Der Pitztaler Gletscher gilt seit vielen Jahren als innovativ und umweltbewusst. Im Herbst 2009 hat man den ersten „All Weather Snowmaker“ von IDE installiert, um bereits ab Mitte September gesichertes Training garantieren zu können. 2012 wurde mit der spektakulären 8 EUB Wildspitzbahn  die höchste Seilbahn Österreichs samt höchstem Café der Ostalpen auf 3 440 m errichtet. Nach dem Bau des Passivhauses „Sunna Alm“ beschreitet die Pitztaler Gletscherbahn unter der Führung von Dr. Hans Rubatscher mit ihrem neuesten Projekt einer Photovoltaikanlage auf 2.800 m Seehöhe wieder zukunftsweisende Pfade: 2 500 PV-Module werden auf Drahtseile gespannt! Marketingleiter Mag. Marcus Herovitsch informierte den MM.

Dr. Hans Rubatscher, GF Pitztaler Gletscherbahnen – Fotos: Pitztaler GLB (5)

MM: „Seit wann kann man von visionärem Handeln am Pitztaler Gletscher sprechen?“Herovitsch: „Schon vor 30 Jahren haben die Gesellschafter der Pitztaler Gletscherbahnen die Herausforderung angenommen und mit einer Stollenbahn die Erschließung der Gletscherwelt am Hinteren Brunnenkogel und am Mittelbergferner in Angriff genommen. Nur wenige Experten gaben dem Projekt eine Chance. Für die Entwicklung des Pitztales war es aber ein wesentlicher Faktor und die Funktion als Zugpferdes der Region besteht bis heute. Dies zeigte sich etwa beim Bau der Wildspitzbahn im Jahr 2012. Innovative Technik gepaart mit moderner Architektur und Komfort für die Benützer gehen dabei Hand in Hand. Eine 8er Gondel ohne Gedränge beim Ein- oder Ausstieg, denn man muss die Ski nicht in der Halterung an der Außenseite der Gondel mühsam ,einfädeln‘. Hier steigt man einfach in die Bahn und steckt die Ski bequem in die Vorrichtung im Boden. Am Ziel dieser stressfreien Gondelfahrt erwartet den Gast das ,Café 3 440′: Preisgekrönte Architektur, die gefühlvoll in die Landschaft integriert wurde. Mit der visionären Formgebung wurde eine wunderschöne Bauskulptur unter schwierigsten äußeren Bedingungen geschaffen. Unter naturgegebenem Zeitdruck und unberechenbaren Witterungsschwankungen entstand Österreichs höchste Seilbahnstation mit dem integrierten Café 3 440: Kaffeehauskultur auf höchster Ebene!“

Das Café 3 440 – das höchste Kaffeehaus der Ostalpen auf 3 440 m Höhe – hat u. a. mit seiner Architektur 2012 für Furore gesorgt.

MM: „Welche Rolle spielt bei euch das Umweltbewusstsein generell? Ist das Passivhaus „Sunna Alm“ als Öko-Signal zu verstehen, das jetzt durch die Errichtung einer Photovoltaik-Anlage auf 2 800 m noch verstärkt wird?“Herovitsch: „Breite Naturschneepisten von Oktober bis Mai, dafür sind Gletscherkigebiete bekannt. Gerade in schneearmen Saisonen findet der Wintersportler dort jene Bedingungen, die man auch von Postkartenmotiven und Werbeprospekten kennt. Viel moderne Technik steckt allerdings hinter den Fassaden der Bergbahngebäude, um dieses Erlebnis bieten zu können. Am Pitztaler Gletscher denkt man dabei meist einen Schritt voraus, um eine ideale Verbindung von Natur und Technik zu gewährleisten. Der nächste Schritt ist jetzt die Nutzung der Sonnen-Energie!Energie spielt nicht nur bei der Produktion von Schnee mit dem israelischen Snowmaker eine Rolle. Für Bergbahnbetreiber stellt sie den wichtigsten Rohstoff dar, um die Anlagen in Bewegung zu halten. Bereits beim Bau der Rifflseebahn nahm man auch darauf Rücksicht, um möglichst energieeffizient zu agieren. Die Bergstation mit dem Restaurant Sunna Alm wurde daher als Passivhaus errichtet. Die großen Glasfronten dienen nicht nur, um die herrliche Aussicht auf die faszinierende Berglandschaft zu genießen, sondern lassen auch die Sonnenstrahlen ihren Beitrag zur Erwärmung der Gasträume beitragen. Eine entsprechende Belüftung gekoppelt mit Erdwärme tragen zu wohliger Atmosphäre bei, auch wenn einmal der Schneesturm noch so stark um die Sunna Alm pfeift.“

Die Bergstation der Rifflseebahn mit dem Restaurant Sunna Alm wurde 2007 als Passivhaus errichtet.

