Die Destination Serfaus-Fiss-Ladis steht seit Jahren als Synonym für Familien-Skiurlaub. Die Erfolgsgeschichte mit den kleinen Gästen auf dem Sonnenplateau im hinteren Tiroler Inntal hat ihre Wurzeln bereits in den 70er Jahren, als die Skischulen diese Positionierung professionell aufgegriffen haben. Heute hat man einen Zusammenschluss, einen intensiven Markenbildungsprozess und viele Prämierungen hinter sich – zuletzt den Titel „Best Ski Resort 2012“ in Europa. Die derzeitigen Geschäftsführer Stefan Mangott und Benny Pregenzer weihten das Fachpublikum am TFA-Forum sowie 9. MM-Symposium in ihre Strategie ein. Wir geben hier einige Fragestellungen wider.

Stefan Mangott, Seilbahn Komperdell, Foto: mak

MM: „Wie lautet der Markenkern in Serfaus-Fiss-Ladis?“Mangott: „Unsere Destination steht (eindeutig und unverwechselbar) für Eltern mit Kindern, Großfamilien und Genießer. Motto: ,We are family‘. Innerhalb der Hauptzielgruppe hat jedes Segment (Kinder, Teenager, Erwachsene, Senioren) eigene Bedürfnisse, die es optimal zu erfüllen gilt. Es ist natürlich in so einem Markenentwicklungsprozess wichtig, dass man die eigenen Stärken definiert. Unsere sind: eine enge Zusammenarbeit mit den touristischen Partnern, was kurze Wege, schnelle Entscheidungen und eine strategische Ausrichtung in der gesamten Region ermöglicht. Daraus entstand eine innovative und erfolgreiche Eigendynamik – und zwar bei allen Dienstleistern.“MM: „Wie passt die Positionierung Familie und Genießer zusammen?“Mangott: „Wenn die Kinder entsprechend versorgt sind, werden die Eltern zu wahrlichen Genießern. Alles natürlich unter dem Aspekt größtmöglicher Qualität und bestmöglicher Dienstleistung am Gast.Bei den Kindern geht es hauptsächlich um den Spaß, das Eintauchen in eine Traumwelt. Und sie wollen den Bergerlebnispark entdecken und damit ihre Neugierde stillen. Das Ganze wollen die Kinder entweder in der Familie oder in der Gruppe der Gleichaltrigen.Die Teenager wollen auch Spaß, jedoch zusätzlich Action. Sie wollen vor allem weg von ihren Eltern und begleitete Erlebnisse in der Gruppe bzw. so viele Aktivitäten wie möglich ausprobieren.Erwachsene und Senioren: Wollen natürlich ebenfalls Spaß im Bergerlebnispark haben. Sie nutzen aber auch die Genussangebote. Wichtig ist ihnen eine komfortable Möglichkeit zum Beobachten der Kinder. Sie genießen die Ruhezonen und vor allem auch die Zeit für sich selbst – auch einmal ohne Kinder. Das Thema Sicherheit ist für die Erwachsenen und Senioren ganz wichtig. Zum einen das Vertrauen in die Sicherheit der Attraktionen am Berg und zum anderen, dass die Kinder eine gute, spannende und sichere Kinderbetreuung erfahren.“

In Serfaus-Fiss-Ladis hat man bereits 1998 als erste Destination aktiv Maskottchen wie die Kuh Berta eingesetzt. Foto: Müller

