Bewährte Frey-Seilbahnsteuerungen – Automatisch zum Merkur und zurück

Seit 1913 verkehrt die Baden-Badener Merkurbahn auf den Hausberg der Kurstadt. Nach der Stilllegung 1967 ging die Standseilbahn nach einer Kompletterneuerung 1979 wieder in Betrieb. Mehrere weitere Modernisierungsschritte über die vergangenen Jahre gewährleisten den sicheren und rentablen Betrieb unter städtischer Regie. Ein Hauptbestandteil war dabei die Anpassung der Bahnsteuerung und -elektronik durch die Schweizer Frey AG, Stans.

Umfangreiche Modernisierungen brachten die Baden-Badener Merkurbahn außen und innen auf den neuesten Stand der Technik.

Öffentlicher BergverkehrSie ist vielleicht nicht mehr die ganz große Attraktion wie zu Kaisers Zeiten, als die Baden-Badener und vor allem Gäste der Kurstadt noch mit der eigens angelegten Tram zur Talstation der Merkurbahn und von dort auf ihren 668 m hohen Haus-„Berg“ mit seiner Ausflugsgastronomie und Hotellerie strömten. Nach wie vor 180 000 Fahrgäste pro Jahr belegen jedoch die ungebrochene touristische Bedeutung der Standseilbahn für die Bäderstadt und bestätigen das gemeinsame Engagement von Kurverwaltung und spendenfreudigen Bürgern zur Kompletterneuerung nach fast 12 Jahren Stillstand – auch fast 30 Jahre seit Wiedereröffnung. Zwar musste die Straßenbahnlinie Bussen weichen, als städtischer Eigenbetrieb ist die Merkurbahn auch weiterhin nicht nur fahrplanmäßig Bestandteil des Öffentlichen Nahverkehrs in Baden-Baden. Mit ihren täglichen Kernbetriebszeiten von 10–22 Uhr – nur unterbrochen von zwei winterlichen Revisionswochen – ist sie organisatorisch und betriebstechnisch eingebunden in die „Baden-Baden-Linie“, der Abteilung Busverkehr der Stadtwerke Baden-Baden. Entsprechend ist dertechnische Leiter des Omnibus-Betriebs, Dipl.-Ing. Michael Schindler, nicht nur für den Unterhalt der derzeit 41 Busse zuständig, sondern verantwortet mit insgesamt vier Stellvertretern auch den Betrieb der Merkur-Bahn. Für die Öffentlichkeit war wohl die Rundum-Erneuerung der beiden 30-Personen-Wagen durch Gangloff im Jahre 2002 der augenscheinlichste Schritt. Beide Fahrzeuge wurden aufwändig nach neuesten Sicherheitsbestimmungen (v. a. Brandschutz) modernisiert und für den Automatikbetrieb optimiert. Bereits 2000 war nach über 20 Jahren das Fernüberwachungssystem (FUA) und die Fahrzeug-Elektrik erneuert worden. Schon bei der Installation des neuen Teichmann- Systems wurden Schnittstellen für die später geplante Erneuerung von Antrieb und Steuerung eingerichtet. 2006 war es dann soweit – den Komplettauftrag erhielt die Schweizer Frey AG, Stans. „Frey hatte damals als einziger Anbieter bereits zertifizierte Seilbahnsteuerungen in Deutschland realisiert – das war mit ein Grund für die Entscheidung,“ erklärt Michael Schindler rückblickend. „In einem umfangreichen Lastenheft formulierten wir alle Zweckvorgaben und Betriebserfordernisse. Die Frey AG setzte diese dann entsprechend ihrer Systemkonfiguration um.“ Neben dem Einbau einer neuen SPS-Antriebssteuerung, der Einbindung der vorhandenen FUA und Antriebstechnik (Motoren, Hydraulik, etc.) realisierte die Frey AG teilweise in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern auch die modernen Visualisierungs-und Kommunikationssysteme, die heute den Bahnbetrieb direkt aus der Verkehrsleitstelle ermöglichen. So verlegte ein städtischer Schwesterbetrieb die rund 5 Kilometer Glasfaserkabel für den Datenverkehr zwischen der Bergstation mit Antrieb und Steuerung, den Zugängen im Tal und der Leitstelle im Baden-Badener Stadtteil Oberbeuern.

Der Technische Leiter Michael Schindler am „Herzstück“ der Seilbahnsteuerung in der Bergstation. Die moderne SPS-Technologie wurde 2006 installiert und mit den bestehenden Antriebs- und Steuerungskomponenten der FUA kombiniert.

