Rupert Schiefer, Vorstand DAG/GF OÖ Seilbahnholding/GF Bergbahnen Dachstein West GmbH – Ökologie und Nachhaltigkeit werden noch stärker in den Fokus rücken
Wie ist der Sommer verlaufen und was darf man sich vom Winter erwarten? Was sind die großen Herausforderungen der Zukunft? Der MOUNTAIN MANAGER hat bei Rupert Schiefer, Neo-Vorstand DAG und GF der OÖ Seilbahnholding nachgefragt.
In einer Tageszeitung konnte man Anfang des Jahres lesen: „Rupert Schiefer ist neuer Vorstand der Dachstein Tourismus AG und Geschäftsführer der OÖ Seilbahnholding. Sein Konzept überzeugte.“ Wie sieht es aus?
Ich war in der Bewerbungsphase für die Geschäftsführung der Bergbahnen Dachstein West zuständig, also den Salzburger Teil des Skigebietes, ein enger Partner war zu dieser Zeit der oberösterreichische Teil der Destination mit Gosau. Deshalb hatte ich schon im Vorfeld Gelegenheit, die Gegebenheiten vor Ort kennenzulernen. Der wichtigste Punkt im Konzept, das insgesamt 5 Bereiche umfasst, lag von Anfang an auf der ganzjährigen Entwicklung der Destinationen. Als zweiten, für die Zukunft ausgesprochen wichtigen Punkt, habe ich die Ökologisierung und Nachhaltigkeit angeführt. Dann kommt natürlich die Digitalisierung dazu, die durch Corona in der Branche gepusht wurde, aber immer noch viel Handlungsspielraum bietet. Der 4. Punkt waren die Human Ressources, und zwar auf die Mitarbeiter und die Gäste bezogen, also wie schafft man ein positives Berufsbild, gewinnt gute Mitarbeiter bzw. wie kann man Gäste für die Destinationen begeistern, wie geht man auf die Jungend zu etc. Der 5. Punkt beschäftigt sich mit Kooperationen und der Frage, wie man die Zusammenarbeit in den betreffenden Destinationen stärken, verbessern und ausbauen kann.
Welche Projekte stehen hier in den nächsten 2 bis 3 Jahren zur Realisierung an?
In den ersten 6 Monaten meiner Funktion war es mir wichtig, ein genaues Bild von jedem Standort zu bekommen und mir den Stand der Dinge genau anzusehen. Nur wenn man den Status Quo kennt, weiß man wo man ansetzen kann und muss, damit das Angebot auch weiterhin attraktiv ist. Da geht es einfach darum, die Qualität des Angebots zu durchleuchten und zu stärken. Es stehen daher nicht unbedingt Großprojekte oder neue Bahnen zur Realisierung an, vielmehr soll das vorhandene Angebot hochwertig zur Verfügung stehen und dann plakativ und gut präsentiert werden.
„Es geht nicht darum, artfremde oder künstliche Attraktionen zu bieten“
Was reizt Sie an den Aufgaben, für die Sie die Verantwortung tragen?
Spannend ist für mich die unterschiedlich starke Ausrichtung der Betriebe auf den Sommer und den Winter, und die Aufgaben, die damit in Verbindung stehen. Dazu kommt die enge Verbindung mit der Natur und die Fragestellung daraus, wie man aus den vorhandenen Strukturen im Einklang mit der Natur das optimale Bergerlebnis vermitteln kann. Es geht also nicht darum, artfremde oder künstliche Attraktionen zu bieten, sondern das Vorhandene in den Blick zu rücken. Und genau das suchen die Gäste hier auch, man will hier die Natur erleben.
Wie man hört, ist eine noch engere Zusammenarbeit von den Seilbahnen Dachstein West mit den Bergbahnen Abtenau im Gespräch, bis hin zu einer Übernahme. Wie ist der Stand der Dinge?
Die Bergbahnen Abtenau sind schon jetzt mit dem Karkogel im Winter Teil im Kartenverbund Dachstein-West. Da hat es schon bisher eine enge Zusammenarbeit gegeben. Im Sommer agieren die Bergbahnen Abtenau völlig selbstständig. In den letzten Monaten haben wir hier aber mit Mitarbeitern ausgeholfen, weil es einfach für alle diesbezüglich sehr schwierig geworden ist. Wir sind im Moment dabei, über eine engere und noch bessere Zusammenarbeit zu sprechen, einfach wie man Dinge optimieren und Synergien nutzen kann. Eine Übernahme ist aber nicht Thema.
