Mit einer Kombination von Geländeanalysen und numerischen Modellierungswerkzeugen hat das SLF großflächige Naturgefahrenkarten für Georgien entwickelt.

Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) beauftragte die SLF-Forschungseinheit Alpine Umwelt und Naturgefahren mit der Vorhersage der Murgang- und Schneelawinengefahr für den Staat Georgien. Das Projekt wurde zum Teil von der schweizerischen Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) finanziert. Ziel des sechsmonatigen Projekts war es, die Regionen im Südkaukasus zu identifizieren, die einem hohen Murgang- und Schneelawinenrisiko ausgesetzt sind.

Mit RAMMS über zwei Millionen Lawinen simuliert

Die Technologie, die dem Projekt zugrunde liegt, wurde vom SLF entwickelt und kombiniert zwei Software-Tools. In einem ersten Schritt werden Algorithmen der Geländeanalyse zur automatischen Erkennung und Eingrenzung von Lawinenanrissgebieten im Gebirge eingesetzt. Die identifizierten Startzonen werden dann mit dem RAMMS-Modellierungstool verarbeitet, um den Auslauf von Schneelawinen vorherzusagen. Die für Georgien angewandte Berechnungsmethodik wurde kürzlich in der Zeitschrift Natural Hazards and Earth System Sciences veröffentlicht. Dabei werden mithilfe variabler Anbruchhöhen in der Schneedecke unterschiedliche Wiederkehrperioden von Lawinen simuliert. Da lawinengefährdete Gebiete durch den Anpralldruck der Lawinen charakterisiert werden, sind hochauflösende digitale Geländemodelle eine Schlüsselkomponente der Modellierungskette. Auf diese Weise können gefährdete Gebäude und Straßenabschnitte identifiziert werden. Insgesamt simulierten die SLF-Forschenden für Georgien über zwei Millionen Lawinen für verschiedene Schnee- und Waldbedeckungsszenarien und erstellten daraus Gefahrenhinweiskarten. In einem Folgeschritt führen die Ingenieure vor Ort nun detailliertere Simulationen durch, allerdings nur in Gebieten mit extremer Lawinengefahr.

Fachleute vor Ort geschult

Das Projekt endete im April 2022 mit einem einwöchigen RAMMS-Workshop mit den wissenschaftlichen Mitarbeitenden der nationalen Umweltbehörde Georgiens in Tiflis. Die Teilnehmenden lernten, mit dem Modellierungstool zu arbeiten und verbrachten auch einen Tag im Gelände. Dabei besuchten sie Devdoraki, wo 2014 ein großer Murgang ein Wasserkraftwerk nahe der russischen Grenze zerstörte, das sich im Bau befand. Um dorthin zu gelangen, müssen Straßen benutzt werden, die von Schneelawinen bedroht sind. Mithilfe der Gefahrenhinweiskartierung des SLF sollte es nun möglich sein, das Risiko von Murgängen und Lawinen besser einzuschätzen.

Perry Bartelt