Die Zugspitze ist Werbeträger erster Güte und vielen Gästen ein Begriff. Dennoch verfolgt auch die Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG mit ihren unterschiedlichen Bahnen einen klar strukturierten Kurs, um zwischen wachsendem Investitionsbedarf und veränderlichen Umsätzen erfolgreich zu wirtschaften.

Für die Zugspitzbahn gab es neue Triebwagen modernster Bauart.

MM-FRAGE: „Sie sind seit November 2006 Vorstandsvorsitzender des VDS, welche Aufgaben sehen Sie als vorrangig?“Huber:„Gerade der letzte Winter hat sehr viel Unruhe in die Branche gebracht. Ich glaube deshalb, dass wir uns der Verantwortung stellen müssen. Die Winter davor waren ausnahmslos gut und wirklich als Winter zu bezeichnen. Bei den Diskussionen wird leider oft vergessen, dass wir in den 70er und 80er Jahren ähnliche Winter in Folge hatten wie den letzten. Vor diesem Hintergrund muss die Tourismusindustrie versuchen, den Ganzjahresurlaub zu puschen. Das wird in einigen Destinationen schon erfolgreich gemacht. Wir in Deutschland haben im Gegensatz etwa zu Österreich, Frankreich oder der Schweiz seit jeher den Ganzjahrestourismus. Die alten Bergbahnen wurden nicht wegen des Winters gebaut, sondern wegen der ,Sommerfrischler’. Aus dieser Historie ist der Ursprung unserer Bergbahnen ein anderer. Sicherlich haben wir vor allem in den 70er und 80er Jahren bei der Entwicklung des Wintertourismus auch mit gutem Erfolg mitgemischt, sind dann aber aufgrund der zurückhaltenden Investitionen etwas ins Hintertreffen gelangt, wobei einige große Stationen in Deutschland durchaus auf internationalem Parkett mithalten können. Ich glaube, dass wir insgesamt versuchen müssen, eine Ausgewogenheit von Sommer- und Wintertourismus herzustellen. Einige Stationenwerden auch in Zukunft sehr gut vom Wintertourismus leben können, aber es gibt viele kleine Gebiete in einer problematischen Höhenlage, wo man versuchen muss, mit anderen Angeboten ein Standbein zu schaffen.“

Dipl.-Ing. Peter Huber, Vorstandsvorsitzender VDS/Vorstand Technik und Betrieb Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG. Fotos: Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG

„Es ist gut, dass der Verband stark auftritt“MM-FRAGE: „Was hat Sie an dieser Aufgabe im VDS gereizt, welcheAmbitionen haben Sie in dieser Funktion?“Huber:„Ich bin seit 26 Jahren bei der Bayerischen Zugspitzbahn Bergbahn AG und kenne den VDS noch, als er beim BDE Bund Deutscher Eisenbahner war. Der Verband ist sicherlich sehr wichtig für diese kleine Branche im Tourismusbereich mit seiner enormen Wertschöpfung. Ich glaube daher, dass es sehr gut ist, dass der Verband hier stark auftritt. Er hat in der Vergangenheit schon sehr gute Arbeit geleistetund diese Arbeit muss einfach weitergeführt werden – als Interessensvertretung in der Politik, im Tourismus und in der Gesetzgebung.“MM-FRAGE: „Welchen Stellenwert haben die deutschen Seilbahnen im europäischen Umfeld, was zeichnet sie aus – wo besteht Handlungsbedarf?“Huber:„Was Gesetze und Rechte betrifft, sind wir in Deutschland nicht die Schlechtesten in der Umsetzung und Bayern hat hier im Besonderen mit einem gesunden Pragmatismus nach vorne gearbeitet. So sind wir z. B. bei der Umsetzung der neuen Seilbahnrichtlinie sehr gut vorwärts gekommen. In Deutschland ist nicht der Bund für die Umsetzung der neuen Seilbahnrichtlinie zuständig, sondern die Länder. Bayern hatte dabei auch den Vorsitz in der Länderkonferenz, gute Vorarbeit geleistet und Zeichen gesetzt. Was uns natürlich zu schaffen macht, ist die hohe Mehrwertsteuer in Deutschland, auch wenn das auf politischer Ebene vielleicht nicht so gerne gehört wird. Bayern würde uns in dieser Materie vielleicht unterstützen, aber in anderen Bundesländern, die kein Interesse an Seilbahnen haben, ist das natürlich anders. Wenn man von den Preisen, die zum Teil günstiger sind als im benachbarten Ausland, die höhere Mehrwertsteuer abrechnet, fehlt uns einfach eineMarge, die in der Industrie mehr als eine Dividendenausschüttung wäre. Bei einem Entgegenkommen im Bereich der Mehrwertsteuer könnten wir einen Teil als Preisreduzierung an den Fahrgast weitergeben, andererseits würde uns Geld für dringend notwendige Investitionen zur Verfügung stehen.“MM-FRAGE: „Wie geht es den deutschen Seilbahnunternehmen wirtschaftlich?“Huber:„Insgesamt fehlt allen deutschen Seilbahnen das Kapital, um neu zu investieren. Diejenigen, die hier in den letzten Jahren massiv investiert haben, verzeichnen gewisse Erfolge, wobei man natürlich sehen muss, wo hier die Fremdkapitalsquote liegt. Wenn dann zwei oder drei schlechte Jahre kommen, sei es bei einer Sommer- oder Winterregion, besteht die Gefahr, dass es eng wird.“MM-FRAGE: „Welche Unternehmen gehören zur Bayerischen Zugspitzbahn Bergbahn AG, wie ist das Unternehmen positioniert?“Huber:„Wir betreiben hier in Garmisch-Partenkirchen mit zwei Ausnahmen alle Bergbahnen, auch das gesamte Skigebiet auf der Zugspitze und das Classic-Gebiet mit Hausberg, Alpspitze und Kreuzeck, wo dann auch die Weltmeisterschaft 2011 stattfinden wird. Die Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG gehört mit zu den umsatzstärksten Bergbahnen in Deutschland, womit wir eine Vorreiterrolle haben. Den Namen ,Zugspitze’ kennen sicher noch mehr Leute als Garmisch-Partenkirchen, die Kombination von beiden Begriffen ist damit noch besser. Die Zugspitze ist unser Zugpferd und verkauft sich demnach sehr gut. Auf diese Weise sind wir auch am internationalen Markt sehr gut positioniert. Die Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG ist in der glücklichen Lage, 50 % des Umsatzes im Sommer zu machen, vorrangig auf der Zugspitze, wobei wir aber auch schöne Wandergebiete im Bereich Kreuzeck und Alpspitze haben, dazu den Panoramaberg Wank. Hier haben wir unsere Stärken und können uns durchaus mit Säntis, Titlis oder dem Jungfraujoch in der Schweiz vergleichen. Wir verfügen damit über ein Alleinstellungsmerkmal, wie essehr wenige Bergbahnen in Europa haben. Die übrigen 50 % des Umsatzes kommen aus dem Wintersport – je zur Hälfte aus dem Classic-Skigebiet (750–2 000 m) und Zugspitze (2 000–2 650 m).“

Bei der Hausbergbahn brachte die Modernisierung einen Systemwechsel von der Pendelbahn zur Einseilumlaufbahn.