Eine Neuheit hinsichtlich Kooperation gibt es dennoch. Wir haben eine neue Kooperationsdestination bzw. Marke gegründet, die grenzüberschreitend in Salzburg und Oberösterreich wirken soll. Das betrifft die vier Gemeinden Gosau, Obertraun, Hallstatt und Bad Goisern in Oberösterreich und die 4 Gemeinden St. Martin, Annaberg, Russbach und Abtenau in Salzburg. Die Marke wird unter dem Namen „Dachstein-West – natürlich im Salzkammergut“ auftreten und beworben werden. Alle Mitglieder sind gleichberechtigt und haben es sich zum Ziel gesetzt, die Natur und ein naturnahes Angebot in den Blick zu rücken.
Wie läuft der Sommer in den Betrieben Dachstein West und OÖ Seilbahnholding?
Der Sommer läuft grundsätzlich sehr zufriedenstellend, die Wochen Mitte September waren aufgrund des Wetters natürlich durchwachsen. Was die Gästezahlen betrifft, sind wir schon wieder ganz nahe an das Vor-Corona-Niveau herangekommen. Gäste aus Asien sind allerdings noch nicht so zahlreich vertreten, wie wir das aus den Zeiten vor Corona gekannt haben – dennoch dürfen wir hier mit der Entwicklung wirklich zufrieden sein.
Wie hat sich der Stellenwert des Sommerangebots in den letzten Jahren entwickelt/verändert?
Im Bereich der Bahnen, die hauptsächlich im Sommer in Betrieb bzw. auf den Sommertourismus ausgerichtet sind, war der Sommer schon immer sehr wichtig. Hier war der Stellenwert naturgemäß ein anderer als etwa in den Wintersportgebieten. Vor 10 Jahren hat man in den Winterdestinationen nicht geglaubt, dass sich der Sommer auch für sie so gut entwickeln und so wichtig wird. Natürlich liegt die Bedeutung des Sommers für sie nach wie vor deutlich unter dem Winter, er hat sich aber kontinuierlich weiterentwickelt, sodass ein Öffnen der Bahnen bzw. ein Nutzen der Infrastruktur wirklich sinnvoll geworden ist. Das kommt uns natürlich auch in der Personalstruktur zugute, weil man jetzt Ganzjahresarbeitsplätze anbieten und gute Mitarbeiter im Unternehmen halten kann. Das Angebot am Berg wirkt sich dann natürlich auf die ganze Umgebung, die Hotels und die Gastronomie aus, weil auch sie ihr Angebot ganzjährig gestalten können und nicht auf wenige kurze Monate im Winter beschränkt sind. Der Drang auf den Berg ist im Sommer und im Winter ausgeprägt, das zeigt sich auch an den unterschiedlichen Angeboten. Im Winter ist nicht mehr nur das Skifahren gefragt, auch das Wandern wird immer beliebter.
„Die Bergbahnen liegen mit ihrem Angebot genau an der Schnittstelle Konsum und Natur“
Der Klimawandel macht sich im Sommer und im Winter bemerkbar, vor welchen Herausforderungen stehen die Bergbahnen dadurch?
Ökologisierung und Nachhaltigkeit sind und werden in Zukunft noch mehr zu einem Riesenthema, das wird noch stärker in den Fokus rücken. Die Bergbahnen liegen mit ihrem Handeln genau an der Schnittstelle Konsum und Natur, da tragen wir eine große Verantwortung. Das wird sich dann auch im Umgang mit der jüngeren Generation zeigen, und zwar im Mitarbeitersegment und bei den Gästen genauso. Man wird sich genau ansehen, ob die Unternehmen, für die man arbeitet, auch ähnlich Werte vertreten wie man selbst oder man wird sich beim Urlaub genau informieren, ob man ein Angebot mit gutem Gewissen nutzen kann. Mit dieser Thematik werden wir uns stark auseinandersetzen müssen.
Wir sehen im Moment, dass man etwa mit der Beschneiung häufig in die Kritik rückt. Man muss dem aber entgegenhalten, dass ganze Täler und deren Bewohner vom Tourismus abhängig sind. Die Anzahl an Menschen, die auf den Berg wollen, hat sich in den letzten Jahren sicher deutlich erhöht, da muss man die Besucherströme versuchen zu kanalisieren und sinnvoll zu leiten. Es liegt dabei in unserer Verantwortung, die Interessen der Gäste und den Umgang mit der Natur in Einklang bringen.
Welche Erwartungen haben Sie an den kommenden Winter?
Ich sehe da im Moment noch positiv in Richtung Winter. Ich denke, dass das Thema Corona nicht mehr eine solch dominante Rolle spielen wird wie in den Vorjahren. Dafür sind natürlich die Teuerungen ein wesentlicher Punkt, mit dem für den Winter zu rechnen ist. Hier versuchen wir in den Betrieben mit speziellen Angeboten für die Gäste gegenzusteuern. So werden wir etwa ein Happy-Hour-Ticket haben, das von Montag bis Freitag gilt und nicht an Sonn- und Feiertagen, damit man wochentags zu attraktiven Preisen Skifahren kann. Dann wird es neu auch ein „Eltern-Auszeit-Ticket“ geben, damit ein Elternteil auf die Piste kann, wenn der andere auf das Kind aufpasst. Dieses Ticket gilt also für ein Elternpaar, das zuhause ein Kind im Alter bis zu 4 Jahren hat, sodass sich Mama oder Papa eine kleine Auszeit nehmen kann. Interessant wird auch das „Natürlich 365 Ticket“ werden, mit dem man 365 Tage bei uns immer eine Bahn benutzen kann. Auf diese Weise werden wir Anreize schaffen, zu ganz unterschiedlichen Zeiten auf die Berge zu kommen.
