Mag. Michael Rothleitner gestaltete jahrelang als Vizepräsident des Aufsichtsrates die strategische Ausrichtung der Mayrhofner Bergbahnen AG mit, ehe er in den Vorstand an die Seite von Josef Reiter wechselte.

Mag. Michael Rothleitner, Vorstand Mayrhofner Bergbahnen AG

Der Jurist wurde hier vor allem zur wirtschaftlichen Absicherung der geplanten Erneuerung der wichtigsten Zubringerbahn, der Penkenbahn, benötigt. Diese bedingt nämlich u. a. ein neues Verkehrskonzept in der gesamten Ferienregion Mayrhofen-Hippach. Rothleitner agiert im Stil moderner Unternehmensführung – das bedeutet Öffnung und neudeutsch „Collaboration und Knowledgemanagement“.MM: „Herr Mag. Rothleitner, würden Sie sich als erfolgreicher Quereinsteiger in die Bergbahnbranche bezeichnen?“Michael Rothleitner: „So ganz Quereinsteiger bin ich ja nicht. Ich habe nach dem Abschluss meines Jus-Studiums bereits nach kurzer Einarbeitungszeit die Rechtsabteilung einer der erfolgreichsten Österreichischen Regionalbanken geleitet. Wenig später wurde mir dann auch noch die Leitung des Beteiligungsmanagements übertragen, in dem sich auch einige Bergbahnen-Beteiligungen in Tirol und Vorarlberg befanden. Zudem leitete ich in diesem Zusammenhang als Vorstand und Geschäftsführer verschiedener Unternehmen auch deren Beteiligungen an Seilbahnunternehmen. Die Mayrhofner Bergbahnen waren mir bestens vertraut, weil ich vor meinem Wechsel in den Vorstand schon Jahre als Vizepräsident des Aufsichtsrats deren strategische Ausrichtung mitgestalten durfte.“

Rendering der neuen Penkenbahn in Mayrhofen, Typ 3 S-Bahn.

MM: „Schildern Sie die wesentlichen Entwicklungsschritte der letzten 5 Jahre, welche Akzente konnten in Mayrhofen gesetzt werden?“Rothleitner: „Die letzten 5 Jahre waren vor allem von drei Faktoren geprägt: Verbesserung der Qualität, Verbesserung der Dienstleistung und Ausbau des Sommerbetriebes. Die Qualitätsverbesserungen werden im Pistenbau, der Verkürzung der Beschneiungsdauer und der Umsetzung von Weltneuheiten, wie z. B. der erstenKombibahn mit getrennten Bahnsteigen augenscheinlich. Unsere Dienstleistung haben wir wesentlich durch die Neugestaltung unserer Talstationen mit integrierten Serviceeinrichtungen verbessert, wobei der Zusammenarbeit mit unseren Partnern im Verleih und Depotgeschäft besondere Aufmerksamkeit zukommt. Ein wesentlicher Schritt ist dazu noch im Zuge des Neubaus unserer Penkenbahn zu tun. Für den Sommerbetrieb haben wir zum Beispiel mit Singletrails und dem Ausbau der Paragleiterstartplätze Extremsportlern ein attraktives Angebot gestaltet. Mit der Funsportstation am Penken haben wir einerseits gänzlich Neuland betreten, weil wir auf unserem Speicherteich mit ,Funballz‘ eine All-Wetter-Wassersportart anbieten können. Andererseits bieten wir mit unserem Bergrollerverleih auch den ruhigeren Bergbegeisterten Möglichkeiten, die Weite des Wegenetzes zu erkunden. Das alles war aber auch nur möglich, weil unsere Mitarbeiter sehr engagiert an den notwendigen internen Veränderungsprozessen mitarbeiten. Sichtbar wird das aber auch an unserem neuen Firmensitz!“MM: „Wie fällt Ihre Bilanz bisher aus, konnten Sie mit einer unvoreingenommenen Sicht auf die Bergbahnrealität reüssieren?“Rothleitner: „Wir – die Mayrhofner Bergbahnen gemeinsam – sind die letzten fünf Jahre sehr erfolgreich gewesen. Unsere Bilanzen zeigen eine stabile Position unter den Topseilbahnbetrieben im Alpenraum. Besonders unsere verstärkte Fokussierung auf das Sommergeschäft stellt uns auf stabile Beine. Die nächsten fünf bis zehn Jahre sind geprägt von der weitergehenden Erneuerung unserer Anlagen. Dies immer unter den Aspekten eines Ganzjahresbetriebes, der konsequenten Umsetzung von Managementprogrammen, um vor allem ,kostenfit‘ zu sein, und dem kontinuierlichen Ausbau des Sommerbetriebes.“