Gut vernetzter BetriebNur zur morgendlichen Betriebsaufnahme müssen Betriebsleiter Schindler oder seine Stellvertreter noch an die Bahn. Nach dem obligaten Sicherheitscheck erfolgt die Freigabe und der Verkehrsmeister im Kontrollraum übernimmt die Bahn.Dabei verläuft der Betrieb allerdings vollautomatisch auf Anforderung des Fahrgastes oder bei Bedarf im 10-Minuten-Takt: der Fahrgast löst sein Ticket, passiert die Drehkreuze und setzt die Bahn im Wagen per Knopfdruck selbst in Bewegung. Über insgesamt fünf Kameras in und außerhalb der Stationen kann der Verkehrsmeister den Fahrgaststrom kontrollieren, bei Bedarf über Gegensprechanlagen kommunizieren oder die separaten Zugänge für Kinderwagen oder mit sperrigem Gerät ankommenden Gleitschirmflieger öffnen. Alle Bewegungen und Betriebszustände laufen über das VisInfo-System von Frey an den beiden Steuerterminals in der Bergstation und in der Leitstelle auf. Während am Berg über den Touchscreen oder das PC-Terminal alle grundlegenden Einstellungen vorgenommen werden können, ist aus Sicherheitsgründen der manuelle Eingriff des Verkehrsmeisters im Kontrollraum auf den reinen Fahrbetrieb beschränkt. Unterstützt wird er dabei unter anderem durch die Daten der eingebundenen Wetterstationen: „Übersteigen die am Berg und an der Weiche gemessenen Windgeschwindigkeiten im Mittel 60 km/h, alarmiert das System, und der Verkehrsmeister kann die Bahn stilllegen,“ erklärt Michael Schindler das zumindest für deutsche Standseilbahnen recht ungewöhnliche Meteo-Feature. Überhaupt ist die gesamte Anlage auf den Baden-Badener Bedarf maßgeschneidert. So sind die VisInfo- Fernabfragen auch am persönlichen Bürocomputer von Betriebschef Schindler einsehbar. Zudem schafft das System auch eine hohe Flexibilität in den Betriebszeiten: Im Zusammenspiel mit den rund um die Uhr besetzten Leitstellen bei Verkehrsbetrieben und Stadtwerken kann der Wirt des „Merkurstüble“ als Aufsichtsführender sein Restaurant in der Bergstation bis spät in die Nacht offen halten, was zur weiteren Auslastung des Pachtbetriebes beiträgt. „Das komplette System und auch der Frey-Service haben von Anfang an überzeugt. Das gilt für die Komplettabnahme 2006, die wir im Rahmen der Zertifizierung in Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde und dem österreichischen Büro Schupfer absolviert haben, wie auch für die jährlichen Überprüfungen, wo wir zum Beispiel die tatsächlichen Bremswerte mit den hinterlegten Referenzdaten vergleichen. Ohne die technische Leistungsfähigkeit der Verkehrsbetriebe in der Behebung von Störungen und der vorbeugenden Wartung, wäre ein vollautomatischer Betrieb in dieser Dimension jedoch nicht möglich,“ stellt Michael Schindler zufrieden fest. tb

Verkehrsmeister Dieter Dymowski in der Verkehrsleitstelle: Über VisInfo und das Touchscreen-Terminal lässt sich die 3,5 Kilometer entfernte Merkurbahn umfassend überwachen.

Zentrale LeitstelleKnapp 3,5 Kilometer von der Bergbahn-Talstation liegen Verwaltung, Depots und Werkstätten der Baden-Baden-Linie. Dort sitzt auch die Verkehrsleitstelle, die neben den Bus-Linien auch den Pendelverkehr der Merkurbahn überwacht. Bereits bei der Kompletterneuerung Ende der Siebziger Jahrewurde die Bahn für den vollautomatischen, schaffnerlosen Betrieb konzipiert. Bei den verschiedenen Modernisierungsschritten der vergangenen Jahre optimierten die Verantwortlichen nicht nur die Fahrgastführung und den Komfort, sondern passten vor allem auch die Überwachungs- und Steuerungstechnik an den Stand der Technik an.

Auch das „Merkurstüble“ in der historischen Bergstation profitiert vom Automatikbetrieb. Bis weit in die Nacht kann der Wirt die Standseilbahn zur Abfahrt offen halten. Fotos: Baden-Baden-Linie, tb

Technische Daten:Höhe Talstation: 287 mHöhe Bergstation: 657 mSchräge Länge: 1192 mZugseillänge: 1260 mSteigung min./max.: 23 %/54%Spurweite: 1 000 mmMotorleistung: 125/225 kWFahrzeuge: 2Leergewicht: 5 675 kgSitz-/Stehplätze: 18/12Höchstgeschwindigkeit: 6 m/sBetriebsgeschwindigkeit: 4 m/sFahrzeit: 5 minMax. Förderleistung: 300 P/h

MM-Fachgespräch bei Elektro Berchtold: Was ist das Know-how von 100 Pumpstationen wert?

Elektro Berchtold meldet im heurigen Jahr mehr Aufträge bzw. Arbeit und weniger Umsatz. Dies ist ein Resultat des derzeit herrschenden brutalen Preiskampfes. Bei Beschneiungsprojekten wird immer öfter an der Elektrotechnik gespart. Dadurch verzichten die Betreiber auf die Perfektion, wie Berchtold sie seit über 10 Jahren bietet, und riskieren u. U. die Verfügbarkeit der Anlagen. Angesichts der großen Bedeutung, die ein schlagkräftiges Schneemachen für den Wintertourismus hat, sollte man sich diese Taktik gut überlegen.

