Die Bergbahnen See wollen ihren Gästen mit einem durchdachten Angebot die Vielfalt der Region nahebringen. Dazu hat man ein eigenes Wasserkraftwerk, mit dem viermal so viel Strom erzeugt wird, wie man selber braucht. Was man noch in petto hat und für die Zukunft plant, erzählt GF Dipl.-Ing. (FH) Mathäus Tschiderer im Gespräch mit dem MOUNTAIN MANAGER.

Wie waren Sie mit der letzten Wintersaison zufrieden?

Die Wintersaison ist bei uns wirklich sehr gut verlaufen. Wir konnten im Vergleich mit Vor-Coronazeiten sogar ein Plus bei den Zutritten verzeichnen. Zum einen liegt das sicher an der neuen Seilbahnanlage, die wir im letzten Winter in Betrieb nehmen konnten, zum anderen aber auch an den zusätzlichen Hotelbetten, die wir in See dazubekommen haben.

Hat sich bei Ihnen die Gästestruktur im Vergleich mit Vor-Coronazeiten verändert?

Die Gästestruktur ist im Großen und Ganzen gleichgeblieben. Unsere Gäste kommen auch jetzt hauptsächlich aus Deutschland, den Niederlanden und Belgien. Da gibt es keine großen Unterschiede. Zuwächse konnten wir in der letzten Saison allerdings bei den Einheimischen verzeichnen. Das mag an der neuen Anlage gelegen haben, die man sich natürlich ansehen wollte, aber auch daran, dass man für die ausgezeichnete Pistenqualität bekannt ist.

Im letzten Winter wurde die 8er-Kabinenbahn „Furglerblick“ in Betrieb genommen, wie ist sie bei den Gästen angekommen?

Wir haben mit der 8er-Kabinenbahn sehr gute Erfahrungen gemacht, sie wird von den Gästen auch sehr gut angenommen. Die Rückmeldungen sind durchwegs positiv. Da wir zusätzlich zur Bahn jetzt auch eine neue blaue Piste für Familien oder schwächere Skifahrer zur Verfügung haben, konnten wir die Attraktivität unseres Angebots natürlich stark erhöhen. Und auch da haben wir das Feedback, dass man sich im Skigebiet jetzt leichter bewegen kann und ein Aufenthalt einfach mehr Spaß macht.

„Unser Zusatzangebot wird sehr gut angenommen“

Die 8-MGD Furglerblick wurde in der Wintersaison 2022/23 in Betrieb genommen. ©Doppelmayr

Die 8-MGD Furglerblick wurde in der Wintersaison 2022/23 in Betrieb genommen. ©Doppelmayr

Das Winterangebot wurde zusätzlich durch Winterwanderwege und Schneeschuhwandern erweitert – werden Angebote abseits der Pisten heute mehr nachgefragt?

Wir haben in der letzten Saison erstmals zwei Winterwanderwege angeboten – beide direkt in der Natur am Berg. Dieses Zusatzangebot wurde sehr gut angenommen. Natürlich gibt es hier von der Auslastung große Unterschiede im Vergleich mit dem Skifahren, man merkt aber sehr wohl, dass die Nachfrage da ist. Das Angebot in der Region See im Paznaun ist auf Familien abgestimmt. Da kommen Großeltern mit der jüngeren Generation mit, die nicht mehr Skifahren, sich aber gern in der Natur aufhalten oder einfach Gäste, die sich abseits der Skipisten bewegen wollen.

Sehr gut angenommen wird auch unsere Naturrodelbahn, die 6 km lang ist und viel Spaß und Action für die gesamte Familie bietet. Alle, die es sportlich lieben und gerne abseits der Pisten unterwegs sind, wissen unser großes Freeride Gelände zu schätzen, das durch die neue Furglerblickbahn jetzt schnell und einfach zu erreichen ist.

Wie lange sind Sie Geschäftsführer der Bergbahnen See, wie war Ihr Zugang zur Branche?

Ich bin seit September 2020 Geschäftsführer der Bergbahnen See. Davor habe ich 12 Jahre für Doppelmayr gearbeitet und war dort technischer Projektleiter für 3S-Bahnen. Der Wechsel in die Geschäftsführung der Bergbahnen See war für mich deshalb interessant, weil ich aus der Gegend bin. Dazu war mein Vater lange Jahre Betriebsleiter bei den Bergbahnen, sodass ich schon von Kind an Bezug zur Branche hatte. Die Aufgabe als Geschäftsführer hat mich dann natürlich besonders gereizt.

Was ist Ihnen wichtig in Ihrer Funktion?

Mir ist wichtig, die Bergbahnen so aufzustellen und zu leiten, dass wir für alle Aufgaben gut gerüstet sind und auch in Zukunft etwas weiterbringen. Dazu ist mir ein gutes Arbeitsklima wichtig und ein guter Umgang im Team. Für das Bergbahnunternehmen sind Mitarbeiter wesentlich, die gerne hier arbeiten, sich mit ihren Aufgaben identifizieren und mit Enthusiasmus dabei sind.

„Wir erzeugen viermal so viel Strom wie wir selber brauchen“

Mit der „Furglerblickbahn“ sind die Pisten jetzt noch leichter zu erreichen. ©Doppelmayr

Mit der „Furglerblickbahn“ sind die Pisten jetzt noch leichter zu erreichen. ©Doppelmayr

Nachhaltigkeit wird bei Ihnen großgeschrieben, die Bergbahnen See produzieren seit mehr als 10 Jahren mit ihrer Schneeanlage Ökostrom – wie funktioniert das?

