Bereits seit einigen Jahren belegen die Lenk Bergbahnen regelmäßig einen der vorderen Plätze in den Rankings der erfolgreichsten Schweizer Skigebiete. Dabei hält man im Simmental sowohl unternehmerisch als auch in der touristischen Ausrichtung bewusst an traditionellen Strukturen fest. MM sprach mit Lenk-Geschäftsführer Hans-Ulrich Schläppi über die Hintergründe des Erfolgs. Seit über 30 Jahren ist der 53jährige Finanzfachmann mit dem Unternehmen verbunden und verantwortete vor seiner Geschäftsführertätigkeit unter anderem die frühe Einführung des Verbundkassensystems Mitte der 80er Jahre sowie verschiedene andere Entwicklungsprojekte.

Lenk-Geschäftsführer Hans-Ulrich Schläppi.

MM-FRAGE: „Bitte zeichnen Sie kurz die wichtigsten Entwicklungsschritte Ihres Unternehmens bis zu seiner heutigen Organisationsform und bestehenden Kooperationen auf.”Hans-Ulrich Schläppi: „Die Entwicklung begann während dem Zweiten Weltkrieg mit einem Funi-Schlitten und bereits 1948 wurde die frühere Genossenschaft Lenk-Betelberg gegründet. 2003 fusionierten schließlich die bis dahin eigentlich fünf Bahngesellschaften an der Lenk zu den heutigen Lenk Bergbahnen. Seit rund 25 Jahren pflegen wir darüber hinaus eine sehr gute Kooperation mit Adelboden und positionieren uns heute nach außen eigentlich nur als Skiregion Adelboden-Lenk.Nach wie vor sind wir genossenschaftlich organisiert, insgesamt zählen die Lenk Bergbahnen heute rund 3 300 Genossenschafter. Damit haben wir eine sehr breite Abstützung in der Bevölkerung, wobei die Verteilung auf 50 Prozent Einheimische und 50 Prozent ,Fast Einheimische’ – also Zweitwohnungsbesitzer und Auswärtige – uns noch einen weiteren wichtigen Vorteil beschert: bei uns hat man immer den Sinn einer guten Infrastruktur gesehen und deren notwendige Entwicklung mitgetragen. So waren trotz sehr guter Geschäftsergebnisse alle Genossenschafter auch speziell in der letzten Zeit immer bereit, zugunsten von Neuinvestitionen auf eine Dividende zu verzichten.Eine weitere Besonderheit ist sicherlich unsere schlanke Führungsstruktur. Das fängt beim Verwaltungsrat an und zieht sich eigentlich durch die Geschäftsleitung und das ganze Unternehmen durch. Mit nur fünf Verwaltungsräten und zwei Mitgliedern in der Geschäftsleitung haben wir ganz kurze Entscheidungswege, das ist ein wesentlicher Faktor für den Erfolg eines nternehmens.”

Über die Talseite Metsch, Bühlberg, Hahnenmoos erfolgt die Anbindung an die Adelbodener Pisten. Das größere Lenker Gebiet wird verstärkt von jungen, sportiven Fahrern frequentiert.

MM-FRAGE: „Wie gestaltet sich das Jahresgeschäft für Ihr Unternehmen? Wie sind die Kenndaten Ihrer Gästestruktur?”Hans-Ulrich Schläppi: „95 % machen wir derzeit mit dem Win- tergeschäft, leider nur 5 % im Sommer. Unsere Gäste sind im Winter in zwei Gruppen aufgeteilt: Einmal die ganz konstanten, treuen Saisonkarten-Besitzer, darunter eben auch sehr viele Genossenschafter. Insgesamt verkaufen wir in der Skiregion Adelboden-Lenk ca. 14 000 Saisonkarten pro Jahr. Hinzu kommen natürlich noch die Wochen- und Tagesgäste, wobei wir hier durch den Zusammenschluss mit Adelboden einen kleinen Vorteil gegenüber anderen Regionen haben. 60 bis 70 % der Tagesgäste kommen zum Beispiel auf der Metsch-Seite über Adelboden ins Skigebiet – Lenk kann sich dadurch ein bisschen besser auf den Wochengast konzentrieren.Bei der Herkunft unserer Gäste stellen wir mit durchschnittlich 87% Schweizer Gästen vielleicht einen Schweizer Rekord auf. Das ist mitunter ein großer Vorteil, kann aber bei einer schlechten Ferienkonstellation in der Schweiz auch ein Nachteil sein. Das wird dann jedoch ab März wieder ein bisschen abgedämpft, wenn Adelboden üblicherweise 50 Prozent Schweizer und 50 Prozent ausländische Gäste erreicht.Entsprechend schwankt auch die Altersstruktur unserer Gäste saisonal. In Ferienzeiten überwiegen die Familien, zur Zwischensaison halten sich Jugend und Senioren in etwa die Waage, während wir ab Mitte März wieder mehrheitlich jüngere Skifahrer haben.Das schlägt sich auch auf der Angebotsseite nieder, wo wir in Lenk mit der Zweiteilung des Tales bewusst zwei Philosophien haben. Einmal die Betelberg-Seite, dort setzen wir vor allem auf Familien, Kinder, ein bisschen auf den gemütlicheren Skifahrer, also vielleicht Senioren oder einfach Genießer. Und natürlich auf alle, die nicht Ski fahren, denn diesen Gästen müssen wir als Skigebiet genauso entgegenkommen. In vielen ankommenden Autos sitzt doch ein Familienmitglied, das vielleicht auch nur zur Zeit nicht Ski fahren kann oder die Großmutter oder das Kleinkind. Die können sich dann trotzdem im Gebiet immer wieder treffen, seine Übersichtlichkeit gibt ihnen eine gewisse Geborgenheit. Am Betelberg bieten wir dennoch alles, was den Wintersport ausmacht: sanfte bis sehr lange Pisten, anspruchsvoll bis leicht, Schlitteln, 15 km Winterwandern, Boarden, Bordercross, eine permanente Rennstrecke und die Langlaufloipe. Wir sagen salopp, eines der größten Angebote auf kleinstem Raum. Auf der anderen Talseite ist das Gebiet mit Metsch, Bühlberg, Hahnenmoos bis Adelboden größer und dort konzentrieren wir uns stärker auf den jungen, sportlicheren Gast.”

