Vom Stromerzeuger bis zur ersten Klimabündnis-SeilbahnRauris im Nationalpark Hohe Tauern wird das „Goldene Tal der Alpen“ genannt. Diese Anspielung auf die Goldgräberzeit bekommt jetzt eine weitere Bedeutung: Die Hochalm – bahnen AG widerlegen das Image, dass Seilbahnen „Energiefresser“ sind. Sie erzeugen seit 1986 Strom mit ihrer Beschneiungsanlage und sind seit kurzem als einzige Bergbahn auch Klimabündnispartner! Diese Pioniertat bekommt jetzt für die ganze Branche Bedeutung, die Fachverbände in A und CH starteten bereits ein Energie – effizienz-Projekt. Die Geschicke der Hochalmbahnen AG leitet seit 20 Jahren Erich Hutter als Vorstandsvorsitzender. Kurz vor seinem Übertritt in den Ruhestand im Herbst zieht der Salzburger für den MM Bilanz.

Die Greifvogelwarte mit Flugshow bei der Bergstation Hochalm (1800 m) hat sich als Publikumsmagnet für die Sommerfrequenzen entpuppt. Foto: TVB Rauris

MM-Frage: „Herr Hutter schildern Sie bitte zunächst Ihren Werdegang und eventuelle Funktionen in der Branche.“Hutter: „Ich kam 1972 als Elektromonteur bei Elin mit den Rauriser Hochalmbahnen in Berührung und wurde dabei überredet, als Bauleiter bzw. Betriebsleiter zu bleiben. Ich bin also von der Stunde „Null“ an dabei. 1982 wurde ich zum technischen Vorstand gewählt (die Hochalmbahnen AG hat 3 Vorstände) und seit 1989 agiere ich als Vorstandsvorsitzender. Weiters arbeite ich im Salzburger Fachgruppen-Ausschuss  mit. Unsere Aktiengesellschaft setzt sich aus 300 Rauriser Tourismusbetrieben zusammen – vom kleinen Privatzimmervermieter bis zum Hotelier und der Gemeinde sowie einigen deutschen Stammgästen – und ist von der Gründungsidee her ein Mittel zum Zweck gewesen. Jeder sollte etwas dazu beitragen, den Wintertourismus aufzubauen. Das Konzept hat sich bewährt, der Winter 08/09 war der beste aller Zeiten (trotz Wirtschaftskrise!).“

Auf den Spuren des Tauerngoldes kann man sich im Goldgräbercamp begeben – ein Angebot, dass perfekt zum Charakter des Rauriser Tales passt. Foto: TVB Rauris

MM-Frage: „Wie hat sich die Rauriser Hochalmbahnen AG seit ihrer Gründung entwickelt, was waren die wichtigsten Stationen?“Hutter: „Nach einer Fusionierung existiert in Rauris seit 1977 nur noch eine Bergbahngesellschaft. Der Start in das Wintergeschäft erfolgte zunächst mit Schleppliften. 1982 wurde vom Tal aus mit dem „Waldalmlift“ ein zweiter Ast erschlossen. 1993 wurde die 6 EUB Hochalmbahn mit 2 Sektionen als Ersatz für den Sessellift realisiert. Dies war der entscheidende Qualitätssprung. 2002 folgte die 8 EUB Gipfelbahn bis auf 2 200 m als Ersatz für 2 Schlepplifte, was für eine Bahn im Skigebiet eher eine ungewöhnliche Lösung war. Mit der Beschneiung haben wir uns schon relativ früh, nämlich 1983 auseinandergesetzt, da Rauris ein Nord-Süd-Tal ist. Schon damals waren wir der Ansicht, dass man die Leitungen für die Schneeerzeugung auch noch für etwas anderes nutzen sollte – z. B. für Stromerzeugung, wenn man eine Turbine anschließt! Wir haben also bereits 1986 diese Idee umgesetzt, die jetzt als große Neuheit kolportiert wird!“

Interviewpartner Erich Hutter, Vorstandsvorsitzender der Rauriser Hochalmbahnen AG. Foto: mak

MM-Frage: „Hat die Stromerzeugung mit der Schneeanlage sofort ein akzeptables Ergebnis gebracht?“Hutter: „Das hat gleich gefruchtet, da wir ein Kleinkraftwerk gebaut haben und damit 1,4 Mio kWh/Jahr erzeugen konnten. Heute – also viele Jahre später – verbrauchen wir mit allen Bahnen und Beschneiung 1,2 Mio. kWh/Jahr. Das heißt, wir sind immer noch autark! Allerdings verbrauchen wir im Winter mehr, als wir erzeugen und in die SAFE einspeisen. Und da der Spitzenstrom etwas teurer ist, zahlen wir letztlich doch eine geringe Summe. Trotzdem ist die Ersparnis von großer Bedeutung.  Was wir damals sozusagen aus der (Finanzierungs-)Not heraus gemacht haben, kommt uns jetzt zugute. Als Voraussetzung braucht man natürlich Wasser in Höhenlagen. Wir entnehmen es auf ca. 1 400 m und haben ein Gefälle von 300 Höhenmetern. Damit lässt sich eine Spitzenleistung von 250 kW/h produzieren.“