In manchen Seilbahnbetrieben wird aufgrund der zu erwartenden Teuerungen schon an Energiesparplänen gearbeitet, wie sieht es hier in Ihren Betrieben aus?
Das ist natürlich ein Thema, das auch unsere Betriebe betrifft. Ein wesentlicher Kostenfaktor ist dabei natürlich die Beschneiung. Uns geht es darum, die Qualität der Skipisten zu halten, deshalb haben wir schon im Vorfeld in die Schneehöhenmessung investiert. Wir wollen hier mit exakten Daten arbeiten, also besonders effizient, damit es zu keiner Verschwendung von Ressourcen kommt. Dazu werden wir auch nur dann beschneien, wenn eine Beschneiungseffizienz von 95 % gewährleistet ist. Bei der Breite der Pisten wollen wir nicht sparen, weil das auf Kosten der Sicherheit gehen würde, und da wollen wir sicher nichts riskieren. Es wird also eine moderate Schneeauflage geben, die tatsächlich notwendig ist, bei Bedarf wird bei den richtigen Temperaturen nochmals nachgeschneit – aber nur dort, wo man das tatsächlich braucht.
Gibt es Überlegungen, nicht alle Bahnen aufzusperren?
In der Hauptsaison ist das für uns sicher keine Option. Zum Saisonstart muss man ohnehin genau überlegen, welche Bahnen den Bedingungen vor Ort entsprechend wann aufgesperrt werden. Das war schon bisher der Fall, wird aber sicher dieses Jahr noch stärker ins Gewicht fallen. In unseren Skigebieten gibt es auch keine Bereiche oder Pistenabschnitte, die mit mehreren Anlagen erschlossen werden. Anlagen nicht aufzusperren, wäre also nicht zielführend. Wir haben auch nicht vor, die Öffnungszeiten zu reduzieren.
Welchen Stellenwert hat Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit generell, wie macht sich das im betrieblichen Alltag bemerkbar?
Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit sind Themen, die sich in unseren Betrieben durch den Betriebsalltag ziehen, also wie geht man mit Materialien und Produkten um, die wir bereits besitzen. Wie werden diese am Ende ihrer Nutzungsdauer entsorgt, kann man Dinge einem Recycling zuführen. Kreislaufwirtschaft ist ein Thema, dem wir noch mehr Aufmerksamkeit schenken wollen. Da müssen dann aber auch alle Partner um uns herum mitspielen. Das ist mir ein großes Anliegen, hier vermehrt Bewusstsein zu schaffen, Überzeugungsarbeit zu leisten und alle miteinzubeziehen.
Wenn Neuanschaffungen getätigt werden, fragen wir uns, was genau wird gebraucht und wo liegt der tatsächliche Nutzen eines Modernisierungsschubs. Benötigen wir etwa Sitzheizungen für Sessel, nur weil es heute von Kundenseite gerne gesehen wird. Da sind wir etwa der Überzeugung, dass das nicht nötig ist – die Qualität des Angebots muss stimmen. Es muss nicht alles neu gemacht werden, nur weil es Neues gibt. Wir wollen das, was nötig ist – aber in bester Qualität zur Verfügung stellen. Natürlich investieren wir dort, wo es sinnvoll ist, auch in Photovoltaikanlagen – wir achten aber auch darauf, Strom sinnvoll einzusetzen und nicht zu verschwenden.
Worin sehen die größten Herausforderungen der nächsten Jahre?
Nachhaltigkeit und Ökologie sind sicherlich Themen, an und mit denen wir in den nächsten Jahren vermehrt arbeiten müssen. Dazu muss es uns gelingen, dass die Gäste einen Aufenthalt am Berg, sei es im Sommer oder im Winter, als entspannend wahrnehmen und als bewusstes Gegenstück zum Alltagsstress. Und natürlich ist mir auch die Jugend ein Anliegen, bei den Mitarbeitern und den Gästen. Bei den Mitarbeitern möchte ich den jungen Leuten vermitteln, dass der Beruf des Seilbahntechnikers viele Möglichkeiten bietet und eine sehr gute Wahl ist – und bei den Gästen muss man den jungen Leuten einen Aufenthalt und ein Naturerleben bieten, damit sie auch später gerne und immer wieder kommen.
lw