Mit einem reichhaltigen Pistenangebot spricht die Talseite Betelberg Familien und Genuss-Skifahrer an.

MM-FRAGE: „Welche Entwicklungsperspektiven ergeben sich aus der derzeitigen Situation?”Hans-Ulrich Schläppi: „Wir sehen natürlich die gewisse Schweiz-Lastigkeit und den starken Zweitwohnungsanteil in unserer Gästestruktur. Um unsere Attraktivität für die wichtige Gruppe der Wochengäste zu verbessern, ist eines unserer zentralen Anliegen die verstärkte Schaffung von ,warmen Betten’, das heißt ein besseres Hotellerieangebots vor Ort. Hier setzen wir unter anderem auf Sami Kapeller, den sehr initiativen Pächter unserer Berghäuser, der speziell im Segment der Low-Cost-Betten aktiv ist. In zwei Wintern erreichte er insgesamt 10 000 Übernachtungen und auch für den nächsten Winter stehen die Zeichen gut. Eine weitere Initiative in dieser Richtung ist ein Ansiedelungsprojekt, das wir gemeinsam mit Lenk-Simmental-Tourismus und der Gemeinde unterstützen. In dieser Bauzone müssen die Ferienwohnungen auf mindestens dreißig Jahre hinaus vermietet werden.Und wenn Sie unsere Unternehmensphilosophie sehen, die den Gast, seinen Komfort und seine Bedürfnisse klar in den Vordergrund stellt, dann müssen wir auch die Sportartikel-Vermietung deutlich verbessern. Das ist nicht einfach zu lösen, da wir fünf Einstiegsorte ins Gebiet haben. Wir planen nun den Bau eines Dienstleistungszentrums im Dorf als zentralen Anlaufpunkt, wo der Gast seine Bahnkarten erhält, die Angebote der Skischule, von Lenk-Simmental-Tourismus und der Gemeinde findet und schließlich seine Skis mieten kann.Dabei sehen wir diese Entwicklungen nicht nur für uns als Bergbahnen, der gesamte Ort soll in der Wertschöpfung davon profitieren. Das gilt auch für den Sommerbetrieb, den wir ab Ende Mai bis Ende Oktober anbieten und wo wir mit diversen Trails und anderen Angeboten die Attraktivität des touristischen Gesamtangebots verbessern wollen.”

Bergsommer im Simmental: Der Murmeli-Trail auf dem Betelberg führt auf drei Kilometern vom Berghaus Leiterli zum Berghaus Stoss.