Die Bergbahnen sind sich ihrer Verantwortung für die Umwelt bewusst und setzen auf Ökostrom, den wir tatsächlich mithilfe unserer Schneeanlage produzieren. Gemacht wird das seit mehr als 10 Jahren, wobei der Beweggrund für diese Investitionen neben der Nachhaltigkeit sicher auch in der Wirtschaftlichkeit zu suchen ist. Mein Vorgänger hat richtig erkannt, dass wir hier Potenzial haben, das uns den doppelten Nutzen bringt. Kernstück der Schneeanlage sind zwei Maschinenhäuser und drei Wasserfassungen. Das System ist so abgestimmt, dass man entweder effizient beschneien oder aber das Wasser im Kraftwerksbetrieb für die Stromerzeugung nutzen kann. Das machen wir immer dann, wenn wir nicht beschneien, also im Frühjahr, im Sommer und im Herbst. Den erzeugten Strom speisen wir dann ins Stromnetz ein, weil wir ihn zu der Zeit, in der wir ihn produzieren, nicht selber nutzen können. Im Endeffekt erzeugen wir aber viermal so viel Strom, wie wir im gesamten Skigebiet selber verbrauchen.

Ist Solarenergie bei Ihnen Thema oder die Nutzung von HVO?

Wir arbeiten im Skigebiet hauptsächlich mit gebrauchten Pistenfahrzeugen, deshalb ist für uns der Einsatz von HVO im Moment kein Thema. Wenn in Zukunft neue oder neuere gebrauchte Fahrzeuge gekauft werden, wird man sich mit dieser Thematik aber sicher befassen. Eine zusätzliche Nachrüstung mit Solaranlagen ist für uns in Zukunft sicher ein Thema.

Welche Ziele setzen Sie sich für die Zukunft in punkto Nachhaltigkeit, stehen Pläne zur Realisierung an?

Wir haben durch die Erzeugung von Strom aus Wasserkraft einen ökologischen Fußabdruck, den man als sehr gut bezeichnen kann. Wir sind also sehr gut aufgestellt. Bei allen Projekten, die man in Zukunft plant und umsetzen möchte, werden Überlegungen in Richtung Nachhaltigkeit sicher Thema sein. Wie und was man umsetzt, wird dann aber am konkreten Projekt zu entscheiden sein.

Wie sieht das Sommerangebot aus?

Wir setzen im Sommer auf das Erleben der Natur. Am Berg sind drei Hütten mit einer ausgezeichneten Gastronomie, die gut erreichbar und bei den Gästen sehr beliebt sind. Dazu gibt es zahlreiche Wanderwege, von gemütlichen Wegen für die Familie bis hin zu Wegen mit mehr Herausforderungen. Und auch für Mountainbike-Fans haben wir Strecken zur Auswahl. Bei Paraglidern sind wir ebenfalls sehr beliebt, da wir einen sehr guten Startplatz haben und im Dorf ein Landeplatz ausgewiesen ist.

„Unser Ziel ist es, dass der Sommer 20 bis 30% zum Ganzjahresumsatz beiträgt“

42,5 km top gepflegte Pisten laden zum Skifahren mit wundervollem Panoramablick. ©Bergbahnen See GesmbH

42,5 km top gepflegte Pisten laden zum Skifahren mit wundervollem Panoramablick. ©Bergbahnen See GesmbH

Welchen Stellenwert hat bei Ihnen der Sommer generell?

Der Sommer macht im Moment rund 10% im Gesamtumsatz aus. Durch unsere Höhenlage und die Exposition unseres Areals im Paznaun mit vielen Nordhängen gibt es bei uns nach wie vor viel Schnee, deshalb liegt der Fokus im Tourismus auch noch eindeutig im Winter. Wir arbeiten aber sehr wohl auf eine künftige Ganzjahresnutzung der Infrastruktur hin – da sind noch viele Dinge in der Entwicklung und Planung.

Sehen Sie noch Wachstumschancen für den Sommer? Wenn ja, wo soll es hingehen?

Grundsätzlich sehen wir im Sommer sehr wohl Wachstumschancen, wir wollen das Naturerlebnis noch stärker ins Bewusstsein rücken und investieren. Im Fokus stehen dabei wieder Familien mit Kindern. Einheimische und Gäste sollen einen geruhsamen, lustigen oder aktiven Tag am Berg erleben können und ein entsprechendes Angebot zur Verfügung haben. Unser Ziel ist es, dass der Sommer einmal mit 20 bis 30% zum Gesamtumsatz beiträgt.

Das Wanderangebot der Bergbahnen See im Paznaun bietet reichhaltige Auswahl. ©Bergbahnen See GesmbH

Das Wanderangebot der Bergbahnen See im Paznaun bietet reichhaltige Auswahl. ©Bergbahnen See GesmbH

Welche Erwartungen haben Sie an den kommenden Winter, rechnen Sie mit Zutritten wie vor Corona?

Nach dem letzten sehr guten Winter sehen wir der kommenden Wintersaison optimistisch entgegen. Da wird es dann auch eine Neuheit geben, nämlich einen Kartenverbund mit dem Skigebiet Kappl. Mit einem Ticket kann man dann die Anlagen in beiden Skigebieten nutzen. Davon erwarten die Bergbahnen See und natürlich auch die Bergbahnen Kappl einen Aufschwung.

Worin sehen Sie die größten Herausforderungen für die nächsten Jahre?

Es wird sicher eine Herausforderung werden, die Preissteigerungen, mit denen wir konfrontiert sind, so in Kartenpreise zu packen, dass sie von unseren Gästen toleriert werden können und die Tickets bezahlbar bleiben. Gleichzeitig muss für uns ein positives Wirtschaften möglich sein. Und dann wird natürlich auch die Anreise zu uns verstärkt Thema werden, also wie kann es gelingen, möglichst umweltfreundlich zu uns zu kommen, wie kann man öffentliche Verkehrsmittel attraktiver machen.

lw