Klaus Nussbaumer, Vorstand Lech Bergbahnen AG – Zusammenschlüsse unabdingbar, um Verbesserungspotenziale auszuschöpfen
Seit der Fusion der Skilifte Lech GmbH mit der Rüfikopf Seilbahn AG und der Rud-Alpe Gastronomie GmbH zur Lech Bergbahnen AG ist beinahe ein Jahr vergangen. Als neuen Vorstand konnte der Aufsichtsrat Klaus Nussbaumer gewinnen, der zuvor erfolgreich die Pizolbahnen (CH) und die BB Diedamskopf im Bregenzerwald managte. Im MM-Interview zieht der gebürtige Dornbirner Bilanz über die erste Saison und gibt Einblick in seine Zukunftsstrategien und Ziele.
Herr Nussbaumer, Sie haben die erste Wintersaison als Vorstand der Lech Bergbahnen AG hinter sich. Wie fällt Ihre Bilanz aus – geschäftlich und persönlich?
Mit 1. Januar durfte ich meinen spannenden Posten bei der Lech Bergbahnen AG antreten – mitten im Winter und nach einem starken Start. Der frühe Wintereinbruch machte es möglich, dass wir bereits am 1. Dezember mit dem kompletten Angebot starten konnten. Ab Mitte der Saison gab es dann doch frühlingshafte Temperaturen und so manch ein Föhnsturm der uns beschäftigte. Zum Saisonende verzeichneten wir noch einmal große Schneefälle bis in die Tallagen. Insgesamt dürfen wir doch zufrieden mit der Saison sein.
Persönlich war und ist es wieder eine Herausforderung, die ich gerne angenommen habe.
Bei Ihrem Antrittsstatement haben Sie gesagt, Sie freuen sich, die Lech Bergbahnen in die Zukunft zu führen. Wie soll und kann diese Zukunft aussehen?
Hauptaugenmerk haben wir auf die Neuorganisation unseres Unternehmens, das im Juli 2023 aus der Fusion der Skilifte Lech GmbH, der Rüfikopf Seilbahn AG und der Rud-Alpe Gastronomie GmbH entstanden ist, gelegt. Wir strukturieren die Bereiche neu, machen unsere IT zukunftsfit und arbeiten an der Unternehmenskultur. Ziel ist es, unsere Funktion als Leitbetrieb ausüben zu können und die Entwicklung zu einem Ganzjahres Betrieb voranzutreiben.
Gibt es konkrete Pläne bezüglich Erweiterungen, Ausbauten oder sonstige Projekte?
Aktuell arbeiten wir mit der Fa. Erlebnisplan aus Luzern an einem Masterplan für die Sommerentwicklung. Dazu prüfen wir die Möglichkeiten für Ersatz- und Neuanlagen, die auf die Pistenkapazitäten abgestimmt sind. Auch hier entsteht mit Salzmann Ingenieure ein entsprechender Masterplan. Um gesamthaft zu denken, haben wir die anderen Gesellschaften innerhalb des Ski Arlberg Pool West eingeladen, mitzugestalten. Eine weitere große Planung liegt bei der Beschneiung, die wir markant ausbauen wollen. In diesem Zusammenhang, konnten wir die Konsenswassermengen für die Entnahme aus dem Lech-Fluss mit den Behörden um ca. 40% erhöhen.
Wie hat sich die Fusion der der Skilifte Lech und der Rüfikopf Seilbahn AG bisher ausgewirkt? Was hat sich zum Positiven verändert? Und sind weitere Integrationen möglich bzw. gewünscht? Welche?
Jede Fusion von Unternehmen birgt Herausforderungen, die nicht über Nacht gelöst werden können. Mit der Neustrukturierung wird es aber einfacher, eine gemeinsame Unternehmenskultur und Organisation aufzubauen. Damit entfallen bisherige Schnittstellen und vereinfachen die Abläufe.
Bereits bei der Fusion der drei Gesellschaften wurde kommuniziert, dass es angedacht ist, weitere Unternehmen zu integrieren. Aktuell organisieren immer noch acht Gesellschaften den Erlebnisraum im Ski Arlberg Pool West. Mit weiteren Fusionen würde die Struktur weiter verschlankt. In größeren Einheiten lässt es sich einfacher planen und finanzieren. Aktuell führen wir wieder Gespräche, um weitere Schritte in diese Richtung zu machen.
Wo sehen Sie noch Verbesserungspotenzial? Immerhin sprechen Sie ja von Lech als einzigartiger Destination mit großem Potenzial und vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten? Quo vadis?
Lech gehört zu den großen Winterdestinationen mit einem weltweit bekannten Namen und eigenem Flair. Eingebettet in die Destination Arlberg sind wir Teil von 300 Pistenkilometern und einem wunderbaren Freeride Gebiet. Lech hat einfach etwas Besonderes an sich.
