André Zimmermann ist seit 2002 Geschäftsführer der PILATUS-Bahnen in der Nähe von Luzern – bekannt durch die steilste Zahnradbahn der Welt (48 %) auf den Kulm (2132 m) –, die bis zu 80 % des Umsatzes im Sommer generiert. Als Quereinsteiger aus der Industrie hat er die Entwicklung des Unternehmens vorangetrieben und vor allem auf einen breiten Gästemix mit attraktiver Angebotspalette abgestellt. Die Strategie des „One Stop Shop“ wird mit den Bergbahnen, der Hotellerie und Gastronomie, dem Merchandising sowie den Freizeitanlagen konsequent umgesetzt.

Die bis heute steilste Zahnradbahn der Welt (48 %) führt über eine Strecke von 4618 m von Alpnachstad auf Pilatus Kulm. Sie wurde 1889 von Ing. Eduard Locher mit zwei sich horizontal drehenden Zahnrädern errichtet.

MM: „Herr Zimmermann, schildern Sie bitte zunächst Ihren Werdegang.“„Ich war von 1999–2002 Direktionsassistent der Pilatus Flugzeugwerke AG in Stans, zuvor Kundendienstleiter bei der Komax AG. Seit 2002 bin ich CEO der Pilatus-Bahnen – also ein Quereinsteiger. Ursprünglich hatte ich eine Ausbildung zum Maschinenmechaniker und Berufspiloten, bildete mich dann weiter zum Dipl. Betriebswirtschafter an der HFW Luzern und zum Executive Master of Business Administration (EMBA) an der Uni Zürich. Weiters fungiere ich als Vizepräsident der Transportunternehmungen Zentralschweiz (TUZ) sowie Regionaler Wirtschaftsbeirat Zentralschweiz der Schweizerischen Nationalbank (SNB).“MM: „Die Pilatus-Bahnen haben sich zur rentabelsten Schweizer Bergbahn entwickelt. Können Sie uns das Erfolgsgeheimnis verraten?“Zimmermann: „Jährlich wird vom renommierten Swiss Equity Magazin ein Ranking der Bergbahnen auf verschiedenen Kennzahlen erhoben. Für die Rentabilität wird der Cashflow in % vom investierten Kapital gerechnet. In diesem Ranking sind wir jeweils auf Platz 1 seit drei Jahren. Nicht nur Hotels und Gastronomie haben zum guten Resultat beigetragen, sondern alle Geschäftsbereiche. Ferner ist auch sehr relevant, dass die letzten Jahre sehr gut gelaufen sind (wirtschaftliches Umfeld) und geprägt waren von jährlichem Wachstum. Es gibt nicht nur einen Erfolgsfaktor. Es sind tatsächlich deren viele, die natürlich unterschiedlich zum guten Geschäftsgang beitragen. Neben der ,one stop shop‘-Strategie ist die Nähe zu den großen Zentren (Luzern, Zug, Zürich und Basel) sehr wichtig. Aber auch der Gästemix mit 52 % Schweizern 28 % Europäern und 20 % Übersee ist optimal für unsere Möglichkeiten, welche sich nicht nur auf dem Berg sondern auch am Berg abspielen.“

Interviewpartner André Zimmermann, Direktor der Pilatus-Bahnen. Fotos: Pilatus-Bahnen

MM: „Wie sehen die wichtigsten Kennzahlen aus?“Zimmermann: „Nach dem Rekordergebnis im Geschäftsjahr 2007 stand das Jahr 2008 voller Herausforderungen. Trotz tiefer Gästezahlen konnten wir den Umsatz nochmals steigern auf 22,6 Mio. Franken. Das Betriebsergebnis konnte ebenfalls um 2,5 % auf Fr. 6,9 Mio. gesteigert werden (30,5 % vom Umsatz). Der Cashflow entwickelte sich auf Fr. 6,49 Mio., das sind 29 % vom Umsatz – der Branchenschnitt liegt bei 26 %. Gemessen am investierten Kapital beträgt der Cashflow 11 % – im Branchenschnitt sind es ca. 5 %. Der Finanzaufwand sind 0 % vom Umsatz – 4 % im Branchenschnitt, der Betriebsaufwand ,nur‘ 23 % gegenüber 36 %.Bei den Bahnfrequenzen war ein Minus von 6 % zu verzeichnen, einen Wert, der immer noch deutlich über dem wichtigen 5-Jahres-Durchschnitt liegt. Hotels und Gastronomie steuern 24 % vom Umsatz bei, das Merchandising 7 % und die Freizeitanlagen 4 %. Der Aktienkurs entwickelte sich ebenfalls positiv und legte 2008 um 11 % zu. Aufgrund dessen hat der Verwaltungsrat beschlossen, der Generalversammlung eine Erhöhung der Dividende von 30 % auf 35 % zu beantragen.“MM: „Alles aus einer Hand am Pilatus – ist das der US-Resortgedanke umgelegt auf schweizerisch?“Zimmermann: „Ja, das kann man so sagen. Es liegt auf der Hand, wenn ich meine Wertschöpfungskette verlängere, dann habe ich die Kontrolle über das Produkt, die Qualität und kann viel schneller und effizienter Einfluss nehmen. In jedem Fall bin ich näher beim Gast und kann auf seine Bedürfnisse optimal reagieren.“