MM: „Welche Rolle spielt Ihr in Eurer Destination als Bergbahn?“Mangott: „Wir sehen uns zugleich als Zugpferd, aber auch als Diener der Region. Als Zugpferd, weil wir der größte Arbeitgeber sind, zuständig für die gesamte Entwicklung des Bergerlebnisses und somit größter Investor und Innovator der Region. Als Diener, weil wir uns dem Gesamtinteresse der Region unterordnen. Außerdem: Beide Bergbahnen gehören mehrheitlich den Gemeinden. Damit können wir auch Projekte realisieren, die es nicht unbedingt immer gleich in der Bergbahnkasse klingeln lassen. Sondern, wenn daraus eine Wertschöpfung für die ganze Region entsteht, ist das ebenfalls in Ordnung. Weiters verstehen wir uns als Diener im Sinne von Dienstleistung am Gast. Hier kommen unsere Mitarbeiter ins Spiel. Sie sind der wichtigste Erfolgsfaktor in der Dienstleistungskette! Wir brauchen nicht nur den Spitzentechniker, sondern auch den Bezugspunkt zum Gast. Deshalb haben wir vor Jahren diesbezüglich eigene Schulungen ins Leben gerufen. Das Allerwichtigste daran ist jedoch, dass man die Philosophie als Chef tagtäglich selber vorlebt. Sonst nimmt der Mitarbeiter die Schulung nicht auf.Eine weitere Tatsache besteht darin, dass man heute als Bergbahn über die als selbstverständlich angenommenen Basisangebote hinaus Zusatzangebote schaffen muss, mit denen der Gast nicht rechnet und die ihn begeistern. Motto: ,Von den Basics hin zur Begeisterung. Was einmal Begeisterung auslöste, ist heute in renommierten Skigebieten oft schon Basisangebot (z. B. kuppelbare Systeme, Zauberteppiche, Sitzheizungen etc.)‘.“

Benny Pregenzer, GF Fisser Bergbahnen, Foto: mak

MM: „Wie gelingt es am besten, über das Basisangebot hinaus Angebote bzw. Dienstleistungen zu schaffen, die den Gast begeistern?“Mangott: „Hierzu nenne ich einmal zwei Beispiele: Bei uns in der Region verletzen sich im Jahr 1 000 Wintersportler. Nach ca. 3 Wochen schicken wir ihnen einen süßen Gruß nach Hause – konkret ein Päckchen mit heimischen Produkten und einem Begleitschreiben, in dem wir als Destination die besten Genesungswünsche ausrichten. Zu diesen 1 000 Sendungen bekommen wir über 400 schriftliche Rückmeldungen! Kostet nur 5 000 Euro, löst aber eine ungeheure Begeisterung bei den Gästen aus.Oder das exklusive Zusatzangebot ,Die erste Spur‘. Hier fahren die Geschäftsführer und Skischulleiter gemeinsam mit maximal 50 Gästen auf den ,erwachenden‘ Berg und ziehen die erste Spur. Anschließend geht man noch gemeinsam frühstücken. Die direkten Rückmeldungen von den teilnehmenden Gästen sind einzigartig!Wir haben intern einen Leitsatz: Wir Bergbahnen bewegen Menschen in zweierlei Hinsicht: zum einen von A nach B und zum anderen bewegen wir Menschen emotional – Beispiele dafür wären die Kulinarik auf hohem Niveau, die Ski Shows (Adventure Night in Serfaus, Nightflow in Fiss), die Kinderspielplätze und Funparks, der Crystal Cube etc.“

Ein Trumpf der Region ist die Skischule – sie gilt als Innovationsschmiede unter den Skischulen. Neu ist das weltweit einzigartige Programm „Snowstar Serfaus“ für 6 – 12Jährige. Foto: Maro & Partner