Die Funsportstation am Penken beim Speicherteich – im Bild die Funballz – trug u. a. dazu bei, das Sommergeschäft sehr erfolgreich zu steigern. Fotos: Mayrhofner BB AG

MM: „Welchen Hintergrund hat der Neubau der Penkenbahn, wie weit ist der Prozess fortgeschritten?“Rothleitner: „Die Penkenbahn ist in die Jahre gekommen und bietet schon lange nicht mehr den Komfort, den sich ein Gast in Mayrhofen jedenfalls erwarten kann. Die Erneuerung dieser um die Kurve fahrenden Zweiseilumlaufbahn in eine moderne Dreiseilumlaufbahn war aber ganz wesentlich von der Erarbeitung eines Verkehrskonzeptes abhängig, das im Ort die schneller ankommenden Schifahrer bewältigen kann. Wenn im Zentrum eines doch eher kleinräumigen Tourismusortes statt 2 000 Talfahrern mit der Penkenbahn zukünftig knapp 4 000 Talfahrer pro Stunde aus der Station strömen, ist das eine Aufgabe, die nicht leicht zu lösen ist. Wir haben dazu bereits 2011 ein Gesamtkonzept mit Verkehrsplanern erarbeitet, das aber nicht gerade auf Gegenliebe in der Gemeindestube gestoßen ist. Heute, drei Jahre später, gibt es aber Einigkeit. Der Architekturwettbewerb dazu wurde bereits im letzten Sommer erfolgreich abgewickelt. Im Jänner 2014 konnten wir bereits das naturschutzrechtliche Verfahren einleiten und hoffen auf die Baubewilligung unseres Projektes im heurigen Sommer.“MM: „Sie sind ein Verfechter des Qualitätsausbaus am Berg und nicht unbedingt der Erhöhung der Frequenzen. An welchen Beispielen wird diese Strategie greifbar?“Rothleitner: „Damit Sie mich nicht falsch verstehen, die Frequenzen möchte ich schon erhöhen! Bei den Wintergästezahlen bin ich hingegen eher zurückhaltend. Wir kennen alle die leidige Diskussion, wie viel Landesfläche der Pistenausbau in Anspruch nimmt. Auch wenn die Zahlen beweisen, dass es ein geringer Anteil ist, muss man erkennen, dass die Diskussion im Kern berechtigt ist. Welche Verantwortung tragen wir für künftige Generationen und gegenüber der Natur, in der wir unser Angebot gestalten? Unser Ansatz dazu ist: statt mehr Fläche, also Pisten für mehr Wintergäste, mehr Tage an denen wir profitabel wirtschaften! Das heißt, wir müssen im Winter bei gleichbleibenden Gästezahlen eine höhere Wertschöpfung erzielen. Das geht aber nur mit Topqualität. Neben den Werten ,vital‘ und ,authentisch‘ steckt daher ,premium‘ in unserem Markenkern, also das klare Ziel, den Gast durch das Übertreffen seiner Erwartungen zu begeistern. Es bedeutet aber auch, dass wir das ganze Jahr unseren Gästen ein Angebot machen müssen, das sie begeistert. Wir haben daher beispielsweise mit unserer Greifvogelstation ,Adlerbühne‘ am Ahorn oder unserer ,Funsportstation‘ am Penken das Sommergeschäft sehr erfolgreich steigern können. Immerhin gibt es kein Monat im Jahr, in dem wir nicht zumindest eine unserer Bahnen in Betrieb haben.“

Die Kombibahn auf dem Actionberg Penken – übrigens die weltweit erste mit getrennten Bahnsteigen – dient auch dem Transport der Mountainbikes auf 2 000 m.

