Die Muttereralm ist das bekannteste Familien-Naherholungsgebiet direkt vor den Toren Innsbrucks. Mit dem Relaunch 2006 entstand hier eine Erlebniswelt mit Tipidorf, Zauberwasser, Abenteuerspielplatz und Bäumelhäusern in luftiger Höhe. Heuer folgten Moutain Carts, Pistenbock® und Snowpark, was in Summe zur Auszeichnung „Erlebnisberg 2014“ führte. Unter dem neuen GF Werner Millinger, der zuvor als Projektant beim Planungsbüro ILF und noch früher in der Betriebsleitung der Bergbahnen Gerlos tätig war, kam es zu spürbaren Ergebnisverbesserungen und Innovationen. Inkognito unter die Gäste gemischt, erfährt er deren Bedürfnisse und leitet daraus Strategien ab!

Werner Millinger, GF Muttereralm Bergbahnen Errichtungs GmbH

MM: „In der Wintersaison 2013/14 wurde die Muttereralmbahn 60 Jahre alt. Skizzieren Sie kurz die Geschichte bis zum Neustart 2006.“Werner Millinger: „Die 1953 gegründete Muttereralmbahn erschloss mit dem ersten kuppelbaren Sessellift Österreichs ein eher gemütliches Hausskigebiet südlich von Innsbruck. Mit bunten Sonnenschirmchen ausgestattet, transportierten die von den Innsbrucker Verkehrsbetrieben gefertigten Sessel jeweils zwei Besucher auf den Berg. Hier erlebten viele Innsbrucker und die Bewohner der umliegenden Orte ihre ersten Stemmbogen und Schwünge. Die Zweiersessel-Bahn wurde dann Ende der 1960er Jahre auf damals wohl höchst moderne rundliche Kabinen aus glasfaserverstärktem Polyester umgebaut. In den 90er Jahren wurde diese Gondelbahn (und damit leider auch das Skigebiet) vorübergehend stillgelegt. Die bunten „Eiergondeln der Muttereralm“ wurden nach der Betriebseinstellung versteigert und finden sich heute in zahlreichen Gärten der umliegenden Orte als nostalgische Botschaft wieder. 2006 schließlich ging die neuerbaute, mit hochmodernen 8er Gondeln ausgestattete Muttereralm Berg bahn und die ebenfalls dazugehörende Götznerbahn in Betrieb. Haupteigentümer ist mit 64,74 % Innsbruck Tourismus, weitere Gesellschafter sind die Gemeinden Mutters und Natters.“

Die Muttereralm ist das wohl bekannteste Wintersportgebiet für Familien direkt vor den Toren Innsbrucks.

MM: „Die Muttereralm ist ein beliebter Hausberg der Innsbrucker mit einem Einzugsgebiet von 300 000 Leuten. Für welchen Weg habt ihr Euch bei der Positionierung entschieden“?Millinger: „Man hatte sich seit Anbeginn immer als Familienskigebiet definiert – daran hat sich auch mit dem Neustart 2006 nichts geändert – und bereits 2007 die ersten Attraktionen für den Sommertourismus (Zauberwasser und Bäumelhäuser) umgesetzt. In letzter Zeit wurde der Ansatz, wirklich für die ganze Familie etwas zu bieten, forciert. Wir haben uns inzwischen zum Abenteuerberg mit vielen Erlebnis-Möglichkeiten vom Mountain Cart bis hin zum Geo-Caching und vom Pistenbock® bis zum Snowpark entwickelt.“MM: „Eure ständigen Bemühungen um Weiterentwicklung wurden bereits belohnt: beim Internationalen Skiarea Sommertest wurdet Ihr Testsieger in der Kategorie ,Erlebnisberg 2014‘. Welche Bedeutung hat dieser Preis für Sie und wie wurde er von der Jury begründet?“Millinger: „Der Preis bedeutet uns sehr viel, weil er uns bestätigt, dass der eingeschlagene Weg richtig ist, und dadurch werden für ein öffentliches Unternehmen, wie wir es sind, auch künftige Investitionen leichter möglich. Die Begründung von der Jury war, dass die Muttereralm Bergbahnen sukzessive mit vielen attraktiven Bausteinen ihr Angebot als Familien- Abenteuerberg perfekt ausgebaut haben – und zwar an den Berg individuell angepasst, ohne dabei etwas anderes zu kopieren. Im beliebten Naherholungsgebiet von Innsbruck entstand so eine Erlebniswelt mit Tipidorf, Zauberwasser, Abenteuerspielplatz und Bäumelhäusern in luftiger Höhe. Alle Attraktionen sind kostenlos zugänglich, durch großteils rollstuhltaugliche Barfußwanderwege miteinander verbunden und ein Paradies für Kinder allen Alters. Ende Mai sind als Erweiterung die Mountain Carts dazugekommen – sichere Dreiradflitzer, mit denen Erwachsene und Kinder zu Tal sausen können. Die Jury hat auch die Tarifstruktur und die Freundlichkeit des Bahnpersonals sowie die dazugehörige Infrastruktur wie z. B. unsere Berggastronomie begutachtet und als optimal für Familien eingestuft.“