MM-FRAGE: „Neben der Hotellerie ist eine leistungsfähige Gastronomie wichtige Voraussetzung für die Attraktivität einer Region. Wie engagiert sich ihr Unternehmen hier und welchen Stellenwert haben Events in der Lenk?”Hans-Ulrich Schläppi: „Die Gastronomie ist bei uns auf verschiedenen Pfeilern abgestützt. Neben vielen privaten Betreibern im Gebiet verfügen wir als Bergbahn über drei Berghäuser und insgesamt vier Bars, die wir allerdings alle verpachtet haben. Der Grund liegt darin, dass wir uns absolut auf unser Kerngeschäft konzentrieren und umgekehrt von der Kompetenz eines guten Pächters profitieren wollen. Hier sind wir im Moment sehr glücklich mit unserem jungen Team, das zum Beispiel wie oben gesagt mit vollem Elan die Berghäuser voran treibt. Oder mit der neuen Snow Beach Lodge Metsch ein erfolgreiches Konzept geschaffen hat, das mit Live-Musik oder Konzerten fast 50 Prozent des Umsatzes im vergangenen Winter an den Wochenendabenden erwirtschaftete und jetzt im Sommer weitergeführt wird.Wir setzen also auch bei den Events auf diese Partnerschaft und natürlich auf die Zusammenarbeit mit der Gemeinde und den Tourismusverantwortlichen. Dabei sind das allerdings im Gegensatz zu anderen großen Gebieten nicht die Mega-Events, wir wollen vielmehr mit vielen kleinen Veranstaltungen ganz nah an die Basis zu unseren Gästen gehen. Im letzten Winter hatten wir so jeden zweiten Tag ein kleines Event, und für uns ist das auch ein Skirennen von 100 Teilnehmern. Damit bieten wir den Gästen eine echte Dienstleistung und schaffen gleichzeitig eine Verbundenheit zum Ort und zu der Region. Und mit dem neuen Kurdirektor Manfred Fiegel haben wir das Glück, dass auch er im Winter und im Sommer jetzt neue Veranstaltungen nach Lenk gebracht hat. Wie zum Beispiel im letzten Winter die Veranstaltungsreihe DAS ZELT mit ihren insgesamt 5000 Besuchern, die in der nächsten Wintersaison weitergeführt wird, oder das zweite Beachsoccer-Turnier in diesem Sommer. Das Zusammenspiel von Bergbahnen, Tourismus und Gemeinde ist extrem wichtig und auch wenn es nicht selbstverständlich ist, als Bergbahn finanzieren wir solche Events gerne mit und unterstützen natürlich die Organisation von anderen Veranstaltungen, wie den Rivella Family Contest, den Grand-Prix Migros oder neue Anlässe, wie Kinderkonzerte im Winter und Sommer.”MM-FRAGE: „Sie betonen immer wieder die eindeutige Gästeorientierung Ihres Unternehmens und die starke Identifizierung mit Ort und Region. Gleichzeitig sind sie ein Unternehmen mit eindeutigem Winterschwerpunkt und beschäftigen in der Wintersaison mit 120 Personen deutlich mehr als im Sommer. Wie sichern sie deren Qualifikation?”Hans-Ulrich Schläppi: „Wir haben das Glück, dass wir unsere Saisonmitarbeiter fast ausschließlich aus der Region rekrutieren – zu 99 Prozent sind es Simmentaler und Einheimische. Sie kennen das Gebiet genau und sind teilweise schon 20, 30 oder gar 40 Jahre dabei. Das erleichtert die Ausbildung natürlich spürbar.Wenn wir von Qualifikation sprechen, dann steht für uns an erster Stelle die Sicherheit und danach kommt gleich das Verhalten gegenüber dem Gast. Dann sprechen wir automatisch auch von Motivation und Initiative, denn wir schulen und fördern unsere Mitarbeiter nicht nur auf Freundlichkeit sondern insbesondere auf Hilfsbereitschaft. Gute Bergbahnen, gute Beschneiungsanlagen, gute Pisten machen es dem Gast angenehm, sich in einem Skigebiet aufzuhalten. Aber das reicht noch nicht ganz aus: der Gast will heute nicht nur technisch auf einen Berg gelangen, sondern er will im weitesten Sinn ein Erlebnis kreiert bekommen. Und wir wollen den Gast überraschen, dass er nicht nur sagt, es ist gut gewesen heute hier Ski zu fahren, sondern dass er sagt, das war wirklich toll, die Mitarbeiter der Bahn haben uns sogar geholfen, die Skis oder Schlitten zu tragen und den Kindern beim Einsteigen in die Gondel. Das ist wichtig: nicht nur freundlich sein, das wird erwartet, sondern Hilfsbereitschaft.Wir haben deshalb mit dem Personal zusammen einen 12-Punkte-Plan erarbeitet, das neben den Sicherheitsaspekten auch das Verhalten gegenüber dem Gast und gegenüber dem Team, die eigene Initiative und Motivation berücksichtigt. Beispiele sind etwa: ist der Mitarbeiter immer korrekt gekleidet – in unserer Kleidung ohne Fremdwerbung – wird geraucht, wenn der Gast es sehen könnte, ist er pünktlich und natürlich, hält er seinen Sicherheitslevel immer gut ein. An diesen 12 Punkten orientieren sich nicht nur unsere Schulungen. Sie sind auch die Basis für die Mitarbeiterbeurteilung durch den Teamleiter, auf deren Grundlage jeder Mitarbeiter je nach Saisonverlauf einen Bonus von bis zu 10 Prozent seines Wintereinkommens bekommen kann. Mit diesem System lassen wir einerseits den Mitarbeiter am Erfolg des Unternehmens aktiv teilhaben, gleichzeitig fördern wir auch seine Bereitschaft zur konstant hohen Leistung.”