MM: „Sie haben einmal unter dem Titel ,Der Mountain Manager 2020′ zu Trends im Management von Bergbahnen Stellung genommen. Worauf wird es hier in Zukunft ankommen, worauf muss man sich einstellen?“Rothleitner: „Meinem beruflichen Werdegang verdanke ich den Kontakt zu nahezu allen Branchen in vielen Ländern. Mir fällt auf, dass sich die Bergbahnen in einem ganz wesentlich unterscheiden. Obwohl sie Mitbewerber oder ehrlicher gesagt sogar Konkurrenten sind, begegnen sich die ,Seilbahner‘ wie die Mitglieder einer Familie. Ein riesiger Vorteil, der uns aber nicht so bewusst ist, dass wir ihn auch entsprechend nutzen würden. In Branchen, wie der Telekommunikation oder der Autoindustrie, haben die stärksten Konkurrenten Wege gefunden, wie sie sich Kosten in der Forschung und Entwicklung teilen.Die Seilbahner kommen nicht einmal auf die Idee! Wir bei den Mayrhofner Bergbahnen haben gemeinsam mit den Firmen PowerGIS, einem Anbieter für Schneehöhenmessung, und MDS Network, einem Wissensberater, ein Kompetenzzentrum ,Pistenmanagement‘ ins Leben gerufen. Ziel ist es gemeinsam mit Herstellern von Schneeerzeugern oder dem SLF (Institut für Schnee- und Lawinenforschung in Davos) an der Verbesserung des Schneemanagements zu arbeiten. Das Schneemanagement – also die Steuerung der Schneeproduktion nach Menge und Qualität in Abhängigkeit von Gelände, Wind, Wetter, Saisonzeiten…etc. – ist ein ganz wesentlicher Teil des Kostenmanagements von Seilbahnunternehmen. In diesem Bereich ist noch einiges an Forschung und Projektsteuerungs-Knowhow in unserer Branche zu verankern, was zweifellos gemeinsam am schnellsten, günstigsten und effizientesten erfolgen könnte. Besonders freue ich mich daher darauf, dass wir am 18. September 2014 die erste Veranstaltung des „Kompetenzzentrum Pistenmanagement“ in unserem Stammhaus ausrichten werden.“MM: „Auf dem 24. TFA haben Sie über ,Stabiles Investment – verdammt zu Wachstum und Gewinn! Wer finanziert noch Bergbahnen?‘ gesprochen. Was war die Quintessenz?“Rothleitner: „Ja, vielleicht bin ich zur Quintessenz so etwas wie ein Wanderprediger. Ähnlich meinen Ausführungen im Rahmen der Innovation Days in München kam ich auch in Arosa zum Ergebnis: Wir müssen intensiver zusammenarbeiten – und zwar dort, wo wir nicht Konkurrenten sondern Partner sind. Wir müssen das allein schon wegen den sich ändernden Rahmenbedingungen tun und das sind: weniger Skifahrer und geringere Sparraten im Euroraum. Die Gewinnspanne hängt nun mal nicht nur am Umsatz sondern auch an den Kosten. Aber auch bei der Erschließung neuer Geschäftsfelder müssen wir mit unseren Partnern besser zusammenarbeiten. Ich verstehe nicht, warum wir Seilbahnunternehmen nicht schon längst gemeinsam von unseren Lieferanten für Zutrittssysteme Funktionen verlangen, die über die Öffnung der Drehkreuze hinausgehen. Warum öffnen die Skipässe nicht auch die Türen zum Hotelzimmer oder liefern die nötigen Daten im Schiverleih? Aber auch hier konnten wir mit Partnern wie den Cube Hotels, der Fa. CSA und der Skidata erste Schritte setzen – ich hoffe, dass die Entwicklungen noch heuer im Herbst der breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden können.“

Das Schneemanagement ist ein ganz wesentlicher Teil des Kostenmanagements von Seilbahnunternehmen. Rothleitner hält 30 % Einsparungspotenzial für möglich.