„Leider haben wir nicht ausreichend Dauerurlauber“MM-FRAGE: „Welche Gästestruktur haben Sie?“Huber:„Wir sind vorrangig ein Naherholungsgebiet, 70 bis 80 % unserer Gäste fallen in dieses Segment. Leider haben wir nicht ausreichend Dauerurlauber, die für längere Zeit im Ort bleiben, wie wir es etwa von den klassischen Skiregionen in Österreich oder der Schweiz kennen. Wir sind vor den Toren Münchens, das kann ein Fluch sein oder auch am Wochenende umsatzmäßig sehr interessant. Wir haben damit im näheren Umkreis ein Einzugsgebiet von ca. 3 Mio. Bürgern. Wenn man dabei von einem Skifahreranteil von 10 bis 15 % ausgeht,sind das 300 000 bis 400 000 potenzielle Skifahrer, die erreichbar sind. Wir haben außerdem eine sehr gute Nahverkehrsanbindung. So konnte man heuer z. B. wieder direkt mit dem Skizug von München nach Garmisch-Partenkirchen direkt zurTalstation der Hausbergbahn fahren. Diesen Vorteil werden wir in den nächsten Jahren versuchen, auszubauen – der Individualverkehr am Wochenende kommt immer mehr in Verruf und wird auch immer teurer, sodass wir hier eine sehr gute Alternative anbieten können.“MM-FRAGE: „Was gibt es Neues für den Sommer 2007?“Huber:„Wir bauen auf der Zugspitze gerade den ,Gletschergarten’, eine Restauranterweiterung. Wir haben am Berg auch ein sehr gutes Tagungsgeschäft, was nicht typisch für Bergbahnen ist. Wir erwirtschaften ca. 5% unseres Umsatzes im Tagungsgeschäft, wobei wir in der Regel Gruppen mit einer Stärke von ca. 100 Personen haben, Veranstaltungen mit bis zu 1 000 Personen sind auch kein Problem für uns.“MM-FRAGE: „Wie sieht das Angebot im Winter aus, gibt es Neuerungen in der Infrastruktur?“Huber:„Wir haben seit 2002 sehr massiv investiert. 2002 haben wir etwa die Kreuzeckbahn als 1. moderne Zweiseilumlaufbahn in Deutschland in Betrieb genommen. 2003 haben wir auf der Zugspitze im Gletscherbereich einen bestehenden Schlepplift durch eine 6er-Sesselbahn ersetzt. Letztes Jahr wurde dann die Großkabinenpendelbahn auf den Hausberg durch eine Einseilumlaufbahn ersetzt. Der Systemwechsel wurde aus Komfortgründen vorgenommen, außerdem war die Beförderungskapazität mit Wartezeiten bis zu 2 Stunden nicht mehr zeitgemäß. Damit haben wir von 3 Zubringerbahnen im Classic-Skigebiet 2 durch Hochleistungsbahnen ersetzt. Insgesamt haben wir damit jetzt eine Zubringerleistung vom Tal aus von mehr als4500 P/h. Dabei beschränkt sich die Leistung der Bahnen allerdings nicht nur in der Zubringerfunktion, sie werden auch bei 4 Talabfahrten für Wiederholungsfahrten genutzt. Letztes Jahr haben wir auf unserer Zahnradbahnstrecke 4 neue Triebfahrzeuge modernster Bauart mit Videoscreens in Betrieb genommen.“MM-FRAGE: „Welchen Stellenwert haben Veranstaltungen/Events?“Huber:„Eine vernünftige Anzahl an Events ist sicherlich notwendig in einem Skigebiet, um auch bei jüngeren Gästen attraktiv zu sein. Andererseits glaube ich, dass sehr viele Gäste im mittleren oder Pensionsalter durch Events nicht angezogen werden. Ich denke, dass es die gesunde Mischung ausmacht und dass es in Zukunft um das Wintererlebnis gehen wird. Da will mannicht laute Musikberieselung, sondern einfach nach einer Abfahrt vor einer Hütte in der Sonne sitzen. Qualität wird in Zukunft immer mehr im Vordergrund stehen, Ballermann am Berg ist für unsere Region vorbei.“MM-FRAGE: „Was versteht man unter der Zugspitz-Rundreise?“Huber:„Das ist eines unserer Alleinstellungsmerkmale. Dabei bieten wir eine Fahrt mit der Zahnradbahn vom Ortszentrum Garmisch- Partenkirchen auf die Zugspitze bis zum Gletscher. Von dort führt eine Seilbahn ganz hinauf zum Gipfel. Von dort geht es mit der Eibsee-Seilbahn hinunter zum Eibsee und weiter mit dem Zug retour nach Garmisch-Partenkirchen. Das ganze ist ein Tagesausflug mit Besuch der Zugspitzausstellung, unserer Gastronomie undnatürlich des Gletschers. Hier wird es in den nächsten Jahren noch ein erweitertes Angebot geben, damit der Gast den Gletscher in der Natur sehen und das Wetter, den Wind, Eis und Schnee erleben kann.“MM-FRAGE: „Die Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG hat am Aktionstag ,Menschen mit Behinderung’ teilgenommen. Wie lange engagiert sich das Unternehmen auf diesem Sektor, wie werden die Angebote angenommen?“Huber:„Der deutsche Seilbahnverband engagiert sich hier schon seit vielen Jahren, wobei unsere Angebote von den Behinderten sehr gerne angenommen werden. Heuer war der Termin leider etwas später als geplant, außerdem waren vorher 14 Tage schlechtes Wetter – und dann hatten wir wieder das erste schöne Wochenende und den Aktionstag. Man hat uns überrannt, wir hatten über 1 000 Behinderte am Berg und das war ein Rekord. Unser Engagement für die Behinderten sehen wir sowohl als soziale Aufgabe als auch als Marketinginstrument. Wenn man sich dann am Berg bewegt, hat man auch gute Kontakte zu den Gästen und bekommt die Resonanz ganz direkt.“

Die Zugspitze wird im Sommer und im Winter gerne besucht.