40 Mountain Carts waren erstmals im Sommer auf einer 5 km langen Strecke im Einsatz und bescherten einen unglaublichen Hype: 14 600 Fahrten!

MM: „Beschreiben Sie Euer aktuelles Angebot als Familien-Abenteuerberg, was ist besonders gut angekommen und wie ist es zum jüngsten Highlight ‚Mountain Carts‘ gekommen?“Millinger: „Wir haben im letzten Winter das erste Mal begonnen, ein Familienprogramm einzuführen. Konkret haben wir zwei Mal im Monat einen Familientag veranstaltet, wo am Nachmittag ein Programm mit Herbert und Mimi, einem bekannten Clownduo aus Innsbruck, angebunden war. Dazu kam dann im Juli und August noch jeden Donnerstag ein Bewegungsprogramm für Kinder ‚Dance in The Alp‘. Das wurde alles sehr gut angenommen, speziell bei schlechtem Wetter wurden dadurch viele Leute auf den Berg gelockt. Die Bäumelhäuser wurden heuer wieder reaktiviert, beim Speicherteich wurde ein Platz der Ruhe und Kraft angelegt – mit toller Aussicht über das ganze Inntal. Auch dies hat sich, neben dem Zauberwasser, gut bewährt. Zusätzlich haben wir immer wieder Aktionen für Senioren gemacht und mit unserem Waldaufseher Nature-Watch-Wanderungen für Kinder sowie erstmals auch Geo-Caching angeboten.Die Entscheidung für Mountain Carts fiel vor dem Hintergrund, dass für Kinder mittleren Alters noch eine Attraktion fehlt. Ich kannte das Konzept der Mountain Carts noch von meiner Projektanten-Zeit er, habe es auch in Savognin und Schladming gesehen, und mir gedacht: das könnte für uns auch etwas sein! Wir haben ja letztes Jahr eine neue anspruchsvolle Sport- Rodelstrecke von der Bergstation bis zur Talstation der Muttererbahn errichtet. Diese Strecke bot sich auch für die Mountain Carts an. Wie sich inzwischen herausgestellt hat, ist sie mit 4,9 km Länge die längste derzeit existierende Mountain Cart-Strecke überhaupt!“

Der „Abenteuerberg“ war 2007 die erste Attraktion der Muttereralm. Im Bild: Das Zauberwasser.