MM: „Das Kostenmanagement ist in Ihren Augen ein (unterschätzter?) Schlüsselfaktor und hier wiederum das Schneemanagement. Welches Potenzial steckt in diesem Bereich?“Rothleitner: „Wie schon erwähnt, Kostenmanagement ist sicher eine zentrale Aufgabe sorgsamer Unternehmensführung. Ich bin überzeugt, dass ein Einsparungspotenzial von 30 % der Kosten für Schneeproduktion und Präparation nicht utopisch ist. Die angemessene Vorgangsweise wird wahrscheinlich in den einzelnen Unternehmen sehr unterschiedlich sein. Wirhaben ein eigenes Projekt mit externer Begleitung durch MDS Network begonnen und am Praxisbeispiel ,Schneemanagement‘ auch gleich Projektmanagement und erste Schritte zum Wissensmanagement im Unternehmen implementiert. Die Erfahrungen zeigen, dass dieser Weg sehr erfolgreich ist.“MM: „Die Bergbahnen Mayrhofen haben aufgrund der Erfahrungen mit dem ARENA PistenManagement einen ,Beschneiungsleitfaden 1.0′ aufgelegt. Könnte damit ein Nutzen für die ganze Branche verbunden sein?“Rothleitner: „Unser Projekt ,Schneemanagement‘ hatten wir mit der Messung von Schneehöhen auf den Pisten begonnen. Die Abtaubilder nach der Saison und die Sorge während der Saison, mit dem Schild der Pistengeräte in den Untergrund zu geraten, waren die wesentlichen Motive. Nachdem wir einige Maschinen mit der ARENA Schneehöhenmessung der Fa. PowerGIS ausgestattet hatten, lernten wir aber schnell, dass damit mehr als nur die Messung der Schneedecke möglich war. Bald wurde die Vision geboren, für definierte Pistenabschnitte ,Sollschneehöhen‘ festzulegen, die auf die besonderen lokalen Umweltfaktoren Rücksicht nehmen. Ein Südhang braucht nun mal mehr Schnee als ein Nordhang oder eine Kammlage mehr als eine Waldschneise. Wir haben uns daher entschlossen, die gesamte Pistengeräteflotte mit dem ARENA Schneehöhenmesssystem auszustatten und uns mit den relevanten Umweltfaktoren intensiv zu beschäftigen. Ohne begleitendes professionelles Projektmanagement wäre das aber nicht möglich gewesen.Die Ergebnisse dieses Prozesses finden sich im ,Beschneiungsleitfaden 1.0′, den wir auch gerne zur Verfügung stellen. Er ermöglicht einem Skigebietsbetreiber einen sehr schnellen Zugang zur Methodik und damit zur eigenen Strategie, wie mit dem Kostenfaktor Schnee umgegangen werden soll. Wir stellen sogar – allerdings nicht kostenlos- auch die von uns erarbeiteten Werkzeuge zur Steuerung eines solchen Projektes zur Verfügung. „MM: „Wie sehen Sie die Zukunft des Skifahrens – dazu existieren ja widersprüchliche Positionen? Welche Möglichkeiten für neue Dienstleistungen ergeben sich durch neue Produkte?“Rothleitner: „Diesbezüglich erlaube ich mir aus einer Studie der SportKreativWerkstatt München aus dem Jahre 2008 zu zitieren, mit der die Zukunft des Skilaufs untersucht und mit zahlreichen Expertengesprächen abgesichert wurde. Skifahren wird in mehreren Ausprägungen existieren. Als Teil urbanen Erlebnisses (Skihallen), als virtuelles Erlebnis (wii), als Naturerlebnis (Tourengeher) und als Teil eines ganzjährigen Bergerlebnisses. Dort sind wir angesiedelt. Wir bauen daher unser Angebot auch mit der Ausrichtung auf einen Ganzjahresbetrieb weiter aus. Wichtig ist dabei aber sicherlich, dass wir die Zutrittsbarrieren zum Skisport möglichst minimieren. Allein der Aufwand, die richtige Ausrüstung für beispielsweise zehn Tage Skiurlaub zu bekommen, hat nichts mit einem Urlaubserlebnis zu tun. Z. B. muss jeder Urlauber bei der Skischuhanprobe und dem Skitausch jedes Mal den linken Schuh ausziehen, weil auch die Bindungseinstellung gemacht werden muss. Das darf einfach nicht mehr sein. Warum sind Schuhgröße und Bindungseinstellung nicht so aufeinander abgestimmt, dass ich allein aus den EDV-Daten des Kunden blitzschnell das richtige Material ausgeben kann? Hier wartet noch jede Menge Arbeit!“