Bereits auf die Saison 2006/2007 erweiterten die Lenk Bergbahnen im Bereich Bühlberg die Beschneiung um weitere drei Kilometer.

MM-FRAGE: „Ihr Unternehmen hat in den vergangenen Jahre massiv in den Neu- und Ausbau von Bahnen, Beschneiungsanlagen sowie Wegen und Pisten investiert. Wo lagen die Schwerpunkte und welche Erweiterungen/ Verbesserungen stehen noch an?”Hans-Ulrich Schläppi: „Bei den Bahninvestitionen lag der Schwerpunkt eindeutig auf der Komfortverbesserung. Mit steilen Schleppliften und komplizierten Pistenführungen funktioniert das heute nicht mehr. Hier haben wir in den letzten Jahren insgesamt vier Skilifte durch zwei neue kuppelbare Sechser- Sesselbahnen – Metschstand und Bühlberg – ersetzt. Die unerwartet aufgetretenen Windprobleme an der Bühlberg-Bahn werden wir wohl noch in diesem Sommer in Zusammenarbeit mit unserem Lieferanten lösen.Eine Erweiterung des Skigebiets – etwa durch die Erschließung neuer Gebietskammern – gestaltet sich heute natürlich schwierig. Was wir in Verbindung mit dem neuen Dienstleistungszentrum und dem angesprochenen Ansiedelungsprojekt allerdings als Zukunftsvision anstreben, ist die Verbindung unseres Skigebiets von Betelberg nach Metsch. Der Gast könnte dann kurzfristig auf Skiern die Seiten wechseln und unser Angebot würde sich auf 130 bis 150 voll verknüpfte Pistenkilometer erstrecken.”MM-FRAGE: „Mit 60 % beschneibarer Fläche der Hauptpisten liegt Lenk weit über dem Schweizer Durchschnitt mit rund 20%. Welche Erfahrungen machten Sie in der vergangenen Wintersaison und welche Perspektiven ergeben sich daraus?”Hans-Ulrich Schläppi: „Dieser Winter war bei uns laut Aussage der Meteorologen um 7 Grad zu warm – hinzu kam die ständige Westwindsituation. Da ist es für uns sehr beruhigend, dass wir in einem so schwierigen Winter trotzdem sehr gut bestehen konnten. Wir verzeichneten in der ganzen Skiregion ein Minus von nur 7 Prozent gegenüber der vergangenen Saison.Es zeigte sich jedoch, dass wir bestehende Lücken in unserer Beschneiung noch schließen müssen. Konkret geht es um die Betelberg-Seite im Bereich Leiterli bis Stoss mit dem Kinderland. In diesem Winter hatten wir dort viermal kurzfristig keinen Schnee mehr und mussten immer wieder neu mit dem Beschneien anfangen. Diese wiederholt auftretenden Wärmeperioden machen letztlich auch einen besseren Einsatz der Ressourcen und eine optimale Energieeffizienz der Anlagen notwendig. Hier geht es unter anderem um die flexible Nutzung vorhandener Wassermengen für die wirtschaftliche Nachbeschneiung. Ein Beispiel: verfüge ich auf 1 600 Meter über 10 Sekundenliter Wasser zur Speisung von 5 bis 6 Schneeerzeugern in der Nachbeschneiung, sollte ich diese auch ins System einbringen können und nicht Wasser aus 1100 m hochpumpen müssen. Hier arbeiten wir derzeit gemeinsam mit unserem Lieferanten Technoalpin an der Optimierung unseres bestehenden Systems. Langfristig könnte dies auch bedeuten, dass wir in zwei, drei Jahren auch am Berg ein größeres Reservoir bauen, um praktisch wie ein Kraftwerk Wasser zu sammeln. Im Sommer könnte man dann tatsächlich Strom erzeugen, im Winter hätten wir selbst kurzfristig mehr Wasser zur Verfügung, das dann für kleinere Mengen im Selbstdruckverfahren ohne großen Pumpeneinsatz genutzt werden kann. Die moderne Steuerungssoftware bietet hier vielfältige Möglichkeiten, durch eine weitgehende Vernetzung unseres Gebiets mit rund 40 Kilometern erdverlegten Glasfaserkabeln haben wir auch dafür bereits gute Voraussetzungen geschaffen.”MM: „Vielen Dank für das Gespräch.”