MM: „Worauf ist bei der Produktentwicklung in der Destination zu achten?“Pregenzer: „Wir haben relativ viele Player in unseren Destinationen, die mitbestimmen und von denen jeder andere Interessen hat. Diese Interessen zu kombinieren, zu sammeln und eine einzige Ausrichtung zu schaffen, war der Grundstein für die Entwicklung in unserer Destination. Wir haben früh erkannt, dass es nicht um die einzelnen Leistungen eines Anbieters im Ort geht, sondern in Wahrheit um die Destination. Wir entwickeln bewusst und spezifisch, also organisiert und strukturiert – immer abgestimmt auf unseren Markenkern. D. h. wenn wir etwas tun, dann denken wir immer an die Familie. So haben wir z. B. heuer für die Skikurskinder zwei neue Kinderrestaurants am Komperdell gebaut („Murmlirest“ und „Starrest“), die bisher einzigartig in den Skigebieten der Alpen sind. Sie berücksichtigen die unterschiedlichen Altersinteressen von Kindern und verbinden kindgerechte Gastronomie sowie Unterhaltung miteinander in verschieden gestalteten Erlebnisräumen. Sie folgen einem neuen gastronomischen Konzept, das auf die übliche 3-Gänge-Logik verzichtet. Alle Menüs wurden von Spezialisten für die Kinderküche zusammengestellt, geboten werden gesunde und altersgerechte Speisen, die Kinder lieben und auch von Eltern empfohlen werden.Natürlich müssen wir die Anforderungen unserer Gäste kennen. Um das zu erfahren, führen wir kurze face-to-face Interviews. Das Gleiche tun wir mit unseren Mitarbeitern und unseren Partnern. Weiters führen wir Fachexkursionen mit unseren Vertretern der verschiedenen Gremien durch, damit wir uns selber auch immer wieder die Augen öffnen und inspirieren lassen.Und schließlich pflegen wir einen behutsamen Umgang mit der Natur – wie viele andere auch. Wir Bergbahnen haben es geschafft, die Natur mit unseren Inszenierungen attraktiver gemacht zu haben. Wir haben sie wesentlich zugänglicher gemacht für viele Menschen, die vielleicht sonst gar nicht in den Genuss gekommen wären.“

Bei allen Innovationen wird darauf geachtet, dass sie ganzjahrestauglich sind und zum Markenkern passen. Im Bild der Fisser Flieger. Foto: Andreas Kirschner

MM: „Gibt es noch weitere Beispiele für Innovationen, die den Markenkern stärken?“Pregenzer: „Weitere Innovationen, die unseren Markenkern stärken, kommen aus den Bereichen Sicherheit und Convenience – etwa der Einsatz der 1. kindersicheren Sesselbahn oder 1996 die Entwicklung der Förderbänder für Kinder gemeinsam mit der Firma Sunkid! Das Angebot wurde im Laufe der Zeit sowohl breiter als auch spezifischer, wie o. e. angepasst an die Bedürfnisse und die Altersgruppen. Nicht unwesentlich ist das übergeordnete Ziel, aus allen Leistungen, die wir entwickeln, auch eine hohe Wertschöpfung daraus zu erzielen. Selbst bei den All-inclusive-Cards, von denen viele glauben, hier werde Leistung verschenkt, stimmt das. Denn wir haben dadurch eine wesentlich höhere Frequenz erzeugt und verkaufen all die „side-products“ und Zusatzleistungen viel stärker. Schließlich berücksichtigen wir bei der Produktentwicklung auch, dass die Angebote ganzjahrestauglich sein müssen.“MM: „Bei Erfolg können hohe Frequenzen auch kontraproduktiv werden. Wie geht Ihr mit den Massen um?“Pregenzer: „Durch die Ferienregelungen tummeln sich zu gewissen Zeiten sehr viele Gäste im Gebiet. Daher haben wir uns Maßnahmen überlegt, wie man solche Massierungen entzerren kann und der Gast dies als weniger dominant wahrnimmt. Zum einen praktizieren wir seit 1985 u. a. durch die Dorf ,U-Bahn‘ eine Verkehrsberuhigung, zum anderen haben wir Dienstleistungen für persönliche Ansprüche eingerichtet wie z. B. die ,Helping Hands‘. Unsere Mitarbeiter sind mittlerweile verpflichtet, an den Bahnen mitzuhelfen, besonders Damen und Kindern beim Einsteigen in die Gondelbahn. Wir wissen, wie stressig es für die Gäste sein kann, wenn Massen anstehen und alle 8 Leute wollen gleichzeitig in die Gondel. Außerdem gibt es eigene Kindereingänge, Skidepots an der Talstation oder Info-Men, die den ankommenden Gästen bei der Orientierung helfen. Erwähnenswert ist hier auch die Zusammenarbeit mit der Skischule: gemeinsam wurden zwei Beginnzeiten für alle Leistungsgruppen entwickelt, außerdem gibt es längere Öffnungszeiten bei den Bahnen und Vergünstigungen in den Restaurants nach 13:30 Uhr. Zusätzlich bieten wir eine eigene App an, damit der Gast am Handy die neuralgischen Punkte mit hoher Frequenz erkennen kann.Davon abgesehen geben einige Highlights das Gefühl der Exklusivität und persönlichen Ansprache wie z. B. Genussstationen abseits der Piste, kulinarische Genussgondel und die bereits erwähnte ,1. Spur‘ etc. So gehen wir mit der Masse um und haben dazu den Slogan kreiert: Wir begeistern Gäste massenhaft!“