Die Seilbahnbranche in Kennzahlen und Vergleich mit den Pilatus-Bahnen.

MM: „Beim Erfolgsfaktor Marketing & Business-Modell führen Sie 4 Themen an. Wie werden diese Themen gespielt, ergänzen sie einander?“Zimmermann: „Einerseits achten wir auf einen sehr guten Gästemix (siehe oben) und andererseits arbeiten wir in vier Themenwelten:1. Natur & Erlebnis: (klassisches Ausflugserlebnis mit der Bahn(en) – steilste Zahnradbahn der Welt),2. Fun & Action: (Freizeiterlebnisse für jung und alt auf unseren verschiedensten Anlagen, beim Wandern, Schlitteln, etc.), diese Aktivitäten finden bewusst auf den Zwischenstationen am Berg statt.3. Private & Business: Bankett und Seminarveranstaltungen auf dem Pilatus für Firmen, Vereine, Private etc.4. Genuss & Sterne: Übernachen und Genießen in unseren Hotels und Gastronomie, weg von der Hektik in einem entschleunigten Umfeld auf dem Berg. Mit diesen vier Themenwelten können wir eine sehr breite Gästebasis ansprechen und bearbeiten. Und die verschiedenen Themen ergänzen sich hervorragend. Es gibt einen eigentlichen Multiplikationseffekt.“

Geschichte der Pilatus-Bahnen.

MM: „Wie funktioniert die Kombination mit Hotellerie, Gastronomie, Events, Merchandising etc.“Zimmermann: „Grundsätzlich sind wir in vier Geschäftsbereiche gegliedert: Bergbahnen, Hotel und Gastronomie, Freizeitanlagen und Merchandising. Unsere Strategie ,alles aus einer Hand‘ zielt nun darauf ab, dass der Gast einen Kontakt hat für alle Leistungen und wir auf jede Leistung, welche am Berg erbracht wird, die volle Kontrolle haben. Somit ist es uns möglich, ohne mühselige Verhandlungen mit Dritten voll auf den Gast einzugehen und die gesamte Wertschöpfung bleibt im Unternehmen. Ein wichtiger Aspekt ist die Tatsache, dass sich die einzelnen Geschäftsbereiche respektive deren Leistungen in anderen Bereichen multiplizieren. Das heißt, dass ein Gast, welcher die Freizeitanlagen nutzt, mit der Bahn anreist und in unseren Gastronomiebetrieben isst oder übernachtet.“MM: „Was kann man sich unter dem Erfolgsfaktor ,Mitarbeiter – Kultur‘ vorstellen?“Zimmermann: „Wir sind ein ,People Business‘, somit sind unsere Mitarbeitenden ein entscheidender Erfolgsfaktor. Sie sind die Gastgeber. Wir pflegen einen Umgang im Unternehmen, welche dieses Thema unterstützt. Wir tun viel für die Mitarbeitenden und investieren in spezifische Schulung – wir haben einen eigenen ,Pilatus Codex‘ gemeinsam erarbeitet.“MM: „Wie habt ihr das Sommergeschäft aufgebaut, wie wird es angenommen, und gibt es auch im Winter Geschäft?“Zimmermann: „Der Pilatus war immer primär im Sommergeschäft tätig. Wir haben vor Jahren diese Positionierung noch weiter ausgebaut. Am Pilatus gibt es heute keinen Skibetrieb mehr – das haben wir aufgegeben. Es existieren viele gute und attraktive Skiorte in der Zentralschweiz und wir hätten massiv investieren müssen und das in ungünstigen Höhenlagen (500 m–1 400 Meter). So haben wir einerseits das Winterangebot konzentriert auf Schlittenbetrieb (auf den alten Skipisten – 9km), Winterwandern und ,oben blau unten grau‘-Aktivitäten.Ca. 80 % des Umsatzes wird von Mai bis Oktober erwirtschaftet. In der Hochsaison arbeiten rund 150 Mitarbeiter in unserem Unternehmen. Im vergangenen Jahr zählten wir insgesamt 560 000 Ersteintritte, davon fuhren 365 000 Gäste bis auf den Pilatus. Gar nichts halte ich von den ,Gratis Bergbahnangeboten‘ im Sommer. Anstatt ins Angebot zu investieren, wird die Leistung der Bergbahnen ,verschenkt‘ – wahrlich keine unternehmerische Leistung, schon fast eine Kapitulation.“

Die Bergres taurants sind wesentlicher Bestandteil des Gesamterfolges der Pialtus-Bahnen. Im Bild das Kulm-Restaurant auf 2 132 m Höhe.