Bewegt man sich in dieser Liga, hat man auch viel zu verlieren und muss ständig am Ball bleiben. Wir müssen unseren Blick fokussieren, die Brille des Gastes aufsetzen sowie unsere Kraft für unsere Entwicklung und den Markt einsetzen. Die Kleinstrukturiertheit von vielen kleinen Gesellschaften ist dabei nicht förderlich. Daher war die Fusion der beiden größten Bergbahngesellschaften in und für Lech so wichtig. Weitere Zusammenschlüsse müssen folgen, um die Herausforderungen zu meistern und Verbesserungspotenziale im Winter wie im Sommer voll ausschöpfen zu können.
Was erachten Sie derzeit als größte Herausforderung? Zum einen für die Lech Bergbahnen, zum anderen für die Seilbahnbranche generell?
Die Unternehmen unsere Branche stehen generell vor ähnlichen Herausforderungen, egal wie groß oder an welchem Standort diese sind. Die Ausprägungen sind unterschiedlich. Schlussendlich wird es darum gehen, die Veränderungen anzunehmen und die Chancen zu identifizieren, die sich daraus ergeben. Unsere Branche musste sich immer wieder mit Veränderungen auseinandersetzen und ich bin überzeugt, dass es Lösungen gibt.
Wie geht Ihr mit der Klimaproblematik um? Lech hat ja einen prominenten Namen im Umweltbereich bzw. auch als Pionier für Innovationen?
Die Lech Bergbahnen AG ist ISO 9001 und 14001 zertifiziert. Bereits 2004 haben wir unseren ersten Umweltbericht herausgebracht und wir haben im Umgang mit der alpinen Natur weltweit Maßstäbe gesetzt. Wir werden dieses Engagement nicht nur beibehalten, sondern zukünftig ausbauen.
Wird es u.a. auch Stromgewinnung via Beschneiungsanlage geben?
Die Stromgewinnen aus PV-Anlagen ist bereits seit 2002 am Kriegerhorn Realität. Bei der Planung unseres großen Beschneiungs-Projektes denken wir auch an die Stromerzeugung. Es macht einfach Sinn, Infrastrukturen nicht nur für wenige Tage im Jahr zu errichten, sondern diese ebenfalls für andere Zwecke zu verwenden.
Das Sommergeschäft wird allgemein in der Branche als immer bedeutender eingestuft bzw. registriert. Wie sieht es diesbezüglich in Lech aus? Gibt es Visionen für die Weiterentwicklung in der schneefreien Zeit?
Wir sehen die schneefreie Zeit als ein großes Potenzial für uns. Die Gemeinde Lech, Lech-Zürs Tourismus und nun auch wir als Leitbetrieb haben uns klar zur Entwicklung zur Ganzjahres-Destination ausgesprochen. Wie bereits erwähnt, arbeiten wir an einem Masterplan für den Sommer, um genau dieses Ziel zu erreichen und den Möglichkeiten einen roten Faden zu geben. Ein großer Schritt dazu ist, dass wir die Zugerbergbahn (10er-Gondelbahn) ab 2024 auch im Sommer in Betrieb nehmen werden.
Werden sich die klassischen Saisonen aufgrund der Klimaerwärmung verschieben bzw. wird man als Bergbahnunternehmen hier flexibler agieren müssen als bisher?
Generell denke ich schon, dass unsere Branche flexibler werden muss und wir uns auf neue Gegebenheiten einstellen müssen. Ich sehe aber mehr die Chancen und Möglichkeiten, die sich für uns Bergbahnen auftun. Was den Arlberg betrifft, habe ich aber keine Bedenken, dass wir auch in den nächsten Jahrzehnten ein tolles Skiangebot bereitstellen werden. Die Höhe, die Schneemengen und der Ausbau der Beschneiung passen.
Zum Schluss eine persönliche Frage: Wie schwer ist es, in die Fußstapfen des großen Seilbahners und Visionärs Michi Manhart zu treten? Spielt er noch irgendeine (beratende?) Rolle. Einen totalen Ruhestand nimmt man ihm ja kaum ab?
Dies ist eine gute Frage. Michi hat in seiner aktiven Laufbahn wirklich viel verwirklicht und erreicht – für Lech und die Branche. Er war für mich immer „DER“ Seilbahner in unserem Land. Als ich vor gut 27 Jahren den Betriebsleiterkurs machte, durfte ich die damals noch übliche „Fremdpraxis“ bei den Skiliften Lech und dem Rüfikopf absolvieren. Das war 1997 schon ein großes Ding für mich als jungen Seilbahner, Michi Manhart kennenlernen zu dürfen. Eingefädelt hatte dies damals DDr. Hubert Kinz, mein Chef bei der Pfänderbahn.
Heute, etwas gereift und einige Jahre an Erfahrung reicher, habe ich daher die Funktion als Alleinvorstand der Lech Bergbahnen AG gerne und mit großer Demut übernommen. Es ist ein großes Erbe, das ich antreten durfte und ist für mich wie eine Krönung. Es war für mich aber auch klar, dass ich nicht in die Fußstapfen von Michi treten sondern einen eigenen Weg einschlagen werde. Trotzdem greife ich gelegentlich auf den großen Erfahrungsschatz von Michi zurück und bin froh über die Expertise. mak