Mit speziellen Dienstleistungen wie der „Genussgondel“ vermittelt man das Gefühl der Exklusivität und persönlichen Ansprache. Foto: Müller

MM: „Für eine langfristige Top-Performance müsst Ihr auch Eure Nachwuchs-Touristiker begeistern. Wie könnt Ihr Euer Erbe übergeben?“Pregenzer: „Zu diesem Thema wurde eine eigene Strategiegruppe gebildet, die sich u. a. der Frage widmet: Wie können wir Serfaus-Fiss-Ladis so gestalten, dass die Region auch noch im Jahr 2025 lebensbegehrlich für unsere Jungen und engagierten Einheimischen ist. Herausgekommen sind viele Beiträge, von denen wir die unserer Meinung nach wichtigsten angepackt haben.Es beginnt damit, dass wir die Produkte und Leistungen, die wir verkaufen, unseren jungen Leuten zur Verfügung stellen, d. h. jeder bis 14 Jahre erhält eine gratis Skikarte, kann am Skitraining kostenlos teilnehmen, jederzeit in die Skischule gehen und der Sportfachhandel stellt die Ausrüstung zur Verfügung. Wenn Volks- oder Hauptschulen zum Skifahren kommen, wird selbstverständlich auch ein Skilehrer abgestellt. Weiters bieten wir kostenlose Schulskikurse für alle Tiroler Schulen – wir wollen nämlich die positive Stimmung im ganzen Land aufrechterhalten. Dafür steckten wir anfangs viel Kritik von den Mitbewerbern ein! Mittlerweile machen das aber alle so, denn jeder weiß, dass wir die Begeisterung der jungen Leute brauchen, um das Erbe weiterzutragen.Wir haben uns in Serfaus-Fiss-Ladis stark eingesetzt, dass wir eine eigene Hauptschule erhalten, die unserer spezifischen Situation am Berg entspricht. Die Leute im Tal haben nämlich andere Interessen als eine Tourismusdestination. Das Unterfangen ist letztlich gelungen und heute verfügen wir über eine touristisch ausgerichtete Hauptschule. Von den Bahnen, TVB, Skischule und Gemeinde wurden drei Personen angestellt, die das Training und den Sportunterricht durchführen.Zuguterletzt ermöglichen wir großzügigen Zugang zu all unseren Attraktionen (Fisser Flieger, Skywing, Bagjump etc.) und binden die Jugendclubs in unsere Veranstaltungen wie z. B. die Adventure Night ein. Abschließend möchte ich erwähnen, dass wir auch der größte Lehrlingsausbilder des Bezirkes sind: 17 Jugendliche absolvieren derzeit bei uns ihre Lehre vom Koch bis zum Mechaniker und zum Seilbahnfachmann/frau.“