MM: „Welche Größe und Leistung wird die PV-Anlage aufweisen und wo wird sie installiert werden?Herovitsch: „2 500 Module mit einer Gesamtfläche von über 400m² auf Drahtseilen gespannt sollen in der Endausbauphase dieser Anlage rund 850 000 kWh/Jahr liefern. Den Vorteil einer solchen Anlage findet man vor allem auch in ihrer Lage. Auf einer Seehöhe von ca. 2 900 Metern sind wir europaweit ganz oben! Dementsprechend hoch fällt der Nutzungsgrad unserer Anlage aus. Aufgrund der extremen Höhe ist die Stromgewinnung um 40 Prozent höher als im Tal. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich die Betriebszeit im Skigebiet genau mit den Ertragszeiten der Anlage decken. Der Gletscher ist für eine Photovoltaikanlage geradezu prädestiniert. Ergänzt muss hier noch werden, dass der meiste Energieverlust auf den Transportwegen erfolgt. Ein weiterer Grund für effizientes Energiemanagement, die Energieerzeugung möglichst in Nähe des Verbrauchers zu realisieren.Mit diesem rund 2,5 Millionen Euro teuren Projekt verfolgen wir zusätzlich noch das Ziel, einen Beitrag für nachhaltige Wirtschaft und Umweltschutz im Alpenraum zu leisten. Als einer der größten Arbeitgeber in der Region, wollen wir mit gutem Beispiel vorangehen und einen neuen und vor allem ökologischen Weg im Wintertourismus einschlagen.“

Die neue Photovoltaik-Anlage am Pitztaler Gletscher wird 2 500 PV-Module umfassen und ca. 850 000 kWh Strom pro Jahr liefern.

MM: „Erfüllt man damit einen Tribut an das steigende Umweltbewusstsein der heutigen Gäste? Wie sieht das die Landesumweltanwaltschaft?“Herovitsch: „Auch die Landesumweltanwaltschaft steht dem Projekt am Pitztaler Gletscher sehr positiv gegenüber und beurteilte das Vorhaben in einer ersten Stellungnahme als ,lobenswertes Vorzeigeprojekt‘, zumal die Eingriffe in die Natur marginal ausfallen und der Strom unmittelbar am Ort gewonnen wird, ohne das Landschaftsbild zu verändern. Der eingesparte Co2 -Ausstoß liegt bei 510 000 kg pro Jahr.Mit der Photovoltaik-Anlage am Pitztaler Gletscher geht man nicht nur den Weg eines nachhaltigen Tourismus, dem die Schönheit der Bergwelt als Kapital durchaus bewusst ist, sondern bleibt auch seiner Vorreiterrolle, innovative Maßnahmen zu setzen, treu. Dass moderne Technik auch Ästhetik ausstrahlen kann und sich zusätzlich noch in die natürliche Landschaft integriert, dafür steht ebenfalls im Pitztal ein herausragendes Beispiel: Österreichs höchstes Kaffeehaus, das Café 3 440.“

Auch Österreichs höchste Seilbahn verkehrt am Pitztaler Gletscher: die gefühlvoll in die Landschaft integrierte Wildspitzbahn.

MM: „Warum habt Ihr Euch 2009 als erstes Skigebiet im Alpenraum entschieden, das temperaturunabhängige aber kostenintensive Schneeproduktionssystem IDE zu installieren?“Herovitsch: „Gletscherregionen sind nach wie vor die Regionen des ewigen Eises und bedürfen nur wenig Unterstützung durch technische Schneeproduktion. Mit dem Rückgang der Gletscher gestaltete sich die Pistenpräparierung allerdings schwieriger vor allem zum Start in den Gletscherherbst schwieriger. Mit der Entwicklung von Schneekanonen konnte hier natürlich nachgeholfen werden. Doch herkömmliche Geräte benötigen dazu Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Eine Tatsache, die selbst auf 3 000 m Seehöhe Anfang September nicht selbstverständlich ist. Daher ging die Pitztaler Gletscherbahn auf die Suche nach alternativen Methoden zur Schneeerzeugung und wurde in Israel fündig. Dort entwickelte man Anlagen, die Schnee und Eis für die Kühlung von Bohrmaschinen produzieren. Dabei wird – sehr vereinfacht ausgedrückt – mittels Unterdruck dem Wasser Energie entzogen. Somit wandelt sich der Aggregatzustand vom flüssigen in den festen, was beim Wasser bedeutet, dass Schnee und Eis entstehen. Während in Südafrikas Diamantenminen diese Kristalle die Bohrköpfe kühlen, transportiert man im Pitztal den Schnee über ein Förderband direkt auf die Piste.“

Der wetterunabhängige IDE Snowmaker direkt neben dem Talstationsgebäude der Pitz Panoramabahn war Europas erste Schneeanlage nach dem Vakuumprinzip. Foto: mak

MM: „Ihr propagiert verantwortlichen und intelligenten Umgang mit der Ressource Schnee. Was kann man sich darunter vorstellen?“Herovitsch: „Die künstliche Produktion von Schnee stellt nur einen kleinen Teil der Aufwendungen dar, um die Pisten auch trotz Rückgangs der Gletscher in optimalem Zustand zu halten. Mit einem ausgeklügelten Schneemanagement versucht man am Pitztaler Gletscher den Schnee dort zu halten, wo man ihn benötigt, nämlich auf dem Gletscher selbst. So werden etwa je nach Wetterlagen und geografischer Ausrichtung des Hanges Schneewälle aufgeschoben, um die Windverfrachtung einzudämmen. Ein solcher Wall bildet dann, ähnlich einem Bergkamm, ein Hindernis, an dessen Rückseite der Wind Schnee ablagert. So wie während der Niederschlagsperiode versucht, wird die Schneeflocken am Gletscher zu halten, so probiert man dies auch in den Sommermonaten, indem große Schneedepots angelegt werden. Mit einer Folie abgedeckt, kann so der Schnee vom letzten Winter zu Beginn der darauffolgenden Skisaison wieder zur Pistenpräparierung verwendet werden. Damit bleibt der Schnee dort, wo er für den Gletscher wichtig ist – in der Nährzone. Gletscherskigebiete tragen daher nicht zum Rückgang der Eismassen bei, sondern versuchen schon aus Eigeninteresse heraus, genau das Gegenteil zu erzielen.“