Der neue, 65 000 m3 große Speicherteich wird heuer zur Erholungszone für die Wanderer ausgebaut. Foto: Hochalmbahnen

MM-Frage: „Warum ist diese Tatsache erst jetzt in der Öffentlichkeit, vornehmlich der Seilbahnbranche, breit getreten worden?“Hutter: „Hier hat der Zufall etwas Regie geführt. Mir brennt schon lange das Thema Energie unter den Nägeln. Aber letzten Herbst, als wir einen 65 000 m3 Speicherteich auf 1 700 m angelegt hatten, gab es einen konkreten Anlass, auf die Medien zuzugehen, mit der Aussage: Wir speichern nicht nur Wasser für die (medial oft als Ressourcen-Fresser kritisierte) Beschneiung, sondern erhöhen dadurch die Kraftwerksleistung und erzeugen uns den Strom für‘s Schneemachen selbst!“ Das funktioniert beim Teich durch die Entleerung im Frühjahr. Die Jahresleistung wird sich dadurch auf 1,8 Mio. kWh erhöhen. Diesbezüglich können wir sogar die staatliche Förderung für Leistungsoptimierung bei Kleinkraftwerken beanspruchen! Und da es in Rauris etliche Kleinkraftwerke gibt, führt das Land Salzburg, das ja bis 2024 energieunabhängig werden will, hier anhand einer „Mustergemeinde“ Untersuchungen durch, was noch verbessert werden könnte.“

Das Salzburger Skigebiet Rauris hat sich einen Namen als familienfreundliches, kostengünstiges Juwel zwischen den großen Nachbarn Ski Amadé und Europasportregion gemacht. Foto: Hochalmbahnen

MM-Frage: „Habt ihr damit in der Branche Impulse gesetzt?“Hutter: „Ich glaube schon, dass wir Bewegung in die Branche hineingebracht haben. Die Seilbahnbranche österreichweit macht ja jetzt auch eine Energieuntersuchung, da wird sicher etwas herauskommen. Erwähnenswert ist auch, dass wir 90 % unserer Pisten mit Eigendruck, also ohne Pumpen, beschneien können und so den Kubikmeter Schnee billiger produzieren. Unsere Visionen gehen aber noch viel weiter, und zwar in Richtung Gratis-Energie für Elektrofahrzeuge im Tourismus des Rauriser Tals. Das heißt, der Gast könnte bei einem Fahrzeugverleih ein Fahrzeug mieten und bei den vielen Kleinkraftwerken im Tal kostenlos „Energie tanken“. Und zwischendurch, während er z. B. im Restaurant isst, kann er wieder aufladen.“MM-Frage: „Die Rauriser Hochalmbahnen gehören zu den „Ausgezeichneten Sommerbahnen“ Österreichs. Wie sieht euer Angebot derzeit aus?“Hutter: „Wir gehörten damals zu den ersten „Ausgezeichneten Sommerbahnen“ und haben uns gerne auf die ca. 100 Kriterien hin testen lassen. Der Qualitätsgedanke gefiel uns. Wir wollten erreichen, dass sich der Gast im Sommer einen Tag lang am Berg beschäftigen kann. Als erstes haben wir „Goldwaschen“ angeboten, zumal das Thema gut zu Rauris passt haben wir uns in den letzten Jahren einen gewissen Namen gemacht. Zwischen den Grollen „Skiverbund Ama-de“ und „Europa-Sportregion Zell/See-Kaprun“ haben wir auf kostengünstige, familienfreundliche Tarife gesetzt und arbeiten hier mit Lofer und Werfenweng zusammen. In Zeiten, in denen eher gespart werden muss, kann man sich Rauris eben leichler leisten! Die Leute schätzen die Qualität, die sie bei unseren Preisen erwartet, aber auch die kinderfreundliche Gondelbahn auf den Gipfel sowie die Überschaubarkeit. Die sogenannte Krise wird meiner Meinung nach etwas hochgespielt, man kann nicht alles in einen Topf werfen. Wir hören von unseren Gästen immer wieder, dass sie den Urlaub, die Erholung brauchen. Und in unserem abseits gelegenen Seilental ohne Durchzugsverkehr kann man besonders gut abschalten!“

Das Zertifikat „Klimabündnisbetrieb“ ist in Österreichs Seilbahnbranche bisher einzigartig. Foto: Hochalmbahnen

MM-Frage: „Werden heuer Neuerungen angestrebt und kann man das Skifahren für Familien eigentlich noch attraktiver gestalten?“Hutter: „Die Beschneibarkeit der Pisten wird nochmals um 5 %auf nunmehr 75% angehoben (letzte Saison kamen 12 Propeller dazu) und der neue Speicherteich wird zur Erholungszone im Sommer ausgebaut. Bezüglich Familienfreundlichkeit könnte man in der Kinderbetreuung noch etwas zulegen, indem man z. B. nicht skifahrende Kinder in Obhut nimmt und einen Kindergarten einrichtet, um die Eltern zu entlasten für mehr Zweisamkeit.“

Mit einer Pelton-Turbine von der Südtiroler Firma Trojer erzeugen die Hochalmbahnen bereits seit 1986 Strom über die Be-schneiungsanlage. Foto: mak

MM; „Herr Hutter wir danken für das Gespräch.“