MM: „Eure Mountain Carts sind anscheinend eine große Erfolgsgeschichte. Worauf führen Sie den Hype zurück und was besagt der Slogan „all you can drive?“Millinger: „Ja wir haben bis zum Finale Ende Oktober 14 600 Fahrten registrieren können. Mit dieser Größenordnung haben wir eigentlich nicht gerechnet und mussten schon nach drei Betriebswochen aufrüsten auf nunmehr 40 Stück! Das Erfolgsgeheimnis liegt meiner Meinung nach u. a. darin begründet, dass jeder die Strecke nach seinem Geschmack oder Bedürfnissen individuell fahren kann. Ein Vater mit Kind auf dem Schoss (bis 10 J) wählt eine andere Geschwindigkeit als z. B. Leute auf Betriebsausflug oder von Vereinen, überholen ist fast überall auf der Strecke möglich. Das ist ein Riesenvorteil gegenüber einer Sommerrodelbahn, wo man vom Vordermann ‚abhängig‘ ist. Wir haben hier sowohl Genussfahrer als auch sportliche Fahrer.Die Idee „all you can drive” entwickelte sich aus der Anfrage nach einer Tages- oder Mehrpunktekarte. Dies umzusetzen kam uns wegen der relativ langen Wartezeiten nicht sinnvoll vor bzw. war nicht handlebar. Dann bot sich die Möglichkeit an, bei schlechtem Wetter Tageskarten auszugeben! Denn dann gibt es fast keine Wartezeiten, es sind vielleicht 50 Leute unterwegs, die ein Mountain Cart haben wollen. Der Betriebsleiter legt um 9:30 Uhr fest, ob Schlechtwetter ist. Wenn ja, dann kann man mit dem Erwerb einer Tageskarte so oft fahren, wie man will. Der Rekord liegt derzeit bei 9 Abfahrten von einer Motorradgruppe aus Axam! Also eine echte Schlechtwetter-Alternative…“ MM: „Habt Ihr in punkto Abenteuerberg noch weitere Perspektiven, welche wären mittelfristig erreichbar?“ Millinger: „Für nächstes Jahr ist ein Generationen-Bewegungspark im Bereich der Bäumelhäuser geplant (Umsetzung Pronatour) – für Kinder bis Senioren. Es wird dazu auch regelmäßig einen Bewegungstag für Kinder mit ausgebildeten Trainern geben und für die Senioren extra einen Bereich mit Physiotherapeuten sowie Trainern. Da hilft auch die Gruppen – dynamik mit, um Hemmungen zu überwinden.Weiters wird ein familientauglicher Single-Trail für Mountainbikes von der Berg- bis zur Talstation umgesetzt. Ziel ist, dass eine komplette Familie mit eigenen MTBs diese Strecke bewältigen kann. Dazu können sie sich bei uns eine Schutzausrüstung ausleihen, die Hauptrichtung vom Trail sollte jedoch so einfach sein, dass jeder mit einem Kind ab 10 Jahren fahren kann. Abweichend von der Hauptroute wird es gewisse Sprünge und Steilkurven geben, auf welche der bessere Fahrer ausweichen kann. Die Planung wurde an Tommy Marsh von Mellow Constructions übergeben. Unsere große Vision für die nächsten Jahre ist es, direkt von der Muttereralm in die Stadt Innsbruck mit dem Rad fahren zu können. Diese Möglichkeit hat es früher einmal für die Skifahrer über die Ferrari-Wiese nach Stift Wilten gegeben! Der Gast käme also über die Stubaitalbahn zur Muttereralm, würde mit der Gondelbahn hochfahren, dann mit dem MTB über die Trails nach unten und in Folge zurück in die Stadt.“ MM: „Auch für die Wintersaison sorgt schon im Vorfeld eine Neuheit für Furore: der Pistenbock® (MM hat in 4/2014 berichtet). Warum habt Ihr Euch für diesen neuen Rodelspaß entschieden, welche Erwartungen knüpft Ihr daran und wo verläuft die Strecke?“ Millinger: „Ich glaube, das könnte im Winter der gleiche Hype werden wie im Sommer das Mountain Cart.Unsere Absicht auf der Muttereralm ist ja nicht, anderen Skigebieten sportliche Skifahrer wegzulocken – da sind wir vom Angebot her viel zu beschränkt. Mein Ziel lautet vielmehr, Leute auf den Berg zu bringen, die nicht mehr skifahren oder noch nicht skifahren, sich aber trotzdem in der Natur ein paar Stunden frei bewegen wollen – ohne großen Aufwand und viel Ausrüstung. Das funktioniert z. B. optimal mit dem Pistenbock ®. Die Faszination an diesem Sportgerät ergibt sich daraus, dass es lenkbar und bremsbar ist und man ohne Vorkenntnisse starten kann. Man ‚murkst‘ nicht um die Kurve, sondern carvt richtig! Die Füße hat man dabei immer auf dem Bock, nicht wie sonst beim Rodeln auf dem Boden. Außerdem dämpfen Stahlfedern die Stöße von der Piste auf die Bandscheiben, was ein wesentlicher Komfortfaktor ist.Wir haben also nach einem Sporterlebnis mit hohem Fun-Faktor und ebensolcher Sicherheit für den Winter gesucht und mit dem Pistenbock® tatsächlich gefunden. Wir beginnen heuer mit 30 Sportgeräten, für Kinder steht eine eigene Variante zur Verfügung. Dieses vollkommen neue Rodelgefühl wird den Leuten sicher Spaß machen, wodurch für uns u. a. eine gute Mundpropaganda entsteht. Das österreichische Rodel-Nationalteam war jedenfalls beim ‚Praxistest‘ begeistert, die Doppelolympiasieger Andreas und Wolfgang Linger aus Absam waren sogar bei der Entwicklung dabei und fungieren jetzt quasi als Markenbotschafter für den Pistenbock®!Die Brüder helfen uns auch beim Anlegen der Pistenbock ®-Strecke: es entsteht extra entlang der Familien-Abfahrt bis zur Mittelstation ein Pistenbock®-Funpark mit Steilkurven, Parallelabschnitten etc. Auf diese Art wurde das Thema bisher noch nicht angegangen – wir sehen aber auf jeden Fall einen Markt für unsere Ausrichtung. Und es soll ja nicht jede Bergbahn das Gleiche anbieten! Übrigens kann der Pistenbock® auch auf unseren zwei Rodel-Strecken eingesetzt werden (3 km und 5 km = Mountain Cart Strecke).“