MM: „Ihr habt den größten Seilpark der Zentralschweiz. Seilgärten liegen immer mehr im Trend. Aus welchem Motiv habt ihr euch damals dafür entschieden und wie kommt er an?“Zimmermann: „Wir wollten bewusst das Angebot im Freizeitbereich (Fun & Action) ausbauen. So haben wir im Jahr 2005 den Pilatus Seilpark realisiert. Es scheint, dass wir die richtige Nase für einen Trend hatten, denn im Moment schießen neue Parks aus dem Boden. Für uns war das eine sehr gute Entscheidung, da mit der Lage des Parks eine optimale Multiplikation auf Bahn und Gastro erzielt werden kann. Geplant hat den Park das Ing. Büro Bolliger in Chur.MM: „Was hat die Fusion gebracht?“Zimmermann: „Die Gesellschaften (Pilatus-Bahn und Kriensereggbahn) waren seit jeher unter einheitlicher Führung. Im Jahr 2000 wurden die Gesellschaften auch rechtlich zusammengeführt. Die Pilatusbahn- Gesellschaft wurde 1886 gegründet und 1889 ging die steilste Zahnradbahn in Betrieb. 1954 kam die Gondelbahn ab Kriens dazu und 1956 die Luftseilbahn. Ab dann war der Berg von beiden Seiten erschlossen. Bis heute ist die Zahnradbahn nur im Sommer (Mai–Nov.) in Betrieb. Die Fusion war auch ein deutliches Zeichen nach außen und die Abläufe (nur noch ein Verwaltungsrat) wurden vereinfacht. Heute sind wir eine Aktiengesellschaft.“MM: „Wie sehen die Entwicklungsperspektiven aus?“Zimmermann: „Die Pilatus-Bahnen sind ein kerngesundes Unternehmen. Es baut auf verschiedensten Erfolgspotentialen auf, welche gute Perspektiven ergeben. Über die nächsten Jahre stehen große Investitionen an. Einerseits wollen wir auf dem Berg in die Hotel- und Gastronomieinfrastruktur investieren und andererseits in neue Bahnanlagen – immer mit dem Fokus Qualität! Wir arbeiten permanent an der Weiterentwicklung der einzelnen Standorte und Angebote. So haben wir im vergangenen Jahr eine eigene Kinder-CD entwickelt, die das Thema Drache inszeniert und die kleinen und zukünftigen Gäste früh zu Fans macht. Die Verbesserung der Qualität der Dienstleistung ist ein kontinuierlicher Prozess. Wir müssen ständig in unsere Mitarbeiter und Angebote investieren. Der Gast kann sehr wohl unterscheiden, wo er was zu einem fairen Preis bekommt.“

Auf den Pilatus lockt auch der größte Seilpark der Zentralschweiz mit 10 Parcours verschiedener Schwierigkeitsgrade.

MM: „Wie geht ihr mit der Krise um – oder gibt es gar keine?“Zimmermann: „Wir beobachten sehr genau, was rund um uns herum abläuft. Wir haben das Marketingbudget für 2009 erhöht (!) und lancieren in der Schweiz neue Kampagnen direkt oder mit Partnern. Rund 52 % unserer Gäste kommen aus der Schweiz. In den Fernmärkten sind wir aktiv wie bisher und pflegen unsere Partner und Touroperators. 28 % der Gäste kommen aus unseren europäischen Quellmärkten und 20 % aus Übersee.Wir achten insbesondere darauf, dass wir unsere Hausaufgaben erledigen und all das positiv beeinflussen, was wir beeinflussen können. Krise, Wechselkurs und Wetter sind wir ausgeliefert. Was wir eher mit Sorge beobachten, ist die Entwicklung rund um die Schweinegrippe. Das könnte uns härter treffen als die Finanzkrise… Mit den ersten vier Monaten vom neuen Jahr sind wir zufrieden. Aber wie gesagt die Hauptsaisonmonate stehen uns noch bevor.“MM: „Herr Zimmermann, wir danken für das Gespräch.“