wir können kein
Wettrüsten aufnehmen, aber durch pfiffige und neuartige ganzjährige
Angebote die Nische füllen. Die Technik darf nicht im Vordergrund
stehen, sondern der Mensch! Wir müssen uns die Frage stellen, was
suchen die Menschen in den Bergen, ja auf den Bergen? Diese Träume zu
erkennen und zu erfüllen, wird das Erfolgsgeheimnis sein.
Funktionierende und sichere Seilbahnen sind Grundvoraussetzung, wir
müssen uns künftig um die Nutzer unserer Anlagen stärker kümmern!
Alleinstellungsmerkmale helfen: Vom Feldberg aus sieht man nirgends die
gesamte Alpenkette besser, Fellhorn und Nebelhorn in Oberstdorf sind
ohnehin Klassiker, im Sauerland bietet Willingen einen spektakulären
Kletterturm am Berg, der Arber lockt mit seiner rauen Wildheit und auf
dem Fichtelberg im Erzgebirge schaut man auf Deutschlands
höchstgelegene Stadt. Die Präsentation des EM-Aufgebots unserer
Fußballer auf der Zugspitze war übrigens marketingtechnisch betrachtet
ein Volltreffer. Dort wo ,Deutschlands Lieblinge’ hin wollen, will
schließlich jeder hin – nach oben!“ dwl