Am Hintertuxer Gletscher wird man die nächsten Monate nutzen, um aussagekräftiges Datenmaterial zu sammeln. Ein PistenBully 600, der mit eFuel betankt wird, soll in einem Pilotprojekt unter extremen Bedingungen seinen Dienst versehen.

Es sind insgesamt 14 Pistenfahrzeuge, die am Hintertuxer Gletscher auf über 3.000 m Seehöhe zum Einsatz kommen. Präpariert werden 44 km Pisten, die mit 15 Aufstiegsanlagen erschlossen werden. In diesem Umfeld wird in den nächsten Wochen und Monaten ein PistenBully 600 unterwegs sein, der mit einem synthetischen Dieselkraftstoff/eFuel betankt wird.

Der Startschuss zu diesem Pilotprojekt, für das sich die eFuel Alliance Österreich, die Fachgruppe der Tiroler Seilbahnen, die Zillertaler Gletscherbahn GmbH & Co KG und Kässbohrer Österreich im Rahmen eines Kooperationsvertrages zusammengefunden haben, erfolgte am 11. November 2021. Ziel der Kooperation ist es, die Funktionalität und den Wirkungsgrad eines mit eFuel betankten PistenBully 600 unter realistischen Einsatzbedingungen zu erproben. Wissenschaftlich begleitet wird das Pilotprojekt durch die Forschungsabteilung der AVL List GmbH, auf deren Gelände in Graz gerade die modernste eFuel-Produktionsanlage Europas, eine so genannte Power-to-Liquid-Anlage, errichtet wird, die 2022 in Betrieb gehen soll.

Klaus Dengg, GF der Zillertaler Gletscherbahn GmbH & Co KG, zeigte sich sehr erfreut darüber, die Tests am Hintertuxer Gletscher durchführen zu können: „Im Durchschnitt fallen bei uns pro Saison ca. 1.000 Betriebsstunden je Pistengerät an. Bei einem Verbrauch von bis zu 30 Liter pro Betriebsstunde sind das rund 60.000 Liter im Jahr. Wenn die Pistenpräparierung CO2-neutral erfolgen könnte, wäre das natürlich eine saubere Sache für Mensch und Umwelt.“ Und auch Franz Hörl, Fachgruppenobmann der Seilbahnen Tirols/Obmann des Fachverbandes der Seilbahnwirtschaft Österreichs, sieht bei positiven Testergebnissen großes Potenzial in eFuels: „Damit kommt man dem Ziel, in naher Zukunft auch Skigebiete klimaneutral zu betreiben, einen großen Schritt näher.“

Für Christian Paar, GF Kässbohrer Austria GmbH, ist neben dem umweltfreundlichen Aspekt der eFuels auch interessant, dass es keine Umbauten oder Adaptierungen am PistenBully geben muss: „Der beim Versuch eingesetzte PAL Kraftstoff ist für die Motoren, welche Kässbohrer verbaut, zugelassen. Der Vorteil liegt klar darin, dass keine großartige Änderung an den Motoren oder Kraftstoffinfrastruktur erforderlich ist. Man kann sagen, dass man einfach auftankt und schon ist das Gerät startklar.“ Kässbohrer werde das Projekt ebenfalls genau beobachten, um aus den Erfahrungen Erkenntnisse für Pistenfahrzeuge der Zukunft ableiten zu können.

 Synthetische Alternative

eFuels sind synthetische, flüssige Kraftstoffe, die mittels Strom aus Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid hergestellt werden. Der Herstellungsprozess wird als Power-to-Fuel/Power-to-Liquid bezeichnet. Ein Vorteil von eFuels liegt darin, dass sie die gleichen Eigenschaften wie fossile Brenn- und Kraftstoffe aufweisen, bei der energetischen Nutzung jedoch entscheidend weniger Stickoxide und Feinstaub anfallen als bei herkömmlichen Kraft- und Brennstoffen. Auf diese Weise kann eine massive Reduktion von Treibhausgasemissionen erreicht werden, ohne auf die bewährte Infrastruktur verzichten zu müssen. Teure Umrüstungen sind für die Verwendung von eFuels nämlich nicht notwendig. eFuels können herkömmlichen Kraftstoffen beigemengt oder allein verwendet werden. Kostengünstig und umweltschonend wird die Produktion von eFuels dann, wenn große Mengen an erneuerbaren Energien zur Produktion verwendet werden. Besonders sonnen- und windreiche Gebiete mit einem großen Mengenpotenzial sind deshalb als Standorte für die Herstellung von Wasserstoff und wasserstoffbasierten Folgeprodukten wie eFuels wichtig.

Der Vorstandsvorsitzende der eFuel Alliance Österreich, Mag. Jürgen Roth, sieht eFuels als essenziellen Baustein der Energiewende, als Teil der Lösung: „eFuels sind sauberer als bisher verwendete Treibstoffe und tragen maßgeblich zur Erreichung einer sozial verträglichen Energiewende bei.“ Das Potenzial zur Herstellung von synthetischen Brenn- und Kraftstoffen wäre erheblich. So könnten im Jahr 2030 allein durch die Nutzung von überschüssigem Strom aus regenerativen Quellen 240 Millionen Liter in Österreich erzeugt werden.