Visualisierung Snowpark.

MM: „Ihr tut auch etwas für den (urbanen) Nachwuchs: ein neuer Snowpark wird angelegt. Was darf man sich darunter vorstellen und braucht es heutzutage solche Angebote, um bei den Jungen attraktiv zu sein?“Millinger: „Man muss sich die Frage stellen: ab wann ist man ein Familienskigebiet? Nur wenn man allen Generationen gleichzeitig etwas Attraktives bietet. Die Gruppe teilt sich dann am Berg je nach Interessenslage auf und findet z. B. zu Mittag im Bergrestaurant wieder zusammen. Außerdem wohnen in Innsbruck ca. 30 000 Studenten, die u. a. wegen des Sportangebotes hier studieren und von denen viele gerne so ein schnell erreichbares Angebot mit Fun- Faktor nutzen (halbe Stunde bis zum Snowpark!). Wir als Betreiber versuchen, uns immer wieder in die Bedürfnisse des Tagesgastes hineinzuversetzen, die Erkenntnisse führen dann zu den speziellen Projekten wie eben zu diesem 3,2 km langen Snowpark. Ein für maximal 10-Jährige extra angelegter ,Kiddies Snowpark’ mit 4 Hindernissen führt rund um den Speichersee. Da wir ‚nur‘ über 12 Pistenkilometer verfügen (darunter aber eine FIS-Abfahrt), wollen wir mit möglichst viel Abwechslung aufwarten!“

Im Winter erwartet die Besucher die Neuheit „Pistenbock“: eine Rodel-Revolution der besonderen Art.

MM: „Letzte Frage: Wie stehen Sie zum Projekt ,Brückenschlag‘ mit Axamer Lizum und Schlick 2000 und wie stehen die Chancen zur Umsetzung?“Millinger: „Der Schlussbericht der Bergbahnenstudie von Grisch Consulta zeigt mit der vorgeschlagenen Variante ,Brückenschlag‘ – also der Verbindung der Skigebiete Muttereralm, Axamer Lizum , Schlick 2000 und Anbindung Neustift- einen Weg auf, der wohl der nachhaltigste und mittelfristig auch wirtschaftlich der einzig erfolgreiche ist.Bei der vorgeschlagenen Variante würde eine Einmaligkeit geschaffen mit der Verbindung der Olympiastadt Innsbruck und Ihren Angeboten sowie dem bekannten Stubaital als Urlaubsdestination, was nicht nur für Touristen auf beiden Seiten sondern auch für die einheimische Bevölkerung des Großraumes Innsbruck und des Stubaitales einen Quantensprung an Angebotsvielfalt bedeuten würde. Es ist möglich, mit drei Verbindungsbahnen drei Skigebiete zu verbinden, und ohne Errichtung neuer Pistenflächen steht dann ein Großraumskigebiet mit 83 Pistenkilometern zur Verfügung mit der Möglichkeit, allen Gruppen von Familien bis Könnern, Genussfahren und Freeridern alle Optionen anzubieten, und das vor den Toren des Ballungsraumes Innsbruck mit ca. 300 000 Einwohnern.Momentan prüft der Tiroler Landtag das Projekt in allen Teilbereichen, angefangen von Thema Naturschutz Alpenkonvention, Finanzierung , Verkehr, Wirtschaftlichkeit bis zur Konzessionsmöglichkeit und wird im Märzlandtag darüber entscheiden. Die Bergbahnen Muttereralm und auch ich persönlich stehen hinter dem Projekt Brückenschlag und ich werde auch in Zukunft im Rahmen der ARGE-Brückenschlag weiter an der Realisierung des Projektes mitarbeiten.“