95 Schaltschränke werden heuer bei Elektro Berchtold für die kommende Schneisaison gefertigt. Fotos:mak

95 Schaltschränke bei 23 Aufträgen realisiert Elektro Berchtold für die Wintersaison 05/06. Die Automatisierungen sind etwas weniger geworden, dafür gibt es mehr Projekte für Neubau bzw. Umbau von Pumpstationen. Viele Berchtold- Stammkunden haben heuer nämlich erweitert. Mit dabei sind auch wieder 3 Liftprojekte. Zu den Highlights für 2005 zählt Berchtold die Aufträge für die Berglift Stuhleck Bau & Betriebs GmbH & Cie KG (Semmering), die Tauplitzer FremdenverkehrsgesmbH (mit Gemini als GU, der hier u. a. die ND-Maschine Frau Holle erstmals auf Turm platziert), weiters für die Ötscherlifte GmbH (Lackenhof) und die Bergbahnen Kühtai GmbH & Co. KG.
Nicht nur Anschaffungskosten beachtenAuf die Frage von MM-Chefredakteur Dr. Markus Kalchgruber, welche aktuellen Trends bei Beschneiungsprojekten erkennbar seien, meinte Peter Berchtold: „Die meisten Betreiber haben nur die Anschaffungskosten einer Anlage im Blick, ohne die Gesamtkosten mit Erhaltung, Wartung, Ersatzteilen oder Störungen auf viele Jahre hinaus zu berechnen. Da kann eine billige Anlage plötzlich viel teurer werden als die vermeintlich teurere. Und das Ausfallsrisiko ist zweifellos höher. Wir betreiben nicht umsonst seit 10 Jahren eine extrem hohe Perfektion wie z. B. bei der Überwachung und Regelung, weil es die Erfahrung gezeigt hat, was eine super funktionierende Schneeanlage braucht! Jetzt wird die Sinnhaftigkeit dieser Taktik plötzlich angezweifelt – nach dem Motto: „Das geht auch ohneden großen Aufwand und kostet nur Geld. Es genügt wenn wir den Umrichter zum Regeln haben, der kann das auch.“ Das ist aber eine Fehlinformation am Markt, die ständig zunimmt. Es mag zwar im Prospekt stehen, Tatsache ist aber, dass ein Umrichter keine Schneeanlage steuern kann!“ Ing. Markus Pöll ergänzt: „Wir haben ja nicht umsonst die Regelung über Jahre hinweg weiter entwickelt und wissen daher, wovon wir reden. In 10 Jahren haben wir 100 Pumpstationen in 93 Projekten elektrotechnisch ausgerüstet, rechnet man unsere ELIN-Zeit dazu, sind es ca. 160! Niemand sonst in der Branche hat diesen Erfahrungsschatz! Unser guter Ruf beweist, dass wir uns immer voll für die Kundenzufriedenheit engagiert haben und jeweils das für den Kunden Optimale angeboten haben. Die Praxis bei der Auftragsvergabe ist heute leider eine andere geworden. Der Wettbewerb will sich – um jeden Preis – Aufträge als Generalunternehmer holen und schreibt dann die Subleistungen neu aus. Um Kosten zu sparen, werden die Schaltschränke irgendwo billig zusammengebaut und sollen dann von einem Elektriker vorort auf der Baustelle angeschlossen werden.“

Berchtold-Montagehalle: Mitarbeiter Kurt Zachl bearbeitet die Steuerung der ND-Maschine „Frau Holle“.

Auf Profiarbeit verzichten?Da schüttelt Berchtold den Kopf: „Wenn ich mir vorstelle, mit welcher Akribie wir hier vorgehen und sogar dann geht manchmal nicht alles glatt – wie soll das dann bei anderen Baustellen funktionieren, wo man auf Profiarbeit verzichtet? Und wenn dann später Probleme auftauchen? Uns kann man Tag und Nacht erreichen und wird nicht auf eine kostenpflichtige Hotline geschaltet, die u. U. nicht weiterhelfen kann. Das gehört zu unserem Service und diesen bezahlen unsere Kunden mit dem Anlagenpreis mit. Sollten wir es wie die Konkurrenz machen und uns besser alles extra vergüten lassen? Anscheinend sollen Serviceleistungen und andere immaterielle Werte nicht mehr einkalkuliert werden in den Anschaffungspreis! Was wir auch bemerkt haben ist, dass sich viele Billig-Anbieter das Geld dann über das Ersatzteilgeschäft zurückholen. Wir hingegen machen viel auf Kulanz, da wir uns tatsächlich für das störungsfreie Funktionieren verantwortlich fühlen! Es wäre schade, wenn kleine, hoch motivierte Spezialfirmen wie die Elektro Berchtold GmbH. aus Pettnau (15 Mitarbeiter, ca. 3,3Mio. € Umsatz) solch kurzsichtigen Taktiken zum Opfer fallen würden. Die Kunden haben es in der Hand dafür zu sorgen, dass hier nicht eine Marktbereinigung entsteht, die nur Giganten überleben lässt. Wenn es so weit ist, wie bereits bei den Liften und Pistenmaschinen, dann ist es den Betreibern auch nicht unbedingt recht…mak

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