„Die Gletscherabdeckung ist sicher eine Dimensionsfrage“MM-FRAGE: „Auf der Zugspitze sind auch Wissenschaft und Forschung präsent, welche Einrichtungen gibt es?“Huber:„Wir haben historisch bedingt und schon vor dem Bau der Zugspitzbahn die höchste deutsche Wetterstation, die 1897 gebaut wurde. Früher wurde diese Station von einem Mann allein betreut, der im Winter auch nicht herunter gekommen ist. Danach kamen Messungen atmosphärischer Strahlungen, Gammastrahlen etc. dazu. Nach der Stilllegung des Hotels Schneefernerhaus (Endstation der Zahnradbahn), das von 1930 bis 1982 in Betrieb war, wurde es Anfang der 90er Jahre damals noch unter Mithilfe des Wirtschaftsministeriums in eine Forschungsstation umgebaut. Inzwischen sind dort das IMK-IFU, Institut für Meteorologie und Klimaforschung, das Forschungszentrum Karlsruhe, das DLF (Deutsche Luft- und Raumfahrt) oder der Deutsche Wetterdienst angesiedelt. Wir haben erst vor kurzem einen Vertrag unterzeichnet, dass die Nutzung des ehemaligen Hotels weitergehenkann.“MM-FRAGE: „Ist für Sie ,Gletscherabdeckung’ ein Thema?“Huber:„Wir gehören gemeinsam mit dem Pitztaler Gletscher zu den ersten, die hier aktiv geworden sind, und das schon vor mehr als 15 Jahren. Die ersten Versuche gingen mit Vliesplanen über die Bühne, dann folgten Thermoplanen, PU-Schaum-Planen und schließlich Kunststoffplanen, also weiße PVC-Planen. Diese Planen sind sehr stabilund reißfest und können dann in einer gewissen Größe zusammengebunden werden. Zum ersten Mal gesehen haben wir das aber am Pitztaler Gletscher, für den die Firma Bellutti damals die Planen geliefert hat.Die Gletscherabdeckung ist ein wichtiger Bestandteil in unserem Unternehmen. Wir legen derzeit zwischen 6 000 und 9 000 m2 aus. Probleme bei der Gletscherabdeckung gibt es jedoch auch. Das sind zum einen die Herbststürme, die dazu führen, dass sich die Planenflächen wie ein großes Segel bewegen können und nicht mehr zu bändigen sind. Das zweite Problem liegt darin, die Plane rechtzeitig vor dem ersten Schneefall wieder zu entfernen. Wenn sich auf dieser Fläche Schnee ansammelt, ist es sehr gefährlich, dass er z. B. bei Sonneneinstrahlung zum Rutschen anfängt. Außerdem ist es schwierig, den Schnee von einer so großen Fläche zu entfernen, ohne die Plane zu beschädigen, Abschaufeln per Hand wäre nicht mehr möglich. Die Gletscherabdeckung hat damit sowohl mechanische als auch physikalische Grenzen und ist darüber hinaus natürlich auch eine Kostenfrage.“MM-FRAGE: „Welche Aufgaben sehen Sie als vorrangig, um die Bayerische Zugspitzbahn Bergbahn AG auf Erfolgskurs zu halten?“Huber:„Derzeit ist der Anteil des Fremdkapitals im Unternehmen noch sehr hoch, vorrangiges Ziel ist es, Schulden abzubauen und auf eine vernünftige Eigenkapitalquote zu kommen. Wir haben dazu in den letzten Jahren einen sehr strengen Sanierungskurs gefahren, Personal entlassen und im Sommer wie Winter Bahnen zeitweise geschlossen. Früher wurden alle Bahnen auch im Sommer betrieben, mittlerweile fährt die Hausbergbahn im Sommer nicht mehr, die Wankbahn ist zu auslastungsschwachen Zeiten im Winter geschlossen. Momentan sind wir guter Dinge, dass wir den Turnaround schaffen werden.“ dwl